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Luxus statt Suhrkamp
Das drohende Vergessen
Das alte Suhrkamp-Verlagshaus in der Lindenstraße ist schon länger passé. Der Luxus-Neubau feierte am Freitag dort Richtfest. An den Verlag erinnert nichts mehr – außer dem Namen des 20 Millionen Euro Projekts.
„Janz schön schnieke“, würde der Berliner beim Betrachten der Pläne des Wohnkomplexes sagen, der derzeit in der Lindenstraße im Westend entsteht. Für 20 Millionen Euro baut die Immobilienentwicklungsgesellschaft Homes dort 19 Luxuswohnungen, die im November bezugsfertig sein sollen. Zwischen 3 und 3,50 Meter Raumhöhe, Fußbodenheizung und Panoramablick auf die Skyline gehören zum Standard. Wer wünscht, kann sämtliche elektrischen Geräte mit seinem iPhone bedienen. Die Energieeffizienz wird auf ein neues Niveau gehievt, die 24 Tiefgaragenstellplätze erhalten serienmäßig Steckdosen für Elektroautos. Der nötige Strom kommt aus dem hauseigenen Blockheizkraftwerk. Wirtschaftsdezernent Markus Frank (CDU) bedankt sich bei Investor Erkin Köksal für das zukunftsweisende Projekt. Der Quadratmeterpreis rangiert zwischen 6.500 und 10.500 Euro. 15 der Eigentumswohnungen sind bereits verkauft.
Dem gemeinen Berliner entlockt das ganze wohl nur ein Achselzuckeln. Der Projektname „Unter den Linden“ lässt dann aber doch aufhorchen. Die Verbindung zur Prachtstraße der Hauptstadt ist eindeutig. Eine Verbindung zu jener Stadt, in die es den Suhrkamp-Verlag zog, der einst in der Lindenstraße beheimatet war, bevor die Verleger-Witwe Ulla Unseld-Berkewicz die Zelte in der Heimat des Verlags abbrach. Es war kein freundschaftlicher Abschied damals. Den Wegzug nahm die Stadt nur zähneknirschend hin. Am 29. Juni 2010 unterschrieb Herr Köksal den Kaufvertrag mit dem Verlag und dachte ernsthaft darüber nach, das alte Gebäude zu erhalten. Im März 2011 begann dann doch der Abriss. Dass hier einst der Österreichische Grantler Thomas Bernhard streng von einem Foto ins Foyer blickte, daran erinnert heute nichts mehr.
Vielleicht ist es bezeichnend dafür, wie in Frankfurt mit Geschichte umgegangen wird, dass das Mannheimer Unternehmen Bilfinger Berger für den Rohbau bei „Unter den Linden“ verantwortlich zeichnet. Der einstige hessische Ministerpräsident Roland Koch und heutige Vorsitzende des Baukonzerns verkündete jüngst, seine Firma in Bilfinger umzubenennen. Ein Doppelname schicke sich nicht für ein modernes Unternehmen. Das Gedenken an Julius Berger, der Gründer der Julius Berger Tiefbau AG, der 1943 wegen seines jüdischen Glaubens von den Nazis ermordet wurde, fällt der Verschlankung zum Opfer.
Dass das alte Suhrkamp-Verlagshaus in der Lindenstraße nicht ewig erhalten bleiben konnte, ist verständlich. Dass der geschichtsträchtige Ort nicht als solcher gekennzeichnet wird, ist etwas schwieriger zu verstehen. Ein Stück Frankfurter Literaturgeschichte ist nicht nur weggezogen, es droht, in Vergessenheit zu geraten.
Dem gemeinen Berliner entlockt das ganze wohl nur ein Achselzuckeln. Der Projektname „Unter den Linden“ lässt dann aber doch aufhorchen. Die Verbindung zur Prachtstraße der Hauptstadt ist eindeutig. Eine Verbindung zu jener Stadt, in die es den Suhrkamp-Verlag zog, der einst in der Lindenstraße beheimatet war, bevor die Verleger-Witwe Ulla Unseld-Berkewicz die Zelte in der Heimat des Verlags abbrach. Es war kein freundschaftlicher Abschied damals. Den Wegzug nahm die Stadt nur zähneknirschend hin. Am 29. Juni 2010 unterschrieb Herr Köksal den Kaufvertrag mit dem Verlag und dachte ernsthaft darüber nach, das alte Gebäude zu erhalten. Im März 2011 begann dann doch der Abriss. Dass hier einst der Österreichische Grantler Thomas Bernhard streng von einem Foto ins Foyer blickte, daran erinnert heute nichts mehr.
Vielleicht ist es bezeichnend dafür, wie in Frankfurt mit Geschichte umgegangen wird, dass das Mannheimer Unternehmen Bilfinger Berger für den Rohbau bei „Unter den Linden“ verantwortlich zeichnet. Der einstige hessische Ministerpräsident Roland Koch und heutige Vorsitzende des Baukonzerns verkündete jüngst, seine Firma in Bilfinger umzubenennen. Ein Doppelname schicke sich nicht für ein modernes Unternehmen. Das Gedenken an Julius Berger, der Gründer der Julius Berger Tiefbau AG, der 1943 wegen seines jüdischen Glaubens von den Nazis ermordet wurde, fällt der Verschlankung zum Opfer.
Dass das alte Suhrkamp-Verlagshaus in der Lindenstraße nicht ewig erhalten bleiben konnte, ist verständlich. Dass der geschichtsträchtige Ort nicht als solcher gekennzeichnet wird, ist etwas schwieriger zu verstehen. Ein Stück Frankfurter Literaturgeschichte ist nicht nur weggezogen, es droht, in Vergessenheit zu geraten.
27. April 2012, 19.01 Uhr
Gerald Schäfer
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