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Portikus
Kunst bei 600 Umdrehungen
Auf gute Nachbarschaft: Die Portikus-Kuratorinnen bringen künstlerische Interventionen in den öffentlichen Raum und verzaubern Orte wie Waschsalon, Kiosk, Metzlerpark oder das berühmte Dönerboot.
Der Satz fällt gleich zu Beginn des Ausstellungsrundgangs: Wenn das Publikum nicht zur Kunst kommt, dann kommt die Kunst eben zum Publikum. Seit gut einem Jahr kuratieren Carina Bukuts und Liberty Adrien nun gemeinsam am Portikus, dem Ausstellungshaus auf der Maininsel, das über eine Brücke betreten wird. Sie haben seine Türen weit geöffnet und Schilder aufgestellt: Freier Eintritt! Auch die Ausstellungen selbst sollten größtmögliche Zugänglichkeit schaffen – so konnte man hier im letzten Jahr dank einer künstlerischen Umleitung beispielsweise schon den Main im Portikus betreten, vor Ort gebrautes Maisbier verkosten oder aktuell auf Socken einer magischen Unterwasserreise beiwohnen.
Eingedenk dieser Praxis erscheint „Assembly“ nun wie ein nächster logischer Schritt. Als Ausstellung, die komplett im öffentlichen oder halböffentlichen Raum stattfindet. Bukuts und Adrien haben sie parallel zu ihren festen Schauen im Portikus organisiert und hierfür scheinbar spielerisch Künstlerinnen und Künstler engagieren können, um die sich sicherlich manches Ausstellungshaus reißen würde. Ayşe Erkmen und Thomas Bayrle sind dabei, ebenso wie James Gregory Atkinson, Sung Tieu, das Duo Slavs and Tatars. Außerdem die Frankfurter Grafikdesignerin Sandra Doeller, die etliche Ausstellungen und Künstlerkataloge gestaltet hat und hier nun selbst künstlerisch in Aktion tritt – ihre leuchtenden Farbtafeln zieren das Parkhaus Alt-Sachsenhausen, auf denen man nun vergeblich nach Infos zu Parkdecks und Stundentarifen sucht, wohl aber typografisch variantenreiche Eckdaten zur Ausstellung und ihren Künstlerinnen und Künstlern findet.
Zehn Wochen lang werden die Interventionen entlang einer Spazierroute in Sachsenhausen zu sehen, zu hören und bisweilen auch zu benutzen sein, allerdings nur selten rund um die Uhr: Die Kuratorinnen haben sich bewusst Orte ausgesucht, die belebt sind, betrieben und besucht werden, aber entsprechend auch Ruhezeiten haben. Im Waschsalon „Wasch-Treff“ schleudern so nun Jacken und Hosen zum rundum tapezierten „Jacke wie Hose“-Print von Thomas Bayrle, im Kiosk „Shameless“ liegt zu Öffnungszeiten eine Zeitung von Sung Tieu aus. Auch ein Salonzimmer, das berühmte „Dönerboot“ von Ramiz Meral am Mainufer und die Umgebung eines Architekturbüros werden künstlerisch bespielt – mitunter wörtlich, wie mit James Gregory Atkinsons Soundinstallation, die an Wochenenden aus einem dann geschlossenen Architekturbüro klingt und die von der afrodeutschen Schauspielerin und Sängerin Marie Neijar alias Leila Negra erzählt.
Schneckenskulptur im Metzlerpark
Im Metzlerpark wird dann noch mit einer Erwartung über Kunst im öffentlichen Raum im Allgemeinen aufgeräumt: Die müsse nämlich gar nicht massiv sein, sagt Liberty Adrien. Das Werk von Ayşe Erkmen, die schon gigantische Interventionen in Frankfurt oder auf den Skulpturprojekten in Münster gebaut hat, ist hier winzig klein. Aber der „Lonesome George“, Bronzeskulptur einer 2019 ausgestorbenen Schneckenart, zeugt umso wirkungsvoller vom Artensterben, das medial und aktivistisch deutlich weniger Aufmerksamkeit erhält als der Klimawandel, aber von einigen Naturwissenschaftlern schon als weitaus verheerenderes Problem charakterisiert wird.
„Assembly“ ist ein Gegenentwurf zu den bekannt megalomanischen Ausstellungen mit Riesenskulpturen und natürlich auch eine sehr zeitgenössische Art, mit dem öffentlichen Raum umzugehen: eher leise als laut, eher niedrigschwellig, eher minimal als XXL. Auf gute Nachbarschaft, auch mit der Kunst.
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>> Assembly. Interventionen im öffentlichen Raum, bis 16. Juli, Eintritt frei, Infos und Ausstellungsbooklet via portikus.de
Eingedenk dieser Praxis erscheint „Assembly“ nun wie ein nächster logischer Schritt. Als Ausstellung, die komplett im öffentlichen oder halböffentlichen Raum stattfindet. Bukuts und Adrien haben sie parallel zu ihren festen Schauen im Portikus organisiert und hierfür scheinbar spielerisch Künstlerinnen und Künstler engagieren können, um die sich sicherlich manches Ausstellungshaus reißen würde. Ayşe Erkmen und Thomas Bayrle sind dabei, ebenso wie James Gregory Atkinson, Sung Tieu, das Duo Slavs and Tatars. Außerdem die Frankfurter Grafikdesignerin Sandra Doeller, die etliche Ausstellungen und Künstlerkataloge gestaltet hat und hier nun selbst künstlerisch in Aktion tritt – ihre leuchtenden Farbtafeln zieren das Parkhaus Alt-Sachsenhausen, auf denen man nun vergeblich nach Infos zu Parkdecks und Stundentarifen sucht, wohl aber typografisch variantenreiche Eckdaten zur Ausstellung und ihren Künstlerinnen und Künstlern findet.
Zehn Wochen lang werden die Interventionen entlang einer Spazierroute in Sachsenhausen zu sehen, zu hören und bisweilen auch zu benutzen sein, allerdings nur selten rund um die Uhr: Die Kuratorinnen haben sich bewusst Orte ausgesucht, die belebt sind, betrieben und besucht werden, aber entsprechend auch Ruhezeiten haben. Im Waschsalon „Wasch-Treff“ schleudern so nun Jacken und Hosen zum rundum tapezierten „Jacke wie Hose“-Print von Thomas Bayrle, im Kiosk „Shameless“ liegt zu Öffnungszeiten eine Zeitung von Sung Tieu aus. Auch ein Salonzimmer, das berühmte „Dönerboot“ von Ramiz Meral am Mainufer und die Umgebung eines Architekturbüros werden künstlerisch bespielt – mitunter wörtlich, wie mit James Gregory Atkinsons Soundinstallation, die an Wochenenden aus einem dann geschlossenen Architekturbüro klingt und die von der afrodeutschen Schauspielerin und Sängerin Marie Neijar alias Leila Negra erzählt.
Im Metzlerpark wird dann noch mit einer Erwartung über Kunst im öffentlichen Raum im Allgemeinen aufgeräumt: Die müsse nämlich gar nicht massiv sein, sagt Liberty Adrien. Das Werk von Ayşe Erkmen, die schon gigantische Interventionen in Frankfurt oder auf den Skulpturprojekten in Münster gebaut hat, ist hier winzig klein. Aber der „Lonesome George“, Bronzeskulptur einer 2019 ausgestorbenen Schneckenart, zeugt umso wirkungsvoller vom Artensterben, das medial und aktivistisch deutlich weniger Aufmerksamkeit erhält als der Klimawandel, aber von einigen Naturwissenschaftlern schon als weitaus verheerenderes Problem charakterisiert wird.
„Assembly“ ist ein Gegenentwurf zu den bekannt megalomanischen Ausstellungen mit Riesenskulpturen und natürlich auch eine sehr zeitgenössische Art, mit dem öffentlichen Raum umzugehen: eher leise als laut, eher niedrigschwellig, eher minimal als XXL. Auf gute Nachbarschaft, auch mit der Kunst.
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>> Assembly. Interventionen im öffentlichen Raum, bis 16. Juli, Eintritt frei, Infos und Ausstellungsbooklet via portikus.de
5. Mai 2023, 15.06 Uhr
kjc
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