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Erster Frankfurter Demokratiekonvent

„Echokammern sollen aufgebrochen werden“

Vergangenen Samstag ist der erste Frankfurter Demokratiekonvent angelaufen. 50 per Zufallsprinzip ausgewählte Einwohner Frankfurts erarbeiten Handlungsempfehlungen für die kommunale Politik. Diese zeigt sich interessiert.
JOURNAL FRANKFURT: Herr Roscher, der Demokratiekonvent findet dieses Jahr zum ersten mal statt. Worum geht´s?

Yannik Roscher: Genau, das erste Mal in Frankfurt und in Deutschland überhaupt. An drei Tagen sollen rund 50 ausgewählte Frankfurterinnen und Frankfurter Handlungsempfehlungen für die lokale Politik erarbeiten. Vergangenen Samstag gab es ein erstes Treffen in der Evangelischen Akademie, die beiden anderen finden am 23. und 24. Februar statt. Die Teilnehmer wurden per Zufallsprinzip ausgelost. Ein Drittel von ihnen gehört zu einer unterrepräsentierten Gruppe, darauf wollten wir auf jeden Fall achten. Das sind Leute, die im öffentlichen Diskurs oft vergessen werden, also Wohnungslose, Leute mit niedrigem Bildungsniveau, Menschen mit Migrationshintergrund, Junge. Von den Teilnehmenden ist die jüngste Person 19, die älteste 79.

Was wurde besprochen?

Wir wollten kein Thema vorgeben, über das gesprochen werden soll, das fänden wir vermessen. Deshalb geht es um das Thema als solches: Wie soll Bürgerbeteiligung in Frankfurt aussehen? In kommenden Jahren soll sich der Demokratiekonvent möglichst so etablieren, dass er konsultativ die kommunale Politik berät. Politik und Bürger sollen zusammengebracht werden. Unser Kernanliegen ist es, Menschen zusammenzubringen, die sonst nicht miteinander sprechen würden. Von Wählern hört man ja häufig: Ich fühle mich nicht von der Politik ernstgenommen, ich habe eh keinen Einfluss. Sogenannte Filterblasen und Echokammern sollen aufgebrochen werden.

Von Echokammern wird vor allem im Zusammenhang mit Social Media gesprochen.

Das Phänomen ist bekannt von Social Media, wo Leute vor allem den Kontakt zu Menschen suchen, die die eigenen Werte und Vorstellungen teilen. Echokammern begrenzen sich aber nicht nur auf Social Media, es gibt sie auch in der Gesellschaft. Wie häufig ist es beispielsweise der Fall, dass eine Kassiererin bei Aldi sich mit einem Professor über die Politik in Frankfurt unterhält? Durch Social Media wird diese Kluft noch vergrößert.

Wie ist denn der Samstag konkret gelaufen?

Den vergangenen Samstag könnte man als Inspirationstag bezeichnen. Am Vormittag haben sich verschiedene Frankfurter Projekte vorgestellt, etwa zum Mietentscheid und zum Radentscheid. Sie haben von ihren Erfahrungen erzählt. Am Nachmittag haben Gruppen aus anderen Städten in Deutschland und Österreich ihre Projekte vorgestellt, die einen ähnlichen Ansatz verfolgen. Die Teilnehmenden zeigten sich sehr interessiert und konnten Fragen stellen: Was sind die Hindernisse? Wie umschifft man sie? Welche Erfahrungswerte gibt es? Am 23. und 24. Februar werden die Teilnehmenden dann konkrete Handlungsempfehlungen erarbeiten, wie Bürgerbeteiligung in Frankfurt aussehen soll. Interessant war auch das Feedback der Teilnehmenden. Einer meinte zum Beispiel: „Ich warte seit 20 Jahren darauf, dass ich mich in die lokale Politik einbringen kann.“ Vielen fanden es auch spannend, welche Leute sie hier kennenlernten.

Vermutlich sehr verschiedene Leute sind da zum Gespräch zusammengekommen. Hat ein solches tatsächlich stattgefunden?

Es war spannend: 50 Leute kamen in einen Raum, von denen keiner den andern kannte. Am Anfang dachte wohl jeder: „Was erwartet mich hier?“. Wir hatten aber eine sehr gute Moderatorin. Sie hat es geschafft, innerhalb von zehn Minuten eine lockere Atmosphäre zu schaffen. Die Leute duzten sich von Anfang an. Am Ende des Tages habe ich von verschiedenen Leuten gehört, dass sie vom Arbeits-Du zum persönlichen Du gekommen seien. Wir haben Menschen zusammengebracht, die sonst nicht miteinander ins Gespräch kommen würden.

Wer ist „wir“?

Wir sind eine Gruppe von Freunden Mitte 20, die sich im Studium der Politikwissenschaften kennengelernt haben. Mittlerweile sind wir 12 Leute , die sich alle ehrenamtlich für das Projekt betätigen. Wir kommen alle aus unterschiedlichen Städten, leben aber jetzt hier in Frankfurt. 2017 haben wir uns damit auseinandergesetzt, wie wir aktuellen gesellschaftlichen Entwicklungen begegnen sollen in Zeiten von Brexit, Trump und dem Aufstieg von populistischen Parteien in Europa. Über einen Zeitungsartikel sind wir auf Bürgerbeteiligungsverfahren gestoßen und haben angefangen zu planen.

Wie geht es weiter?

Der Demokratiekonvent ist erstmal ein Pilotprojekt in Frankfurt. Wir hoffen aber, dass er sich bewährt und sich Projekte dieser Art auch in anderen Städten auf kommunaler Ebene etablieren. In Deutschland gibt es bisher noch nichts Vergleichbares. Viel wird daran liegen, wie der Demokratiekonvent in Frankfurt angenommen wird. Also ob die Stadtverordnetenversammlung die Empfehlungen nicht nur zur Kenntnis nimmt, sondern sie auch in konkretes Handeln umsetzt. Im weiteren Verlauf werden wer die von uns erarbeiteten Handlungsempfehlungen dem Oberbürgermeister und dem Bürgermeister präsentieren. In der Stadtverordnetenversammlung werden wir die Ergebnisse mit den Fraktionen diskutieren, damit sie nicht in der Schublade landen. Einige Monate später wollen wir uns in einer Diskussionsrunde gemeinsam mit Vertretern der Stadtpolitik ansehen, was aus den Ergebnissen geworden ist. Wir sind sehr optimistisch, da uns der Oberbürgermeister, der Bürgermeister und die Fraktionen ihre Unterstützung zugesichert haben.

Weitere Informationen zum Frankfurter Demokratiekonvent 2019 finden Sie hier.
 
Fotogalerie:
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12. Februar 2019, 12.18 Uhr
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