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Stadttauben
In Frankfurt hat es die Taube schwer
Die Stadttauben in Frankfurt haben ein Problem: Zwei der drei Taubenhäuser stehen vor dem Aus. Das Stadttaubenprojekt geht gegen die Schließung vor und fordert von der Stadt mehr Unterstützung sowie tierfreundliche Maßnahmen für die Bestandsregulierung.
Ein Anblick, der sich jedem bietet, der auf der Zeil spaziert, ist das Gedränge der Stadttauben um Essensabfälle. Einigen ist das ein Dorn im Auge, sehen sie in den Tauben doch die „Ratten der Lüfte“ oder Schädlinge, die Krankheiten übertragen und Denkmäler durch ihren Kot beschädigen. Deswegen werden teils drastische Maßnahmen wie Stacheldrähte verwendet, um die Tauben fernzuhalten. Gudrun Stürmer vom Stadttaubenprojekt sieht in diesem Umgang mit der Stadttaube ein Problem und setzt sich deshalb vor allem für eine tierfreundliche Lösung ein.
Bei einer Umfrage auf der Zeil mit 100 Befragten hätten 20 angegeben, die Stadttauben zu mögen, 20 sie nicht zu mögen, erzählt Stürmer, die sich seit 40 Jahren um die Tauben kümmert. Die übrigen 60 hätten eine „gesunde Einstellung“ gegenüber den Vögeln – in dem Sinne, dass sie „zur Stadt gehören, aber nicht auf den Balkon“. „Und genau die müssen wir überzeugen“, fügt sie an. Zu dieser Überzeugungsarbeit gehöre, den Menschen das Phänomen Stadttaube besser zu erklären. So würden die etwa 10 000 Tauben in Frankfurt sich nur an wenigen Stellen in der Stadt konzentrieren und deshalb den Anschein erwecken, es würde überall so viele geben. Es seien sehr standorttreue Tiere, ergänzt sie. Aus diesem Grund brauche es die Taubenhäuser, die das Stadttaubenprojekt an den drei Standorten Mahräckerstraße, im Parkhaus Am Gericht und auf dem Dach des Parkhauses Hauptwache betreibt. Dort werden die Tauben gefüttert und so auch von belebten Plätzen ferngehalten.
Die Taubenschläge in der Innenstadt stehen nun vor dem Aus. Die Betreiber der Parkhäuser, die ABG Holding, befürchte unter anderem Probleme wegen des Taubenkotes auf Kabelträgern, sagt Stürmer. Dabei brauche es eigentlich sogar mehr Taubenhäuser bei der Anzahl der Tiere. In München oder in Stuttgart beispielsweise gebe es an die zehn. Es sei aber in Frankfurt schwer, Eigentümer von der Einrichtung eines Taubenschlags zu überzeugen, gibt sie zu. Die Vorurteile hätten Bestand. Dabei sei es erwiesen, dass zum Beispiel der Taubenkot keine Schäden an Sandstein, aus dem viele Denkmäler bestehen, bewirke. Sie bezieht sich dabei auf einen Prüfungsbericht der TU Darmstadt aus dem Jahre 2004, der bisher keine Gegendarstellung zu haben scheint. Auch die Übertragung von Krankheiten könne man den Tauben nicht anlasten, erklärt sie im Gespräch. Da seien Haustiere gefährlicher. Von dem Schreckgespenst der Taube profitiere vor allem das Gewerbe der Schädlingsbekämpfung.
Falsche Maßnahmen
Von den von der Stadt und den Eigentümern vorgenommenen Maßnahmen halte sie nichts, sagt Stürmer. Das Fütterungsverbot, dessen Missachtung eine Ordnungswidrigkeit darstellt, sei der „falsche Ansatz“. Die Menschen, die aus Mitleid füttern, würden das ohnehin weiter tun. Zwar würde das Verbot den Bestand etwas regeln, aber es sei moralisch nicht einwandfrei, da die Tauben zu wenig Essbares finden, darum Hunger leiden und krank werden würden. Auch die sogenannten Vergrämungsmaßnahmen seien wenig zielführend, da die Tiere trotzdem an den Plätzen nisten würden, an denen zum Beispiel Stacheln angebracht wurden, so Stürmer. Die Folge seien lediglich verletzte oder verkrüppelte Tiere. Eine sinnvolle Methode, um den Bestand zu regulieren, sei es, die Eier der Tauben gegen Attrappen auszutauschen, da diese von den Tieren problemlos angenommen würden.
Zwar unterstütze die Stadt das Stadttaubenprojekt finanziell, aber für eine wirksame Bestandsregulierung brauche es mehr Geld, sagt Stürmer. Der Gnadenhof in Oberrad, den das Stadttaubenprojekt als Auffangstation und Bleibe für Tauben eingerichtet habe, beschäftige nur einen Vollzeit-Angestellten. Ehrenamtliche könnten die Arbeit kaum auffangen. In den Volieren und Gebäuden des Gnadenhofs, die dringend renovierungsbedürftig seien, leben an die 900 Tiere, die versorgt werden müssten. Laut Stürmer setzen sich die Grünen in allen Ortsbeiräten für das Thema Stadttaube ein, bei Abteilungen der Stadt und Behörden stoße sie hingegen auf taube Ohren oder werde nicht ernstgenommen: Zu einem Förderantrag vom August habe sie noch immer keine Rückmeldung erfahren, merkt sie an.
Ende Januar läuft die Kündigung für die Taubenhäuser in der Innenstadt aus. Zurzeit befindet sich das Stadttaubenprojekt mit der ABG Holding in einem Rechtsstreit. Der Verein hatte im Dezember 2020 eine Tür eines Hauses der ABG eingetreten, um eingeschlossene Tauben zu retten. Die ABG bestritt, dass Tauben dort eingesperrt waren und erhob Schadensersatz. Gegen ein erstes Urteil des Amtsgerichts zugunsten der ABG legte das Stadttaubenprojekt Berufung ein. Ein Gerichtstermin sei für den 18. Januar um 10 Uhr anberaumt, in dessen Rahmen es auch eine Mahnwache für die Taubenhäuser geben soll. Laut Stürmer wollen Menschen aus der ganzen Bundesrepublik daran teilnehmen.
Bei einer Umfrage auf der Zeil mit 100 Befragten hätten 20 angegeben, die Stadttauben zu mögen, 20 sie nicht zu mögen, erzählt Stürmer, die sich seit 40 Jahren um die Tauben kümmert. Die übrigen 60 hätten eine „gesunde Einstellung“ gegenüber den Vögeln – in dem Sinne, dass sie „zur Stadt gehören, aber nicht auf den Balkon“. „Und genau die müssen wir überzeugen“, fügt sie an. Zu dieser Überzeugungsarbeit gehöre, den Menschen das Phänomen Stadttaube besser zu erklären. So würden die etwa 10 000 Tauben in Frankfurt sich nur an wenigen Stellen in der Stadt konzentrieren und deshalb den Anschein erwecken, es würde überall so viele geben. Es seien sehr standorttreue Tiere, ergänzt sie. Aus diesem Grund brauche es die Taubenhäuser, die das Stadttaubenprojekt an den drei Standorten Mahräckerstraße, im Parkhaus Am Gericht und auf dem Dach des Parkhauses Hauptwache betreibt. Dort werden die Tauben gefüttert und so auch von belebten Plätzen ferngehalten.
Die Taubenschläge in der Innenstadt stehen nun vor dem Aus. Die Betreiber der Parkhäuser, die ABG Holding, befürchte unter anderem Probleme wegen des Taubenkotes auf Kabelträgern, sagt Stürmer. Dabei brauche es eigentlich sogar mehr Taubenhäuser bei der Anzahl der Tiere. In München oder in Stuttgart beispielsweise gebe es an die zehn. Es sei aber in Frankfurt schwer, Eigentümer von der Einrichtung eines Taubenschlags zu überzeugen, gibt sie zu. Die Vorurteile hätten Bestand. Dabei sei es erwiesen, dass zum Beispiel der Taubenkot keine Schäden an Sandstein, aus dem viele Denkmäler bestehen, bewirke. Sie bezieht sich dabei auf einen Prüfungsbericht der TU Darmstadt aus dem Jahre 2004, der bisher keine Gegendarstellung zu haben scheint. Auch die Übertragung von Krankheiten könne man den Tauben nicht anlasten, erklärt sie im Gespräch. Da seien Haustiere gefährlicher. Von dem Schreckgespenst der Taube profitiere vor allem das Gewerbe der Schädlingsbekämpfung.
Falsche Maßnahmen
Von den von der Stadt und den Eigentümern vorgenommenen Maßnahmen halte sie nichts, sagt Stürmer. Das Fütterungsverbot, dessen Missachtung eine Ordnungswidrigkeit darstellt, sei der „falsche Ansatz“. Die Menschen, die aus Mitleid füttern, würden das ohnehin weiter tun. Zwar würde das Verbot den Bestand etwas regeln, aber es sei moralisch nicht einwandfrei, da die Tauben zu wenig Essbares finden, darum Hunger leiden und krank werden würden. Auch die sogenannten Vergrämungsmaßnahmen seien wenig zielführend, da die Tiere trotzdem an den Plätzen nisten würden, an denen zum Beispiel Stacheln angebracht wurden, so Stürmer. Die Folge seien lediglich verletzte oder verkrüppelte Tiere. Eine sinnvolle Methode, um den Bestand zu regulieren, sei es, die Eier der Tauben gegen Attrappen auszutauschen, da diese von den Tieren problemlos angenommen würden.
Zwar unterstütze die Stadt das Stadttaubenprojekt finanziell, aber für eine wirksame Bestandsregulierung brauche es mehr Geld, sagt Stürmer. Der Gnadenhof in Oberrad, den das Stadttaubenprojekt als Auffangstation und Bleibe für Tauben eingerichtet habe, beschäftige nur einen Vollzeit-Angestellten. Ehrenamtliche könnten die Arbeit kaum auffangen. In den Volieren und Gebäuden des Gnadenhofs, die dringend renovierungsbedürftig seien, leben an die 900 Tiere, die versorgt werden müssten. Laut Stürmer setzen sich die Grünen in allen Ortsbeiräten für das Thema Stadttaube ein, bei Abteilungen der Stadt und Behörden stoße sie hingegen auf taube Ohren oder werde nicht ernstgenommen: Zu einem Förderantrag vom August habe sie noch immer keine Rückmeldung erfahren, merkt sie an.
Ende Januar läuft die Kündigung für die Taubenhäuser in der Innenstadt aus. Zurzeit befindet sich das Stadttaubenprojekt mit der ABG Holding in einem Rechtsstreit. Der Verein hatte im Dezember 2020 eine Tür eines Hauses der ABG eingetreten, um eingeschlossene Tauben zu retten. Die ABG bestritt, dass Tauben dort eingesperrt waren und erhob Schadensersatz. Gegen ein erstes Urteil des Amtsgerichts zugunsten der ABG legte das Stadttaubenprojekt Berufung ein. Ein Gerichtstermin sei für den 18. Januar um 10 Uhr anberaumt, in dessen Rahmen es auch eine Mahnwache für die Taubenhäuser geben soll. Laut Stürmer wollen Menschen aus der ganzen Bundesrepublik daran teilnehmen.
10. Januar 2023, 12.57 Uhr
Till Geginat
Till Geginat
Jahrgang 1994, Studium der Theater-, Film- und Medienwissenschaft an der Goethe Universität Frankfurt, seit November 2022 beim JOURNAL FRANKFURT. Mehr von Till
Geginat >>
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Text: Sina Claßen / Foto: Im Durchschnitt spendeten Menschen aus Frankfurt 28 Euro © Adobe Stock/Syda Productions
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