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Was jetzt auf MUBI, Disney+, Netflix & AppleTV läuft
Neben einem außergewöhnlichen Tierdrama werden in diesem Monat Geschichten von blauen Planeten, einem Chicagoer Sandwichladen, der Opioidkrise und dem Medienhorror rund um den Prozess eines ehemaligen Hollywoodpaares gezeigt. Das JOURNAL hat schon mal reingeschaut.
Ein Zirkusesel als Protagonist: Jerzy Skolimowski interpretiert einen französischen Klassikers neu.
Vor 57 Jahren erschien 1966 mit Robert Bressons „Au hasard Balthazar“ ein Drama, das nicht wenige Listen über die besten Filme aller Zeiten unter den vorderen Plätzen anführt. Bresson erzählte seinerzeit die Geschichte des geschundenen Esels Balthazar, die er mit episodischen Sequenzen über das leidvolle Leben eines jungen Mädchens meisterhaft verwebte. Bressons Film sei der einzige, der ihn wirklich bewegt habe, erklärte einst der polnische Regisseur Jerzy Skolimowski, der nach einer zwanzigjährigen Filmpause seit 2008 wieder regelmäßig Regie führt. Mit seinem neusten Film „EO“ erschien 2022 seine Neuinterpretation von „Au hasard Balthazar“.
Gemäß dem filmischen Vorbild steht auch hier ein Tier vollständig im Mittelpunkt des Geschehens: der Zirkusesel EO. Gemeinsam mit Kassandra (Sandra Drzymalska), die ihn liebt und beschützt, steht er Abend für Abend in der Manage, bevor der Zirkus nach Protesten von Tierrechtsaktivisten dicht gemacht wird. Nun beginnt die nicht enden wollende tour de force des gutmütigen Tiers, die Skolimowski bildgewaltig in Szene setzt und die unzählige Stationen umfasst. Auf seiner Reise bleibt die Erzählung fast ausnahmslos bei dem eigensinnigen Esel, nur gelegentlich bietet die Kamera episodische Einblicke in das Leben der Menschen, mit denen EO in Berührung kommt.
Mit „EO“ gelingt Regisseur Jerzy Skolimowski jenseits von jedweder Tier(rechts)romantik ein eindringlicher Film, in dem das Treiben der Menschen durch die Augen des tierischen Beobachters zu einem surreal anmutenden Rätsel gerät. Frei nach dem alttestamentarischen „es war alles eitel und Haschen nach Wind“, auf das hier allerdings nicht zynisch, sondern durch den stummen, nicht wertenden Blick des Esels geschaut wird. Ein Film als kaleidoskopische Elegie eines Außenseiters.
Mubi: EO, bereits verfügbar
…und was sonst noch läuft:
Keine zehn Monate, nachdem die erste Staffel der Serie rund um einen kleinen Sandwichladen in Chicago zu einem Überraschungserfolg wurde, erscheint nun bereits die Fortsetzung. Die Geschichte schließt nahtlos an die vorige Erzählung an: Carmy Berzatto (Jeremy Allen White) plant mit seiner zu einer kleinen Familie zusammengewachsenen Belegschaft die Eröffnung des neuen Restaurants – „The Bear“. Verhandelte die vorige Staffel in einem nervösen Strom aus kurzen Episoden eine dichte Geschichte über Depression, Verdrängung und Zusammenbruch, widmet sich die neue der Frage nach dem, was danach kommt, wie ein erfülltes Leben schlechthin aussehen könnte, und sticht damit deutlich aus dem aktuellen Serienangebot heraus.
Disney+: The Bear: King of the Kitchen, Staffel 2, bereits verfügbar
Oxycontin – der Name ist wie kein anderer mit der Opioid-Krise in den USA verknüpft. Das Pharmaunternehmen Purdue brachte das verschreibungspflichtige Medikament 1996 auf den Markt und legte damit den Grundstein für die anhaltende Drogen-Epidemie, die bis dato wohl über 850.000 Menschen das Leben kostete. Die Mini-Serie „Painkiller“ versucht sich an einer chronologischen Aufarbeitung der Umstände, nimmt dabei vor allem die Familie Sackler, Besitzer von Purdue, in den Blick, deren infame Vermarktungsmethoden desaströse Wirkung zeitigten. Gesellschaftliche Umstände, die Sucht und Gier bedingen, sowie politisches Versagen, finden hingegen kaum Beachtung und lassen das Erzählte oft allzu überzeichnet erscheinen.
Netflix: Painkiller, Staffel 1, bereits verfügbar
Wahrlich ein seltsamer Planet, auf dem die Comicverfilmung durch „Rick and Morty“-Erfinder Dan Harmon spielt. Obwohl ihre blauen Bewohnerinnen und Bewohner jenen der Erde so verwandt erscheinen. Doch hat es hier eine Drehung gegeben, als ob die Dinge einer leicht verschobenen, inneren Ordnung folgen. Dankbarkeit ist oberstes Gebot, Haustiere sind gleichberechtige Kameraden, man pflegt ein sanftmütiges Vokabular. Eine vollendete Utopie, oder ein nur harmlos wirkender Alptraum? Dem Zeitgeist scheint diese Serie ein verzerrtes Spiegelbild sein zu wollen. Dass die Protagonisten nebenbei geschlechtslos oder non-binär angelegt wurden, ist der deutschen Fassung übrigens weniger anzuhören. Das „they“ aus dem Original wurde nicht übersetzt.
AppleTV+: Strange Planet, Staffel 1, jeden Mittwoch eine neue Folge
Für alle, die dem unverzeihlicher Weise öffentlich übertragenen Prozess zwischen den ehemaligen Eheleuten Depp und Heard nicht folgen wollten, ist bei Netflix nun eine dreiteilige Dokumentation erschienen, die das Gerichtsverfahren und vor allem den damaligen Medienrummel zusammenfasst. Die Filmemacherin Emma Cooper wollte sich auf keine Seite schlagen, stattdessen die Ereignisse möglichst neutral zusammenfassen. Ohne jegliche Kommentierung vermischt sie so Prozessaufnahmen mit Social-Media-Ausschnitten, in denen sich Unbeteiligte über Amber Heard das Maul zerreißen, und kreiert eine deprimierende Collage über Misogynie, die der Medienhysterie ihrer Form nach leider nichts entgegenzusetzen hat.
Netflix: Johnny Depp gegen Amber Heard, bereits verfügbar
Weitere Kurzkritiken & Empfehlungen im aktuellen Journal Frankfurt.
18. September 2023, 11.47 Uhr
Daniel Urban
Daniel Urban
Daniel Urban schreibt seit 2022 für das JOURNAL FRANKFURT mit dem Schwerpunkt TV und Streaming. Mehr von Daniel
Urban >>
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