Newsletter
|
ePaper
|
Apps
|
Abo
|
Shop
|
Jobs
Foto: Highest Primzahl On Mars live © Peter Lepszy
Foto: Highest Primzahl On Mars live © Peter Lepszy

Highest Primzahl On Mars im Dreikönigskeller

Die Wiederentdeckung des langsamen Musikhörens

Seit gut zwei Jahren steht das Frankfurter Quartett Highest Primzahl On Mars für einen Sound mit Elementen aus Space-, Psychedelic- und Krautrock nebst Shoegaze. Am Freitag treten sie einmal mehr im Dreikönigskeller auf.
JOURNAL FRANKFURT: Wie kam es zur Gründung von Highest Primzahl On Mars?
Highest Primzahl On Mars: Schlagzeuger Gerd und Gitarrist Dietrich spielen seit langem zusammen in der abgefahrenen Trash-Punk-Band „Primaboy“. Anfang 2023 entschlossen sie sich noch was anderes zu machen und holten sich Gitarrist Arun, der in vielen Frankfurter Projekten gespielt hatte, wie zum Beispiel bei Kong, dazu. Schon bald merkten sie, dass ein Tieftöner gut passen würde. Da traf es sich gut, dass Frank nach Corona sein Veranstaltergeschäft an den Nagel gehängt hatte und nun genügend Zeit und Lust hatte nach langer Pause wieder Musik zu machen. Dann ging es schnell und das erste Album erschien ein halbes Jahr später. Kurz danach verabschiedete sich Dietrich – und Uli (auch The Imperial Mustard) stieß als Gitarrist dazu.

„Die englische Musikpresse erfand die Schublade Krautrock“

Warum war der Krautrock all die Jahre eher Thema in Großbritannien und Japan und lange weniger oder fast gar nicht in Deutschland? Und wurde er auf der Insel dank Bands wie „Can“, „Faust“ und „Neu!“ regelrecht gefeiert? Hat man dadurch etwas originär Deutsches quasi lange selbst verleugnet?
Das Thema ist komplex und es gibt diverse Abhandlungen und Untersuchungen, die versucht haben den Krautrock zu deuten und zu definieren. Aber im Grunde fällt nachträglich gesehen eigentlich alles darunter, was ab Ende der Sechziger- bis Ende der Siebzigerjahre in Deutschland gespielt wurde. Die englische Musikpresse erfand dann die Schublade Krautrock. Diese Musik wurde nicht verleugnet wie Du meinst, sondern damals in Deutschland genauso gehört wie in England oder Japan. Die Platten von Can oder Neu standen gleichberechtigt im gymnasialdeutschen Plattenregal neben den damaligen angloamerikanischen Helden.

Originär deutsch oder besser gesagt „anders" waren die wenigsten Bands, die meisten orientierten sich an dem was aus England oder den USA kam. Bis auf Pioniere wie zum Beispiel die hier schon genannten Can, Faust und Neu!, die tatsächlich neues wagten und erfanden. Erst was dann folgte könnte man eventuell als originär Deutsch bezeichnen, nämlich die Neue Deutsche Welle, die aber letztendlich ebenso in der Rockmusik aus England und den USA verwurzelt und besonders von der Einfachheit des Punk und dem frischen Wind des New Waves beeinflusst war. Und Punk kam ja auch nicht aus Deutschland. Schlussendlich könnte man sagen, dass Rock- oder Popmusik nie originär deutsch war und ist.

„Musikalischer Slow Food statt Fast Food ist wieder mehr angesagt“

Wie kam es dazu beziehungsweise was war dafür verantwortlich, dass man sich auch hierzulande wieder zu dem Genre bekannte, sprich kann man von einem Revival sprechen?
Von einem Krautrock-Revival kann man eher nicht sprechen, da es ja eigentlich keinen originären Krautrock gab, Siebziger-Revival passt besser. Es gibt aber eine Handvoll deutsche Bands, die die damals innovativen Ideen der zuvor genannten Pioniere aufgreifen. Aber was man vielleicht als Revival bezeichnen könnte, ist das Wiederentdecken des puren, „langsamen" Musikhörens. Musikalischer Slow Food statt Fast Food ist wieder mehr angesagt. Sich hinsetzen, eine Platte auflegen, hinhören und genießen ohne Ablenkung. Sicherlich gab es das schon immer, aber es hat den Anschein, dass dieses Verhalten zugenommen hat. Sei es aus Eskapismus in dieser schnelllebigen und chaotischen Zeit und/oder aus Ablehnung des allgegenwärtigen belanglosen, austauschbaren musikalischen Fast Foods.

Neben Krautrock bekennt ihr euch auch zu Spacerock, Psychedelic Rock und Shoegaze, zu Soundcollagen und repetitiven Rhythmen. Was macht für euch den Reiz von bis zu 20-minütigen Stücken aus, die nicht zuletzt bei allen Wiederholungen ja vor allem auch durch ihre Dynamik überzeugen?
Krautrock beziehungsweise Siebzigerjahre-Einflüsse sind bei uns nur in rhythmischer Hinsicht zu finden. Das repetitive Element à la Can und Neu! spielt sicher eine große Rolle, ansonsten kann man bei uns die für Siebzigerjahre typischen Riffs und Spielweisen nicht finden. Wir wollen auch keinen sogenannten Alt-Rock spielen sondern frisch und modern klingen. Unsere Songs entstehen immer aus Improvisationen, es gibt also keine Arrangements.

Das was man auf unseren Veröffentlichungen hören kann sind unabgesprochene Live-Aufnahmen. Teilweise wurden nachträglich noch ein paar I-Tüpfelchen eingespielt beziehungsweise dazu gemischt, also Samples, Synthesizer und andere Sounds. Wir geben unseren Songs Zeit sich zu entwickeln, ohne Zeitdruck und nicht eingeengt vom Korsett eines Arrangements. Dadurch kann man als Hörer teilhaben am Entstehen des Songs. Es ergibt keinen Sinn, mal kurz in einen Song rein zu hören, denn er erschließt sich erst dann, wenn der letzte Ton verklungen ist.

„Unsere Musik findet sicherlich keinen Anklang in braunen Kreisen“

Auf dem Cover des Album „Error Not Found“ finden sich gleich zwei Hinweise: Ihr weist zum Beispiel auf dunkle Inhalten hin. Feine Ironie oder ernsthafte Warnung?
Du meinst den Hinweis „Dark Matter Inside“? Na ja, wie mit dem warnenden Innentext auch wollen wir uns absichern und damit Schadensersatz-Klagen vermeiden, wenn Hörer von unserer Musik aufgesaugt werden, sich verlieren in unserem Kosmos, orientierungslos werden. Außerdem befindet sich ja tatsächlich mit dem Vinyl in Schwarz was dunkles im Cover.

„Best Lyrics From Outer Space“ – bei einer Band, die Instrumentalmusik macht … Seht ihr euch trotzdem als Storyteller und kann man auch ohne Texte politisch sein?
Wir sind sicherlich Storyteller, denn beim Hören unserer Musik entstehen Geschichten im Kopf. Irgendwie politisch sind wir auch ohne Texte, weil unsere Musik aus einem demokratischen Prozess heraus entsteht. Bei uns gibt es keinen, der das Sagen hat. Und unsere Musik findet sicherlich keinen Anklang in braunen Kreisen.

Ihr hat schon auf dem Herzberg Festival gespielt, wo es immer Platz für diese Art von Musik gab, im August steht jetzt ein Festival in Großbritannien an. Was bedeutet euch das?Wir freuen uns sehr auf das Festival in Wales und werden auf dem Weg dorthin noch mehr Gigs in England spielen. Das Festival ist auch eine Begegnungsstätte. Wir werden sicherlich viele interessante Leute kennen lernen. So spielt nach uns zum Beispiel auch Steve Hillage. Aber ebenso freuen wir uns auf die anderen Festivals – auf das Moon Festival im Vogelsberg und auf das World Music Festival in Loshausen.

Info
Highest Primzahl On Mars, Frankfurt, Dreikönigskeller, 28.2., 20 Uhr
Musik unter highestprimzahlonmars.bandcamp.com/album/error-not-found.
 
Fotogalerie:
{#TEMPLATE_news_einzel_GALERIE_WHILE#}
 
25. Februar 2025, 10.00 Uhr
Detlef Kinsler
 
Detlef Kinsler
Weil sein Hobby schon früh zum Beruf wurde, ist Fotografieren eine weitere Leidenschaft des Journal-Frankfurt-Musikredakteurs, der außerdem regelmäßig über Frauenfußball schreibt. – Mehr von Detlef Kinsler >>
 
 
 
 
Mehr Nachrichten aus dem Ressort Kultur
Am 15. Januar 2025 verstarb der bekannte Regisseur David Lynch. Ihm zu Ehren widmet das Kino des DFF in Zusammenarbeit mit den Arthouse Kinos Frankfurt eine umfassende Retrospektive.
Text: Lukas Mezler / Foto: Nachtclubsängerin Dorothy (Isabella Rossellini) aus dem Lynch-Film „Blue Velvet" © DFF
 
 
 
 
 
 
 
Ältere Beiträge
 
 
 
 
25. Februar 2025
Journal Tagestipps
Theater / Literatur
  • Roland Reuss und Peter Staengle
    Literaturhaus Frankfurt | 19.30 Uhr
  • Der Herr der Ringe & Der Hobbit
    Stadthalle am Schloss | 20.00 Uhr
  • Nadine Redlich
    Mousonturm | 20.00 Uhr
Kunst
  • Robert Lebeck. Hierzulande
    Kunst- und Kulturstiftung Opelvillen Rüsselsheim | 10.00 Uhr
  • Ästhetik der Natur
    Museum Wiesbaden | 10.00 Uhr
  • Geschichtsort Adlerwerke: Fabrik, Zwangsarbeit, Konzentrationslager
    Geschichtsort Adlerwerke: Fabrik, Zwangsarbeit, Konzentrationslager | 14.00 Uhr
Kinder
  • High
    Theaterhaus | 10.00 Uhr
  • Kinderbibliothek
    Holzhausenschlösschen | 15.00 Uhr
  • Gaming
    Bibliothekszentrum Sachsenhausen | 14.00 Uhr
und sonst
  • Opel-Zoo
    Opel-Zoo | 09.00 Uhr
  • Richtig streiten? Wege zur konstruktiven Konfliktlösung
    Evangelische Akademie Frankfurt | 19.00 Uhr
  • Kleinmarkthalle Inside – Spannendes Krimi-Dinner im Bauch von Frankfurt
    Frankfurter Stadtevents | 17.30 Uhr
Freie Stellen