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Bridges Kammerorchester
Das Transkulturelle als ein Spiegel unserer Gesellschaft
In seinem Konzert spielt das Bridges-Kammerorchester ein neues Programm, das die Themen Nacht und Dunkelheit aufgreift. Kulturmanagerin Meyer im Interview mit dem JOURNAL.
JOURNAL FRANKFURT: Zum siebten Mal sind Sie mit „Bridges – Musik verbindet“ im hr-Sendesaal. Wie wichtig ist Ihnen dieses jährliche Konzert beim Hessischen Rundfunk?
Anke Karen Meyer: Sehr wichtig, vor allem jetzt. Es ist das erste Konzert seit der Corona Pandemie, das wieder mit voller Auslastung stattfinden kann. Außerdem freuen wir uns immer wieder über Kooperationen mit dem Hessischen Rundfunk, in Koproduktion mit hr2 ist ja in der Pandemiezeit auch unser Debüt-Album entstanden, das auch den Preis der Deutschen Schallplattenkritik bekommen hat. Und: wir haben dort den Platz, zusätzlich zu unserer 24-köpfigen Stammbesetzung weitere Gastmusiker*innen einzuladen.
In welcher Größe wird das Kammerorchester auf der Bühne stehen? Kann man schon was zu den Gästen sagen?
Johanna-Leonore Dahlhoff: Wir werden 36 Musiker*innen im Orchester sein und neben der Dirigentin auch eine Solo-Sängerin zu Gast haben. Unsere Gäste spielen z.B. Panflöte und Kemanche. Außerdem freuen wir uns darauf, dass wir Kanun und Oud jeweils doppelt besetzen können.
Können Sie etwas zum Motto „Mehr als tausend und eine Nacht“ verraten? Wie farbenfroh kann ein Abend werden, der sich der Nacht und der Dunkelheit widmet?
Dahlhoff: Bei uns ist jedes Thema farbenfroh bzw. facettenreich. In unserem Titel gebenden Stück „Alf leila we leila” (Tausend und eine Nacht, arrangiert von Walid Khatba), geht es um die Liebe: „In einer langen Nacht der Liebe, süß wie 1001 Nächte, liegt das ganze Leben“. Auch der Tango, den unser Orchestermitglied Andrés Rosales geschrieben hat, beleuchtet eher den farbenfrohen, feiernden Teil der Nacht. Dunkler dagegen wird es bei „Half of me” von Atefeh Einali. In diesem Auftragswerk widmet sich die Komponistin der aktuellen Frauen- und Menschenrechtslage im Iran sowie ihrer eigenen Identität zwischen verschiedenen Kulturen. Und das älteste Stück an diesem Abend - Auszüge aus „L`Orfeo“ von Monteverdi, die ich für unsere transkulturelle Besetzung arrangiert habe, führt uns auf eine sehr klangfarbenreiche Art in die Unterwelt.
Es steht Monteverdi auf dem Programm, mehr aber noch ganz indviduelle Bearbeitungen (u.a. von Umm Kulthum) und vor allem eigene Kompositionen. Uraufführungen gehören ja zu Ihrem Anspruch?
Dahlhoff: Ja; neben der Neubearbeitung von Andrés Rosales „Tango para Helí” und der Uraufführung von Atefeh Einalis „Half of me” steuern die Orchestermitglieder Peter Klohmann und Salim Salari ebenfalls Uraufführungen zum Programm bei. Hier möchte ich aktuell noch nicht zu viel verraten, nur soviel: es wird wie immer spannend! Da mittlerweile die Hälfte unserer Stammbesetzung arrangiert und auch komponiert, ist es für uns eine besondere Freude, unsere eigene Musik zu spielen, die sich immer weiterentwickelt, desto besser wir uns und unsere Instrumente kennen lernen.
Ein Wort zum Konzept des Transkulturellem. Das ist ja sozusagen Programm von Bridges – Musik verbindet geworden …
Dahlhoff: Für uns ist es sehr wichtig, dass wir der individuellen Musikalität unserer einzelnen Orchestermitglieder Platz geben und unsere vielfältigen Musikstile und Kulturen nicht nur nebeneinander stellen, sondern wirklich miteinander verbinden, um daraus etwas Neues entstehen zu lassen – das ist mit transkulturell gemeint. Das hat viel mit Experimentieren und voneinander Lernen zu tun. Anzuerkennen, dass man in einer bestimmten Stilistik Expert*in ist und in einer anderen Anfänger*in und die Bereitschaft, sich auf Neues einzulassen ist die Grundvoraussetzung, um in unserem Kammerorchester mitspielen zu können. Unser transkultureller Stil ist in gewisser Weise ein Spiegel unserer Gesellschaft. Wir zeigen das positive Potential der Diversität auf der Bühne, im Programm und im Publikum.
Noch etwas zum Status des Kammerorchesters. Wie hat der sich in den letzten Jahren verändert? Sind Sie zufrieden mit der Entwicklung, mit Ihrer Präsenz?
Meyer: Das Kammerorchester haben wir im Herbst 2019, einige Monate vor Beginn der Pandemie gegründet. Dafür, dass die Pandemie uns dann erstmal gebremst hat, ist das Orchester im Rhein-Main-Gebiet gut etabliert. Wir waren eines der wenigen Orchester, das auch während der Pandemiezeit sehr aktiv war und immer, wenn es möglich war, gespielt hat. So konnten wir uns trotz schwieriger Umstände musikalisch sehr gut weiterentwickeln und freuen uns jetzt darauf, unseren Radius zu erweitern. Es stehen zunehmend Gastspiele außerhalb unserer Heimatregion an und Kooperationen mit namhaften Solist*innen. Darüber hinaus sind unsere Orchestermitglieder auch in verschiedenen Bridges-Ensembleformationen aktiv und darin regelmäßig bundesweit zu hören.
Ein weiteres Standbein, das wir aktuell weiter ausbauen und das stark nachgefragt wird, ist unsere transkulturelle Musikvermittlung. Unsere Harfenistin Samira Memarzadeh ist darin bei uns federführend und hat mit Kolleg*innen aus dem Orchester ein Musikvermittlungsensemble gegründet: „Tiny Bridges“ spielt Konzerte für Familien und Kinder. Außerdem kooperieren wir mit verschiedenen Frankfurter Schulen, um die Diversität der im Schulunterricht gelernten Musikstile zu erhöhen. Unsere Musiker*innen sind dabei für die heterogene Frankfurter Schülerschaft wichtige Identifikationsfiguren. Wir sehen im Bereich der transkulturellen Musikvermittlung einen wichtigen gesellschaftlichen Beitrag, den wir leisten können.
Ein letztes Stichwort. Sie haben mit dem Netzwerk Seilerei eine neue Homebase. Was bedeutet Ihnen das?
Meyer: Das bedeutet, dass wir die meisten unserer Proben mit dem Bridges-Kammerorchester dort machen können und auch das ein oder andere Konzert. Die Situation in Frankfurt für größere freie Ensembles und Orchester ist leider sehr schwierig, weil geeignete Probenräumlichkeiten fehlen. Im Netzwerk Seilerei gibt es genug Platz, es ist relativ gut erreichbar, es gibt viel Grün drumherum und es herrscht eine lockere, kreative Atmosphäre. Außerdem entsteht ein sehr wertvolles Netzwerk zu anderen Kulturschaffenden, die den Ort nutzen.
Gut ist auch, dass wir über die Seilerei bei den Proben oft Catering bestellen können – aus Zutaten aus regionalem Anbau von den Oberräder Gärtnereien. Das hilft alles in Punkto Nachhaltigkeit, und das ist uns auch sehr wichtig. Auf dem Gelände der Alten Seilerei sind die meisten Fotos unserer Ensembles entstanden, und unser Büro – neben unserem Standort im Amt für multikulturelle Angelegenheiten – ist dort angesiedelt und wir hoffen sehr, dass sich der Ort auf Dauer finanzieren und etablieren kann. Detlef Kinsler
Bridges-Kammerorchester & Gäste: „Mehr als Tausend und eine Nacht“, Ffm., hr-Sendesaal, 13.+14.4., 20 Uhr.
Anke Karen Meyer: Sehr wichtig, vor allem jetzt. Es ist das erste Konzert seit der Corona Pandemie, das wieder mit voller Auslastung stattfinden kann. Außerdem freuen wir uns immer wieder über Kooperationen mit dem Hessischen Rundfunk, in Koproduktion mit hr2 ist ja in der Pandemiezeit auch unser Debüt-Album entstanden, das auch den Preis der Deutschen Schallplattenkritik bekommen hat. Und: wir haben dort den Platz, zusätzlich zu unserer 24-köpfigen Stammbesetzung weitere Gastmusiker*innen einzuladen.
In welcher Größe wird das Kammerorchester auf der Bühne stehen? Kann man schon was zu den Gästen sagen?
Johanna-Leonore Dahlhoff: Wir werden 36 Musiker*innen im Orchester sein und neben der Dirigentin auch eine Solo-Sängerin zu Gast haben. Unsere Gäste spielen z.B. Panflöte und Kemanche. Außerdem freuen wir uns darauf, dass wir Kanun und Oud jeweils doppelt besetzen können.
Können Sie etwas zum Motto „Mehr als tausend und eine Nacht“ verraten? Wie farbenfroh kann ein Abend werden, der sich der Nacht und der Dunkelheit widmet?
Dahlhoff: Bei uns ist jedes Thema farbenfroh bzw. facettenreich. In unserem Titel gebenden Stück „Alf leila we leila” (Tausend und eine Nacht, arrangiert von Walid Khatba), geht es um die Liebe: „In einer langen Nacht der Liebe, süß wie 1001 Nächte, liegt das ganze Leben“. Auch der Tango, den unser Orchestermitglied Andrés Rosales geschrieben hat, beleuchtet eher den farbenfrohen, feiernden Teil der Nacht. Dunkler dagegen wird es bei „Half of me” von Atefeh Einali. In diesem Auftragswerk widmet sich die Komponistin der aktuellen Frauen- und Menschenrechtslage im Iran sowie ihrer eigenen Identität zwischen verschiedenen Kulturen. Und das älteste Stück an diesem Abend - Auszüge aus „L`Orfeo“ von Monteverdi, die ich für unsere transkulturelle Besetzung arrangiert habe, führt uns auf eine sehr klangfarbenreiche Art in die Unterwelt.
Es steht Monteverdi auf dem Programm, mehr aber noch ganz indviduelle Bearbeitungen (u.a. von Umm Kulthum) und vor allem eigene Kompositionen. Uraufführungen gehören ja zu Ihrem Anspruch?
Dahlhoff: Ja; neben der Neubearbeitung von Andrés Rosales „Tango para Helí” und der Uraufführung von Atefeh Einalis „Half of me” steuern die Orchestermitglieder Peter Klohmann und Salim Salari ebenfalls Uraufführungen zum Programm bei. Hier möchte ich aktuell noch nicht zu viel verraten, nur soviel: es wird wie immer spannend! Da mittlerweile die Hälfte unserer Stammbesetzung arrangiert und auch komponiert, ist es für uns eine besondere Freude, unsere eigene Musik zu spielen, die sich immer weiterentwickelt, desto besser wir uns und unsere Instrumente kennen lernen.
Ein Wort zum Konzept des Transkulturellem. Das ist ja sozusagen Programm von Bridges – Musik verbindet geworden …
Dahlhoff: Für uns ist es sehr wichtig, dass wir der individuellen Musikalität unserer einzelnen Orchestermitglieder Platz geben und unsere vielfältigen Musikstile und Kulturen nicht nur nebeneinander stellen, sondern wirklich miteinander verbinden, um daraus etwas Neues entstehen zu lassen – das ist mit transkulturell gemeint. Das hat viel mit Experimentieren und voneinander Lernen zu tun. Anzuerkennen, dass man in einer bestimmten Stilistik Expert*in ist und in einer anderen Anfänger*in und die Bereitschaft, sich auf Neues einzulassen ist die Grundvoraussetzung, um in unserem Kammerorchester mitspielen zu können. Unser transkultureller Stil ist in gewisser Weise ein Spiegel unserer Gesellschaft. Wir zeigen das positive Potential der Diversität auf der Bühne, im Programm und im Publikum.
Noch etwas zum Status des Kammerorchesters. Wie hat der sich in den letzten Jahren verändert? Sind Sie zufrieden mit der Entwicklung, mit Ihrer Präsenz?
Meyer: Das Kammerorchester haben wir im Herbst 2019, einige Monate vor Beginn der Pandemie gegründet. Dafür, dass die Pandemie uns dann erstmal gebremst hat, ist das Orchester im Rhein-Main-Gebiet gut etabliert. Wir waren eines der wenigen Orchester, das auch während der Pandemiezeit sehr aktiv war und immer, wenn es möglich war, gespielt hat. So konnten wir uns trotz schwieriger Umstände musikalisch sehr gut weiterentwickeln und freuen uns jetzt darauf, unseren Radius zu erweitern. Es stehen zunehmend Gastspiele außerhalb unserer Heimatregion an und Kooperationen mit namhaften Solist*innen. Darüber hinaus sind unsere Orchestermitglieder auch in verschiedenen Bridges-Ensembleformationen aktiv und darin regelmäßig bundesweit zu hören.
Ein weiteres Standbein, das wir aktuell weiter ausbauen und das stark nachgefragt wird, ist unsere transkulturelle Musikvermittlung. Unsere Harfenistin Samira Memarzadeh ist darin bei uns federführend und hat mit Kolleg*innen aus dem Orchester ein Musikvermittlungsensemble gegründet: „Tiny Bridges“ spielt Konzerte für Familien und Kinder. Außerdem kooperieren wir mit verschiedenen Frankfurter Schulen, um die Diversität der im Schulunterricht gelernten Musikstile zu erhöhen. Unsere Musiker*innen sind dabei für die heterogene Frankfurter Schülerschaft wichtige Identifikationsfiguren. Wir sehen im Bereich der transkulturellen Musikvermittlung einen wichtigen gesellschaftlichen Beitrag, den wir leisten können.
Ein letztes Stichwort. Sie haben mit dem Netzwerk Seilerei eine neue Homebase. Was bedeutet Ihnen das?
Meyer: Das bedeutet, dass wir die meisten unserer Proben mit dem Bridges-Kammerorchester dort machen können und auch das ein oder andere Konzert. Die Situation in Frankfurt für größere freie Ensembles und Orchester ist leider sehr schwierig, weil geeignete Probenräumlichkeiten fehlen. Im Netzwerk Seilerei gibt es genug Platz, es ist relativ gut erreichbar, es gibt viel Grün drumherum und es herrscht eine lockere, kreative Atmosphäre. Außerdem entsteht ein sehr wertvolles Netzwerk zu anderen Kulturschaffenden, die den Ort nutzen.
Gut ist auch, dass wir über die Seilerei bei den Proben oft Catering bestellen können – aus Zutaten aus regionalem Anbau von den Oberräder Gärtnereien. Das hilft alles in Punkto Nachhaltigkeit, und das ist uns auch sehr wichtig. Auf dem Gelände der Alten Seilerei sind die meisten Fotos unserer Ensembles entstanden, und unser Büro – neben unserem Standort im Amt für multikulturelle Angelegenheiten – ist dort angesiedelt und wir hoffen sehr, dass sich der Ort auf Dauer finanzieren und etablieren kann. Detlef Kinsler
Bridges-Kammerorchester & Gäste: „Mehr als Tausend und eine Nacht“, Ffm., hr-Sendesaal, 13.+14.4., 20 Uhr.
29. März 2023, 08.37 Uhr
Detlef Kinsler
Detlef Kinsler
Weil sein Hobby schon früh zum Beruf wurde, ist Fotografieren eine weitere Leidenschaft des Journal-Frankfurt-Musikredakteurs, der außerdem regelmäßig über Frauenfußball schreibt. Mehr von Detlef
Kinsler >>
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