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Aufschub beim umstrittenen Hochschulpakt

Eine Woche Bedenkzeit beim Hochschulpakt - mehr haben die Hochschulpräsidenten bei der Landesregierung nicht durchsetzen können. 30 Millionen Euro werden eingespart, auch wenn 9500 Studenten in Wiesbaden protestierten

Die hessischen Hochschulen haben eine Woche Aufschub bis zur Unterzeichnung des umstrittenen Hochschulpaktes bekommen. Vor einer Gesprächsrunde zwischen Landesregierung und Hochschulen am Dienstag demonstrierten in Wiesbaden 9500 Studenten und Schüler gegen die geplanten Einsparungen in der Bildung. Der Demonstrationszug, einer der größten der vergangenen Jahre, zog vor das Wissenschaftsministerium. Dort machten die Demonstranten ihrem Unmut mit einem Pfeifkonzert und Buh-Rufen Luft. Die Polizei sprach von einem friedlichen Verlauf. Befeuert wurde der Protest durch Äußerungen von Ministerpräsident Roland Koch (CDU) über notwendige Einsparungen in der Bildung.

Außerhalb der Stadt im Kloster Eberbach erläuterten Finanzminister Karlheinz Weimar und Wissenschaftsministerin Eva Kühne-Hörmann (beide CDU) den Präsidenten der Universitäten und Hochschulen, dass inhaltlich nichts mehr an der Vereinbarung zu ändern sei. Das Land will im kommenden Jahr 30 Millionen Euro im Hochschuletat einsparen. Eigentlich hätte die Finanzierungsvereinbarung für die Jahre 2011 bis 2015 bereits am Dienstagabend unterzeichnet werden sollen.

Den Präsidenten werde jetzt Gelegenheit gegeben, noch einmal mit ihren Gremien zu sprechen, sagte Kühne-Hörmanns Sprecher Ulrich Adolphs. Nach neuer Planung soll der Pakt am kommenden Dienstag (18. Mai) vor der Plenarsitzung des Landtags unterzeichnet werden.

«Die Stimmung war ausgesprochen bedrückt», berichtete ein Teilnehmer des Treffens der Deutschen Presse-Agentur. Der Druck auf die Hochschulen sei sehr groß geworden. Weimar stellte klar, dass Hochschulen, die nicht unterzeichnen, ihren Haushalt jedes Jahr aushandeln müssten und schlimmstenfalls unter Haushaltssperren fallen könnten. Den anderen Hochschulen garantiert das Land bis 2015 die abgesenkte Grundfinanzierung.

Im Lauf des Tages hatte die Hochschule RheinMain erklärt, sie werde den Pakt nicht unterzeichnen. Hochschulpräsident Prof. Detlev Reymann kritisierte, dass die Landesregierung den Hochschulen bislang Informationen über die Berechnungsgrundlagen des Paktes vorenthalte. Sie hätten lediglich ein DIN-A4-Blatt mit den Sparzielen erhalten. «Unter diesen Bedingungen kann ich das nicht unterschreiben», sagte Reymann. Er warf Kühne-Hörmann vor, ihr Sparziel autoritär durchzudrücken. Vier Hochschulen forderten in einer gemeinsamen Resolution weitere Verhandlungen. Das Ministerium sagte zu, die Berechnungsgrundlagen zur Verfügung zu stellen.

Die Fachhochschule Frankfurt hatte vergangene Woche angekündigt, den Pakt nicht zu unterzeichnen. Dagegen signalisierten die Universität Kassel und die Hochschule Darmstadt im Vorfeld, sie wollten unterschreiben.

Ministerpräsident Koch rief die Hochschulen dazu auf, beim Sparen zu helfen. Angesichts leerer Staatskassen in ganz Deutschland seien Tabus falsch. «Wir müssen jetzt anfangen zu sparen», sagte er in Wiesbaden. Wie zuvor in einem Interview mit dem «Hamburger Abendblatt» nannte er dabei Bildung und Kleinkinderbetreuung. Das bundesweit vereinbarte Ziel, bis 2015 zehn Prozent des Bruttoinlandsprodukts für Bildung auszugeben, sei «in dieser Geschwindigkeit nicht gehbar».

Den Hochschulpräsidenten entgegnete er, dass sie die Zuwächse der vergangenen Jahre dankend angenommen hätten. In der jetzigen Lage bei sinkenden Steuereinnahmen sollten sie keine Demonstrationen gegen die Kürzungen inszenieren.

Oppositionsführer Thorsten Schäfer-Gümbel (SPD) warf Koch vor, dass Kürzungen im Bereich Bildung und Familie das falsche Signal seien. Es dürfe keine «Bildungspolitik nach Kassenlage» geben. Die Vize-Landesvorsitzende der Bildungsgewerkschaft GEW, Carmen Ludwig, sagte: «Eigentlich müssten die Hochschulen selber konsolidiert werden und nicht einen Konsolidierungsbeitrag für den Haushalt leisten.»

Die Landeskonferenz der Studierenden-Vertretung (AStA) kritisierte in einem Schreiben, dem geplanten Sparkurs würden ganze Fachbereiche zum Opfer fallen. Unerträgliche Bedingungen für die Studenten, Lehrenden und Verwaltungsmitarbeiter seien die Folge. «Mittelfristig bedeutet die Kürzung (...) die Wiedereinführung von Studiengebühren», sagte Alexandra Perner vom AStA der FH Frankfurt.

Bundespräsident Köhler hatte am Montag in Berlin gesagt, er erwarte, dass Bund und Länder an den beim Bildungsgipfel beschlossenen Ausgabensteigerungen auch dann festhalten, wenn die Schuldenbremse im Grundgesetz greift. «Aber ich frage mich, wie es dazu passt, dass einige Länder mit dem Hinweis auf ihre Haushaltslage die Ausgaben für Bildung und Wissenschaft kürzen wollen», heißt es in dem Grußwort. Bund und Länder hatten im Oktober 2008 vereinbart, bis 2015 die Ausgaben für Bildung und Forschung in Deutschland auf zehn Prozent des Bruttoinlandsproduktes zu steigern. (dpa/lhe)
 
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12. Mai 2010, 10.10 Uhr
red
 
 
 
 
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