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Neuer Fahrradstreifen: Umsatzrückgänge bei Betrieben auf der Eschersheimer
Die Industrie- und Handelskammer Frankfurt hat mit einer selbst durchgeführten Befragung die Folgen des neu eingerichteten Radwegs entlang der Eschersheimer Landstraße untersucht und fordert nun eine Evaluierung.
Der vom Verkehrsdezernat eingerichtete Fahrradstreifen entlang der Eschersheimer Landstraße sorgt weiterhin für Ärger bei vielen Gewerbetreibenden. Nun hat die Industrie- und Handelskammer (IHK) eine Befragung durchgeführt und kommt zu folgendem Ergebnis: Viele der befragten Betriebe klagen über Umsatzrückgänge. Dies geht aus einer Pressemitteilung hervor, die die IHK herausgab.
„Es fehlen vor allem die Kunden aus dem Taunus und anderen Kommunen, die bisher auf dem Weg von der Arbeit nach Hause hier angehalten haben, um sich die Haare schneiden zu lassen. Aber auch bisherige Stammkunden kommen nicht mehr, weil sie hier nirgendwo parken können. Derzeit zahle ich drauf. Wenn das so weitergeht, muss ich schließen”, wird Ramo D., Inhaber des Barbiershop by Ramo, in der Befragung zitiert. Diesen Eindruck spiegele auch das Ergebnis der Befragung wider. Insbesondere Unternehmen, die bislang von der Eschersheimer Landstraße als zentraler Verkehrsachse für Pendler aus dem Vordertaunus profitieren konnten, litten nun überproportional unter der erfolgten Verkehrsflächenanpassung. Der Wegfall von Parkplätze und der zunehmende Stau sorgten dafür, dass Kunden sich räumlich umorientieren.
Keine Haltemöglichkeit mehr für Lieferanten auf Eschersheimer Landstraße
Die aktuelle Situation erschwere dabei nicht nur die Erreichbarkeit der Unternehmen für ihre Kunden. „Meine Lieferanten finden keine Haltemöglichkeit mehr. Die Parkplätze sind ständig belegt, die Radspur darf nicht befahren werden und sonst ist nirgendwo Platz. Ein Lieferant aus den Niederlanden hat deshalb bereits gekündigt. Ich musste daher einen neuen Lieferanten suchen und beauftragen, bei dem die Blumen allerdings deutlich teurer sind. Das wirkt sich negativ auf die Preise für meine Kunden und meine Gewinnmarge aus“, sagt Vladka Schäfer, Inhaberin des Blumen Dornröschens, zur IHK.
Susanne von Verschuer, Vize-Präsidentin der IHK Frankfurt am Main, zeigt sich besorgt angesichts der Schilderungen der betroffenen Gewerbetreibenden: „Die Situation ist ernst. Zahlreiche Unternehmen, die auch eine wichtige Nahversorgungsfunktion im Dornbusch übernehmen, stehen vor dem Aus. Es zeigt sich, dass auch die von uns vorgeschlagenen Anpassungen nicht dazu beitragen konnten, die Lage für die Unternehmen zu entschärfen. Angesichts dieser Situation nehmen wir die Stadt beim Wort und fordern, dass die Maßnahme evaluiert und gegebenenfalls nachjustiert wird. Dieser Prozess sollte ergebnisoffen sein und darf auch einen Rückbau nicht ausschließen. Dabei sollten nicht nur die Bedarfe des Radverkehrs, sondern auch die anderer Verkehrsteilnehmer sowie der anliegenden Unternehmen gleichermaßen berücksichtigt werden. “
Verkehrsdezernat habe Gewerbetreibenden zu spät involviert
Ein Teil der befragten Unternehmen stehen dem Radweg und den damit einhergehenden Anpassungen neutral gegenüber. Einzelne Unternehmen befürworten auch den Ausbau von Radinfrastruktur. Keines der Unternehmen konnte durch die Maßnahmen allerdings einen positiven Effekt auf Umsatz oder Kundenfrequenz beobachten.
Das Verkehrsdezernat habe die Gewerbetreibenden zu spät in die Planungen involviert, war vonseiten vieler Inhaber zu hören. Laut IHK habe das Dezernat außerdem „Nachjustierungen“ versichert. Bisher warteten die Unternehmen vor Ort jedoch auf die Einlösung dieses Versprechens. „Seit dem Tag, an dem das Verkehrsdezernat unangekündigt in unseren Laden kam, um die Pläne vorzustellen, haben wir nichts mehr von der Stadt gehört. Keine Nachfrage, wie sich die Maßnahmen auf unser Geschäft auswirken oder ob wir Änderungsvorschläge haben. Nur ein Metallpoller wurde durch einen Plastikpoller ersetzt, weil er dauernd umgefahren wird. Von Analysieren und Nachjustieren kann hier keine Rede sein“, bemängelt Anita Schwarz, Inhaberin von Pelze am Dornbusch und Vorsitzende des Geschäftsrings Dornbusch e.V., das Vorgehen des Verkehrsdezernats.
Auch der verkehrspolitische Sprecher der CDU-Fraktion im Römer, Frank Nagel, fordert den Magistrat auf, „die versprochene Evaluation sofort durchzuführen“ und gemeinsam mit IHK, Handwerkskammer und dem Wirtschaftsdezernat sowie den Betroffenen Lösungen zu finden. „Mobilitätspolitik darf nicht einseitig sein. Wir brauchen Maßnahmen, die sowohl die Verkehrssicherheit als auch die wirtschaftliche Lebensfähigkeit unserer Stadt sicherstellen“, sagt er.
Siefert: „Rückbau des Fahrradstreifens kommt nicht infrage“
Auf Anfrage des JOURNALS nimmt Verkehrsdezernent Wolfgang Siefert (Grüne) zu den Schilderungen der Betroffenen in der IHK-Befragung wie folgt Stellung: „Die wirtschaftlichen Sorgen der Gewerbetreibenden nehmen wir ernst. Eine funktionierende Wirtschaft ist ebenso wesentlich für eine funktionierende Stadt wie die Verkehrssicherheit für alle Verkehrsteilnehmenden. Diesen Spagat müssen wir immer im Blick behalten.“ Der Radweg existiere noch kein halbes Jahr. Um die verkehrlichen Auswirkungen seriös evaluieren zu können, sollte mindestens ein Jahr vergangen sein.
„Bei dieser Maßnahme können wir aus verkehrlicher Sicht aber schon jetzt sagen: Der Verkehr läuft – entgegen der Befürchtungen Vieler – wie prognostiziert meist reibungslos“, sagt Siefert. Daher komme ein Rückbau des Fahrradstreifens auch nicht infrage, denn das wäre wenig zielführend und würde einseitig zu Lasten der schwächsten Verkehrsteilnehmenden gehen. Stattdessen sollen „individuelle Lösungen“ gefunden werden. Nach den Osterferien sollen Gespräche mit dem Ortsbeirat und den Gewerbetreibenden an der Eschersheimer Landstraße und den Wirtschaftsverbänden stattfinden.
Info
Die Befragung der IHK:
Im Rahmen ihrer selbst durchgeführten Unternehmensbefragung bei Geschäften mit Ladenfront in Erdgeschosslage erhielt die IHK Frankfurt insgesamt 26 Rückmeldungen. Lediglich bei sechs Unternehmen blieben die Umsätze gleich, während bei den 20 anderen befragten Unternehmen Umsatzrückgänge von bis zu 40 Prozent zu beobachten waren. Dies führt laut IHK bereits jetzt dazu, dass acht Betriebe nicht mehr rentabel wirtschaften können. Bei zwei weiteren Betrieben seien die Geschäftszahlen derzeit noch in Prüfung. Insgesamt neun Betriebe denken darüber nach, ihr Geschäft abzugeben, sich einen neuen Standort zu suchen oder gar zu schließen. Besonders prekär sei laut IHK die Situation im Bereich zwischen Eduard-Rüppell-Straße und Spenerstraße. Keines der dort befragten Unternehmen habe angegeben, derzeit noch rentabel zu sein. Alle dort Befragten denken darüber nach, zu schließen, einen neuen Standort zu suchen oder ihr Geschäft abzugeben. Ein Betrieb befinde sich derzeit in Rentabilitätsprüfung.
Hintergrund:
Im September 2024 informierte die Stadt Frankfurt über die geplanten Anpassungen der Verkehrsflächen entlang der Eschersheimer Landstraße im Zuge der Einrichtung eines Radwegs. Dies erfolgte, ohne zuvor mit den anliegenden Unternehmen den Austausch gesucht zu haben. Nach Kritik durch die anliegenden Unternehmen ermöglichte das Verkehrsdezernat der IHK Frankfurt einige Anpassungsvorschläge zu äußern, von denen sich die Unternehmen und die Kammer erhoffte, dass sie die negativen Auswirkungen auf die Gewerbetreibenden reduzieren könnten. Einige der Vorschläge konnte die Stadt übernehmen, andere lehnte sie begründet ab. Bereits im Oktober erfolgte dann die Umsetzung.
„Es fehlen vor allem die Kunden aus dem Taunus und anderen Kommunen, die bisher auf dem Weg von der Arbeit nach Hause hier angehalten haben, um sich die Haare schneiden zu lassen. Aber auch bisherige Stammkunden kommen nicht mehr, weil sie hier nirgendwo parken können. Derzeit zahle ich drauf. Wenn das so weitergeht, muss ich schließen”, wird Ramo D., Inhaber des Barbiershop by Ramo, in der Befragung zitiert. Diesen Eindruck spiegele auch das Ergebnis der Befragung wider. Insbesondere Unternehmen, die bislang von der Eschersheimer Landstraße als zentraler Verkehrsachse für Pendler aus dem Vordertaunus profitieren konnten, litten nun überproportional unter der erfolgten Verkehrsflächenanpassung. Der Wegfall von Parkplätze und der zunehmende Stau sorgten dafür, dass Kunden sich räumlich umorientieren.
Die aktuelle Situation erschwere dabei nicht nur die Erreichbarkeit der Unternehmen für ihre Kunden. „Meine Lieferanten finden keine Haltemöglichkeit mehr. Die Parkplätze sind ständig belegt, die Radspur darf nicht befahren werden und sonst ist nirgendwo Platz. Ein Lieferant aus den Niederlanden hat deshalb bereits gekündigt. Ich musste daher einen neuen Lieferanten suchen und beauftragen, bei dem die Blumen allerdings deutlich teurer sind. Das wirkt sich negativ auf die Preise für meine Kunden und meine Gewinnmarge aus“, sagt Vladka Schäfer, Inhaberin des Blumen Dornröschens, zur IHK.
Susanne von Verschuer, Vize-Präsidentin der IHK Frankfurt am Main, zeigt sich besorgt angesichts der Schilderungen der betroffenen Gewerbetreibenden: „Die Situation ist ernst. Zahlreiche Unternehmen, die auch eine wichtige Nahversorgungsfunktion im Dornbusch übernehmen, stehen vor dem Aus. Es zeigt sich, dass auch die von uns vorgeschlagenen Anpassungen nicht dazu beitragen konnten, die Lage für die Unternehmen zu entschärfen. Angesichts dieser Situation nehmen wir die Stadt beim Wort und fordern, dass die Maßnahme evaluiert und gegebenenfalls nachjustiert wird. Dieser Prozess sollte ergebnisoffen sein und darf auch einen Rückbau nicht ausschließen. Dabei sollten nicht nur die Bedarfe des Radverkehrs, sondern auch die anderer Verkehrsteilnehmer sowie der anliegenden Unternehmen gleichermaßen berücksichtigt werden. “
Ein Teil der befragten Unternehmen stehen dem Radweg und den damit einhergehenden Anpassungen neutral gegenüber. Einzelne Unternehmen befürworten auch den Ausbau von Radinfrastruktur. Keines der Unternehmen konnte durch die Maßnahmen allerdings einen positiven Effekt auf Umsatz oder Kundenfrequenz beobachten.
Das Verkehrsdezernat habe die Gewerbetreibenden zu spät in die Planungen involviert, war vonseiten vieler Inhaber zu hören. Laut IHK habe das Dezernat außerdem „Nachjustierungen“ versichert. Bisher warteten die Unternehmen vor Ort jedoch auf die Einlösung dieses Versprechens. „Seit dem Tag, an dem das Verkehrsdezernat unangekündigt in unseren Laden kam, um die Pläne vorzustellen, haben wir nichts mehr von der Stadt gehört. Keine Nachfrage, wie sich die Maßnahmen auf unser Geschäft auswirken oder ob wir Änderungsvorschläge haben. Nur ein Metallpoller wurde durch einen Plastikpoller ersetzt, weil er dauernd umgefahren wird. Von Analysieren und Nachjustieren kann hier keine Rede sein“, bemängelt Anita Schwarz, Inhaberin von Pelze am Dornbusch und Vorsitzende des Geschäftsrings Dornbusch e.V., das Vorgehen des Verkehrsdezernats.
Auch der verkehrspolitische Sprecher der CDU-Fraktion im Römer, Frank Nagel, fordert den Magistrat auf, „die versprochene Evaluation sofort durchzuführen“ und gemeinsam mit IHK, Handwerkskammer und dem Wirtschaftsdezernat sowie den Betroffenen Lösungen zu finden. „Mobilitätspolitik darf nicht einseitig sein. Wir brauchen Maßnahmen, die sowohl die Verkehrssicherheit als auch die wirtschaftliche Lebensfähigkeit unserer Stadt sicherstellen“, sagt er.
Auf Anfrage des JOURNALS nimmt Verkehrsdezernent Wolfgang Siefert (Grüne) zu den Schilderungen der Betroffenen in der IHK-Befragung wie folgt Stellung: „Die wirtschaftlichen Sorgen der Gewerbetreibenden nehmen wir ernst. Eine funktionierende Wirtschaft ist ebenso wesentlich für eine funktionierende Stadt wie die Verkehrssicherheit für alle Verkehrsteilnehmenden. Diesen Spagat müssen wir immer im Blick behalten.“ Der Radweg existiere noch kein halbes Jahr. Um die verkehrlichen Auswirkungen seriös evaluieren zu können, sollte mindestens ein Jahr vergangen sein.
„Bei dieser Maßnahme können wir aus verkehrlicher Sicht aber schon jetzt sagen: Der Verkehr läuft – entgegen der Befürchtungen Vieler – wie prognostiziert meist reibungslos“, sagt Siefert. Daher komme ein Rückbau des Fahrradstreifens auch nicht infrage, denn das wäre wenig zielführend und würde einseitig zu Lasten der schwächsten Verkehrsteilnehmenden gehen. Stattdessen sollen „individuelle Lösungen“ gefunden werden. Nach den Osterferien sollen Gespräche mit dem Ortsbeirat und den Gewerbetreibenden an der Eschersheimer Landstraße und den Wirtschaftsverbänden stattfinden.
Die Befragung der IHK:
Im Rahmen ihrer selbst durchgeführten Unternehmensbefragung bei Geschäften mit Ladenfront in Erdgeschosslage erhielt die IHK Frankfurt insgesamt 26 Rückmeldungen. Lediglich bei sechs Unternehmen blieben die Umsätze gleich, während bei den 20 anderen befragten Unternehmen Umsatzrückgänge von bis zu 40 Prozent zu beobachten waren. Dies führt laut IHK bereits jetzt dazu, dass acht Betriebe nicht mehr rentabel wirtschaften können. Bei zwei weiteren Betrieben seien die Geschäftszahlen derzeit noch in Prüfung. Insgesamt neun Betriebe denken darüber nach, ihr Geschäft abzugeben, sich einen neuen Standort zu suchen oder gar zu schließen. Besonders prekär sei laut IHK die Situation im Bereich zwischen Eduard-Rüppell-Straße und Spenerstraße. Keines der dort befragten Unternehmen habe angegeben, derzeit noch rentabel zu sein. Alle dort Befragten denken darüber nach, zu schließen, einen neuen Standort zu suchen oder ihr Geschäft abzugeben. Ein Betrieb befinde sich derzeit in Rentabilitätsprüfung.
Hintergrund:
Im September 2024 informierte die Stadt Frankfurt über die geplanten Anpassungen der Verkehrsflächen entlang der Eschersheimer Landstraße im Zuge der Einrichtung eines Radwegs. Dies erfolgte, ohne zuvor mit den anliegenden Unternehmen den Austausch gesucht zu haben. Nach Kritik durch die anliegenden Unternehmen ermöglichte das Verkehrsdezernat der IHK Frankfurt einige Anpassungsvorschläge zu äußern, von denen sich die Unternehmen und die Kammer erhoffte, dass sie die negativen Auswirkungen auf die Gewerbetreibenden reduzieren könnten. Einige der Vorschläge konnte die Stadt übernehmen, andere lehnte sie begründet ab. Bereits im Oktober erfolgte dann die Umsetzung.
10. März 2025, 11.00 Uhr
Jasmin Schülke

Jasmin Schülke
Studium der Publizistik und Kunstgeschichte an der Johannes Gutenberg-Universität Mainz. Seit Oktober 2021 Chefredakteurin beim Journal Frankfurt. Mehr von Jasmin
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