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Wenig Sex, noch weniger City
Zugegeben, ich habe sämtliche Folgen von Sex and the City gesehen. Sogar mehrfach. Entsprechend gefreut habe ich mich auf die Fortsetzung in Spielfilmlänge. Den ersten Kinofilm fand ich noch recht amüsant, wenn man von dem allgegenwärtigen plumpen Productplacement mal absieht. In dieser Hinsicht ist Sex and the City 2 um Längen besser. Es hapert dafür an anderer Stelle...
... wie ein Cupcake wirkt die cineastische Fortsetzung: Ganz viel knalliger Zuckerguss mit bunten Streuseln, kitschig anzusehen, der Geschmack ist nebensächlich. Ansonsten wenig bedeutsame Inhaltsstoffe. Denn die vier New Yorker Freundinnen Carrie, Samantha, Charlotte und Miranda sind in die Jahre gekommen. Da helfen alle schlüpfrigen Gags recht wenig. Das einstige illustre Sexleben der Single-Ladies ist nach dem Ehegelübde der meisten im Alltagstrott versandet. Trostpflaster: Es gibt auch in diesem Teil eine (Alb-)Traumhochzeit zu sehen, denn Stanford und der Hochzeitsausstatter Anthony trauen sich. Pompös ist die Zeremonie, kitschig wäre untertrieben, Carrie ist Trauzeugin und mitten in der Feier singt und tanzt Liza Minnelli auf einer Bühne. Indes fürchtet Carrie Bradshaw, jetzt Carrie Preston, dass in ihrer mittlerweile zwei Jahre währenden Ehe mit Mr. Big der Prickel verloren gehen könnte. Der Mann schenkt ihr allen Ernstes zum Hochzeitstag einen Flatscreen fürs Schlafzimmer. Aber seien wir ehrlich: Was anderes war von dem gesetzten, zigarreschmauchenden Rotweintrinker doch nicht zu erwarten, oder? Realistischerweise besitzen die beiden übrigens nicht nur die Luxusriesenwohnung mit Designermöbeln in Manhattan, nein, Carrie hat ihre Bude - die übrigens umgestaltet wurde – auch behalten. Wenn ich so was sehe, frage ich mich unwillkürlich wie viel man bei der Vogue eigentlich verdient... Findige Journalisten haben mal hochgerechnet, wieviel Carrie am Tag ausgibt für Wohnen, Einkleiden, Cocktail schlürfen etc.: 1730 Euro pro Tag .
So richtig glücklich ist Charlotte übrigens auch nicht: Sie hat zwei Töchter aber sie ist von deren ewigen Geschrei genervt. Ihr irisches Kindermädchen trägt zudem keinen BH, weshalb Charlotte befürchtet, dass ihr Mann demnächst einen Narren an der Nanny fressen könnte. Miranda hingegen ist im Job gefrustet, denn ihr Kanzleikollege verbietet ihr als Frau den Mund. Man merkt hier schon, sie hat im Film nur eine Nebenrolle. Die von Wechseljahrsbeschwerden geplagte Samantha kämpft indes mit ihren Hitzewallungen und experimentiert abwechselnd mit Hormonen und Gleitcreme. Als die Vier auf eine Reise nach Abu Dhabi aufbrechen, erwarten sie ganz neue Abenteuer. Fakt ist übrigens: gedreht wurde in Marrakesch. Doch das ist wohl zu wenig glamourös, daher müssen im Film die Emirate herhalten. Ein opulentes Hotel, exotische Basare und all das in einem sexuell wenig aufgeschlossenem Land. Da trifft es sich gut, dass ab hier weder the City, also New York, noch Sex Thema des Filmes sind. Ab jetzt geben sich die sonst so zügellosen, lasterhaften Damen mit wenig zufrieden. Carrie trifft im Souk auf Aidan und das anschließende Date endet in einem Kuss. Der muss natürlich sofort Mr. Big gebeichtet werden. Alles gaaaaanz dramatisch. Kurz darauf knutscht Samantha einen Mann am Strand und wird verhaftet. Was folgt, ist viel Lärm um Küsschen hier und da. Samantha gehen die Hormone aus, Carrie ist von Reue zerfressen, Miranda organisiert Abenteuertouren durch die Wüste und doziert Landeskunde, während Charlotte sich sorgt, ihr Mann könnte mit der Nanny fremdgehen...
Natürlich geht am Ende alles gut aus. Nur nicht zwingend für die Kinobesucher. Es gibt einige Gags, dem Auge wird einiges geboten – auch Gastauftritte von Penelope Cruz und Miley Cyrus. Nur leider kommt die Story in 140 Minuten Film zu kurz. Wenn es am Ende der Reise in den Nahen Osten heißt, nur in Amerika könne man seine Freiheit genießen, dann fragt man sich angesichts Carries Kussdiskussionen, in wiefern die Amerikaner besser sind als die als prüde verschrienen Bewohner der Arabischen Emirate. Dafür drängt sich ein Gedanke auf: Wollte man die relativ keusche Geschichte für einen dritten Kinofilm weiterspinnen, unter Einbeziehung des Alterungsprozesses der Charaktere, so müsste dieser wohl lauten „No Sex in the City“. Und so hinterlässt der optisch ansprechende, cineastische Cupcake dann doch einen bitteren Nachgeschmack.
25. Mai 2010, 18.36 Uhr
Nicole Brevoord
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