Partner
LKA ermittelt wegen rechtem Netzwerk
Martin Kliehm: „Das Vertrauen in die Frankfurter Polizei steht auf dem Spiel“
Der Skandal um die Frankfurter Polizisten, die der rechten Hetze verdächtigt werden, ist wohl noch dramatischer als ursprünglich angenommen. Inzwischen ermittelt das Landeskriminalamt, die Politik fordert eine schnelle Aufklärung.
Vor einer Woche war bekanntgeworden, dass fünf Beamte des 1. Polizeireviers in einem Gruppenchat fremdenfeindliche und rechtsextremistische Nachrichten ausgetauscht haben. Unter den ausgetauschten Medien sollen unter anderem rechtspopulistische Abbildungen und Symbole gewesen sein. Der eingeschaltete Staatsschutz nahm daher die Ermittlungen wegen Volksverhetzung und „Verwendung von Kennzeichen verfassungswidriger Organisationen“ auf, wie Oberstaatsanwältin Nadja Niesen mitteilte. Die ganze Tragweite des Falls wurde jedoch erst am Wochenende bekannt. Wie die FNP erfahren hat, waren die Beamten möglicherweise an einem Drohschreiben an eine Anwältin beteiligt. Seda Basay-Yildiz habe bereits im August ein Fax erhalten, in dem sie und ihre Tochter massiv bedroht wurden. Erst durch die Anzeige von Basay-Yildiz sei der Inhalt des Gruppenchats aufgeflogen. Die persönlichen Daten der Anwältin haben sich die unter Verdacht stehenden Beamten vermutlich aus der Polizeidatenbank beschafft.
Inzwischen hat das Landeskriminalamt (LKA) in Wiesbaden die Ermittlungen übernommen. Ein Sprecher des LKAs bestätigte, dass unter Federführung der Staatsanwaltschaft eine Arbeitsgemeinschaft eingerichtet wurde, die den Fall aufklären soll. Zu den weiteren Schritten und dem ganzen Ausmaß des Falls möchte man sich derzeit nicht äußern, man bitte aber darum, nicht grundsätzlich alle Polizisten unter Generalverdacht zu stellen. Auch bei der Staatsanwaltschaft möchte man keine weiteren als die bereits bekannten Auskünfte geben. Wann man mit neuen Informationen rechnen könne, hänge von dem Fortschritt der Ermittlungen ab. Die Frankfurter Polizei hält sich ebenfalls zurück, man spürt die Scham angesichts dieses Skandals in den eigenen Reihen. Polizeipräsident Gerhard Bereswill, so teilt eine Sprecherin mit, werde keinerlei Statements mehr gegenüber der Presse abgeben.
Die Öffentlichkeit reagiert derweil schockiert auf die Offenlegung des rechten Netzwerkes bei der Frankfurter Polizei. Zahlreiche Stimmen fordern eine schnelle Aufklärung. Martin Kliehm, Fraktionsvorsitzender der Linken im Römer, fordert Bereswill dazu auf, in den Rechtsausschuss zu kommen und gegenüber den Stadtverordneten und der Bevölkerung Rechenschaft abzulegen: „Das Vertrauen in die Frankfurter Polizei steht auf dem Spiel. Dass das LKA aus der Presse davon erfährt, ist einfach unglaublich.“ Auch an anderer Stelle sieht man das Vertrauen in die Polizei gefährdet. Die Beratungsstelle Response der Bildungsstätte Anne Frank steht Opfern von rechter und rassistischer Gewalt zur Seite und berichtet, dass sich die Zahl der Beratungsfälle 2018 fast verdoppelt hat. Besonders auffällig sei, dass viele der Betroffenen den Kontakt zu Polizei und Staatsanwaltschaft scheuen. „Für uns ein Alarmsignal, sollten doch alle Bürgerinnen und Bürger diese rechtsstaatlichen Organe als Institutionen in ihrem Dienste wahrnehmen,“ sagt Response-Leiterin Olivia Sarma. Die Berichte über Rechtsextremismus bei der Frankfurter Polizei würden das Sicherheitsgefühl der Betroffenen weiter massiv beeinträchtigen, so Sarma.
Auch die SPD fordert eine schnelle, lückenlose Aufklärung: „Es ist ungeheuerlich, wenn sich die neuesten Erkenntnisse in dem Fall bestätigen sollten“, sagt Günther Rudolf, parlamentarischer Geschäftsführer der SPD-Fraktion im Hessischen Landtag. „Nicht, dass es bereits erschreckend genug ist, wenn in einer Chatgruppe unter Polizisten rechtsextreme und rassistische Bilder, Videos und Inhalte ausgetauscht werden, dass nun anscheinend auch mit Hilfe des Zugriffs auf persönliche Daten von einem Polizeicomputer ein Drohschreiben verfasst und der Mutter einer zweijährigen Tochter mit deren ‚Abschlachten‘ gedroht wird, ist an Abscheulichkeit nicht mehr zu überbieten. Die Unterzeichnung des Schreibens mit der Bezeichnung ‚NSU 2.0‘ lässt zudem Rückschlüsse auf die Gesinnung der Verfasser zu. Es gilt: Für rechtes Gedankengut kann und darf es keinen Platz in der hessischen Polizei geben.“
Omid Nouripour, Bundestagsabgeordneter der Grünen, warnt vor einer Vorverurteilung und einem Generalverdacht gegenüber der Polizei: „Ich kenne das 1. Polizeirevier und hatte noch vor kurzem die Möglichkeit, einige der dort tätigen Beamten kennenzulernen. Es ist frustrierend und schockierend zu sehen, dass die Missetaten einzelner so viel Vertrauen kaputt machen. Ich hoffe, dass dieser Fall nicht zu einem Generalverdacht gegenüber der Polizei führt – denn so lässt sich kein Problem lösen.“ Noch seien zu viele Fragen in diesem Fall offen, zum Beispiel wisse man noch nicht sicher, ob es sich wirklich um ein Netzwerk handle, das über die fünf involvierten Beamten hinausgehe. Auch sei nicht klar, ob der an Seda Basay-Yildiz verschickte Drohbrief wirklich von diesen Polizisten stamme. „Diese Fragen müssen geklärt werden und es ist richtig, dass die Behörden noch nicht viel gesagt haben und die Ermittlungsfortschritte abwarten. Andererseits brauchen wir ein Frühwarnsystem, Führungskräfte müssen sensibilisiert werden, um solche Fälle in Zukunft zu vermeiden“, sagt Nouripour. Dennoch müsse natürlich eine schnelle und gewissenhafte Aufklärung erfolgen: „Polizisten sind nicht mehr oder weniger gefährdet als andere Menschen, allerdings übt die Polizei ein Gewaltmonopol aus und da ist keinerlei Spielraum für Extremismus.“
Inzwischen hat das Landeskriminalamt (LKA) in Wiesbaden die Ermittlungen übernommen. Ein Sprecher des LKAs bestätigte, dass unter Federführung der Staatsanwaltschaft eine Arbeitsgemeinschaft eingerichtet wurde, die den Fall aufklären soll. Zu den weiteren Schritten und dem ganzen Ausmaß des Falls möchte man sich derzeit nicht äußern, man bitte aber darum, nicht grundsätzlich alle Polizisten unter Generalverdacht zu stellen. Auch bei der Staatsanwaltschaft möchte man keine weiteren als die bereits bekannten Auskünfte geben. Wann man mit neuen Informationen rechnen könne, hänge von dem Fortschritt der Ermittlungen ab. Die Frankfurter Polizei hält sich ebenfalls zurück, man spürt die Scham angesichts dieses Skandals in den eigenen Reihen. Polizeipräsident Gerhard Bereswill, so teilt eine Sprecherin mit, werde keinerlei Statements mehr gegenüber der Presse abgeben.
Die Öffentlichkeit reagiert derweil schockiert auf die Offenlegung des rechten Netzwerkes bei der Frankfurter Polizei. Zahlreiche Stimmen fordern eine schnelle Aufklärung. Martin Kliehm, Fraktionsvorsitzender der Linken im Römer, fordert Bereswill dazu auf, in den Rechtsausschuss zu kommen und gegenüber den Stadtverordneten und der Bevölkerung Rechenschaft abzulegen: „Das Vertrauen in die Frankfurter Polizei steht auf dem Spiel. Dass das LKA aus der Presse davon erfährt, ist einfach unglaublich.“ Auch an anderer Stelle sieht man das Vertrauen in die Polizei gefährdet. Die Beratungsstelle Response der Bildungsstätte Anne Frank steht Opfern von rechter und rassistischer Gewalt zur Seite und berichtet, dass sich die Zahl der Beratungsfälle 2018 fast verdoppelt hat. Besonders auffällig sei, dass viele der Betroffenen den Kontakt zu Polizei und Staatsanwaltschaft scheuen. „Für uns ein Alarmsignal, sollten doch alle Bürgerinnen und Bürger diese rechtsstaatlichen Organe als Institutionen in ihrem Dienste wahrnehmen,“ sagt Response-Leiterin Olivia Sarma. Die Berichte über Rechtsextremismus bei der Frankfurter Polizei würden das Sicherheitsgefühl der Betroffenen weiter massiv beeinträchtigen, so Sarma.
Auch die SPD fordert eine schnelle, lückenlose Aufklärung: „Es ist ungeheuerlich, wenn sich die neuesten Erkenntnisse in dem Fall bestätigen sollten“, sagt Günther Rudolf, parlamentarischer Geschäftsführer der SPD-Fraktion im Hessischen Landtag. „Nicht, dass es bereits erschreckend genug ist, wenn in einer Chatgruppe unter Polizisten rechtsextreme und rassistische Bilder, Videos und Inhalte ausgetauscht werden, dass nun anscheinend auch mit Hilfe des Zugriffs auf persönliche Daten von einem Polizeicomputer ein Drohschreiben verfasst und der Mutter einer zweijährigen Tochter mit deren ‚Abschlachten‘ gedroht wird, ist an Abscheulichkeit nicht mehr zu überbieten. Die Unterzeichnung des Schreibens mit der Bezeichnung ‚NSU 2.0‘ lässt zudem Rückschlüsse auf die Gesinnung der Verfasser zu. Es gilt: Für rechtes Gedankengut kann und darf es keinen Platz in der hessischen Polizei geben.“
Omid Nouripour, Bundestagsabgeordneter der Grünen, warnt vor einer Vorverurteilung und einem Generalverdacht gegenüber der Polizei: „Ich kenne das 1. Polizeirevier und hatte noch vor kurzem die Möglichkeit, einige der dort tätigen Beamten kennenzulernen. Es ist frustrierend und schockierend zu sehen, dass die Missetaten einzelner so viel Vertrauen kaputt machen. Ich hoffe, dass dieser Fall nicht zu einem Generalverdacht gegenüber der Polizei führt – denn so lässt sich kein Problem lösen.“ Noch seien zu viele Fragen in diesem Fall offen, zum Beispiel wisse man noch nicht sicher, ob es sich wirklich um ein Netzwerk handle, das über die fünf involvierten Beamten hinausgehe. Auch sei nicht klar, ob der an Seda Basay-Yildiz verschickte Drohbrief wirklich von diesen Polizisten stamme. „Diese Fragen müssen geklärt werden und es ist richtig, dass die Behörden noch nicht viel gesagt haben und die Ermittlungsfortschritte abwarten. Andererseits brauchen wir ein Frühwarnsystem, Führungskräfte müssen sensibilisiert werden, um solche Fälle in Zukunft zu vermeiden“, sagt Nouripour. Dennoch müsse natürlich eine schnelle und gewissenhafte Aufklärung erfolgen: „Polizisten sind nicht mehr oder weniger gefährdet als andere Menschen, allerdings übt die Polizei ein Gewaltmonopol aus und da ist keinerlei Spielraum für Extremismus.“
17. Dezember 2018, 12.14 Uhr
Ronja Merkel
Ronja Merkel
Jahrgang 1989, Kunsthistorikerin, von Mai 2014 bis Oktober 2015 leitende Kunstredakteurin des JOURNAL FRANKFURT, von September 2018 bis Juni 2021 Chefredakteurin. Mehr von Ronja
Merkel >>
Mehr Nachrichten aus dem Ressort Politik
Das war 2024
A5-Ausbau, Cannabis-Legalisierung und Antisemitismus in Frankfurt – Der Jahresrückblick
Welche politischen Themen haben die Menschen in Frankfurt 2024 bewegt? Was wird die Stadt auch im kommenden Jahr noch beschäftigen? Das lesen Sie im JOURNAL-Rückblick.
Text: Florian Aupor / Foto: Rund 4000 Menschen protestierten im September gegen den geplanten A5-Ausbau © Bernd Kammerer
PolitikMeistgelesen
- Neubau Städtische Bühnen FrankfurtFrankfurter Kulturmeile beschlossen
- Wegen verschobener BesoldungserhöhungStraßenblockade vor dem Frankfurter Polizeipräsidium
- Mietkosten in FrankfurtMehr Menschen von Wohnarmut betroffen
- Mehr Sicherheit durch Überwachung?Hessens Landtag stimmt für Reform des Polizeirechts
- Geplante GesetzesänderungBezahlkarte für Asylsuchende sorgt für Widerstand in Hessen
24. Dezember 2024
Journal Tagestipps
Freie Stellen