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Frankfurter Tatort
Düstere Mörderhatz in der Wetterau
Ein sinistres und wortarmes Kammerspiel um einen offenbar ermordeten Polizisten: Der neue Frankfurter Tatort von Bastian Günther zeigt sich in einfacher Form und verhandelt doch hochaktuelle politische Themen.
„Es gibt keine rechten Netzwerke innerhalb der hessischen Polizei“, ließ der Landesvorsitzende der Gewerkschaft der Polizei Hessens, Jens Mohrherr, im letzten November verlauten. Und während kurz darauf der Verdächtige Alexander M. aus Berlin für die Drohschreiben des „NSU 2.0“ verurteilt wurde, wies das Landgericht die Anklagen der Staatsanwaltschaft gegen Frankfurter Polizeibeamte, die in einer Chatgruppe namens „Itiotentreff“ antisemitische und rassistische Inhalte verbreitet hatten, ab.
Zweifel an der pauschalen Verneinung hinsichtlich rechtsextremer Strukturen innerhalb der hessischen Polizei tat dies jedoch keinen Abbruch, und vor Kurzem forderte auch die Generalstaatsanwaltschaft das Landgericht auf, ein Hauptverfahren gegen die hieran beteiligten Polizisten zu eröffnen. Filmemacher Bastian Günther, der bereits 2015 in der Episode „Wer bin ich?“ die Regie für einen Frankfurter Tatort übernahm, der als selbstreflexives Meta-Verwirrspiel aus der gewohnten Manier des Sendeformats ausbrach, greift in seinem neuen Beitrag zur Krimireihe nun jene verfassungsfeindlichen Tendenzen innerhalb der Riege der Staatsdiener auf.
Tatort Frankfurt: Ein düsteres, unheilvolles Kammerspiel
An pauschalen Verdächtigungen ist der Regisseur gerade nicht interessiert, fragte sich stattdessen: „Wie viele Einzelfälle sind ein Netzwerk?“ So sind es vor allem die tiefe Verunsicherung, das plötzliche Misstrauen gegenüber eigentlich vertraut geglaubten Kollegen, die sich immer wieder in die polizeiliche Arbeit von Hauptkommissar Paul Brix (Wolfram Koch) schleichen. „Erbarmen. Zu spät“ hat mit dem selbstironischen Lied der Rodgau Monotones nur den Titel gemein. Als düsteres, unheilvolles Kammerspiel über eine Nacht hinweg inszeniert Günther die Erzählung rund um die Suche nach einem offenbar ermordeten Polizisten.
Dialoge sind spärlich gesät, Sprachlosigkeit bestimmt die Szenerie, und die Wetterauer Feld- und Waldlandschaft erscheint im Verlauf der Films zunehmend klaustrophobisch. Subtil modelliert der Regisseur seine eigene Bildsprache und reduziert auf das Urwesen des Filmbildes schlechthin: Licht und Schatten. Bastian Günther, der in Deutschland geboren wurde, lebt seit vielen Jahren im texanischen Austin. Von hier aus hat er mit präzisem Blick US-amerikanische Verhältnisse in den Blick genommen, parallel immer wieder für deutsche Produktionen gearbeitet.
Und wie schon seinen 2020 auf der Berlinale präsentierten Film „One of These Days“, so lässt der Filmemacher auch diesen Tatort am Schluss von einer Art magischem Realismus heimsuchen, wie man ihn im öffentlich-rechtlichen Programm wohl eher selten zu sehen bekommt. Im wahrsten Sinne des Wortes inszeniert Günther mit „Erbarmen. Zu spät“ den womöglich finstersten Tatort, den es je gegeben hat.
„Erbarmen. Zu Spät“ läuft am 10. September um 20.15 Uhr in der ARD.
Zweifel an der pauschalen Verneinung hinsichtlich rechtsextremer Strukturen innerhalb der hessischen Polizei tat dies jedoch keinen Abbruch, und vor Kurzem forderte auch die Generalstaatsanwaltschaft das Landgericht auf, ein Hauptverfahren gegen die hieran beteiligten Polizisten zu eröffnen. Filmemacher Bastian Günther, der bereits 2015 in der Episode „Wer bin ich?“ die Regie für einen Frankfurter Tatort übernahm, der als selbstreflexives Meta-Verwirrspiel aus der gewohnten Manier des Sendeformats ausbrach, greift in seinem neuen Beitrag zur Krimireihe nun jene verfassungsfeindlichen Tendenzen innerhalb der Riege der Staatsdiener auf.
An pauschalen Verdächtigungen ist der Regisseur gerade nicht interessiert, fragte sich stattdessen: „Wie viele Einzelfälle sind ein Netzwerk?“ So sind es vor allem die tiefe Verunsicherung, das plötzliche Misstrauen gegenüber eigentlich vertraut geglaubten Kollegen, die sich immer wieder in die polizeiliche Arbeit von Hauptkommissar Paul Brix (Wolfram Koch) schleichen. „Erbarmen. Zu spät“ hat mit dem selbstironischen Lied der Rodgau Monotones nur den Titel gemein. Als düsteres, unheilvolles Kammerspiel über eine Nacht hinweg inszeniert Günther die Erzählung rund um die Suche nach einem offenbar ermordeten Polizisten.
Dialoge sind spärlich gesät, Sprachlosigkeit bestimmt die Szenerie, und die Wetterauer Feld- und Waldlandschaft erscheint im Verlauf der Films zunehmend klaustrophobisch. Subtil modelliert der Regisseur seine eigene Bildsprache und reduziert auf das Urwesen des Filmbildes schlechthin: Licht und Schatten. Bastian Günther, der in Deutschland geboren wurde, lebt seit vielen Jahren im texanischen Austin. Von hier aus hat er mit präzisem Blick US-amerikanische Verhältnisse in den Blick genommen, parallel immer wieder für deutsche Produktionen gearbeitet.
Und wie schon seinen 2020 auf der Berlinale präsentierten Film „One of These Days“, so lässt der Filmemacher auch diesen Tatort am Schluss von einer Art magischem Realismus heimsuchen, wie man ihn im öffentlich-rechtlichen Programm wohl eher selten zu sehen bekommt. Im wahrsten Sinne des Wortes inszeniert Günther mit „Erbarmen. Zu spät“ den womöglich finstersten Tatort, den es je gegeben hat.
„Erbarmen. Zu Spät“ läuft am 10. September um 20.15 Uhr in der ARD.
7. September 2023, 12.30 Uhr
Daniel Urban/Katharina J. Cichosch
Daniel Urban
Daniel Urban schreibt seit 2022 für das JOURNAL FRANKFURT mit dem Schwerpunkt TV und Streaming. Mehr von Daniel
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