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OB-Kandidaten im Gespräch

Peter Feldmann: "Wir müssen der Gentrifizierung den Kampf erklären"

Peter Feldmann, Kandidat der SPD für die Oberbürgermeisterwahl, spricht im JOURNAL-Interview über Disharmonie beim Nachtflugverbot, größere Flughäfen in Nordhessen und im Hunsrück und das Auseinanderdriften von Arm und Reich.
JOURNAL FRANKFURT: Die Landes-SPD ist von der Feldmann-Linie abgewichen und hat sich gegen die Ausweitung eines Nachtflugverbots ausgesprochen. Das Ende der Harmonie?
Ich bin mit Thorsten Schäfer-Gümbel fast täglich im Gespräch. Wir haben vereinbart, dass diese Diskussion innerhalb der Partei anders geführt wird. Ich bin mir sicher, dass meine Partei sich meiner Position anschließen wird. Wir wollen allerdings in dieser Frage auch mit dem Vorsitzenden von Fraport ein Einvernehmen erzielen. Ich werde mich im Aufsichtsrat von Fraport für die Interessen der Frankfurter einsetzen. Wer mich wählt, stärkt meine Position.

Also halten Sie an das Nachtflugverbot fest?
Selbstverständlich. Da gibt es keine Diskussion.

Soll denn die neue Landebahn weg?
Nein. Wir brauchen einen Lärmdeckel. Die Frankfurter sollen erstens ruhig Schlaf können und zweitens tagsüber, in Büros, Schulen und Gärten sich noch unterhalten und verstehen können. Ich kämpfe gegen unzumutbaren Lärm, nicht gegen Flughäfen, Bahnen und Straßen.

Ist die Forderung von Frau Fechter, Frau Wissler und Frau Heilig, die Landebahn stillzulegen, überhaupt realistisch?
Nein. Diese Forderungen sind unrealistisch. Auch wenn Extrempositionen manchmal verhandlungstaktisch richtig erscheinen, will ich den Bürgern nur Versprechungen machen, die ich anschließend auch halten kann. Daran möchte ich gemessen werden. Ich möchte mir gerne morgens vor dem Spiegel unbeschadet ins Gesicht schauen dürfen.

Allerdings sagten Sie noch vor einigen Wochen, dass sie früher von Ihrer Tochter, jetzt aber vom Fluglärm geweckt werden. Sie wohnen in Bonames. Da ist es im Vergleich eher ruhig.
Jetzt schon. Aber in der Versuchsphase der Bahn wurde das Niddatal deutlich mehr beschallt. Die Lärmbelästigung war daher in Bonames und am Frankfurter Berg hoch. Ich bin außerdem oft im Frankfurter-Süden. Daher kann ich sehr gut nachempfinden, warum die Menschen nun auf die Barrikade gehen.

Sie fordern ein Frankfurt 1, 2 und 3. Wie soll das umgesetzt werden?
Wir brauchen ein integriertes Luftverkehrskonzept, in dem die zusätzlichen Kapazitäten, den entsprechenden Raum bekommen. In Frankfurt alleine können wir die Flugentwicklungen nicht stemmen. Ich halte es für fatal, dass sich die Diskussion auf die schmalen Gemarkungsgrenzen fokussiert. Deshalb ist es wichtig, die Diskussion über Kassel-Calden und Hahn zu führen. Frankfurt 1, 2 und 3 wäre dann wie London-Heathrow, Gatwick und Stansted, wo sie Menschen auch akzeptieren, ein bis zwei Stunden mit der S-Bahn in die Stadt zu fahren. Für die Menschen außerhalb Deutschlands ist Hessen sowieso Frankfurt.

Würde das aber nicht wirtschaftliche Einbußen für die Mainmetropole bedeuten?
Mir geht es nicht darum, in Frankfurt keine Flugzeuge mehr landen zu lassen. Mir geht es um eine gerechtere Verteilung der Belastung und nicht um die Senkung des Gewinns von Fraport. Der Flughafen Hahn will mehr Flugbewegungen. Für sie wäre das keine Last sondern eine Garantie für mehr Arbeitsplätze.

Warum wollen Sie eigentlich Oberbürgermeister werden?
Ich habe erlebt, wie stark Menschen, vor allem diejenigen, die sich nicht wehren können, darunter leiden, dass die Stadt auseinanderdriftet. Die Kluft zwischen Arm und Reich wird größer. Und ich bin auch sicher, dass alle, die in dieser Stadt leben, ein Umfeld haben wollen, in dem es sozial friedlich ist. Sowohl Reich als auch Arm wollen die Integration, eine sozial friedliche Stadt. Ich bin entschlossen, als Sozialdemokrat beide Blickwinkel zusammenzubringen. Ein friedliches und solidarisches Zusammenleben war immer die Stärke der Bürger Frankfurts.

Ist es derzeit nicht mehr friedlich?
Noch brennen in Frankfurt keine Autos wie in Berlin, London oder Paris. Aber auch in Frankfurt driftet die Gesellschaft auseinander. In den letzten fünf Jahren hat sich die Altersarmut verdoppelt. Wir drängen immer mehr Menschen aus dieser Stadt heraus. Geringverdiener und alleinerziehende Mütter können sich keine Behausung in Frankfurt mehr leisten. Die öffentlich geförderten Wohnungen werden von 53.000 auf 22.000 reduziert. Jedes vierte Kind lebt in Armut. Wenn wir hier nicht gegensteuern, ist diese Stadt arm an Vielfalt und reich an sozialen Problemen. Wir müssen der Gentrifizierung unserer Stadt frühzeitig den Kampf erklären.

Was wollen Sie als Oberbürgermeister in Frankfurt verändern?
Ich habe fünf Wahlziele. Erstens will ich die Kinderarmut abschaffen, denn als ehemaliger Leiter eines Jugendhauses weiß ich, was es für die Kinder bedeutet, sich ausgegrenzt zu fühlen. Jedes Kind soll ein kostenloses warmes Mittagsessen sowie Förderunterricht bekommen. Eine weiterführende Schule muss für jedes Kind möglich sein. Frankfurt ist zu reich für arme Kinder. Zweitens muss die Altersarmut bekämpft werden. Deshalb muss es in jedem Stadtteil einen Treffpunkt für alte Menschen geben, wo sie gemeinsam Essen und Kommunizieren können. Drittens ist mir das Thema Wohnen wichtig. Ab nächstem Jahr haben wir über 700.000 Einwohner. Die Mieten explodieren, die Löhne stagnieren. Wir brauchen dringend bezahlbaren Wohnraum. Deshalb müssen wir ausgewiesene Gebiete bebauen, auf Augenhöhe mit dem Umland über gemeinsame Baumaßnahmen sprechen und leerstehenden Büroraum umwandeln oder abreißen, um Wohnungen zu bauen. Viertens stehe ich für ein Nachtflugverbot von 22 bis 6 Uhr und für eine Lärmobergrenze, die für den Flughafen genauso gilt wie für andere Lärmquellen wie Baustellen etc. Und fünftens müssen wir die Internationalität der Stadt bewahren. Wir wollen als Frankfurter stolz sein auf unsere Stadt und selbstbewusst Unternehmen einladen, Deutschlands dynamischste Stadt als Zentrale auszuwählen.

Die schwarz-grüne Koalition hat bei der Kommunalwahl eine klare Mehrheit bekommen. Sie als SPD-Oberbürgermeister wären in der Minderheit. Wie gehen Sie damit um?
Offensiv. Ich gehe davon aus, dass jeder Dezernent weiß, dass es sinnvoll ist, mit einem Oberbürgermeister zu kooperieren. Mir obliegt die Frage der Verteilung der Zuständigkeit. Deshalb gehe ich von der Kooperationswilligkeit jedes Dezernenten aus. Ich werde konkrete Ziele für jeden Bereich formulieren, die meinem Programm entsprechen. Diese werde ich mit den Dezernenten in Einzelgesprächen durchgehen.

Sie wollen das Wirtschaftsdezernat übernehmen. Was passiert dann eigentlich mit Markus Frank?
Herr Frank treibt die Mittelstandförderung voran, und das macht er auch gut. Dennoch ist in dem Bereich internationaler Wettbewerb ein klares Defizit zu sehen. Da werden wir uns unterhalten müssen, wie wir die Aufgaben teilen.

Ihr Wahlplakat mit dem Aufbau eines Regales sorgt für Aussehen. Es sieht doch sehr nach Kinderarbeit aus.
Ich möchte mit meinen Plakaten nicht einfach sinnfrei posen. Meine Plakate stehen für Inhalte. Nicht Frankfurt verpflichtet sich, sondern ich verpflichte mich für bezahlbaren Wohnraum, für Altern in Würde, für Internationalität und Vielfalt und für Kinder mit Perspektiven und Bildung.

Kommen wir mal zu den anderen Kandidaten. Sagen Sie doch mal was Nettes über Boris Rhein!
Das Netteste ist, dazu zu schweigen.

Mit wem kommen Sie in die Stichwahl?
Mit dem Minister aus Wiesbaden.

Was würden Sie denn an Ihrem ersten Arbeitstag als Oberbürgermeister machen?
Ich werde meine neue und kompetente Mannschaft präsentieren. Zweitens werde ich unmittelbar einen Maßnahmenkatalog zur Erreichung meiner fünf Ziele vorstellen. Die Wähler sollen mich an meinen Erfolgen messen und mir vertrauen. Und Vertrauen ist die Übereinstimmung von Worten und Taten.
 
Fotogalerie:
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1. März 2012, 11.04 Uhr
Interview: Nils Bremer
 
 
 
 
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