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Literaturhaus Frankfurt
Bodo Kirchhoff stellt seinen neuen Roman vor
Bodo Kirchoffs neuer Roman „Seit er sein Leben mit einem Tier teilt“ erzählt in wunderschönen Sätzen von Alter und Verlust. Am 16. Januar stellt er ihn bei der Premiere im Literaturhaus Frankfurt vor.
Im Sommer, am 6. Juli, um genau zu sein, hat der Schriftsteller Bodo Kirchhoff seinen 75. Geburtstag gefeiert. Am Gardasee, in seinem Haus oberhalb des Ortes Torri del Benaco, von dessen Terrasse aus man den See überblickt und im Sommer die heftigen Gewitter, die über das Wasser ziehen, als Naturschauspiel erleben kann. In einem Haus, das über die Hohlwege, die den Berg hinaufführen, mit dem Auto nur sehr schlecht und beschwerlich zu erreichen ist.
All das, wohlgemerkt, findet sich so in seinen Büchern wieder. Die Schönheit dieser Landschaft und auch der Luxus dieser Residenz sind Bodo Kirchhoff nicht in den Schoß gefallen. Keinesfalls. Es dürfte kaum einen Schriftsteller geben, der so viel und so hart arbeitet. Jeden Sommer seit 2003 gibt Bodo Kirchhoff gemeinsam mit seiner Frau Ulrike Bauer Schreibkurse am Gardasee; lädt die Teilnehmerinnen und Teilnehmer zum Arbeiten in seine private Umgebung ein, um in dieser Atmosphäre intensiv in kleinen Gruppen an Texten feilen zu können. Die Arbeitsintensität des Schriftstellers Kirchhoff bezieht sich aber vor allem auf seine eigenen Werke; auf seine Erzählungen und Romane.
Kirchhoff schreibt schöne, elegante Sätze, die er erst dann in die Welt hinauslässt, wenn er an ihnen nichts mehr auszusetzen hat
Oft wird Bodo Kirchhoff vorgeworfen, er balanciere am Rand des Kitsches entlang. Das ist Geschmackssache, aber dieser Eindruck entsteht möglicherweise auch aus dem Umstand, dass er Sätze schreibt, wie sie eben sonst kaum noch jemand schreibt: Sie sind durchrhythmisiert bis ins kleinste Detail, sie haben Klang, Temperatur, Bögen, Musikalität. Bodo Kirchhoff schreibt schöne, elegante Sätze, die er erst dann in die Welt hinauslässt, wenn er (und seine strenge Erstleserin Ulrike Bauer) an ihnen nichts mehr auszusetzen hat. Kirchhoff schreibt, überschreibt seine Bücher wieder und wieder, in so vielen Versionen, bis er selbst damit einverstanden ist.
Kirchhoff, 1948 in Hamburg geboren, aufgewachsen im Schwarzwald, Schüler eines Internats am Bodensee (der Roman „Eros und Asche“, einer seiner besten überhaupt, erzählt von dieser Zeit), kam in den 1970er-Jahren nach Frankfurt und blieb. Ein Grund dafür war der Suhrkamp Verlag, in dem seine ersten Bücher erschienen. Streng vereinfacht, hat Bodo Kirchhoff in seinen Büchern drei große Themen, die sich durch sein umfangreiches Werk ziehen: den Körper und das, was der Autor selbst „Körperschicksal“ nennt. Das Reisen, das Unterwegssein in der Welt, verbunden mit Selbsterfahrung, Selbstverlust und Abenteuer. Und, versteht sich, die Liebe, wie sie sich in Paarbeziehungen zeigt; gerade in Beziehungen von Menschen, die miteinander alt geworden sind.
11. Januar: „Seit er sein Leben mit einem Tier teilt“ ist die konsequente Fortschreibung von Kirchhoffs voran gegangenen Eheromanen
„Die Liebe in groben Zügen“, Kirchhoffs im Jahr 2012 erschienener, grandioser Roman, war diesbezüglich eine Wendemarke. In diese Entwicklung fügt sich Bodo Kirchhoffs neuer Roman, der am 11.1. erscheint; nicht mehr in Joachim Unselds Frankfurter Verlagsanstalt, aber das ist eine andere Geschichte. „Seit er sein Leben mit einem Tier teilt“, so der Titel des Romans, ist die konsequente Fortschreibung von Kirchhoffs voran gegangenen Eheromanen, mit einem Unterschied: Die Hauptfigur Louis Arthur Schongauer, ein Mann kurz vor seinem 75. Geburtstag, hat seine Frau verloren; sie ist bei einem Badeunfall im Atlantik ertrunken.
Der Anklang an den wenig menschenfreundlichen Philosophen Arthur Schopenhauer im Namen ist kein Zufall, zumal das Tier, mit dem Schongauer sein Leben nun teilt, wie auch bei Schopenhauer ein Hund ist. Pardon, eine Hündin, darauf legt er Wert. Schongauer, der sich seines Alterns und seiner Defizite bewusst ist, ist ein ehemaliger Hollywood-Schauspieler aus der zweiten oder gar dritten Reihe. Festgelegt war er auf die Rolle des bösen deutschen Nazis in historischen Filmen. In „Der Soldat James Ryan“ hat er mitgespielt.
Ein tieftrauriges Buch, um dessen Kern sich Kirchoffs schöne Sätze winden
Nun hat Schongauer sich mit seinem Tier in sein Haus über dem Gardasee (die Olivenhaine, die Hohlwege!) zurückgezogen. Auf seiner Toilette hängt eine Abbildung des Stichs „Die Peinigung des Heiligen Antonius“; ein Werk aus dem 15. Jahrhundert. Urheber: Der Künstler Martin Schongauer. Und dann landet plötzlich eine junge Reisebloggerin mit einer Autopanne und ihrem Wohnmobil vor Schongauers Einfahrt. Und eine Journalistin reist an, um ein Interview mit ihm zu führen. Und die Peinigungen des Heiligen Antonius finden ihre Fortsetzung. „Seit er sein Leben mit einem Tier teilt“ ist ein im Kern tieftrauriges Buch. Und um diesen Kern herum winden sich Bodo Kirchhoffs schöne Sätze. Sie füllen die Trauer aus und machen sie zugleich auch erträglicher.
Info
Bodo Kirchhoff: Seit er sein Leben mit einem Tier teilt. Roman, dtv, 384 S., 24 € Buchpremiere: Frankfurt, Literaturhaus, 16.1., 19.30 Uhr, Eintritt: 12 €
All das, wohlgemerkt, findet sich so in seinen Büchern wieder. Die Schönheit dieser Landschaft und auch der Luxus dieser Residenz sind Bodo Kirchhoff nicht in den Schoß gefallen. Keinesfalls. Es dürfte kaum einen Schriftsteller geben, der so viel und so hart arbeitet. Jeden Sommer seit 2003 gibt Bodo Kirchhoff gemeinsam mit seiner Frau Ulrike Bauer Schreibkurse am Gardasee; lädt die Teilnehmerinnen und Teilnehmer zum Arbeiten in seine private Umgebung ein, um in dieser Atmosphäre intensiv in kleinen Gruppen an Texten feilen zu können. Die Arbeitsintensität des Schriftstellers Kirchhoff bezieht sich aber vor allem auf seine eigenen Werke; auf seine Erzählungen und Romane.
Oft wird Bodo Kirchhoff vorgeworfen, er balanciere am Rand des Kitsches entlang. Das ist Geschmackssache, aber dieser Eindruck entsteht möglicherweise auch aus dem Umstand, dass er Sätze schreibt, wie sie eben sonst kaum noch jemand schreibt: Sie sind durchrhythmisiert bis ins kleinste Detail, sie haben Klang, Temperatur, Bögen, Musikalität. Bodo Kirchhoff schreibt schöne, elegante Sätze, die er erst dann in die Welt hinauslässt, wenn er (und seine strenge Erstleserin Ulrike Bauer) an ihnen nichts mehr auszusetzen hat. Kirchhoff schreibt, überschreibt seine Bücher wieder und wieder, in so vielen Versionen, bis er selbst damit einverstanden ist.
Kirchhoff, 1948 in Hamburg geboren, aufgewachsen im Schwarzwald, Schüler eines Internats am Bodensee (der Roman „Eros und Asche“, einer seiner besten überhaupt, erzählt von dieser Zeit), kam in den 1970er-Jahren nach Frankfurt und blieb. Ein Grund dafür war der Suhrkamp Verlag, in dem seine ersten Bücher erschienen. Streng vereinfacht, hat Bodo Kirchhoff in seinen Büchern drei große Themen, die sich durch sein umfangreiches Werk ziehen: den Körper und das, was der Autor selbst „Körperschicksal“ nennt. Das Reisen, das Unterwegssein in der Welt, verbunden mit Selbsterfahrung, Selbstverlust und Abenteuer. Und, versteht sich, die Liebe, wie sie sich in Paarbeziehungen zeigt; gerade in Beziehungen von Menschen, die miteinander alt geworden sind.
„Die Liebe in groben Zügen“, Kirchhoffs im Jahr 2012 erschienener, grandioser Roman, war diesbezüglich eine Wendemarke. In diese Entwicklung fügt sich Bodo Kirchhoffs neuer Roman, der am 11.1. erscheint; nicht mehr in Joachim Unselds Frankfurter Verlagsanstalt, aber das ist eine andere Geschichte. „Seit er sein Leben mit einem Tier teilt“, so der Titel des Romans, ist die konsequente Fortschreibung von Kirchhoffs voran gegangenen Eheromanen, mit einem Unterschied: Die Hauptfigur Louis Arthur Schongauer, ein Mann kurz vor seinem 75. Geburtstag, hat seine Frau verloren; sie ist bei einem Badeunfall im Atlantik ertrunken.
Der Anklang an den wenig menschenfreundlichen Philosophen Arthur Schopenhauer im Namen ist kein Zufall, zumal das Tier, mit dem Schongauer sein Leben nun teilt, wie auch bei Schopenhauer ein Hund ist. Pardon, eine Hündin, darauf legt er Wert. Schongauer, der sich seines Alterns und seiner Defizite bewusst ist, ist ein ehemaliger Hollywood-Schauspieler aus der zweiten oder gar dritten Reihe. Festgelegt war er auf die Rolle des bösen deutschen Nazis in historischen Filmen. In „Der Soldat James Ryan“ hat er mitgespielt.
Nun hat Schongauer sich mit seinem Tier in sein Haus über dem Gardasee (die Olivenhaine, die Hohlwege!) zurückgezogen. Auf seiner Toilette hängt eine Abbildung des Stichs „Die Peinigung des Heiligen Antonius“; ein Werk aus dem 15. Jahrhundert. Urheber: Der Künstler Martin Schongauer. Und dann landet plötzlich eine junge Reisebloggerin mit einer Autopanne und ihrem Wohnmobil vor Schongauers Einfahrt. Und eine Journalistin reist an, um ein Interview mit ihm zu führen. Und die Peinigungen des Heiligen Antonius finden ihre Fortsetzung. „Seit er sein Leben mit einem Tier teilt“ ist ein im Kern tieftrauriges Buch. Und um diesen Kern herum winden sich Bodo Kirchhoffs schöne Sätze. Sie füllen die Trauer aus und machen sie zugleich auch erträglicher.
Bodo Kirchhoff: Seit er sein Leben mit einem Tier teilt. Roman, dtv, 384 S., 24 € Buchpremiere: Frankfurt, Literaturhaus, 16.1., 19.30 Uhr, Eintritt: 12 €
4. Januar 2024, 07.07 Uhr
Christoph Schröder
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Text: Florian Aupor / Foto: Über den Holbeinsteg zum Museumsufer © Adobe Stock/Branko Srot
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23. Dezember 2024
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