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Geplante Gesetzesänderung
Bezahlkarte für Asylsuchende sorgt für Widerstand in Hessen
Ab 2025 sollen Asylsuchende Leistungen per Bezahlkarte erhalten. Doch in Hessen formiert sich Widerstand. Ein hessisches Bündnis warnt vor Ausgrenzung und findet Wege, die Einschränkungen zu umgehen.
2025 soll die Bezahlkarte für Asylbewerberinnen und Asylbewerber bundesweit eingeführt werden, auch in Hessen. Damit sollen Sozialleistungen künftig nur bedingt als Bargeld abgehoben werden können. Das Zahlen im Alltag soll durch eine guthabenbasierte Debitkarte ermöglicht werden. Mit der Bezahlkarte gehen jedoch einige Einschränkungen einher.
Überweisungen ins Ausland sollen beispielsweise verhindert werden, das Abheben von Bargeld soll auf ein Limit von 50 Euro beschränkt werden. Dadurch würden Online-Einkäufe, Barzahlungen auf Flohmärkten, in Sozialkaufhäusern oder Schulausflüge durch die Regelung erschwert, wie das Bündnis „Hessen sagt Nein! zur Bezahlkarte“ erklärt.
In Hessen, insbesondere in Frankfurt, regt sich Widerstand gegen das von der CDU/CSU initiierte Gesetzesvorhaben, das von der kürzlich gescheiterten Ampel-Koalition weitergeführt wurde. Das Bündnis hat bereits Pläne, die Beschränkungen der Bezahlkarte zu umgehen.
Wechselstübchen gegen Einschränkungen von Asylsuchenden
Das Bündnis orientiert sich an einer Strategie, die bereits in Hamburg und München erfolgreich angewandt wurde. Das Prinzip ist einfach: Einkaufsgutscheine, die etwa in Supermärkten oder Drogerien per Bezahlkarte erworben wurden, können in sogenannten Wechselstübchen eingetauscht werden. So kann die Bargeldbeschränkung der Bezahlkarte umgangen und „ausgehebelt“ werden. Auch in Darmstadt und Gießen haben sich bereits mehrere solcher Initiativen gebildet.
Kritik übt das Bündnis insbesondere an Sozialministerin Heike Hofmann (SPD) und Ministerpräsident Boris Rhein (CDU) für die Einführung der Karte auch in Hessen. Kurz vor der Verabschiedung des Gesetzesvorhabens im hessischen Landtag wollte die hessische AfD die Möglichkeit von Umtauschaktionen eliminieren, indem sie im Landtag den Antrag stellte, Gutscheineinkäufe mit der Bezahlkarte auszuschließen. Der Antrag scheiterte jedoch, was den Weg für die Wechselstuben frei macht. „Gemeinsam können wir der Bezahlkarte ihre Wirkung nehmen – und so dem Rechtsruck ganz praktisch etwas entgegensetzen“, so Johanna Stoll von „Frankfurt sagt Nein! zur Bezahlkarte“.
Kontroversen und juristische Auseinandersetzungen
Derzeit befindet sich das Gesetzesvorhaben noch in der juristischen Auseinandersetzung. Bis dahin nutzen einige Bundesländer eigene Bezahlkarten-Modelle, darunter etwa Bayern, Schleswig-Holstein oder Niedersachsen.
Ein Argument für das Vorhaben: Der Verwaltungsaufwand in den Kommunen soll dadurch reduziert werden. Ebenso soll die Verwendung von Sozialleistungen besser kontrolliert werden, indem Geldtransfers ins Ausland unterbunden werden.
Laut dem Bündnis belegt jedoch eine Studie des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung, dass nur 7 Prozent der Geflüchteten Geld ins Ausland transferieren. „Indem Boris Rhein weiter behauptet, die Bezahlkarte würde einem angeblichen Missbrauch der minimalen Sozialleistungen vorbeugen, verbreitet er aktiv Desinformationen“, so Stoll.
Das Bündnis bezeichnet die Bezahlkarte als entmündigend und sieht in ihr einen Beitrag zur Ausgrenzung und Stigmatisierung von Asylsuchenden. Außerdem deutet das Bündnis die Bezahlkarte als „Testlauf“, um die Einschränkungen von Sozialleistungen künftig auch auf andere Gruppen auszuweiten. Innerhalb der Union gäbe es bereits Überlegungen, ein ähnliches Modell für Empfängerinnen und Empfänger von Bürgergeld einzuführen, weiß das Bündnis.
Info
Das Bündnis „Hessen sagt Nein! zur Bezahlkarte“ setzt sich aus Einzelpersonen, lokalen Initiativen und Organisationen wie der Seebrücke Frankfurt, der ehrenamtlichen Beratungsstelle Café United, der Ada Kantine, Sea Eye Frankfurt oder auch der Beratungsstelle Pena.ger Frankfurt zusammen. Unterstützung findet das Projekt zudem vom Hessischen Flüchtlingsrat und der Tauschbörse.
Überweisungen ins Ausland sollen beispielsweise verhindert werden, das Abheben von Bargeld soll auf ein Limit von 50 Euro beschränkt werden. Dadurch würden Online-Einkäufe, Barzahlungen auf Flohmärkten, in Sozialkaufhäusern oder Schulausflüge durch die Regelung erschwert, wie das Bündnis „Hessen sagt Nein! zur Bezahlkarte“ erklärt.
In Hessen, insbesondere in Frankfurt, regt sich Widerstand gegen das von der CDU/CSU initiierte Gesetzesvorhaben, das von der kürzlich gescheiterten Ampel-Koalition weitergeführt wurde. Das Bündnis hat bereits Pläne, die Beschränkungen der Bezahlkarte zu umgehen.
Das Bündnis orientiert sich an einer Strategie, die bereits in Hamburg und München erfolgreich angewandt wurde. Das Prinzip ist einfach: Einkaufsgutscheine, die etwa in Supermärkten oder Drogerien per Bezahlkarte erworben wurden, können in sogenannten Wechselstübchen eingetauscht werden. So kann die Bargeldbeschränkung der Bezahlkarte umgangen und „ausgehebelt“ werden. Auch in Darmstadt und Gießen haben sich bereits mehrere solcher Initiativen gebildet.
Kritik übt das Bündnis insbesondere an Sozialministerin Heike Hofmann (SPD) und Ministerpräsident Boris Rhein (CDU) für die Einführung der Karte auch in Hessen. Kurz vor der Verabschiedung des Gesetzesvorhabens im hessischen Landtag wollte die hessische AfD die Möglichkeit von Umtauschaktionen eliminieren, indem sie im Landtag den Antrag stellte, Gutscheineinkäufe mit der Bezahlkarte auszuschließen. Der Antrag scheiterte jedoch, was den Weg für die Wechselstuben frei macht. „Gemeinsam können wir der Bezahlkarte ihre Wirkung nehmen – und so dem Rechtsruck ganz praktisch etwas entgegensetzen“, so Johanna Stoll von „Frankfurt sagt Nein! zur Bezahlkarte“.
Derzeit befindet sich das Gesetzesvorhaben noch in der juristischen Auseinandersetzung. Bis dahin nutzen einige Bundesländer eigene Bezahlkarten-Modelle, darunter etwa Bayern, Schleswig-Holstein oder Niedersachsen.
Ein Argument für das Vorhaben: Der Verwaltungsaufwand in den Kommunen soll dadurch reduziert werden. Ebenso soll die Verwendung von Sozialleistungen besser kontrolliert werden, indem Geldtransfers ins Ausland unterbunden werden.
Laut dem Bündnis belegt jedoch eine Studie des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung, dass nur 7 Prozent der Geflüchteten Geld ins Ausland transferieren. „Indem Boris Rhein weiter behauptet, die Bezahlkarte würde einem angeblichen Missbrauch der minimalen Sozialleistungen vorbeugen, verbreitet er aktiv Desinformationen“, so Stoll.
Das Bündnis bezeichnet die Bezahlkarte als entmündigend und sieht in ihr einen Beitrag zur Ausgrenzung und Stigmatisierung von Asylsuchenden. Außerdem deutet das Bündnis die Bezahlkarte als „Testlauf“, um die Einschränkungen von Sozialleistungen künftig auch auf andere Gruppen auszuweiten. Innerhalb der Union gäbe es bereits Überlegungen, ein ähnliches Modell für Empfängerinnen und Empfänger von Bürgergeld einzuführen, weiß das Bündnis.
Das Bündnis „Hessen sagt Nein! zur Bezahlkarte“ setzt sich aus Einzelpersonen, lokalen Initiativen und Organisationen wie der Seebrücke Frankfurt, der ehrenamtlichen Beratungsstelle Café United, der Ada Kantine, Sea Eye Frankfurt oder auch der Beratungsstelle Pena.ger Frankfurt zusammen. Unterstützung findet das Projekt zudem vom Hessischen Flüchtlingsrat und der Tauschbörse.
18. Dezember 2024, 12.00 Uhr
Till Taubmann
Till Christian Taubmann
Jahrgang 1997, Studium in Kommunikationsdesign an der Hochschule Mainz, Arbeit als freier Illustrator, seit Januar 2023 beim JOURNAL FRANKFURT. Mehr von Till Christian
Taubmann >>
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18. Dezember 2024
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