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Städel Frankfurt
Der Mensch als bildhauerisches Material
Nach über 25 Jahren widmet das Städel der US-amerikanischen Kunst auf Papier von 1945 bis heute eine Ausstellung. Vom 6. April bis 17. Juli werden rund 50 herausragende Druckgrafiken, Zeichnungen und Multiples gezeigt.
Jackson Pollocks „Figur“ kommt sehr leichtfüßig daher, fast scheint es, als tanze sie über das Papier. Ähnlich wie die Drip Paintings muss sie das Ergebnis eines spontanen Prozesses sein, doch das täuscht. „Pollocks Vorgehensweise ist wohlüberlegt, er hat sich mit anderen Figuren auseinandergesetzt, erklärt Kuratorin Regina Freyberger. Seine Arbeit ist ein Beispiel dafür, wie sich die Darstellung des Menschen und seines Körpers seit dem 19. Jahrhundert gewandelt hat. Die naturgetreue Wiedergabe war zunehmend „out“. Die Figur löste sich vielmehr auf, wie auch Leonard Baskin in seinem großformatigen Holzschnitt „Angel of Death“ zeigt. Der Engel erscheint wie ein gehäuteter Todesengel, dessen Sehnen und Muskeln sichtbar werden.
Nach dem Zweiten Weltkrieg trat außerdem als Thema die menschliche Existenz in den Mittelpunkt. Baskin setzte sich in seiner Arbeit mit dem Holocaust auseinander, sein Mensch ist zerschunden. Louise Bourgeois „Sainte Sébastienne“ ist eine kopflose, davonlaufende Heilige, die von Pfeilen attackiert wird.
50 Blätter aus dem Bestand des Städel werden in der Ausstellung „Into the New. Menschsein: Von Pollock bis Bourgeois“ gezeigt, darunter sind Arbeiten, die schon lange nicht mehr zu sehen waren. „Von der US-amerikanischen Kunst gingen seit den späten 40er-Jahren für die westliche Kunstwelt wichtige Impulse aus. Maßgeblich war hier insbesondere die Druckgrafik mit ihrem großen experimentellen Potenzial“, sagt Freyberger. In relativ kurzer Zeit entwickelten sich nach 1945 in New York und später an der Westküste verschiedene oft gegensätzliche Konzepte. Künstlerinnen und Künstler experimentierten mit Medien und Materialien, ab den 60er-Jahren wurden neue Druck- und Papierwerkstätten gegründet. Das Städel Museum begann gleichzeitig mit dem „Graphic Boom“ zeitgenössische US-amerikanische Kunst auf Papier zu sammeln. Sie bildet heute einen der Schwerpunkte der Graphischen Sammlung.
Neben der Auflösung der Figur oder ihre ausschnitthafte Wahrnehmung war bei vielen Künstlerinnen und Künstlern der Körper an sich der Werkstoff: Bruce Nauman zog 1968 sein Gesicht mit den Fingern in unterschiedliche Formen und zeichnete dies in einer Sequenz von elf Hologrammen auf. Der Mensch ist ohne Bedeutung, es geht nicht mehr um ihn, er ist bildhauerisches Material. Auch bei Chuck Close oder Robert Longo ist die Person, die fotografiert wird, nicht das Thema, sondern der Rhythmus der Körper in nicht eindeutig lesbaren Gesten. Die in den Druckgrafiken sichtbaren Menschen sind zugleich an- wie abwesend.
Into the New. Menschsein: Von Pollock bis Bourgeois, 6. April bis 17. Juli, Städel Museum Frankfurt, www.staedelmuseum.de
Nach dem Zweiten Weltkrieg trat außerdem als Thema die menschliche Existenz in den Mittelpunkt. Baskin setzte sich in seiner Arbeit mit dem Holocaust auseinander, sein Mensch ist zerschunden. Louise Bourgeois „Sainte Sébastienne“ ist eine kopflose, davonlaufende Heilige, die von Pfeilen attackiert wird.
50 Blätter aus dem Bestand des Städel werden in der Ausstellung „Into the New. Menschsein: Von Pollock bis Bourgeois“ gezeigt, darunter sind Arbeiten, die schon lange nicht mehr zu sehen waren. „Von der US-amerikanischen Kunst gingen seit den späten 40er-Jahren für die westliche Kunstwelt wichtige Impulse aus. Maßgeblich war hier insbesondere die Druckgrafik mit ihrem großen experimentellen Potenzial“, sagt Freyberger. In relativ kurzer Zeit entwickelten sich nach 1945 in New York und später an der Westküste verschiedene oft gegensätzliche Konzepte. Künstlerinnen und Künstler experimentierten mit Medien und Materialien, ab den 60er-Jahren wurden neue Druck- und Papierwerkstätten gegründet. Das Städel Museum begann gleichzeitig mit dem „Graphic Boom“ zeitgenössische US-amerikanische Kunst auf Papier zu sammeln. Sie bildet heute einen der Schwerpunkte der Graphischen Sammlung.
Neben der Auflösung der Figur oder ihre ausschnitthafte Wahrnehmung war bei vielen Künstlerinnen und Künstlern der Körper an sich der Werkstoff: Bruce Nauman zog 1968 sein Gesicht mit den Fingern in unterschiedliche Formen und zeichnete dies in einer Sequenz von elf Hologrammen auf. Der Mensch ist ohne Bedeutung, es geht nicht mehr um ihn, er ist bildhauerisches Material. Auch bei Chuck Close oder Robert Longo ist die Person, die fotografiert wird, nicht das Thema, sondern der Rhythmus der Körper in nicht eindeutig lesbaren Gesten. Die in den Druckgrafiken sichtbaren Menschen sind zugleich an- wie abwesend.
Into the New. Menschsein: Von Pollock bis Bourgeois, 6. April bis 17. Juli, Städel Museum Frankfurt, www.staedelmuseum.de
5. April 2022, 09.52 Uhr
Jasmin Schülke

Jasmin Schülke
Studium der Publizistik und Kunstgeschichte an der Johannes Gutenberg-Universität Mainz. Seit Oktober 2021 Chefredakteurin beim Journal Frankfurt. Mehr von Jasmin
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