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„Ich sehe was, was du nicht siehst“ - Cumberbatch in Dahl-Verfilmung
Anarchistische Uhrenmacher in der Schweiz, Wes Andersons Verfilmungen von Roald Dahl, Beziehungsterror und ein Untergang des Hauses Usher: unsere Highlights für den Streamingmonat November.
Ich sehe was, was du nicht siehst
Vielschichtige Adaption eines problematischen Autors: Wes Anderson inszeniert Roald Dahl.
Schon länger liebäugelte Wes Anderson, der bereits 2009 eine Roald Dahl-Adaption ins Kino brachte, mit der Verfilmung der Kurzgeschichte „Ich sehe was, was du nicht siehst“ des berühmten britischen Kinderbuchautors. Nachdem Netflix 2021 die vollständigen Rechte an Dahls Gesamtwerk erwarb, kam nun die unwahrscheinliche Zusammenarbeit zwischen dem Regisseur, der sich in der Vergangenheit immer wieder kritisch gegenüber Streaming-Diensten geäußert hatte, und eben diesem Streaming-Anbieter zu Stande. Insgesamt vier Kurzgeschichten hat Anderson adaptiert und mit einem kleinen Cast inszeniert, das in den verschiedenen Erzählungen in unterschiedlichen Rollen immer wieder auftaucht.
Während „Ich sehe was, was du nicht siehst“ noch die hoffnungsfrohe, philanthropische Geschichte des wohlhabenden Junggesellen Henry Sugar (Benedict Cumberbatch) erzählt, geht es in den anderen Kurzfilmen, die von Netflix nicht so ausführlich beworben werden, deutlich düsterer zu. Sie handeln von Misshandlungen eines Jungen durch zwei ältere Kinder („Der Schwan“), setzen einen verstörenden Kammerjäger in Szene („Der Rattenfänger“) oder beinhalten wüste rassistische Beleidigungen („Gift“).
Benedict Cumberbatch in „Ich sehe was, was du nicht siehst“: Auf Netflix
Anderson inszeniert die Erzählungen geschickt als meta-reflektiertes Kammerspiel, in dem Figuren den Originaltext rezitieren, der Autor selbst auftritt und bis hin zu den Kulissen jedes Detail allzeit in Erinnerung ruft, dass neben der erzählten Geschichte auch Entstehungskontext, Erzählstil sowie dem Schriftsteller selbst eine große Signifikanz zukommt. Damit gehören die Adaptionen wohl zu den interessantesten und vielschichtigsten des viel gelobten Kinderbuchautors, dessen fanatisch antisemitische wie auch misogyne Äußerungen gerade in neuerer Zeit immer wieder Debatten rund um dessen Œuvre hervorgerufen hatte.
Netflix: Ich sehe was, was du nicht siehst, bereits verfügbar
Unruh
In den 1870er Jahren reiste der russische Geograf Pjotr Alexejewitsch Kropotkin für kartografische Zwecke ins Schweizer Jura-Gebirge und kehrte einige Zeit später als überzeugter Anarchist zurück nach Russland, war er doch vor Ort in engen Kontakt mit anarchistisch organisierten Uhrenmachern gekommen. In „Unruh“ spürt Regisseur Cyril Schäublin jener Zeit nach und inszeniert das Ringen um eine zukünftige gesellschaftspolitische Ausrichtung im Rahmen der kapitalistischen Industrialisierung. Die titelgebende Unruh, ein Schwingsystem, das in vielen Uhrwerken verwendet wird, wird hier zum Sinnbild der Dialektik der Geschichte: dem Widerstreit zwischen politischen Polaritäten auf der Suche nach einer vernünftigeren Welt.
Mubi: Unruh, bereits verfügbar
„Der Untergang des Hauses Usher“: Horrorserien auf Netflix
Der Untergang des Hauses Usher
In einer fast leeren, prunkvollen Kirche wohnt Roderick Usher (Bruce Greenwood) einer Beerdigung bei. Draußen wartet gespannt die Presse. Roderick ist der CEO von Fortunato Pharmaceuticals, einem skrupellosem Pharmakonzern, dem vorgeworfen wird, die Opioid-Krise in den USA ausgelöst zu haben. Innerhalb von nur zwei Wochen hat er seine sechs Kinder unter teils grotesken Umständen verloren. „Der Untergang des Hauses Usher“ von Mike Flanagan, der bereits zwei andere erfolgreiche Horrorserien für Netflix realisiert hatte, erzählt angelehnt an Edgar Allan Poes Kurzgeschichten im Rückblick die Vorkommnisse im Hause Usher, die zum Tod der Kinder des Familienoberhaupts führten. Eine düstere, abgründige Erzählung.
Netflix: Der Untergang des Hauses Usher, Staffel 1, bereits verfügbar
Fair Play
Für Emily Meyers (Phoebe Dynevor) und Luke Edmunds (Alden Ehrenreich) läuft es aktuell richtig gut: beide arbeiten als erfolgreiche Analysten bei einem New Yorker Hedgefond und haben sich erst just verlobt. Als Emily jedoch die prestigeträchtige Beförderung erhält, die Luke sich eigentlich ausgemalt hatte, und er fortan unter ihr arbeiten muss, verändert sich die Beziehungsdynamik nachhaltig. In ihrem Regiedebüt inszeniert Chloe Domont den Entfemdungsmechanismus und die Identitätskrise, die durch die gefühlte Ungleichheit in die Beziehung Einzug hält als Psycho-Thriller, der sowohl die Geschlechterverhältnisse innerhalb der Arbeitswelt als auch umgekehrt die Wirkmächte der Verwertungslogik auf die Liebesbeziehung beleuchtet.
Netflix: Fair Play, bereits verfügbar
„Krieg der Bestatter“: Unterhaltsames feel-good-Kino
Krieg der Bestatter
Als ein Handschlag-Deal zwischen dem in finanzielle Schieflage geratenen Bestattungsunternehmer Jeremiah O'Keefe (Tommy Lee Jones) und einem kanadischen Konglomerat schiefgeht, versucht der Geprellte, mit seinem Anwalt sein Recht durchzusetzen. Als dieser mit dem Fall heillos überfordert ist, zieht O’Keefe den charismatischen wie extravaganten Anwalt Willie E. Gary (Jamie Foxx) hinzu, dessen Spezialität dergleichen David-gegen-Goliath-Prozesse sind. Um O‘Keefes Familienfirma zu retten, rauft sich das ungleiche Paar zusammen und deckt im Rahmen der Verhandlung Korruption und rassistische Diskriminierung auf. Unterhaltsames feel-good-Kino mit einem spielfreudigem Schauspieler-Ensemble, das auf wahren Begebenheiten beruht.
Prime Video: Krieg der Bestatter, bereits verfügbar
…und sonst:
Old Dads
Ein mürrischer Dad mittleren Alters und seine besten Freunde sind in einer sich wandelnden Welt voller CEOs der Generation Y und taffer Vorschulleiterinnen ziemlich verloren. Grandios besetzt mit Comedian Bill Burr, Bobby Cannavale und Bokeem Woodbine.
Netflix: Old Dads, bereits verfügbar
Geistervilla
Gruselfilm über eine Mutter und ihren Sohn, die eine bunte Truppe selbsterklärter Experten anheuern, um ihr Zuhause von übernatürlichen Hausbesetzern zu befreien. Hochkarätiger Cast mit u.A. Lakeith Stanfield, Jamie Lee Curtis und Owen Wilson.
Disney+: Geistervilla, bereits verfügbar
The Gilded Age
Das vergoldete Zeitalter: 1882 zieht die junge Marian Brook aus der Provinz nach New York City, um bei ihren wohlhabenden Tanten Agnes und Ada zu leben. Historienserie von „Downtown Abbey“-Schöpfer Julian Fellowes.
WOW: The Gilded Age, Staffel 2, jeden Montag eine neue Folge
The Walking Dead: Dead City
Noch ein Spin-Off aus der Zombie-Apokalypse: In dieser Serie reisen zwei Verbündete wider Willen nach New York, das vor langer Zeit vom Festland abgeschnitten wurde, und schlagen sich durch die Stadt.
Magenta TV: The Walking Dead: Dead City, Staffel 1, bereits verfügbar
Last Exit Schinkenstraße
Torben und Peter werden von ihrer Band ausgemustert und gehen nach Mallorca, um Party-Schlagersänger zu werden. Klamaukige Serie mit u.A. Heinz Strunk, Mickie Krause und „Scooter“-Frontmann H.P.Baxxter.
Prime Video: Last Exit Schinkenstraße, Staffel 1, bereits verfügbar
Vielschichtige Adaption eines problematischen Autors: Wes Anderson inszeniert Roald Dahl.
Schon länger liebäugelte Wes Anderson, der bereits 2009 eine Roald Dahl-Adaption ins Kino brachte, mit der Verfilmung der Kurzgeschichte „Ich sehe was, was du nicht siehst“ des berühmten britischen Kinderbuchautors. Nachdem Netflix 2021 die vollständigen Rechte an Dahls Gesamtwerk erwarb, kam nun die unwahrscheinliche Zusammenarbeit zwischen dem Regisseur, der sich in der Vergangenheit immer wieder kritisch gegenüber Streaming-Diensten geäußert hatte, und eben diesem Streaming-Anbieter zu Stande. Insgesamt vier Kurzgeschichten hat Anderson adaptiert und mit einem kleinen Cast inszeniert, das in den verschiedenen Erzählungen in unterschiedlichen Rollen immer wieder auftaucht.
Während „Ich sehe was, was du nicht siehst“ noch die hoffnungsfrohe, philanthropische Geschichte des wohlhabenden Junggesellen Henry Sugar (Benedict Cumberbatch) erzählt, geht es in den anderen Kurzfilmen, die von Netflix nicht so ausführlich beworben werden, deutlich düsterer zu. Sie handeln von Misshandlungen eines Jungen durch zwei ältere Kinder („Der Schwan“), setzen einen verstörenden Kammerjäger in Szene („Der Rattenfänger“) oder beinhalten wüste rassistische Beleidigungen („Gift“).
Benedict Cumberbatch in „Ich sehe was, was du nicht siehst“: Auf Netflix
Anderson inszeniert die Erzählungen geschickt als meta-reflektiertes Kammerspiel, in dem Figuren den Originaltext rezitieren, der Autor selbst auftritt und bis hin zu den Kulissen jedes Detail allzeit in Erinnerung ruft, dass neben der erzählten Geschichte auch Entstehungskontext, Erzählstil sowie dem Schriftsteller selbst eine große Signifikanz zukommt. Damit gehören die Adaptionen wohl zu den interessantesten und vielschichtigsten des viel gelobten Kinderbuchautors, dessen fanatisch antisemitische wie auch misogyne Äußerungen gerade in neuerer Zeit immer wieder Debatten rund um dessen Œuvre hervorgerufen hatte.
Netflix: Ich sehe was, was du nicht siehst, bereits verfügbar
Unruh
In den 1870er Jahren reiste der russische Geograf Pjotr Alexejewitsch Kropotkin für kartografische Zwecke ins Schweizer Jura-Gebirge und kehrte einige Zeit später als überzeugter Anarchist zurück nach Russland, war er doch vor Ort in engen Kontakt mit anarchistisch organisierten Uhrenmachern gekommen. In „Unruh“ spürt Regisseur Cyril Schäublin jener Zeit nach und inszeniert das Ringen um eine zukünftige gesellschaftspolitische Ausrichtung im Rahmen der kapitalistischen Industrialisierung. Die titelgebende Unruh, ein Schwingsystem, das in vielen Uhrwerken verwendet wird, wird hier zum Sinnbild der Dialektik der Geschichte: dem Widerstreit zwischen politischen Polaritäten auf der Suche nach einer vernünftigeren Welt.
Mubi: Unruh, bereits verfügbar
„Der Untergang des Hauses Usher“: Horrorserien auf Netflix
Der Untergang des Hauses Usher
In einer fast leeren, prunkvollen Kirche wohnt Roderick Usher (Bruce Greenwood) einer Beerdigung bei. Draußen wartet gespannt die Presse. Roderick ist der CEO von Fortunato Pharmaceuticals, einem skrupellosem Pharmakonzern, dem vorgeworfen wird, die Opioid-Krise in den USA ausgelöst zu haben. Innerhalb von nur zwei Wochen hat er seine sechs Kinder unter teils grotesken Umständen verloren. „Der Untergang des Hauses Usher“ von Mike Flanagan, der bereits zwei andere erfolgreiche Horrorserien für Netflix realisiert hatte, erzählt angelehnt an Edgar Allan Poes Kurzgeschichten im Rückblick die Vorkommnisse im Hause Usher, die zum Tod der Kinder des Familienoberhaupts führten. Eine düstere, abgründige Erzählung.
Netflix: Der Untergang des Hauses Usher, Staffel 1, bereits verfügbar
Fair Play
Für Emily Meyers (Phoebe Dynevor) und Luke Edmunds (Alden Ehrenreich) läuft es aktuell richtig gut: beide arbeiten als erfolgreiche Analysten bei einem New Yorker Hedgefond und haben sich erst just verlobt. Als Emily jedoch die prestigeträchtige Beförderung erhält, die Luke sich eigentlich ausgemalt hatte, und er fortan unter ihr arbeiten muss, verändert sich die Beziehungsdynamik nachhaltig. In ihrem Regiedebüt inszeniert Chloe Domont den Entfemdungsmechanismus und die Identitätskrise, die durch die gefühlte Ungleichheit in die Beziehung Einzug hält als Psycho-Thriller, der sowohl die Geschlechterverhältnisse innerhalb der Arbeitswelt als auch umgekehrt die Wirkmächte der Verwertungslogik auf die Liebesbeziehung beleuchtet.
Netflix: Fair Play, bereits verfügbar
„Krieg der Bestatter“: Unterhaltsames feel-good-Kino
Krieg der Bestatter
Als ein Handschlag-Deal zwischen dem in finanzielle Schieflage geratenen Bestattungsunternehmer Jeremiah O'Keefe (Tommy Lee Jones) und einem kanadischen Konglomerat schiefgeht, versucht der Geprellte, mit seinem Anwalt sein Recht durchzusetzen. Als dieser mit dem Fall heillos überfordert ist, zieht O’Keefe den charismatischen wie extravaganten Anwalt Willie E. Gary (Jamie Foxx) hinzu, dessen Spezialität dergleichen David-gegen-Goliath-Prozesse sind. Um O‘Keefes Familienfirma zu retten, rauft sich das ungleiche Paar zusammen und deckt im Rahmen der Verhandlung Korruption und rassistische Diskriminierung auf. Unterhaltsames feel-good-Kino mit einem spielfreudigem Schauspieler-Ensemble, das auf wahren Begebenheiten beruht.
Prime Video: Krieg der Bestatter, bereits verfügbar
Old Dads
Ein mürrischer Dad mittleren Alters und seine besten Freunde sind in einer sich wandelnden Welt voller CEOs der Generation Y und taffer Vorschulleiterinnen ziemlich verloren. Grandios besetzt mit Comedian Bill Burr, Bobby Cannavale und Bokeem Woodbine.
Netflix: Old Dads, bereits verfügbar
Geistervilla
Gruselfilm über eine Mutter und ihren Sohn, die eine bunte Truppe selbsterklärter Experten anheuern, um ihr Zuhause von übernatürlichen Hausbesetzern zu befreien. Hochkarätiger Cast mit u.A. Lakeith Stanfield, Jamie Lee Curtis und Owen Wilson.
Disney+: Geistervilla, bereits verfügbar
The Gilded Age
Das vergoldete Zeitalter: 1882 zieht die junge Marian Brook aus der Provinz nach New York City, um bei ihren wohlhabenden Tanten Agnes und Ada zu leben. Historienserie von „Downtown Abbey“-Schöpfer Julian Fellowes.
WOW: The Gilded Age, Staffel 2, jeden Montag eine neue Folge
The Walking Dead: Dead City
Noch ein Spin-Off aus der Zombie-Apokalypse: In dieser Serie reisen zwei Verbündete wider Willen nach New York, das vor langer Zeit vom Festland abgeschnitten wurde, und schlagen sich durch die Stadt.
Magenta TV: The Walking Dead: Dead City, Staffel 1, bereits verfügbar
Last Exit Schinkenstraße
Torben und Peter werden von ihrer Band ausgemustert und gehen nach Mallorca, um Party-Schlagersänger zu werden. Klamaukige Serie mit u.A. Heinz Strunk, Mickie Krause und „Scooter“-Frontmann H.P.Baxxter.
Prime Video: Last Exit Schinkenstraße, Staffel 1, bereits verfügbar
3. November 2023, 11.01 Uhr
Daniel Urban
Daniel Urban
Daniel Urban schreibt seit 2022 für das JOURNAL FRANKFURT mit dem Schwerpunkt TV und Streaming. Mehr von Daniel
Urban >>
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27. November 2024
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