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Seebrücke Frankfurt
„Frankfurt soll Patenschaft für Seenotrettung übernehmen“
Die Seebrücke fordert von der Stadt eine Patenschaft für Seenotrettung. Im Interview mit dem JOURNAL wird die aktuelle Flüchtlingspolitik in Frankfurt kritisiert.
Herr Kussauer, Sie fordern die Stadt Frankfurt dazu auf, eine Patenschaft für ein Rettungsschiff im Mittelmeer zu übernehmen. Die Grünen bieten aktuell 20 000 Euro Unterstützung an. Reicht das?
Nein. Bei weitem nicht. Das ist eine lächerliche Summe für eine solch reiche Stadt, die sich Gedanken macht, ob sie sich ein neues Opern- und ein neues Schauspielhaus für insgesamt 1,3 Milliarden leisten will. Zudem ist uns wichtig, dass neben der finanziellen Unterstützung auch die inhaltliche Unterstützung erfolgt.
Zum Beispiel in dem die Stadt versucht, Druck aufzubauen, wenn das Schiff in einem Hafen festgesetzt wird, der Besatzung des Schiffes bei eventuell drohenden juristischen Verfahren Unterstützung anbietet – oder Geflüchtete bei uns in Frankfurt aufnimmt, wenn das Schiff Menschen auf dem Mittelmeer gerettet hat und sich mal wieder kein Hafen findet, der angelaufen werden kann.
„Die Situation, die sich an den europäischen Außengrenzen und den Meeren abspielt, wurde mehr oder weniger ignoriert“
Frankfurt ist per Beschluss von 2021 ein sogenannter „sicherer Hafen“. Ist Frankfurt das wirklich – und wir reden nun nicht nur über Geflüchtete aus der Ukraine.
Auch hier ein klares nein. Frankfurt hat den Beschluss zwar gefasst, diesem aber keine Taten folgen lassen. Frankfurt hat sich sehr stark konzentriert auf die Menschen aus der Ukraine. Die Situation, die sich an den europäischen Außengrenzen und den Meeren abspielt, wurde mehr oder weniger ignoriert. In unserer Definition eines „sicheren Hafens“ ging es auch nicht nur um die Aufnahme von Geflüchteten. Auch hier ging es um Einsatz für alle Menschen auf der Flucht und gelebte Solidarität mit diesen Menschen.
„Gelten Menschenrechte wirklich für alle?“, fragen Sie auf Ihrer Webseite. Wie empört sind Sie dann über die Zustimmung zum EU-Asylkompromiss der rot-grün-gelben Ampel-Regierung?
Sehr empört. In dem Beschluss werden bestimmten Menschengruppen klare Menschenrechte abgesprochen. Das Grundrecht auf Asyl gilt dann für sie nicht mehr. Die vorgesehenen Schnellverfahren sind vollkommen unzureichend. Und dass Menschen in gefängnisähnliche Lager gesperrt werden, nur, weil sie auf der Flucht sein müssen, ist ein Unding.
„Die Menschen gehen ja nicht aus „Lust und Laune“ auf die Flucht“
Der Frankfurter Grünen-Co.-Chef Omid Nouripour sieht in dem Kompromiss „Schritte der Verbesserung“. Sind sie das?
Wir fragen uns auch, wo hier die Verbesserungen sein sollen. Wenn überhaupt, sind diese in der Abschottung zu sehen. Aber Abschottung hat noch nie dazu geführt, dass sich Menschen nicht auf die Flucht begeben. Die Menschen gehen ja nicht aus „Lust und Laune“ auf die Flucht, sondern weil sie sich und ihre Zukunft in Gefahr sehen. Der Kompromiss wird auch nicht dazu führen, das „Sterben auf dem Meer“ zu beenden, wie es häufig propagiert wird. Ganz im Gegenteil. Und eine Einschränkung von Menschenrechten kann niemals eine Verbesserung sein.
Wie sinnvoll ist es, angesichts Tausender Toten und der aktuellen Flüchtlingskatastrophe im Mittelmeer den Zugang zum europäischen Asylverfahren noch weiter zu erschweren?
Dies wird gar nichts bringen. Das mussten wir doch leider in den vergangenen Jahren schon beobachten. Alle bisherigen Abschottungsversuche haben nur zu einem noch größeren Sterben geführt. Noch dazu gehen wir zur Abschottung sehr fragwürdige Deals mit Staaten ein, in denen Menschenrechte noch weniger beachtet werden.
„Frankfurt muss endlich zu einem gelebten sicheren Hafen werden“
Was geben Sie der Politik am 20. Juni bei Ihrer Kundgebung auf dem Paulsplatz mit?
Mit dem Start von „Frankfurt ahoi“ richten wir uns hauptsächlich an die Frankfurter Politiker:innen, dass endlich gehandelt werden muss, und dass Frankfurt endlich zu einem „gelebten sicheren Hafen“ werden muss. Und deshalb unser Vorschlag, dass die Stadt Frankfurt die Patenschaft für ein Seenotrettungsschiff übernehmen soll. Aber natürlich richten wir uns an alle Politiker:innen und die Gesellschaft, dass eine weitere Verschlechterung der Situation für Menschen auf der Flucht nicht geschehen darf. Menschen auf der Flucht benötigen unsere Hilfe und unsere Solidarität.
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Protest
Am Dienstag, 20. Juni, ruft die Seebrücke Frankfurt zu Protest und einer Kundgebung am 20. Juni anlässlich des Weltflüchtlingstags auf. Neben der Kundgebung um 17 Uhr auf dem Paulsplatz plant die Initiative, in den nächsten Wochen auch mit Veranstaltungen und Lesungen für ihre Forderung (Patenschaft für ein Rettungsschiff im Mittelmeer) zu werben.
Nein. Bei weitem nicht. Das ist eine lächerliche Summe für eine solch reiche Stadt, die sich Gedanken macht, ob sie sich ein neues Opern- und ein neues Schauspielhaus für insgesamt 1,3 Milliarden leisten will. Zudem ist uns wichtig, dass neben der finanziellen Unterstützung auch die inhaltliche Unterstützung erfolgt.
Zum Beispiel in dem die Stadt versucht, Druck aufzubauen, wenn das Schiff in einem Hafen festgesetzt wird, der Besatzung des Schiffes bei eventuell drohenden juristischen Verfahren Unterstützung anbietet – oder Geflüchtete bei uns in Frankfurt aufnimmt, wenn das Schiff Menschen auf dem Mittelmeer gerettet hat und sich mal wieder kein Hafen findet, der angelaufen werden kann.
Frankfurt ist per Beschluss von 2021 ein sogenannter „sicherer Hafen“. Ist Frankfurt das wirklich – und wir reden nun nicht nur über Geflüchtete aus der Ukraine.
Auch hier ein klares nein. Frankfurt hat den Beschluss zwar gefasst, diesem aber keine Taten folgen lassen. Frankfurt hat sich sehr stark konzentriert auf die Menschen aus der Ukraine. Die Situation, die sich an den europäischen Außengrenzen und den Meeren abspielt, wurde mehr oder weniger ignoriert. In unserer Definition eines „sicheren Hafens“ ging es auch nicht nur um die Aufnahme von Geflüchteten. Auch hier ging es um Einsatz für alle Menschen auf der Flucht und gelebte Solidarität mit diesen Menschen.
„Gelten Menschenrechte wirklich für alle?“, fragen Sie auf Ihrer Webseite. Wie empört sind Sie dann über die Zustimmung zum EU-Asylkompromiss der rot-grün-gelben Ampel-Regierung?
Sehr empört. In dem Beschluss werden bestimmten Menschengruppen klare Menschenrechte abgesprochen. Das Grundrecht auf Asyl gilt dann für sie nicht mehr. Die vorgesehenen Schnellverfahren sind vollkommen unzureichend. Und dass Menschen in gefängnisähnliche Lager gesperrt werden, nur, weil sie auf der Flucht sein müssen, ist ein Unding.
„Die Menschen gehen ja nicht aus „Lust und Laune“ auf die Flucht“
Der Frankfurter Grünen-Co.-Chef Omid Nouripour sieht in dem Kompromiss „Schritte der Verbesserung“. Sind sie das?
Wir fragen uns auch, wo hier die Verbesserungen sein sollen. Wenn überhaupt, sind diese in der Abschottung zu sehen. Aber Abschottung hat noch nie dazu geführt, dass sich Menschen nicht auf die Flucht begeben. Die Menschen gehen ja nicht aus „Lust und Laune“ auf die Flucht, sondern weil sie sich und ihre Zukunft in Gefahr sehen. Der Kompromiss wird auch nicht dazu führen, das „Sterben auf dem Meer“ zu beenden, wie es häufig propagiert wird. Ganz im Gegenteil. Und eine Einschränkung von Menschenrechten kann niemals eine Verbesserung sein.
Wie sinnvoll ist es, angesichts Tausender Toten und der aktuellen Flüchtlingskatastrophe im Mittelmeer den Zugang zum europäischen Asylverfahren noch weiter zu erschweren?
Dies wird gar nichts bringen. Das mussten wir doch leider in den vergangenen Jahren schon beobachten. Alle bisherigen Abschottungsversuche haben nur zu einem noch größeren Sterben geführt. Noch dazu gehen wir zur Abschottung sehr fragwürdige Deals mit Staaten ein, in denen Menschenrechte noch weniger beachtet werden.
Was geben Sie der Politik am 20. Juni bei Ihrer Kundgebung auf dem Paulsplatz mit?
Mit dem Start von „Frankfurt ahoi“ richten wir uns hauptsächlich an die Frankfurter Politiker:innen, dass endlich gehandelt werden muss, und dass Frankfurt endlich zu einem „gelebten sicheren Hafen“ werden muss. Und deshalb unser Vorschlag, dass die Stadt Frankfurt die Patenschaft für ein Seenotrettungsschiff übernehmen soll. Aber natürlich richten wir uns an alle Politiker:innen und die Gesellschaft, dass eine weitere Verschlechterung der Situation für Menschen auf der Flucht nicht geschehen darf. Menschen auf der Flucht benötigen unsere Hilfe und unsere Solidarität.
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Protest
Am Dienstag, 20. Juni, ruft die Seebrücke Frankfurt zu Protest und einer Kundgebung am 20. Juni anlässlich des Weltflüchtlingstags auf. Neben der Kundgebung um 17 Uhr auf dem Paulsplatz plant die Initiative, in den nächsten Wochen auch mit Veranstaltungen und Lesungen für ihre Forderung (Patenschaft für ein Rettungsschiff im Mittelmeer) zu werben.
19. Juni 2023, 11.28 Uhr
Katja Thorwarth
Katja Thorwarth
Die gebürtige Frankfurterin studierte an der Goethe-Uni Soziologie, Politik und Sozialpsychologie. Ihre journalistischen Schwerpunkte sind Politik, politisches Feuilleton und Meinung. Seit März 2023 Leitung online beim JOURNAL FRANKFURT. Mehr von Katja
Thorwarth >>
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