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Museum Giersch

Eine Ode an Ernst Weil: Boxendes Konfetti

Eine umfassende Retrospektive im Museum Giersch würdigt das
vielseitige Werk von Ernst Weil, Mitbegründer der Frankfurter Sezession, Hochschulprofessor und Künstler. Eine Entdeckung!
Vielleicht ist es nur folgerichtig, dass Ernst Weil (1919–1981) nicht nur farbenprächtige Gemälde, Grafiken und Zeichnungen geschaffen hat, sondern sich mit dem Aufkommen entsprechender technischer Möglichkeiten um 1953 auch bald dem Zeichentrickfilm zuwandte. Denn schon seine Malereien vermitteln Dynamik und Rastlosigkeit; eine flirrende Grundspannung, als ob das, was auf den Leinwänden zu sehen ist, selbst in permanenter Bewegung stünde. Oder kurz davor. Wie die Zeichnungen aus der „Boxer“-Serie, in denen ein schwarzes Konfetti aus Linien und Punkten über die Fläche boxt. Tatsächlich lässt sich mit dem nötigen Hintergrundwissen noch der Sportler erahnen, dessen Bewegung der Künstler hier einzufangen versuchte. Mitte der 1950er-Jahre hatte Weil sein Atelier in einer Pariser Sporthalle aufgeschlagen – tagsüber konnte er arbeiten, abends kamen die Boxer. Was ihn freilich nicht vom Arbeiten abhielt.

Kein Durchbruch als Künstler

Ernst Weil wird 1919 in Frankfurt geboren, wo er bis zum Abitur lebt. An der Akademie der Bildenden Künste in München studiert er bei Willi Geiger, der ihm eine große künstlerische Zukunft prophezeit. Nach dem Studium arbeitet Weil als Maler und Pressezeichner, neben Gemälden entstehen zahlreiche Zeichnungen, Grafiken und Illustrationen. In den 1950er-Jahren betätigt sich der Künstler außerdem als Produzent von Zeichentrickfilmen. 1952 gründet er gemeinsam mit Heinz Battke, Arthur Fauser und Georg Heck die Künstlervereinigung „Frankfurter Sezession“. 1957 geht er für neun Jahre nach Paris, bis 1965 die Berufung an die Akademie der Bildenden Künste in Nürnberg erfolgt. Auch danach malt und zeichnet Ernst Weil weiter, bis kurz vor seinem Tod im Jahr 1981 entstehen Bilder wie „Ohne Titel (Dampfer)“ mit seiner gräulich-roten, deutlich reduzierten Farbpalette oder die mindestens im Titel finster anklingende „Bedrohung“. Ernst Weils Tätigkeit als beliebter und einflussreicher Hochschullehrer an der Kunstakademie ist gut dokumentiert, sein eigenes Werk ging demgegenüber größtenteils unter. Den großen Durchbruch hat Weil als Künstler nicht geschafft.

In den letzten Jahren konnte man Ernst Weils Werk schon im kleineren Rahmen hier und da begegnen: In Frankfurt zeigte so zum Beispiel die Galerie Hanna Bekker vom Rath 2021 eine Ausstellung mit Arbeiten von Ernst Weil, in Berlin präsentierte ein Jahr zuvor die Galerie Kremers Malereien aus seinem selten gezeigten Schaffen. Das Museum Giersch würdigt den Maler, Grafiker und Hochschullehrer jetzt in der bis dato umfassendsten
Retrospektive. Grundlage stellt eine Schau in der Kunstvilla Nürnberg, die dort zum 100. Geburtstag des Künstlers präsentiert wurde. Das Frankfurter Museum hat die Malereien aus vielen Jahrzehnten um 50 weitere Arbeiten ergänzt – Zeitungsillustrationen, Buchgestaltungen, Raumausstattungen, zahlreiche grafische Arbeiten und eben auch Trickfilm.

„Spontan und konstruktiv“ wurde die Schau übertitelt. Damit sind die Pole, zwischen denen sich Weils Werk bewegt, wohl gut abgesteckt: die spontane Geste auf der einen, der sorgfältig gestaltete Bildaufbau auf der anderen Seite dieser Skala. In den abstrakten Bildern aus den 1960er- und 1970er-Jahren drohen grafische Formen, Balken und Wolken in geordneter Formation so fast schon wieder auseinanderzudriften. Der Künstler verpasste seinen Bildern eine besondere Farbigkeit und experimentierte gezielt mit ungewöhnlichen Kombinationen. Wiederholung gab es bei ihm offenbar kaum – die nächste Malerei konnte dann schon wieder von einer ganz anderen Palette sein.





Ernst Weil schien das einzelne Bild und die Suche nach dem noch Unbesehenen stets wichtiger als die Frage nach dem Gesamtwerk, dem sich jenes unterzuordnen hätte. Gut denkbar, dass ihm gerade die Erfolge und die ökonomische Sicherheit als Professor an der Kunstakademie diese weitestgehende Freiheit vom Markt und seinen Tendenzen zu einer „Handschrift“ mit hohem Wiedererkennungswert ermöglichten. Trotz Verwandtschaft zu den Entwicklungen seiner Zeit lässt sich Ernst Weil keiner Schule und keinem festen Stil zuordnen. Wohl auch deshalb erscheint sein Werk aber noch heute so aufregend – und eine, wie oftmals nachträgliche, Wiederentdeckung unbedingt lohnenswert.
Spontan und konstruktiv.

>> Ernst Weil (1919–1981), bis 27.8., Museum Giersch, Di, Mi, Fr–So 10–18 Uhr, Do 10–20 Uhr, Eintritt: 7 €, www.mggu.de
 
13. April 2023, 11.58 Uhr
kjc
 
 
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