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Tag des Gedenkens
In Würde und Freiheit leben
Am 27. Januar jährt sich zum 80. Mal die Befreiung des KZ Auschwitz. Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) betont bei einer Gedenkveranstaltung in der Jüdischen Gemeinde Frankfurt die Verantwortung Deutschlands.
Die Gedenkveranstaltung in der Jüdischen Gemeinde Frankfurt begann mit einer erfreulichen Nachricht: Zehn Minuten vor Beginn wurde bekannt, dass drei von der Hamas verschleppten Frauen dem Roten Kreuz übergeben wurden. Als Marc Grünbaum, Vorstandsvorsitzender der Jüdischen Gemeinde, die Nachricht verkündet, brandet Applaus auf. Für die jüdische Gemeinschaft ist der 80. Jahrestag der Befreiung von Auschwitz ein Tag der Trauer und der Besinnung. Bei der Gedenkveranstaltung geht es allerdings auch immer um die aktuelle Situation der Jüdinnen und Juden in Deutschland.
Grünbaum richtet sich in seiner Ansprache direkt an den anwesenden Bundeskanzler Olaf Scholz: „Demokratie ist ein Kampf. Nehmen Sie, Herr Bundeskanzler, diesen Kampf auf. Zu viele Menschen in diesem Land haben Angst.“ Unter den Gästen ist auch die Shoa-Überlebende Eva Szepesi. Sie wurde als 12-Jährige von der Roten Armee aus dem Konzentrationslager Auschwitz befreit. „Die Shoa begann mit dem Schweigen und Wegschauen der Gesellschaft“, sagt die heute 92-Jährige.
Scholz: „Wir bekämpfen in Deutschland jede Form von Antisemitismus“
Scholz bekräftigt in seiner Rede, für ein aktives Gedenken einzutreten: „Unrecht nicht zu dulden, nie mehr wegzuschauen, Nein zu sagen, das muss uns auch heute Richtschnur sein“ und fährt fort: „Wir bekämpfen in Deutschland jede Form von Antisemitismus.“ Dies scheint nicht alle Anwesenden zu überzeugen. „Schön wärs“ und „Ja, ja“ wird im Publikum gemurmelt. Der Publizist Michel Friedman leitet die Podiumsdiskussion, die unter dem Motto „Jüdisches Leben in Deutschland – Was tut die Politik?“ mit mahnenden Worten ein: „40 Prozent aller Menschen unter 20 Jahren wissen nicht mehr, was Auschwitz ist.“ Er fordert, entschiedener gegen Hass und Hetze vorzugehen. „Judenhass ist keine deutsche Erfindung. Aber Auschwitz ist eine deutsche Erfindung.“
Die Schauspielerin und Aktivistin Sarah Maria Sander sagt: „Ich will in Würde und Freiheit leben und mich nicht verstecken. Das ist aktuell nicht möglich.“ Ihre Generation habe keinen Oskar Schindler. „Wir müssen für uns selbst einstehen.“ Das Internet sei ein rechtsfreier Raum geworden. Sie bekomme Hunderte Hassmails und könne sich nicht dagegen wehren. Olaf Scholz verspricht, „alles zu tun“, um gegen Antisemitismus vorzugehen. Wird denn aktuell alles getan? Michel Friedman nimmt als Jurist eine Einordnung vor: „Es gibt juristische Instrumente. Sie werden nicht angewendet. Es gibt Verschärfungen. Sie werden nicht angewendet.“ Hass und Hetze würden durch die Meinungsfreiheit gedeckt. Benjamin Graumann, Vorstandsvorsitzender der Jüdischen Gemeinde, sagt: „Wir haben 2022 frühzeitig gewarnt.“ Er bezieht sich dabei auf die documenta 15, auf der antisemitische Kunst gezeigt wurde.
Kein angenehmer Abend für den Bundeskanzler
Für Olaf Scholz ist das kein angenehmer Abend. Den Ängsten und Sorgen der Betroffenen kann er wenig entgegensetzen, seine Antworten fallen pauschal und floskelhaft aus und er fühlt sich sichtlich unwohl auf dem Podium. Er selbst habe die documenta 15 ebenfalls boykottiert, wollte das aber nicht an die große Glocke hängen, sagt er. Auch sei er nicht der Ansicht der Kassler Staatsanwaltschaft, die keine Volksverhetzung feststellen konnte. Allerdings respektiere er die Gewaltenteilung. Und was passiert mit den Sozialen Medien? Darauf gebe es keine einfachen Antworten, so Scholz.
Grünbaum richtet sich in seiner Ansprache direkt an den anwesenden Bundeskanzler Olaf Scholz: „Demokratie ist ein Kampf. Nehmen Sie, Herr Bundeskanzler, diesen Kampf auf. Zu viele Menschen in diesem Land haben Angst.“ Unter den Gästen ist auch die Shoa-Überlebende Eva Szepesi. Sie wurde als 12-Jährige von der Roten Armee aus dem Konzentrationslager Auschwitz befreit. „Die Shoa begann mit dem Schweigen und Wegschauen der Gesellschaft“, sagt die heute 92-Jährige.
Scholz bekräftigt in seiner Rede, für ein aktives Gedenken einzutreten: „Unrecht nicht zu dulden, nie mehr wegzuschauen, Nein zu sagen, das muss uns auch heute Richtschnur sein“ und fährt fort: „Wir bekämpfen in Deutschland jede Form von Antisemitismus.“ Dies scheint nicht alle Anwesenden zu überzeugen. „Schön wärs“ und „Ja, ja“ wird im Publikum gemurmelt. Der Publizist Michel Friedman leitet die Podiumsdiskussion, die unter dem Motto „Jüdisches Leben in Deutschland – Was tut die Politik?“ mit mahnenden Worten ein: „40 Prozent aller Menschen unter 20 Jahren wissen nicht mehr, was Auschwitz ist.“ Er fordert, entschiedener gegen Hass und Hetze vorzugehen. „Judenhass ist keine deutsche Erfindung. Aber Auschwitz ist eine deutsche Erfindung.“
Die Schauspielerin und Aktivistin Sarah Maria Sander sagt: „Ich will in Würde und Freiheit leben und mich nicht verstecken. Das ist aktuell nicht möglich.“ Ihre Generation habe keinen Oskar Schindler. „Wir müssen für uns selbst einstehen.“ Das Internet sei ein rechtsfreier Raum geworden. Sie bekomme Hunderte Hassmails und könne sich nicht dagegen wehren. Olaf Scholz verspricht, „alles zu tun“, um gegen Antisemitismus vorzugehen. Wird denn aktuell alles getan? Michel Friedman nimmt als Jurist eine Einordnung vor: „Es gibt juristische Instrumente. Sie werden nicht angewendet. Es gibt Verschärfungen. Sie werden nicht angewendet.“ Hass und Hetze würden durch die Meinungsfreiheit gedeckt. Benjamin Graumann, Vorstandsvorsitzender der Jüdischen Gemeinde, sagt: „Wir haben 2022 frühzeitig gewarnt.“ Er bezieht sich dabei auf die documenta 15, auf der antisemitische Kunst gezeigt wurde.
Für Olaf Scholz ist das kein angenehmer Abend. Den Ängsten und Sorgen der Betroffenen kann er wenig entgegensetzen, seine Antworten fallen pauschal und floskelhaft aus und er fühlt sich sichtlich unwohl auf dem Podium. Er selbst habe die documenta 15 ebenfalls boykottiert, wollte das aber nicht an die große Glocke hängen, sagt er. Auch sei er nicht der Ansicht der Kassler Staatsanwaltschaft, die keine Volksverhetzung feststellen konnte. Allerdings respektiere er die Gewaltenteilung. Und was passiert mit den Sozialen Medien? Darauf gebe es keine einfachen Antworten, so Scholz.
20. Januar 2025, 10.15 Uhr
Jasmin Schülke
Jasmin Schülke
Studium der Publizistik und Kunstgeschichte an der Johannes Gutenberg-Universität Mainz. Seit Oktober 2021 Chefredakteurin beim Journal Frankfurt. Mehr von Jasmin
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20. Januar 2025
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