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Rechtsextreme Drohschreiben an Idil Baydar

Erneute Datenabfrage bei hessischer Polizei

Mit der Berliner Kabarettistin Idil Baydar ist nun die dritte Frau von rechtsextremistischen Drohmails betroffen, deren Spuren zur hessischen Polizei zurückzuführen sind. Laut Frankfurter Staatsanwaltschaft soll es sich um einen Rechner in einem Polizeirevier in Wiesbaden handeln.
Nach der Frankfurter Rechtsanwältin Seda Başay-Yıldız und der hessischen Linken-Fraktionsvorsitzenden Janine Wissler ist nun auch die Berliner Kabarettistin Idil Baydar von Drohschreiben betroffen, die aus dem Kreis der hessischen Polizei stammen könnten. Auf einem Rechner der hessischen Polizei wurden laut der Frankfurter Rundschau, die sich auf einen internen Polizeivermerk beruft, Baydars persönliche Daten abgerufen. Diese soll seit mehreren Monaten Drohschreiben von Rechtsextremisten erhalten. Laut der Staatsanwaltschaft Frankfurt soll es zuvor eine Datenabfrage von einem Polizeirechner auf einem Wiesbadener Polizeirevier gegeben haben.

Die Sprecherin der Frankfurter Staatsanwaltschaft Nadja Niesen bestätigte gegenüber dem JOURNAL FRANKFURT am Dienstagvormittag zudem, dass es weitere Geschädigte gebe. „Zu Namen von Geschädigten oder Anzahl der Schreiben werden keine Angaben gemacht. Die Schreiben ähneln sich jeweils in Aufbau und Wortlaut“, so Niesen. Wer für die Abfrage verantwortlich ist, sei bislang nicht bekannt. „Es gibt auch keinerlei Anhaltspunkte dafür, dass die abfragende Person mit dem Versender der Drohmails identisch ist.“

Im August 2018 hatte die Frankfurter Anwältin Seda Başay-Yıldız per Fax ein Drohschreiben, das mit dem Kürzel „NSU 2.0“ unterzeichnet war, erhalten. Abgerufen wurden die Drohschreiben von einem Rechner im 1. Frankfurter Revier. Vergangene Woche waren erneut Drohschreiben dieser Art aufgetaucht: Wie am 3. Juli bekannt wurde, hat auch die Fraktionsvorsitzende der Linken in Hessen, Janine Wissler, im Februar dieses Jahres mit „NSU 2.0“ unterzeichnete Drohmails bekommen. Diesmal stammten sie vom 3. Revier in Wiesbaden. Anders als bei Başay-Yıldız und Wissler, sollen die Drohungen an Baydar laut Frankfurter Rundschau nicht mit „NSU 2.0“, sondern mit „SS-Obersturmbannführer“ unterzeichnet gewesen sein.

LKA soll Innenminister erst Monate später informiert haben

Am Donnerstag gab der hessische Innenminister Peter Beuth (CDU) bekannt, selbst erst am vergangenen Mittwoch von der Abfrage der Daten von einem Polizeirechner erfahren zu haben. Er kritisierte das Landeskriminalamt (LKA) scharf. „Angesichts der Tragweite und Bedeutung dieser wichtigen Ermittlung ist die fehlende Weitergabe wichtiger Erkenntnisse völlig inakzeptabel“, sagte Beuth am Donnerstag in Wiesbaden. Am Freitag gab Beuth bekannt, dass ab sofort Hanspeter Mener, Direktor der Kriminaldirektion im Polizeipräsidium Frankfurt, federführend als Sonderermittler die Ermittlungen zu den NSU 2.0-Drohmails gegen Personen des öffentlichen Lebens in Hessen übernehme.

Der Landesverband der SPD kritisierte Beuth am Montag für seine Aussage. In der Drohbrief-Affäre habe der Minister am vergangenen Donnerstag mit seiner beispiellosen Schuldzuweisung an das Landeskriminalamt, eine der wichtigsten Sicherheitsbehörden des Landes zum alleinigen Sündenbock erklärt, so der Parlamentarische Geschäftsführer der SPD-Fraktion im Hessischen Landtag, Günter Rudolph. „Der Minister hat damit sich selbst und die Ermittlungen in der Sache beschädigt.“

Alles, was man innerhalb der Sicherheitsbehörden über den zeitlichen Zusammenhang zwischen einer Datenbankabfrage bei der hessischen Polizei und dem ersten Drohbrief an Janine Wissler wusste, sei spätestens Anfang März im Landespolizeipräsidium bekannt gewesen. „Der Minister hat offensichtlich erst die Übersicht und dann die Selbstkontrolle verloren“, so Rudolph. Beuth habe das Konzept der politischen Verantwortung nicht verstanden oder wolle es nicht verstehen.
 
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14. Juli 2020, 11.29 Uhr
Johanna Wendel
 
Johanna Wendel
Jahrgang 1993, Technikjournalismus-Studium an der Hochschule Bonn-Rhein-Sieg, seit Januar 2019 beim Journal Frankfurt. – Mehr von Johanna Wendel >>
 
 
 
 
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