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Gastkommentar von Omid Nouripour
Muss Merkel weg?
Fehlt es Kanzlerin Angela Merkel an Führungsstärke? Der Grünen-Bundestagsabgeordnete Omid Nouripour wirft einen kritischen Blick auf die Merkel-muss-weg-Rufer – und zieht einen Vergleich zwischen der aktuellen Politik des Bundes und der Hessens.
Egal was Merkel macht, es ist verkehrt: Das war lange Jahre die Devise der Krakeeler von Pegida, AfD und Co.: „Merkel muss weg“. Das hatte kaum je etwas mit Politik zu tun. Es war letztlich nichts anderes als die Forderung nach einem Ende der „Willkommenskultur“, die die Kanzlerin im Jahr 2015 als Reaktion auf die Notsituation der Flüchtlinge zwischen der Türkei und dem Balkan angekündigt hatte.
Denn damit hört das Programm der Randalierer von rechts schon auf. Hätte es es noch eines Beweises bedurft, dann war es das Sommerinterview von Alexander Gauland, der stammelnd eingestehen musste, dass seine Partei zu den drängenden Fragen dieses Landes – zu Rente, Wohnungsnot, Klimakrise und vielem anderen mehr – schlicht nichts zu sagen hat. Wenn man ihn und seine Spießgesell*innen darauf hinwies, zogen sie sich wie beleidigte Leberwürste zurück, riefen „Lügenpresse“ und dann wiederum: „Merkel muss weg“.
Die Ironie dabei: die Merkel-muss-weg-Rufer von rechts außen haben ihren Feldzug in dem Moment begonnen, wo Angela Merkel tatsächlich einmal ansatzweise so etwas wie Führungsstärke bewiesen hatte. „Wir schaffen das“ war eine Ansage des Muts und des politischen Pragmatismus. Und im Großen und Ganzen scheint es durchaus, dass „wir“ es auch schaffen können, die Aufgabe der Flüchtlingsaufnahme zu meistern. Das ist zwar nicht in erster Linie das Verdienst der Regierung, sondern der vielen Millionen ehrenamtlichen Freiwilligen, die von der Bundespolitik auch immer wieder im Stich gelassen werden.
Von dieser Führungsstärke ist aber heute nichts mehr zu sehen. Chemnitz steht als Metapher für die neue Stärke der äußersten Rechten in diesem Land. Sie haben „Ausländer“ in den Straßen gejagt und ein jüdisches Restaurant angegriffen. Und ihr Treiben wurde von den Sicherheitsbehörden ein paar mal zu oft freundlich unterschätzt, um es mal salopp zu sagen. Es bräuchte jetzt eine Kanzlerin, die diesem Treiben nicht nur mit klaren Worten, sondern auch mit Taten entgegentritt, die dem Einsickern des rechten Rands in ihre eigene Regierung klare Grenzen setzt, eine Kanzlerin, die nach Chemnitz fährt und sich ihren GegnerInnen stellt. Merkel macht nichts von alledem. Es wäre an der Zeit, dass Merkel endlich regiert oder für eine solche Kanzlerin oder einen solchen Kanzler Platz macht. Der Aufstand in der Unionsfraktion kam nicht (nur) von rechts, sondern auch von vielen, die sich eine aktive Kanzlerin wünschen.
Und noch etwas ist klar geworden in den letzten Wochen: Eine Regierung aus CDU und SPD schafft es nicht, eine Richtung vorzugeben, um die Probleme des Landes anzugehen. In Hessen war es in den letzten Jahren sicher anders. Es war gerade für meine Partei sicher nicht leicht, mit der CDU zu regieren, und zumal mit der hessischen CDU. Aber es ist gelungen, Hessen voranzubringen: Die Landesregierung hat vieles hinbekommen, bei der Verkehrs- und Energiewende, mit dem Sozialbudget und auch bei der Integration von Flüchtlingen. „Wir schaffen das“ war richtig, aber es müssen dann auch Taten folgen. Hessen hat gezeigt: es geht.
Über Omid Nouripour: Jahrgang 1975, geboren in Teheran, aufgewachsen in Frankfurt, seit 1996 Mitglied der Grünen, seit 2006 Mitglied im Bundestag, leidenschaftlicher Eintracht-Fan.
Denn damit hört das Programm der Randalierer von rechts schon auf. Hätte es es noch eines Beweises bedurft, dann war es das Sommerinterview von Alexander Gauland, der stammelnd eingestehen musste, dass seine Partei zu den drängenden Fragen dieses Landes – zu Rente, Wohnungsnot, Klimakrise und vielem anderen mehr – schlicht nichts zu sagen hat. Wenn man ihn und seine Spießgesell*innen darauf hinwies, zogen sie sich wie beleidigte Leberwürste zurück, riefen „Lügenpresse“ und dann wiederum: „Merkel muss weg“.
Die Ironie dabei: die Merkel-muss-weg-Rufer von rechts außen haben ihren Feldzug in dem Moment begonnen, wo Angela Merkel tatsächlich einmal ansatzweise so etwas wie Führungsstärke bewiesen hatte. „Wir schaffen das“ war eine Ansage des Muts und des politischen Pragmatismus. Und im Großen und Ganzen scheint es durchaus, dass „wir“ es auch schaffen können, die Aufgabe der Flüchtlingsaufnahme zu meistern. Das ist zwar nicht in erster Linie das Verdienst der Regierung, sondern der vielen Millionen ehrenamtlichen Freiwilligen, die von der Bundespolitik auch immer wieder im Stich gelassen werden.
Von dieser Führungsstärke ist aber heute nichts mehr zu sehen. Chemnitz steht als Metapher für die neue Stärke der äußersten Rechten in diesem Land. Sie haben „Ausländer“ in den Straßen gejagt und ein jüdisches Restaurant angegriffen. Und ihr Treiben wurde von den Sicherheitsbehörden ein paar mal zu oft freundlich unterschätzt, um es mal salopp zu sagen. Es bräuchte jetzt eine Kanzlerin, die diesem Treiben nicht nur mit klaren Worten, sondern auch mit Taten entgegentritt, die dem Einsickern des rechten Rands in ihre eigene Regierung klare Grenzen setzt, eine Kanzlerin, die nach Chemnitz fährt und sich ihren GegnerInnen stellt. Merkel macht nichts von alledem. Es wäre an der Zeit, dass Merkel endlich regiert oder für eine solche Kanzlerin oder einen solchen Kanzler Platz macht. Der Aufstand in der Unionsfraktion kam nicht (nur) von rechts, sondern auch von vielen, die sich eine aktive Kanzlerin wünschen.
Und noch etwas ist klar geworden in den letzten Wochen: Eine Regierung aus CDU und SPD schafft es nicht, eine Richtung vorzugeben, um die Probleme des Landes anzugehen. In Hessen war es in den letzten Jahren sicher anders. Es war gerade für meine Partei sicher nicht leicht, mit der CDU zu regieren, und zumal mit der hessischen CDU. Aber es ist gelungen, Hessen voranzubringen: Die Landesregierung hat vieles hinbekommen, bei der Verkehrs- und Energiewende, mit dem Sozialbudget und auch bei der Integration von Flüchtlingen. „Wir schaffen das“ war richtig, aber es müssen dann auch Taten folgen. Hessen hat gezeigt: es geht.
Über Omid Nouripour: Jahrgang 1975, geboren in Teheran, aufgewachsen in Frankfurt, seit 1996 Mitglied der Grünen, seit 2006 Mitglied im Bundestag, leidenschaftlicher Eintracht-Fan.
1. Oktober 2018, 09.09 Uhr
Omid Nouripour
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