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Schirn Kunsthalle
Vom Gehen, Schlendern und Flanieren
Die Ausstellung „Walk!“ beleuchtet die Facetten des Gehens in der zeitgenössischen Kunst. In einer Gruppenausstellung werden Fotografien, Videoarbeiten, Performances, Malereien und Skulpturen gezeigt.
Nicht erst durch die Corona-Pandemie hat der Akt des Gehens an Bedeutung gewonnen. Und deshalb ist es Schirn-Direktor PhiIipp Demandt wichtig zu betonen, dass die Idee zur Ausstellung seit Längerem existiert, aber nun zum richtigen Zeitpunkt umgesetzt wurde. Tatsächlich hat sich in der zeitgenössischen Kunst die sogenannte Walking Art bereits in den 60er- und 70er-Jahren als Genre entwickelt. Aktuelle Debatten um Globalisierung, Migration und Klimawandel haben darin Eingang gefunden. Lucius Burckhardts Ansätze der Promenadologie beispielsweise erlebten zur documenta 14 eine Renaissance. Gruppen gingen in den Ausstellungsräumen rückwärts oder durchquerten einen Saal in Zeitlupengeschwindigkeit. Die Spaziergangswissenschaft, die Burckhardt 1976 entwickelt hat, ist von ungebrochener Aktualität: Seine Ansätze sind besonders für Stadtforschung und Städteplanung relevant.
Das Gehen in der Kunst reicht historisch bis ins 19. Jahrhundert zurück und ist in der Gestalt des Flaneurs zum ersten Mal greifbar: Der französische Schriftsteller Charles Baudelaire ernannte den Flaneur zum „Maler des modernen Lebens“. „Sein langsames und zielloses Umherschweifen galt als Protest gegen den Konsum in den neu entstandenen Einkaufspassagen“, erklärt Demandt.
Ohne Zweifel ist das Gehen nicht nur eine Möglichkeit der Fortbewegung, sondern beinhaltet auch meditative Aspekte. Gehen kann Selbsterfahrung sein, ein Verschmelzen mit der Umwelt, eine eigene Definition des urbanen Raums oder ein politisches Statement. Die Schirn Kunsthalle Frankfurt widmet sich nun in der Ausstellung „Walk!“ dem Gehen als Kunstform und hat dafür 100 Werke von über 40 internationalen Künstlerinnen und Künstlern versammelt, in deren Schaffen die diversen Aspekte des Gehens ein wesentliches Element darstellen.
Das Umherlaufen ohne Ziel etwa eröffnet in den Werken von u.a. Sebastiàn Diaz Morales einen neuen Raum der Erfahrbarkeit. Werke von Kubra Khademi oder Pope.L thematisieren das Nicht-Gehen. Das erzählende Gehen findet sich in den Arbeiten von Hiwa K, der ebenfalls auf der documenta 14 vertreten war. Er erzählt mit der Videoarbeit „Pre-Image (Blind as the Mother Tongue)“ aus dem Jahr 2017 von seiner Flucht als Kunst aus dem irakischen Kurdistan nach Rom, indem er einen Teil des Weges noch einmal zu Fuß abläuft. Auf Nasenbein und Stirn balancierte er dabei eine Stange mit montierten Fahrrad-, Auto- und Motorradspiegeln, die seine in vielen Rollen zersplitterte Identität symbolisieren.
Als Begründer der Walking Art gilt Hamish Fulton, der im Spätsommer 1973 eine Wanderung unternahm: Innerhalb von 47 Tagen durchquerte er zu Fuß Großbritannien vom nordöstlichsten Punkt Schottlands bis hin zum südwestlichsten Ende Südenglands. In der Schirn sind eine Reihe von Arbeiten zu sehen, die vor allem sein gesellschaftskritisches und umweltpolitisches Engagement herausstellen.
„Walk!“, Schirn Kunsthalle Frankfurt, 18. Februar bis 22. Mai, www.schirn.de
Das Gehen in der Kunst reicht historisch bis ins 19. Jahrhundert zurück und ist in der Gestalt des Flaneurs zum ersten Mal greifbar: Der französische Schriftsteller Charles Baudelaire ernannte den Flaneur zum „Maler des modernen Lebens“. „Sein langsames und zielloses Umherschweifen galt als Protest gegen den Konsum in den neu entstandenen Einkaufspassagen“, erklärt Demandt.
Ohne Zweifel ist das Gehen nicht nur eine Möglichkeit der Fortbewegung, sondern beinhaltet auch meditative Aspekte. Gehen kann Selbsterfahrung sein, ein Verschmelzen mit der Umwelt, eine eigene Definition des urbanen Raums oder ein politisches Statement. Die Schirn Kunsthalle Frankfurt widmet sich nun in der Ausstellung „Walk!“ dem Gehen als Kunstform und hat dafür 100 Werke von über 40 internationalen Künstlerinnen und Künstlern versammelt, in deren Schaffen die diversen Aspekte des Gehens ein wesentliches Element darstellen.
Das Umherlaufen ohne Ziel etwa eröffnet in den Werken von u.a. Sebastiàn Diaz Morales einen neuen Raum der Erfahrbarkeit. Werke von Kubra Khademi oder Pope.L thematisieren das Nicht-Gehen. Das erzählende Gehen findet sich in den Arbeiten von Hiwa K, der ebenfalls auf der documenta 14 vertreten war. Er erzählt mit der Videoarbeit „Pre-Image (Blind as the Mother Tongue)“ aus dem Jahr 2017 von seiner Flucht als Kunst aus dem irakischen Kurdistan nach Rom, indem er einen Teil des Weges noch einmal zu Fuß abläuft. Auf Nasenbein und Stirn balancierte er dabei eine Stange mit montierten Fahrrad-, Auto- und Motorradspiegeln, die seine in vielen Rollen zersplitterte Identität symbolisieren.
Als Begründer der Walking Art gilt Hamish Fulton, der im Spätsommer 1973 eine Wanderung unternahm: Innerhalb von 47 Tagen durchquerte er zu Fuß Großbritannien vom nordöstlichsten Punkt Schottlands bis hin zum südwestlichsten Ende Südenglands. In der Schirn sind eine Reihe von Arbeiten zu sehen, die vor allem sein gesellschaftskritisches und umweltpolitisches Engagement herausstellen.
„Walk!“, Schirn Kunsthalle Frankfurt, 18. Februar bis 22. Mai, www.schirn.de
17. Februar 2022, 15.57 Uhr
Jasmin Schülke

Jasmin Schülke
Studium der Publizistik und Kunstgeschichte an der Johannes Gutenberg-Universität Mainz. Seit Oktober 2021 Chefredakteurin beim Journal Frankfurt. Mehr von Jasmin
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