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20 Jahre Online-Journalismus

Gedruckt versus gepostet

Drei kluge Köpfe, das 20-jährige Jubiläum des Online-Journalismus sowie altbekannte Fragen, auf die immer noch keine Antworten gefunden wurden – das waren die Zutaten der Bürgerdiskussion, die die FAZ ausrichtete.
Vor dem Foyer in der Oper standen die Menschen am gestrigen Montagabend Schlange. Diejenigen, die es verpasst hatten, sich zur Bürgerdiskussion der FAZ anzumelden, hatten Pech gehabt. Es war kein Platz mehr frei. Lediglich ein paar Glückliche durften noch nachrücken, als 15 Minuten nach Beginn klar war, dass einige angemeldete Gäste nicht kommen werden. Vielleicht lag der Andrang am Thema des Abends: „20 Jahre Online-Journalismus“. Schließlich ist der Wandel im Journalismus durch den bevorstehenden Stellenabbau bei der FAZ sowie dem Darmstädter Echo wieder mehr ins Bewusstsein der Menschen gerückt. Vielleicht lag es aber auch an den Podiumsgästen. Gekommen war die „neue“ in Frankfurt, FR Chefredakteurin Bascha Mika. Sie war zehn Jahre Chefredakteurin der Tageszeitung in Berlin und bezeichnete sich selbst als „Printfrau“. Im Gegensatz dazu stand Blogger und „Spiegel“-Kolumnist Sascha Lobo. Die FAZ hatte natürlich auch aus den eigenen Reihen Experten aufs Podium geschickt. Mathias Müller von Blumencron, Chefredakteur von FAZ.net diskutierte mit, und Wirtschaftsredakteur Carsten Knop moderierte den Abend.

Wie kann man eine Bezahlkultur im Internet etablieren? Wie sehr darf man sein Online-Angebot auf Werbung aufbauen? Und wie kann man die Qualität des Journalismus auch online gewährleisten? – das sind im Grunde die drei Kernfragen, die den Journalismus seit 20 Jahren bewegen. Und das waren auch die Punkte, die an diesem Abend diskutiert wurden. Lobo warnte etwa davor, zu sehr auf Werbung zu setzen, Müller von Blumencron betonte dagegen, „ein Medium kann sich nicht alleine durch den Verkauf finanzieren.“

Obwohl die Veranstaltung sich „Bürgerdiskussion“ nannte, kamen die Bürger nur die letzte halbe Stunde des zweistündigen Programms zu Wort. Lobo versuchte zwar, die Zuhörer schon vorher mit einzubeziehen und forderte zum Twittern auf. Das wurde jedoch nur mäßig angenommen, was wohl daran lag, dass im Publikum überwiegend alteingesessene FAZ-Leser saßen.

Mika verglich das Verhältnis zwischen Online- und Printmedien mit dem Verhältnis einer Oma und ihres Enkels. „Der Enkel will endlich erben und die Oma will, das der Enkel endlich sein eigenes Geld verdient.“ Sie betonte auch, dass eine Zeitungslandschaft, die die junge Generation nicht berührt, keine Zukunft habe. Einig waren sich alle drei darin, dass Verlage viel zu spät auf neue Entwicklungen reagiert haben. „Es gibt keine andere Branche, die so wenig in Entwicklung, Forschung und Zukunft investiert hat“, so Mika.

Wie aber geht man mit den Problemen des Journalismus um? FAZ.net-Chef Müller von Blumencron betonte, dass Qualität im Netz aufrecht erhalten werden muss. „Man darf mit der Jagd nach Reichweite nicht die Relevanz vernichten“, warnte er. Beispielsweise schalte die FAZ bewusst auch Inhalte, die nicht die höchsten Klick-Zahlen erzielen, aber die einfach zur Vollständigkeit eines guten Medienangebots dazugehören. Lobo kreidete dagegen an, dass Online-Angebote oft nur die Übertragung von Druckerschwärze in Pixel seien – sowie wie man früher einfach Theaterstücke im Fernsehen übertragen hat, bevor Inhalte extra fürs Fernsehen produziert wurden.

Viele Online-Angebote bieten heute schon Inhalte, die bezahlt werden müssen. Oft sind das Hintergrundinformationen. Über die Frage, wie man aber eine allgemeine Bezahlkultur durchsetzen kann, zerbrechen sich nach wie vor vielen den Kopf. „Man macht es den Lesern wirklich schwer, ihr Geld auszugeben“, kritisierte Lobo. „So lange ich noch den Mädchennamen meiner Schwägerin angeben muss, um einen Artikel zu kaufen, werde ich das einfach nicht tun“, stellte er die Situation überspitzt da. Mika betonte, dass es nie funktionieren werde, die Nutzer für einzelne Beiträge zahlen zu lassen. Es muss eine andere Lösung her, da waren sich alle einig. Lobo berichtete von dem Crowdfunding-Projekt Krautreporter. Das ist ein Zusammenschluss von Redakteuren, die ein werbefreies und unabhängiges Online-Angebot ins Leben gerufen haben. Man kann die Seite für jährlich 60 Euro nutzen – eine ganz neue Form des Online-Journalismus. Eine universelle Lösung für bezahlte Inhalte im Netz hatten die Podiumsgäste aber nicht parat.
 
Fotogalerie:
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23. September 2014, 11.40 Uhr
Christina Weber
 
 
 
 
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