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Klimawandel
Frankfurt an der Adria
Wie lässt sich Frankfurt an die Veränderungen durch den Klimawandel anpassen? Für Lösungsansätze blicken die Verantwortlichen nicht selten in südliche Länder.
Endlich Sommer! In Frankfurt mussten wir in diesem Jahr etwas warten. Noch im Juni lagen die Temperaturen meist deutlich unter Freibad-Niveau. Es regnete oft, und so richtig sommerlich wollte es einfach nicht werden. Aber auch wenn sich das in Frankfurt anders anfühlte, so stellte der zurückliegende Monat den Temperatur-Rekord aus dem Vorjahr ein. Der Juni 2024 war im weltweiten Durchschnitt der wärmste Juni, der je aufgezeichnet wurde.
Er ist der 12. Monat in Folge, der um 1,5 Grad wärmer ist als zu vorindustriellen Zeiten. Noch schneller als von vielen befürchtet schreitet der Klimawandel ungebremst voran. Bereits jetzt haben sich die klimatischen Bedingungen in Deutschland je nach Region um mehrere hundert Kilometer nach Südwesten verlagert. Um diese Verschiebung gen Süden anschaulicher zu machen, hat das Bundesumweltamt in einer Studie Klimadaten ausgewertet und nach klimatischen Zwillingsstädten gesucht.
Frankfurts aktuelles Klima vergleichbar mit dem von Lyon aus dem Jahre 1990
So hat die Bundeshauptstadt Berlin heute ein Klima, wie es Frankfurt bis 1990 hatte – und Frankfurts aktuelles Klima ist heute vergleichbar mit dem Klima, das bis 1990 im südfranzösischen Lyon vorherrschte. Frankfurt legte damit unter allen deutschen Städten den größten Weg nach Süden zurück. Und mit fortschreitendem Klimawandel wird sich diese Verschiebung noch weiter fortsetzen.
Wer wissen will, welches Klima bereits im kommenden Jahrzehnt auf uns in Frankfurt zukommen wird, kann das heute in der noch 450 Kilometer weiter südwestlich gelegenen südfranzösischen Region Okzitanien (nördlich von Toulouse) erleben. Und ab den 2070er-Jahren rechnet das Umweltbundesamt für Frankfurt mit einem Klima, wie es heute an der kroatischen Adriaküste in der Region Šibensko-kninska županija (Dalmatien) vorherrscht.
Südfrankreich, Adriaküste – das klingt für viele zunächst einmal nach Urlaub und nicht nach Klimakatastrophe. Aber der Begriff „Klima“ umfasst eben mehr als nur die aktuelle Wetterlage. Mit den Temperaturen steigt auch die Häufigkeit von Starkwetterereignissen. Denn weil sich die Meere gerade in Rekordtempo erwärmen, nimmt die Atmosphäre immer mehr Wasserdampf auf. Der dann wieder in Form von Rekordregen zu uns herunterkommt.
Auch Frankfurt von vermehrten Unwettern heimgesucht
Und das erleben wir in immer kürzeren Abständen: Wenn es regnet, dann so richtig. Erst Anfang Juni führte Starkregen erneut zu einer Hochwasserkatastrophe, diesmal in Bayern. Frankfurt blieb zwar diesmal von Hochwasser verschont, aber auch hier musste die Fußball-EM-Fanmeile am Mainufer gleich mehrfach wegen Unwetterwarnungen geschlossen werden. Dass die Vorsichtsmaßnahmen nicht übertrieben waren, zeigte sich, als ein vom Sturm umgeworfener Baum nur knapp an einer Imbissbude vorbeischrammte.
Klar ist: Die Belastungen durch den Klimawandel werden besonders für die Menschen in den urbanen Ballungsräumen zunehmen. Städte sind aufgrund ihrer hohen Bebauungs- und Bewohnerdichte sowie komplexer Versorgungssysteme besonders vulnerabel. Frankfurt muss sich verändern, um sich auf die wachsenden Gesundheitsgefahren durch Hitze und Starkwetterereignisse einzustellen.
Leoni: „Frankfurt lässt sich gerne von der Vorgehensweise südlicher Länder inspirieren“
„In Frankfurt spielen die Zwillingsstädte bei der Planung der Anpassungsmaßnahmen aktuell nur bedingt eine Rolle, auch wenn das Konzept seine Daseinsberechtigung hat“, sagt Maurice Wagner, Geograf im Klimareferat der Stadt. Seine Kollegin Jana Leoni, Stadtplanerin und Landschaftsarchitektin, ergänzt: „Frankfurt lässt sich gerne von der Vorgehensweise südlicher Länder inspirieren, zum Beispiel vom Arkadenbau, von hellen Oberflächen oder der Verwendung von klimaresilienten Baumarten. Außerdem betrachten wir zunehmend Metropolen mit häufigen beziehungsweise starken Niederschlägen.“
Mit seiner klimatischen Zwillingsstadt Lyon ist Frankfurt – und das ist reiner Zufall – bereits seit 1960 verschwistert. Wie geht die nach Paris und Marseille drittgrößte Stadt unseres Nachbarlandes mit den Folgen des Klimawandels um? Bespiele dafür findet man im Stadtteil La Confluence, dem „Laboratoire urbain de la ville de demain“ („Urbanes Versuchslabor der Stadt von morgen“). Zur Jahrtausendwende wurde begonnen, das 150 Hektar große ehemalige Industriegebiet am Zusammenfluss von Rhône und Saône umzubauen.
Der Masterplan für „Lyons neue Mitte“ sieht vor, dass in diesem postindustriellen Quartier bis 2030 eine Million zusätzliche Quadratmeter Raum zum Wohnen und Arbeiten geschaffen werden – CO₂-neutral, versteht sich. Neben einer hohen Energieeffizienz der Gebäude wurden eine Reihe weiterer Ziele formuliert. Nachhaltige Mobilität, die dem Fußverkehr einen hohen Stellenwert gibt, und ein urbaner Bevölkerungs-Mix aus allen Alters- und Einkommensklassen. Und vor allem viel Grün und viel Wasser: Mehr als ein Fünftel von La Confluence – 35 Hektar – sind für Grünflächen vorgesehen.
Frankfurt als Schwammstadt im Kampf gegen die Folgen des Klimawandels?
Ville-éponge, zu Deutsch Schwammstadt, ist heute weltweit ein zentrales Leitbild für die Klimafolgeanpassung im Städtebau. Schwammstadt bedeutet, dass wieder mehr Flächen zur Verfügung gestellt werden, wo das (Regen-)Wasser zunächst bleiben kann, ohne sofort in die Kanalisation zu fließen.
Das Ziel der Stadtplaner ist heute, Wasser möglichst lange in der Stadt zu behalten, wo es direkt und indirekt über Pflanzen für die Kühlung des städtischen Raumes zur Verfügung steht. Nicht überall lässt sich das einfach umsetzen. Mobilität, Wohnen, Gewerbe, Energieerzeugung und Wasserwirtschaft – all das steht miteinander in Konkurrenz um den knappen städtischen Raum.
„Bei der Gestaltung unserer Städte müssen auch die soziokulturellen Gegebenheiten oder Ansprüche der lokalen Gesellschaft an den Stadtraum berücksichtigt werden“, sagt Jana Leoni. „Unser Besuch in der Partner-/Zwillingsstadt Mailand hat uns kürzlich gezeigt, dass auch dort die eigentlich dringend notwendigen Klimaanpassungsmaßnahmen angesichts der Fülle von Ansprüchen an den Stadtraum nicht immer vorrangig berücksichtigt werden können.“
Er ist der 12. Monat in Folge, der um 1,5 Grad wärmer ist als zu vorindustriellen Zeiten. Noch schneller als von vielen befürchtet schreitet der Klimawandel ungebremst voran. Bereits jetzt haben sich die klimatischen Bedingungen in Deutschland je nach Region um mehrere hundert Kilometer nach Südwesten verlagert. Um diese Verschiebung gen Süden anschaulicher zu machen, hat das Bundesumweltamt in einer Studie Klimadaten ausgewertet und nach klimatischen Zwillingsstädten gesucht.
So hat die Bundeshauptstadt Berlin heute ein Klima, wie es Frankfurt bis 1990 hatte – und Frankfurts aktuelles Klima ist heute vergleichbar mit dem Klima, das bis 1990 im südfranzösischen Lyon vorherrschte. Frankfurt legte damit unter allen deutschen Städten den größten Weg nach Süden zurück. Und mit fortschreitendem Klimawandel wird sich diese Verschiebung noch weiter fortsetzen.
Wer wissen will, welches Klima bereits im kommenden Jahrzehnt auf uns in Frankfurt zukommen wird, kann das heute in der noch 450 Kilometer weiter südwestlich gelegenen südfranzösischen Region Okzitanien (nördlich von Toulouse) erleben. Und ab den 2070er-Jahren rechnet das Umweltbundesamt für Frankfurt mit einem Klima, wie es heute an der kroatischen Adriaküste in der Region Šibensko-kninska županija (Dalmatien) vorherrscht.
Südfrankreich, Adriaküste – das klingt für viele zunächst einmal nach Urlaub und nicht nach Klimakatastrophe. Aber der Begriff „Klima“ umfasst eben mehr als nur die aktuelle Wetterlage. Mit den Temperaturen steigt auch die Häufigkeit von Starkwetterereignissen. Denn weil sich die Meere gerade in Rekordtempo erwärmen, nimmt die Atmosphäre immer mehr Wasserdampf auf. Der dann wieder in Form von Rekordregen zu uns herunterkommt.
Und das erleben wir in immer kürzeren Abständen: Wenn es regnet, dann so richtig. Erst Anfang Juni führte Starkregen erneut zu einer Hochwasserkatastrophe, diesmal in Bayern. Frankfurt blieb zwar diesmal von Hochwasser verschont, aber auch hier musste die Fußball-EM-Fanmeile am Mainufer gleich mehrfach wegen Unwetterwarnungen geschlossen werden. Dass die Vorsichtsmaßnahmen nicht übertrieben waren, zeigte sich, als ein vom Sturm umgeworfener Baum nur knapp an einer Imbissbude vorbeischrammte.
Klar ist: Die Belastungen durch den Klimawandel werden besonders für die Menschen in den urbanen Ballungsräumen zunehmen. Städte sind aufgrund ihrer hohen Bebauungs- und Bewohnerdichte sowie komplexer Versorgungssysteme besonders vulnerabel. Frankfurt muss sich verändern, um sich auf die wachsenden Gesundheitsgefahren durch Hitze und Starkwetterereignisse einzustellen.
„In Frankfurt spielen die Zwillingsstädte bei der Planung der Anpassungsmaßnahmen aktuell nur bedingt eine Rolle, auch wenn das Konzept seine Daseinsberechtigung hat“, sagt Maurice Wagner, Geograf im Klimareferat der Stadt. Seine Kollegin Jana Leoni, Stadtplanerin und Landschaftsarchitektin, ergänzt: „Frankfurt lässt sich gerne von der Vorgehensweise südlicher Länder inspirieren, zum Beispiel vom Arkadenbau, von hellen Oberflächen oder der Verwendung von klimaresilienten Baumarten. Außerdem betrachten wir zunehmend Metropolen mit häufigen beziehungsweise starken Niederschlägen.“
Mit seiner klimatischen Zwillingsstadt Lyon ist Frankfurt – und das ist reiner Zufall – bereits seit 1960 verschwistert. Wie geht die nach Paris und Marseille drittgrößte Stadt unseres Nachbarlandes mit den Folgen des Klimawandels um? Bespiele dafür findet man im Stadtteil La Confluence, dem „Laboratoire urbain de la ville de demain“ („Urbanes Versuchslabor der Stadt von morgen“). Zur Jahrtausendwende wurde begonnen, das 150 Hektar große ehemalige Industriegebiet am Zusammenfluss von Rhône und Saône umzubauen.
Der Masterplan für „Lyons neue Mitte“ sieht vor, dass in diesem postindustriellen Quartier bis 2030 eine Million zusätzliche Quadratmeter Raum zum Wohnen und Arbeiten geschaffen werden – CO₂-neutral, versteht sich. Neben einer hohen Energieeffizienz der Gebäude wurden eine Reihe weiterer Ziele formuliert. Nachhaltige Mobilität, die dem Fußverkehr einen hohen Stellenwert gibt, und ein urbaner Bevölkerungs-Mix aus allen Alters- und Einkommensklassen. Und vor allem viel Grün und viel Wasser: Mehr als ein Fünftel von La Confluence – 35 Hektar – sind für Grünflächen vorgesehen.
Ville-éponge, zu Deutsch Schwammstadt, ist heute weltweit ein zentrales Leitbild für die Klimafolgeanpassung im Städtebau. Schwammstadt bedeutet, dass wieder mehr Flächen zur Verfügung gestellt werden, wo das (Regen-)Wasser zunächst bleiben kann, ohne sofort in die Kanalisation zu fließen.
Das Ziel der Stadtplaner ist heute, Wasser möglichst lange in der Stadt zu behalten, wo es direkt und indirekt über Pflanzen für die Kühlung des städtischen Raumes zur Verfügung steht. Nicht überall lässt sich das einfach umsetzen. Mobilität, Wohnen, Gewerbe, Energieerzeugung und Wasserwirtschaft – all das steht miteinander in Konkurrenz um den knappen städtischen Raum.
„Bei der Gestaltung unserer Städte müssen auch die soziokulturellen Gegebenheiten oder Ansprüche der lokalen Gesellschaft an den Stadtraum berücksichtigt werden“, sagt Jana Leoni. „Unser Besuch in der Partner-/Zwillingsstadt Mailand hat uns kürzlich gezeigt, dass auch dort die eigentlich dringend notwendigen Klimaanpassungsmaßnahmen angesichts der Fülle von Ansprüchen an den Stadtraum nicht immer vorrangig berücksichtigt werden können.“
7. August 2024, 10.31 Uhr
Jonas Lohse
Jonas Lohse
Schon seit über 20 Jahren beim Journal; besonders gerne schreibt er über Themen der Frankfurter Stadtgeschichte, Musik und (Rad-)Verkehr. Mehr von Jonas
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26. Dezember 2024
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