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Volker Rebell huldigt dem „Weißen Album“
Wenn die Amsel singt und Gitarren weinen
Fünfzig Jahre ist die Veröffentlichung her. Der schien „Das weiße Album“ der Beatles. Grund genug für die hr3-Radiolegende Volker Rebell mit einer musikalischen Lesung dem Meilenstein der Popmusik zu huldigen und auf kleine Hessentour zu gehen.
JOURNAL FRANKFURT: Volker Rebell und The Beatles – klingt nach einer großen und langen Liebesbeziehung ... Wann und wie begann die?
Volker Rebell: Als ich im Herbst 1963 zum ersten Mal das dreifache und dreistimmige „Yeah“ von „She Loves You“ hörte, war klar: Yeah, das isses. Mit Freunden gründeten wir eine Beatband und eiferten den Fab Four nach – mit dem leicht größenwahnsinnigen Vorsatz, mal die deutschen Beatles zu werden. Aber mit diesem größenwahnsinnigen Traum waren wir nicht alleine. Unzählige Bands beteiligten sich damals an den zahllosen Beatband-Wettbewerben „Wer sind die deutschen Beatles“? Wir sind zwar noch nicht mal die „südhessischen Beatles“ geworden, haben aber immerhin 1965 den Deutschen Bandband-Wettbewerb in Kassel gewonnen (mit zwei eigenen deutschsprachigen Songs und einem Song von The Byrds).
Was machte John, Paul, George und Ringo so besonders für Sie, dass sie Sie nicht mehr losließen?
Vor allem war’s die mitreißende, anknipsende Musik, der dreistimmige Gesang und das unbekümmert gewitzte Auftreten der Vier, die wie eine verschworene Gemeinschaft und wie unzertrennliche Kumpels wirkten. Und immer wieder diese unvergleichlichen Songs mit cleveren Harmoniewechseln und einer – für die damaligen Verhältnisse – raffinierten Machart. Erst überrumpelnde Beat-Power, dann romantisch sehnsuchtsvolle bis melancholische Balladen mit wunderbar schwärmerischen Melodien – oft alles gleichzeitig in einem Song.
Das letzte Album war bereits veröffentlicht als Ihre Radiokarriere gerade begann. Wie floss die Musik der Beatles dann dennoch in Ihre journalistische Arbeit beim Sender ein?
Von den Beatles, ihren originellen Songkompositionen hatte ich mehr gelernt als im Musikunterricht. Weil ich das Geheimnis dieser wunderbaren Songs verstehen wollte, habe ich schon früh versucht, den musikalischen Aufbau und Inhalt zu ergründen, weshalb ich mir viel Wissen über die Musik der Beatles aneignen konnte. Diese Herangehensweise an Popmusik, einerseits mit Begeisterung für ambitionierten Pop andererseits mit kritischer Distanz zu banalem Pop, gepaart mit musikalischem Wissen und der Erfahrung eigener musikalischer Praxis, das gab es damals im Radiojournalismus noch nicht so oft. Und das kam mir damals zu gute. Im Grunde habe ich also den Beatles meine 40 Jahre lange Radio-Mitarbeit im hr zu verdanken.
Gab es persönliche Begegnungen mit einem/mehreren der Fab Four?
Als die Beatles im Juni 1966 auf ihrer Blitz-Tournee durch Deutschland waren und sechs Konzerte in drei deutschen Städten gaben, da hab ich die Beatles live in der Grugahalle in Essen erlebt. 1989 gab es eine kurze Begegnung mit Paul McCartney in Hamburg. Ich hatte den offiziellen Auftrag für ein Interview. Der Termin war vom McCartney-Management bestätigt. Ich war gut vorbereitet und pünktlich vor Ort, ließ mich aber von einem Security-Mann abwimmeln. Und als endlich ein PR-Mann der Plattenfirma gefunden war und mich hereinließ, hatte den Interviewtermin jemand anderes bekommen. Das war eine meiner peinlichsten Pleiten in meiner seitherigen 48-jährigen Radioarbeit.
Wann begann Ihre dokumentarische Arbeit mit den Beatles, welche „Auswüchse" erfuhr die mit Plattenproduktionen (Hörspiele) und Bühnenpräsentationen (Stichwort: Beate) und davon auch Filmmitschnitten?
Als ich 1970 in hr2 (Teens Twens Top Time) anfing, beschäftigte sich eine meiner ersten Sendungen mit den Beatles und ihrer Beeinflussung des damals hoch gehandelten Artrock. 1976 schrieb ich ein Nachwort für ein deutschsprachiges Beatles-Buch, gefolgt von vielen Themensendungen zu den Alben der Beatles – ich habe wohl kein einziges Jubiläum ausgelassen. 2009 und 2010 gab es dann zwei Live-Projekte und Clubtouren zusammen mit der Beatles Revival Band: die launige Story „Die Beatles & Beate“ und das musikjournalistische Programm „Imagine John Lennon“, die auf DVD bzw. CD dokumentiert wurden (die beiden Hörbuch-CDs „Imagine John Lennon“ sind schon lange fertig, harren aber noch der Veröffentlichung). Und 2012 folgte dann ein Live-Programm plus Clubtour zum Thema „Paul McCartney: Yesterday and Today“ mit der Lonely Hearts Club Band. Schließlich erschien zum 75. Geburtstag von Sir Paul McCartney eine dicke Box mit 5 Hörbuch-CDs und zwei Büchern, darunter die erste deutschsprachige Diskographie von Paul McCartney.
Waren die Lennon- und McCartney-Hörbücher bis dato die aufwendigsten Arbeiten, wieviel Zeit und Leidenschaft muss man dafür aufbringen und welches Publikum erreicht man damit?
Die bereits erwähnte McCartney-Box war das mit Abstand aufwendigste Projekt, das ich je geschrieben und produziert habe. Es hat nicht nur viel Leidenschaft und Zeit erfordert, sondern auch eine Menge Geld gekostet. Das anvisierte Zielpublikum Beatles/McCartney-Fans und ganz allgemein Popmusik-Interessierte wurde bislang noch nicht im erhofften Maße erreicht. Die dicke Box ist bislang kaum über einen Achtungserfolg hinausgekommen. Aber ich bereue nix.
© Universal
Das „Weiße Album" war schon einmal vor zehn Jahren Thema einer Ihrer Buchpublikationen. Zum 50. Geburtstag bringen Sie das jetzt auf vier Bühnen im Rhein-Main-Gebiet. Was darf das Publikum da von Ihnen und Ihren Gästen
erwarten?
Die Lonely Hearts Club Band in der Besetzung des Kerntrios der Hauptsänger und -Instrumentalisten wird die wichtigsten Songs des Weißen Albums unplugged live spielen. Ich werde zu den jeweiligen Songs die Hintergrundgeschichten in Kurzform liefern und darf auch bei ein paar Songs mitsingen und mitspielen. Da freu ich mich besonders drauf. Nicht zuletzt, weil sich für mich damit ein Kreis zu unsrer Schüler-Beatband in den sechziger Jahren schließt.
Es bleiben Ihnen noch drei Alben: "Yellow Submarine", "Abbey Road" und "Let It Be". Eine Beschäftigungsgarantie bis 2020. Und was kommt danach?
2020 ist ein ganz besonderes Lennon-Jahr: sein 40. Todestag und 80. Geburtstag. Das Gründungsjahr der Beatles liegt dann 60 Jahre zurück und ihre Trennung ein halbes Jahrhundert. Das bietet schon mal eine Menge Stoff für ein Live-Programm und eine neue Veröffentlichung. Und ab 2022 folgen dann im Jahresrhythmus die 60-Jahre-Jubelfeiern für alle Beatles-Platten. Es gibt also noch genug Anlässe, die Beatles bis ultimo zu würdigen.
>> „The Beatles – 50 Jahre: Das Weiße Album“
Dreieich-Sprendlingen, Bürgerhaus, Basement, 9.11., 20 Uhr
Offenbach, Rebell(i)sche Studiobühne, 10.11., 19 Uhr
Frankfurt, Die Fabrik, 13.11., 20 Uhr
Mühlheim, Kulturhalle Schanz, 14.12., 20.30 Uhr
Volker Rebell: Als ich im Herbst 1963 zum ersten Mal das dreifache und dreistimmige „Yeah“ von „She Loves You“ hörte, war klar: Yeah, das isses. Mit Freunden gründeten wir eine Beatband und eiferten den Fab Four nach – mit dem leicht größenwahnsinnigen Vorsatz, mal die deutschen Beatles zu werden. Aber mit diesem größenwahnsinnigen Traum waren wir nicht alleine. Unzählige Bands beteiligten sich damals an den zahllosen Beatband-Wettbewerben „Wer sind die deutschen Beatles“? Wir sind zwar noch nicht mal die „südhessischen Beatles“ geworden, haben aber immerhin 1965 den Deutschen Bandband-Wettbewerb in Kassel gewonnen (mit zwei eigenen deutschsprachigen Songs und einem Song von The Byrds).
Was machte John, Paul, George und Ringo so besonders für Sie, dass sie Sie nicht mehr losließen?
Vor allem war’s die mitreißende, anknipsende Musik, der dreistimmige Gesang und das unbekümmert gewitzte Auftreten der Vier, die wie eine verschworene Gemeinschaft und wie unzertrennliche Kumpels wirkten. Und immer wieder diese unvergleichlichen Songs mit cleveren Harmoniewechseln und einer – für die damaligen Verhältnisse – raffinierten Machart. Erst überrumpelnde Beat-Power, dann romantisch sehnsuchtsvolle bis melancholische Balladen mit wunderbar schwärmerischen Melodien – oft alles gleichzeitig in einem Song.
Das letzte Album war bereits veröffentlicht als Ihre Radiokarriere gerade begann. Wie floss die Musik der Beatles dann dennoch in Ihre journalistische Arbeit beim Sender ein?
Von den Beatles, ihren originellen Songkompositionen hatte ich mehr gelernt als im Musikunterricht. Weil ich das Geheimnis dieser wunderbaren Songs verstehen wollte, habe ich schon früh versucht, den musikalischen Aufbau und Inhalt zu ergründen, weshalb ich mir viel Wissen über die Musik der Beatles aneignen konnte. Diese Herangehensweise an Popmusik, einerseits mit Begeisterung für ambitionierten Pop andererseits mit kritischer Distanz zu banalem Pop, gepaart mit musikalischem Wissen und der Erfahrung eigener musikalischer Praxis, das gab es damals im Radiojournalismus noch nicht so oft. Und das kam mir damals zu gute. Im Grunde habe ich also den Beatles meine 40 Jahre lange Radio-Mitarbeit im hr zu verdanken.
Gab es persönliche Begegnungen mit einem/mehreren der Fab Four?
Als die Beatles im Juni 1966 auf ihrer Blitz-Tournee durch Deutschland waren und sechs Konzerte in drei deutschen Städten gaben, da hab ich die Beatles live in der Grugahalle in Essen erlebt. 1989 gab es eine kurze Begegnung mit Paul McCartney in Hamburg. Ich hatte den offiziellen Auftrag für ein Interview. Der Termin war vom McCartney-Management bestätigt. Ich war gut vorbereitet und pünktlich vor Ort, ließ mich aber von einem Security-Mann abwimmeln. Und als endlich ein PR-Mann der Plattenfirma gefunden war und mich hereinließ, hatte den Interviewtermin jemand anderes bekommen. Das war eine meiner peinlichsten Pleiten in meiner seitherigen 48-jährigen Radioarbeit.
Wann begann Ihre dokumentarische Arbeit mit den Beatles, welche „Auswüchse" erfuhr die mit Plattenproduktionen (Hörspiele) und Bühnenpräsentationen (Stichwort: Beate) und davon auch Filmmitschnitten?
Als ich 1970 in hr2 (Teens Twens Top Time) anfing, beschäftigte sich eine meiner ersten Sendungen mit den Beatles und ihrer Beeinflussung des damals hoch gehandelten Artrock. 1976 schrieb ich ein Nachwort für ein deutschsprachiges Beatles-Buch, gefolgt von vielen Themensendungen zu den Alben der Beatles – ich habe wohl kein einziges Jubiläum ausgelassen. 2009 und 2010 gab es dann zwei Live-Projekte und Clubtouren zusammen mit der Beatles Revival Band: die launige Story „Die Beatles & Beate“ und das musikjournalistische Programm „Imagine John Lennon“, die auf DVD bzw. CD dokumentiert wurden (die beiden Hörbuch-CDs „Imagine John Lennon“ sind schon lange fertig, harren aber noch der Veröffentlichung). Und 2012 folgte dann ein Live-Programm plus Clubtour zum Thema „Paul McCartney: Yesterday and Today“ mit der Lonely Hearts Club Band. Schließlich erschien zum 75. Geburtstag von Sir Paul McCartney eine dicke Box mit 5 Hörbuch-CDs und zwei Büchern, darunter die erste deutschsprachige Diskographie von Paul McCartney.
Waren die Lennon- und McCartney-Hörbücher bis dato die aufwendigsten Arbeiten, wieviel Zeit und Leidenschaft muss man dafür aufbringen und welches Publikum erreicht man damit?
Die bereits erwähnte McCartney-Box war das mit Abstand aufwendigste Projekt, das ich je geschrieben und produziert habe. Es hat nicht nur viel Leidenschaft und Zeit erfordert, sondern auch eine Menge Geld gekostet. Das anvisierte Zielpublikum Beatles/McCartney-Fans und ganz allgemein Popmusik-Interessierte wurde bislang noch nicht im erhofften Maße erreicht. Die dicke Box ist bislang kaum über einen Achtungserfolg hinausgekommen. Aber ich bereue nix.
© Universal
Das „Weiße Album" war schon einmal vor zehn Jahren Thema einer Ihrer Buchpublikationen. Zum 50. Geburtstag bringen Sie das jetzt auf vier Bühnen im Rhein-Main-Gebiet. Was darf das Publikum da von Ihnen und Ihren Gästen
erwarten?
Die Lonely Hearts Club Band in der Besetzung des Kerntrios der Hauptsänger und -Instrumentalisten wird die wichtigsten Songs des Weißen Albums unplugged live spielen. Ich werde zu den jeweiligen Songs die Hintergrundgeschichten in Kurzform liefern und darf auch bei ein paar Songs mitsingen und mitspielen. Da freu ich mich besonders drauf. Nicht zuletzt, weil sich für mich damit ein Kreis zu unsrer Schüler-Beatband in den sechziger Jahren schließt.
Es bleiben Ihnen noch drei Alben: "Yellow Submarine", "Abbey Road" und "Let It Be". Eine Beschäftigungsgarantie bis 2020. Und was kommt danach?
2020 ist ein ganz besonderes Lennon-Jahr: sein 40. Todestag und 80. Geburtstag. Das Gründungsjahr der Beatles liegt dann 60 Jahre zurück und ihre Trennung ein halbes Jahrhundert. Das bietet schon mal eine Menge Stoff für ein Live-Programm und eine neue Veröffentlichung. Und ab 2022 folgen dann im Jahresrhythmus die 60-Jahre-Jubelfeiern für alle Beatles-Platten. Es gibt also noch genug Anlässe, die Beatles bis ultimo zu würdigen.
>> „The Beatles – 50 Jahre: Das Weiße Album“
Dreieich-Sprendlingen, Bürgerhaus, Basement, 9.11., 20 Uhr
Offenbach, Rebell(i)sche Studiobühne, 10.11., 19 Uhr
Frankfurt, Die Fabrik, 13.11., 20 Uhr
Mühlheim, Kulturhalle Schanz, 14.12., 20.30 Uhr
5. November 2018, 10.26 Uhr
Detlef Kinsler
Detlef Kinsler
Weil sein Hobby schon früh zum Beruf wurde, ist Fotografieren eine weitere Leidenschaft des Journal-Frankfurt-Musikredakteurs, der außerdem regelmäßig über Frauenfußball schreibt. Mehr von Detlef
Kinsler >>
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