Die Beschreibung „Frauenfilm“ trifft es bei der Tragikomödie „Juliette im Frühling“ von Blandine Lenoir nur bedingt. Hier kann jede(r) eine richtig gute Zeit haben. Kinostart ist am 18. Juli.
Andreas Dosch /
Natürlich kann man sich fragen, warum ein Film mit dem Titel „Juliette im Frühling“ ausgerechnet im deutschen Hochsommer startet, wenn die meisten Menschen im Ferienmodus sind. Könnte damit zu tun haben, dass diese reizende Tragikomödie solch ein Übermaß an Wärme ausstrahlt und man sich innerhalb der Familie, welche die Kinderbuch-Illustratorin Juliette (Izïa Higelin) hier in der französischen Provinz besucht, so aufgehoben fühlt – man bräuchte eigentlich gar keinen Urlaub mehr, wenn man ihn hier knapp zwei Stunden lang im Kino auf so angenehme Weise verbringen kann.
Dennoch: Kleinere Problemchen und größere Konflikte gibt es natürlich genug, wenn sich die Sippe um einen Tisch versammelt und das Töchterchen aus Paris seine seltene Aufwartung macht. Juliette selbst wird von plötzlichen Zusammenbrüchen heimgesucht, die sie sich nicht erklären kann. Papa Léonard (Jean-Pierre Darroussin) kommt mit dem Alleinsein und ersten Alzheimer-Vorboten nur bedingt klar, derweil seine Ex, Mutter Nathalie (Noémie Lvovsky), einen Selbstfindungstrip als expressive Künstlerin durchläuft, Oma Simone (Liliane Rovere) aus dem Heim abhaut und Juliettes ältere Schwester Marylou (Sophie Guillemin) eine wilde außereheliche Affäre unterhält.
Komplizierte familiäre Sachverhalte charmant und lebensnah auf die Kinoleinwand überführt
Viel los beim dysfunktionalen Clan, das gehört sich in solchen Filmen, die es eigentlich schon wie Sand an der Atlantikküste gibt. Was also macht gerade diesen hier so außergewöhnlich? Es hat damit zu tun, wie Regisseurin Blandine Lenoir ihre Figuren – manchmal im Wortsinne – zeichnet (als Drehbuch-Grundlage diente eine Graphic Novel), wie sie die sensible Dynamik der internen Familienstruktur ernst nimmt und trotzdem ungemein vergnügliche Momente daraus zu zaubern vermag.
Natürlich sind es auch die famosen Darsteller und nicht zuletzt ein ganzes Arsenal an Viehzeug – Katzen, Hunde, Männer in Tierkostümen –, wobei das patschige Entenküken „Norbert“ die Zuschauerherzen im Sturm erobert. Ebenso kluge wie humorvolle Einsichten in komplizierte familiäre Sachverhalte wurden selten derart charmant und lebensnah auf die Kinoleinwand überführt, die Jahreszeit ist dabei gar nicht mehr so wichtig. Obwohl: „Juliette im Frühling” macht Sommer im Herzen.
Info Juliette im Frühling, Tragikomödie, R: Blandine Lenoir, F 2024, Start: 18.7.