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Im Gespräch mit Sven Nürnberger
Gärtner aus Leidenschaft
Sven Nürnberger ist als Gärtnermeister im Palmengarten tätig. Im Gespräch mit dem JOURNAL FRANKFURT erzählt er von seinen Reisen, spricht über Herausforderungen des Klimawandels und erklärt, warum er ein Buch dazu geschrieben hat.
Die Liebe zur Natur
Sven Nürnberger, geboren 1972, heute Gärtnermeister im Palmengarten, hat die Liebe zur Natur in die Wiege gelegt bekommen. Sein Großvater war im Obstanbau tätig, sein Vater hat Biotope angelegt. „Ich war schon immer naturwissenschaftlich interessiert“, erzählt er. Während seiner Ausbildung zum Zierpflanzen-Gärtner im Palmengarten kam er mit tropischen Besonderheiten wie Orchideen und Kakteen in Berührung – und war direkt fasziniert. Er hat gelernt, was diese Pflanzen brauchen und wie man mit ihnen arbeitet. In dieser Zeit lernte er die Biologin Ursula McHardy kennen, die seine Mentorin wurde. Auf zahlreichen Exkursionen auf Hispaniola beschäftigte er sich mit der Flora der karibischen Inseln, ebenso probierte er sich im eigenen Garten aus. Nach dem Besuch der Meisterschule zog es ihn in den Botanischen Garten in Heidelberg. Ende 2009 schloss sich dann der Kreis: Nürnberger kam zurück in den Palmengarten und ist seitdem mit der Planung und Betreuung von pflanzensoziologischen Themengärten und Schauanlagen im Palmengarten betraut.
Die Arbeit im Palmengarten
Der Palmengarten in Frankfurt gehört seit seiner Gründung im Jahr 1868 zu den großen botanischen Gärten mit Weltruf. Auf 22 Hektar entwickelte sich im Herzen der pulsierenden Großstadt eine der weltweit größten Pflanzensammlungen. Zu seiner Eröffnung 1871 war er hauptsächlich Schaugarten, später prägten ihn naturinspirierte Gärtnerinnen und Gärtner. „Die Beobachtung, wie Pflanzen in Habitaten angeordnet sind, und die Nachempfindung ihrer natürlichen Begebenheiten im Garten, sind wichtige Disziplinen der naturalistischen Gartengestaltung“, so Nürnberger. Das Freiland des Palmengartens ist in drei Areale eingeteilt, von denen eines unter seine Leitung fällt. Dieses Areal unterteilt sich wiederum in zwei Reviere: den Steingarten mit weiteren Themengärten rund um den großen Weiher und das Blumenparterre, die gemeinsam den historischen Kerngarten bilden. Insgesamt sind stolze 90 Gärtnerinnen und Gärtner im Palmengarten beschäftigt.
Für Sven Nürnberger besteht ein normaler Arbeitstag aus planerischen und praktischen Arbeiten an den Pflanzen. Dazu zählen Pflanzplanung und Gestaltung, Pflege und ständiges Beobachten der Pflanzung. „Eigentlich werden die Pflanzungen ständig neu weiterentwickelt“, sagt Nürnberger. „Das nimmt oft viel Zeit in Anspruch, denn viele Pflanzen müssen aus Samen gezogen werden. Das dauert oft drei bis vier Jahre.“ Wenn sich der Gärtnermeister nicht gerade im Palmengarten aufhält, reist er viel. Privatleben und Beruf trennt er dabei kaum. Bei seinen Reisen nach Chile, Argentinien, China, Indien und in die Dominikanische Republik konnte er sein Wissen immer wieder vertiefen. Sein Antrieb ist seine ständige Neugier. „Man entwickelt sich ständig weiter, ein Garten wird nie perfekt sein“, ist Nürnberger überzeugt. Durch seine zahlreichen Reisen ist er international mit Gartengestaltern, Botanikern und Pflanzenfreunden vernetzt.
Die Leidenschaft für Naturstandorte
Die Beobachtung von Vegetationsbildern am Naturstandort und die gärtnerische Interpretation gehören zu Nürnbergers Leidenschaften. Vor kurzem hat er sein Buch „Wild Garden“ veröffentlicht, das dazu anregen soll, Schönheit und Vielfalt in den eigenen Garten zu holen. „Der Buchtitel bezieht sich auf die Sehnsucht nach Ursprung und Wildnishaftigkeit, das, was uns verloren zu gehen droht, zu bewahren und durch den Garten in unser unmittelbares Umfeld zu integrieren“, erklärt Nürnberger. Zum zweiten schlägt der Titel eine Brücke zu William Robinson, der für den klaren Bruch mit der artifiziellen Verwendung von Pflanzen steht. Das Buch führt den Leser zu den Naturstandorten von Gartenpflanzen und zeigt auf, welche Bedingungen in ihren Habitaten vorherrschen und wie Vegetation aufgebaut ist. Denn Pflanzen mit ähnlichen ökologischen Ansprüchen können zusammen gepflanzt werden – so soll das Buch zum Forschen anregen, welche Pflanzen im jeweiligen Lebensbereich zuträglich sind. Dafür muss man sich ökologische Grundprinzipien aneignen. „Das was mich an der Natur berührt, in den Garten zu tragen, ist das Ziel“, so Nürnberger. „Das Buch soll Lust darauf machen, natürlich mit Pflanzen zu arbeiten.“
Die Herausforderungen des Klimawandels
„Wild Garden“ hat durchaus einen ernsthaften Hintergrund: Denn das Schwinden von natürlichen Lebensräumen und Biodiversität weltweit, der Klimawandel und die fortschreitende Urbanisierung sind Entwicklungen, die Nürnberger mit Sorge betrachtet. „Wir brauchen eine neue Philosophie und Mentalität im Verständnis von Garten und öffentlichem Grün. Privates und öffentliches Grün sollten eine Symbiose bilden, um so viel Vegetation in unser Umfeld zu bringen, wie es nur irgendmöglich ist“, findet er. Außenbegrünung sei insbesondere in Zeiten des Klimawandels wichtig. Man müsse schauen, welche Pflanzen mit dem künftigen Klima überhaupt zurechtkämen. Bei der Begrünung der Stadt sieht er ungenutztes Potenzial. „Die Grünflächenämter stehen vor großen Herausforderungen, zukunftsträchtiges Grün zu schaffen und stresstolerante Pflanzengemeinschaften einzubinden, die den künftigen Veränderungen und dem gleichzeitigen Nutzungsdruck der Städte standhalten. Wir müssen lernen, Klima zu schaffen und zwar ein lebenswertes und ästhetisches.“ Geht es nach Nürnberger, sollte das Verständnis von Ökologie einen viel größeren Stellenwert erhalten und die innovativen Umsetzungen schneller realisiert werden.
Sven Nürnberger, geboren 1972, heute Gärtnermeister im Palmengarten, hat die Liebe zur Natur in die Wiege gelegt bekommen. Sein Großvater war im Obstanbau tätig, sein Vater hat Biotope angelegt. „Ich war schon immer naturwissenschaftlich interessiert“, erzählt er. Während seiner Ausbildung zum Zierpflanzen-Gärtner im Palmengarten kam er mit tropischen Besonderheiten wie Orchideen und Kakteen in Berührung – und war direkt fasziniert. Er hat gelernt, was diese Pflanzen brauchen und wie man mit ihnen arbeitet. In dieser Zeit lernte er die Biologin Ursula McHardy kennen, die seine Mentorin wurde. Auf zahlreichen Exkursionen auf Hispaniola beschäftigte er sich mit der Flora der karibischen Inseln, ebenso probierte er sich im eigenen Garten aus. Nach dem Besuch der Meisterschule zog es ihn in den Botanischen Garten in Heidelberg. Ende 2009 schloss sich dann der Kreis: Nürnberger kam zurück in den Palmengarten und ist seitdem mit der Planung und Betreuung von pflanzensoziologischen Themengärten und Schauanlagen im Palmengarten betraut.
Die Arbeit im Palmengarten
Der Palmengarten in Frankfurt gehört seit seiner Gründung im Jahr 1868 zu den großen botanischen Gärten mit Weltruf. Auf 22 Hektar entwickelte sich im Herzen der pulsierenden Großstadt eine der weltweit größten Pflanzensammlungen. Zu seiner Eröffnung 1871 war er hauptsächlich Schaugarten, später prägten ihn naturinspirierte Gärtnerinnen und Gärtner. „Die Beobachtung, wie Pflanzen in Habitaten angeordnet sind, und die Nachempfindung ihrer natürlichen Begebenheiten im Garten, sind wichtige Disziplinen der naturalistischen Gartengestaltung“, so Nürnberger. Das Freiland des Palmengartens ist in drei Areale eingeteilt, von denen eines unter seine Leitung fällt. Dieses Areal unterteilt sich wiederum in zwei Reviere: den Steingarten mit weiteren Themengärten rund um den großen Weiher und das Blumenparterre, die gemeinsam den historischen Kerngarten bilden. Insgesamt sind stolze 90 Gärtnerinnen und Gärtner im Palmengarten beschäftigt.
Für Sven Nürnberger besteht ein normaler Arbeitstag aus planerischen und praktischen Arbeiten an den Pflanzen. Dazu zählen Pflanzplanung und Gestaltung, Pflege und ständiges Beobachten der Pflanzung. „Eigentlich werden die Pflanzungen ständig neu weiterentwickelt“, sagt Nürnberger. „Das nimmt oft viel Zeit in Anspruch, denn viele Pflanzen müssen aus Samen gezogen werden. Das dauert oft drei bis vier Jahre.“ Wenn sich der Gärtnermeister nicht gerade im Palmengarten aufhält, reist er viel. Privatleben und Beruf trennt er dabei kaum. Bei seinen Reisen nach Chile, Argentinien, China, Indien und in die Dominikanische Republik konnte er sein Wissen immer wieder vertiefen. Sein Antrieb ist seine ständige Neugier. „Man entwickelt sich ständig weiter, ein Garten wird nie perfekt sein“, ist Nürnberger überzeugt. Durch seine zahlreichen Reisen ist er international mit Gartengestaltern, Botanikern und Pflanzenfreunden vernetzt.
Die Leidenschaft für Naturstandorte
Die Beobachtung von Vegetationsbildern am Naturstandort und die gärtnerische Interpretation gehören zu Nürnbergers Leidenschaften. Vor kurzem hat er sein Buch „Wild Garden“ veröffentlicht, das dazu anregen soll, Schönheit und Vielfalt in den eigenen Garten zu holen. „Der Buchtitel bezieht sich auf die Sehnsucht nach Ursprung und Wildnishaftigkeit, das, was uns verloren zu gehen droht, zu bewahren und durch den Garten in unser unmittelbares Umfeld zu integrieren“, erklärt Nürnberger. Zum zweiten schlägt der Titel eine Brücke zu William Robinson, der für den klaren Bruch mit der artifiziellen Verwendung von Pflanzen steht. Das Buch führt den Leser zu den Naturstandorten von Gartenpflanzen und zeigt auf, welche Bedingungen in ihren Habitaten vorherrschen und wie Vegetation aufgebaut ist. Denn Pflanzen mit ähnlichen ökologischen Ansprüchen können zusammen gepflanzt werden – so soll das Buch zum Forschen anregen, welche Pflanzen im jeweiligen Lebensbereich zuträglich sind. Dafür muss man sich ökologische Grundprinzipien aneignen. „Das was mich an der Natur berührt, in den Garten zu tragen, ist das Ziel“, so Nürnberger. „Das Buch soll Lust darauf machen, natürlich mit Pflanzen zu arbeiten.“
Die Herausforderungen des Klimawandels
„Wild Garden“ hat durchaus einen ernsthaften Hintergrund: Denn das Schwinden von natürlichen Lebensräumen und Biodiversität weltweit, der Klimawandel und die fortschreitende Urbanisierung sind Entwicklungen, die Nürnberger mit Sorge betrachtet. „Wir brauchen eine neue Philosophie und Mentalität im Verständnis von Garten und öffentlichem Grün. Privates und öffentliches Grün sollten eine Symbiose bilden, um so viel Vegetation in unser Umfeld zu bringen, wie es nur irgendmöglich ist“, findet er. Außenbegrünung sei insbesondere in Zeiten des Klimawandels wichtig. Man müsse schauen, welche Pflanzen mit dem künftigen Klima überhaupt zurechtkämen. Bei der Begrünung der Stadt sieht er ungenutztes Potenzial. „Die Grünflächenämter stehen vor großen Herausforderungen, zukunftsträchtiges Grün zu schaffen und stresstolerante Pflanzengemeinschaften einzubinden, die den künftigen Veränderungen und dem gleichzeitigen Nutzungsdruck der Städte standhalten. Wir müssen lernen, Klima zu schaffen und zwar ein lebenswertes und ästhetisches.“ Geht es nach Nürnberger, sollte das Verständnis von Ökologie einen viel größeren Stellenwert erhalten und die innovativen Umsetzungen schneller realisiert werden.
6. Dezember 2019, 12.11 Uhr
Helen Schindler
Helen Schindler
Jahrgang 1993, Studium der Politikwissenschaft an der Goethe-Universität, seit 2017 beim Journal Frankfurt Mehr von Helen
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