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Politische Eitelkeiten - und was sonst noch so auf Netflix läuft
Politische Eitelkeiten inmitten einer Welt am Abgrund, magischer Realismus aus Frankreich und ein Bodybuilder, der sein Leben in ein Kunstwerk der Popkultur verwandelte. Serien und Filme aus dem aktuellen Streamingangebot.
Diplomatische Beziehungen
Kate Wyler (Keri Russel) packt gerade ihren Koffer für die anstehende Reise nach Afghanistan, als sie einen Anruf aus dem Weißen Haus bekommt. Die langjährige, erfahrene Mitarbeiterin des Auswärtigen Dienstes sollte eigentlich Botschafterin in Kabul werden, doch der Präsident hat sie unerwartet für einen anderen Botschaftsposten im Auge: London. Einige Stunden zuvor wurde ein britisches Militärschiff vor der iranischen Küste attackiert, eine fähige Diplomatin sei in England nun zwingend notwendig. Widerwillig macht sich Kate mir ihrem Mann Hal (Rufus Sewell), Botschafter a.D., auf den Weg.
Während der britische Botschaftsposten regulär von prestigeträchtigen Persönlichkeiten bekleidet wird, tut sich Kate, die zuvor hauptsächlich im Nahen Osten tätig war, zunächst mit den zeremoniellen Aspekten vor Ort schwer, gerät aber alsbald ins Zentrum einer diplomatischen Krise, die zusehends in einen kriegerischen Konflikt auszuarten droht.
Showrunnerin Debora Cahn, die ihre Karriere als Autorin der beliebten Polit-Serie „The West Wing“ begann, siedelt „Diplomatische Beziehungen“ in der unmittelbaren Gegenwart zwischen dem katastrophalen Afghanistan-Rückzug und dem russischen Angriffskrieg an. Im Fokus stehen die politischen Unwägbar- wie auch Eitelkeiten, mit denen sich Kate und ihr kompetenter Mitarbeiterstab auseinandersetzen. Dabei präsentiert sich die diplomatische Arbeit, gerade im Lichte der immer wieder aufkeimenden Ehekrise der Wylers, immer mehr als diffizile, emotionale Beziehungsarbeit, derweil sich die aufopferungsvollen Staatsdiener gegen die egomanischen Narzisse in der Berufspolitik durchsetzen müssen.
Die interessante, wortwitzige Erzählung wird gerade jedoch zum Ende hin einer immer reißerischeren Inszenierung geopfert, die Politik dann doch wieder zum unheilvollen Spektakel degradiert und in einem klischierten Cliffhanger mündet. Man darf gespannt sein, wie die zweite Staffel anknüpft.
Netflix: Diplomatische Beziehungen, Staffel 1, bereits verfügbar
…und außerdem:
The Five Devils
Vicky (Sally Dramé) wohnt mit ihren Eltern Joanne (Adèle Exarchopoulos) und Jimmy (Moustapha Mbengue) in einem kleinen französischen Ort nahe der Alpen. Das in sich gekehrte Mädchen, das in der Schule regelmäßig rassistisch angegangen wird, hat eine besondere Gabe: sie besitzt einen hypersensiblen Geruchssinn. Als ihre lange Zeit abwesende Tante die Familie besucht, brechen plötzlich alte emotionale Wunden ihrer Eltern wieder auf, denen Vicky mittels ihrer Gabe im wahrsten Sinne des Wortes nachspürt. Fantasievoller Genre-Mix in der Tradition des magischen Realismus, dessen Erzählung über gesellschaftliche Repressionen und verdrängte Sehnsüchte im Ideenreichtum der Regisseurin fast unterzugehen droht.
Mubi: The Five Devils, bereits verfügbar
Secret Invasion
Die Übersicht im stetig anwachsenden Marvel-Universum zu behalten, kommt mittlerweile mehr oder minder einem Teilzeitjob gleich. Folgerichtig erschienen stets vor neuen Veröffentlichungen des Franchises regelrechte Anleitungen im Internet, welche Filme und Serien man zum vollständigen Verständnis zuvor gesehen haben müsse (hier offenbar zwölf an der Zahl), auf welcher Zeitebene der neue Content sich verortet und auf was genau zu achten sei. Der neuste Streich Marvels wartet mit einem beeindruckenden Cast (Samuel L. Jackson, Ben Mendelsohn, Don Cheadle, Olivia Colman) auf und folgt Nick Fury, seinerzeit Gründer der Avengers, der die geheime Infiltration der Welt durch radikale Sektierer aufzuhalten sucht.
Disney+: Secret Invasion, Staffel 1, jeden Mittwoch eine neue Folge
Arnold
Das Topos vom Tellerwäscher, der es zum Millionär bringt, verkörpern wohl wenige so wie Arnold Schwarzenegger. 1974 im ländlichen Österreich in simple Verhältnisse geboren, schaffte er bereits mit Anfang 20 den Sprung über den Großen Teich und zum Ausnahme-Bodybuilder und heimste schnell Titel mit so fantastisch klingenden Namen wie Mr. Universum oder Mr. Olympus ein. Anschließend prägte er das Actionfilm-Genre der 80er und 90er Jahre wie kaum ein Zweiter und wurde 2003 auch noch Gouverneur von Kalifornien. Recht konventionell zeichnet die Doku-Serie die diversen Stationen des grundsympathischen Schwarzeneggers nach, der stets an der Oberfläche interessiert – ganz im Sinne Warhols – sein Leben in ein Kunstwerk der Popkultur verwandelte.
Netflix: Arnold, bereits verfügbar
The Idol
Die neuste Serie des Euphoria-Schöpfers Sam Levinson sorgte im Vorfeld der Veröffentlichung für allerlei Schlagzeilen, als Vorwürfe über Sexismus und chaotische Produktionsumstände laut wurden. Und schon ist man mitten in der Handlung der Serie, die die Leidensgeschichte des mit psychischen Problemen behafteten Popstars Joceyln (Lily-Rose Depp) erzählt, die an den dubiosen Selbsthilfe-Guru Tedros (Abel Tesfaye) gerät. Während „The Idol“ von der Presse, die bis dato nur wenige Folgen zu sehen bekam, gnadenlos verrissen wird, erstaunt vor allen Dingen der zur Farce erstarrte Hochglanzlook der Serie, dem keinerlei Sinn für Narration oder Protagonisten innewohnt und der damit auf abstrakte Weise vielleicht doch mehr über die Gegenwart verrät, als man zunächst meinen mag.
WOW: The Idol, Staffel 1, jeden Montag eine neue Folge
Mehr TV & Streaming-Empfehlungen im aktuellen Journal Frankfurt 07/23.
Kate Wyler (Keri Russel) packt gerade ihren Koffer für die anstehende Reise nach Afghanistan, als sie einen Anruf aus dem Weißen Haus bekommt. Die langjährige, erfahrene Mitarbeiterin des Auswärtigen Dienstes sollte eigentlich Botschafterin in Kabul werden, doch der Präsident hat sie unerwartet für einen anderen Botschaftsposten im Auge: London. Einige Stunden zuvor wurde ein britisches Militärschiff vor der iranischen Küste attackiert, eine fähige Diplomatin sei in England nun zwingend notwendig. Widerwillig macht sich Kate mir ihrem Mann Hal (Rufus Sewell), Botschafter a.D., auf den Weg.
Während der britische Botschaftsposten regulär von prestigeträchtigen Persönlichkeiten bekleidet wird, tut sich Kate, die zuvor hauptsächlich im Nahen Osten tätig war, zunächst mit den zeremoniellen Aspekten vor Ort schwer, gerät aber alsbald ins Zentrum einer diplomatischen Krise, die zusehends in einen kriegerischen Konflikt auszuarten droht.
Showrunnerin Debora Cahn, die ihre Karriere als Autorin der beliebten Polit-Serie „The West Wing“ begann, siedelt „Diplomatische Beziehungen“ in der unmittelbaren Gegenwart zwischen dem katastrophalen Afghanistan-Rückzug und dem russischen Angriffskrieg an. Im Fokus stehen die politischen Unwägbar- wie auch Eitelkeiten, mit denen sich Kate und ihr kompetenter Mitarbeiterstab auseinandersetzen. Dabei präsentiert sich die diplomatische Arbeit, gerade im Lichte der immer wieder aufkeimenden Ehekrise der Wylers, immer mehr als diffizile, emotionale Beziehungsarbeit, derweil sich die aufopferungsvollen Staatsdiener gegen die egomanischen Narzisse in der Berufspolitik durchsetzen müssen.
Die interessante, wortwitzige Erzählung wird gerade jedoch zum Ende hin einer immer reißerischeren Inszenierung geopfert, die Politik dann doch wieder zum unheilvollen Spektakel degradiert und in einem klischierten Cliffhanger mündet. Man darf gespannt sein, wie die zweite Staffel anknüpft.
Netflix: Diplomatische Beziehungen, Staffel 1, bereits verfügbar
…und außerdem:
The Five Devils
Vicky (Sally Dramé) wohnt mit ihren Eltern Joanne (Adèle Exarchopoulos) und Jimmy (Moustapha Mbengue) in einem kleinen französischen Ort nahe der Alpen. Das in sich gekehrte Mädchen, das in der Schule regelmäßig rassistisch angegangen wird, hat eine besondere Gabe: sie besitzt einen hypersensiblen Geruchssinn. Als ihre lange Zeit abwesende Tante die Familie besucht, brechen plötzlich alte emotionale Wunden ihrer Eltern wieder auf, denen Vicky mittels ihrer Gabe im wahrsten Sinne des Wortes nachspürt. Fantasievoller Genre-Mix in der Tradition des magischen Realismus, dessen Erzählung über gesellschaftliche Repressionen und verdrängte Sehnsüchte im Ideenreichtum der Regisseurin fast unterzugehen droht.
Mubi: The Five Devils, bereits verfügbar
Secret Invasion
Die Übersicht im stetig anwachsenden Marvel-Universum zu behalten, kommt mittlerweile mehr oder minder einem Teilzeitjob gleich. Folgerichtig erschienen stets vor neuen Veröffentlichungen des Franchises regelrechte Anleitungen im Internet, welche Filme und Serien man zum vollständigen Verständnis zuvor gesehen haben müsse (hier offenbar zwölf an der Zahl), auf welcher Zeitebene der neue Content sich verortet und auf was genau zu achten sei. Der neuste Streich Marvels wartet mit einem beeindruckenden Cast (Samuel L. Jackson, Ben Mendelsohn, Don Cheadle, Olivia Colman) auf und folgt Nick Fury, seinerzeit Gründer der Avengers, der die geheime Infiltration der Welt durch radikale Sektierer aufzuhalten sucht.
Disney+: Secret Invasion, Staffel 1, jeden Mittwoch eine neue Folge
Arnold
Das Topos vom Tellerwäscher, der es zum Millionär bringt, verkörpern wohl wenige so wie Arnold Schwarzenegger. 1974 im ländlichen Österreich in simple Verhältnisse geboren, schaffte er bereits mit Anfang 20 den Sprung über den Großen Teich und zum Ausnahme-Bodybuilder und heimste schnell Titel mit so fantastisch klingenden Namen wie Mr. Universum oder Mr. Olympus ein. Anschließend prägte er das Actionfilm-Genre der 80er und 90er Jahre wie kaum ein Zweiter und wurde 2003 auch noch Gouverneur von Kalifornien. Recht konventionell zeichnet die Doku-Serie die diversen Stationen des grundsympathischen Schwarzeneggers nach, der stets an der Oberfläche interessiert – ganz im Sinne Warhols – sein Leben in ein Kunstwerk der Popkultur verwandelte.
Netflix: Arnold, bereits verfügbar
The Idol
Die neuste Serie des Euphoria-Schöpfers Sam Levinson sorgte im Vorfeld der Veröffentlichung für allerlei Schlagzeilen, als Vorwürfe über Sexismus und chaotische Produktionsumstände laut wurden. Und schon ist man mitten in der Handlung der Serie, die die Leidensgeschichte des mit psychischen Problemen behafteten Popstars Joceyln (Lily-Rose Depp) erzählt, die an den dubiosen Selbsthilfe-Guru Tedros (Abel Tesfaye) gerät. Während „The Idol“ von der Presse, die bis dato nur wenige Folgen zu sehen bekam, gnadenlos verrissen wird, erstaunt vor allen Dingen der zur Farce erstarrte Hochglanzlook der Serie, dem keinerlei Sinn für Narration oder Protagonisten innewohnt und der damit auf abstrakte Weise vielleicht doch mehr über die Gegenwart verrät, als man zunächst meinen mag.
WOW: The Idol, Staffel 1, jeden Montag eine neue Folge
Mehr TV & Streaming-Empfehlungen im aktuellen Journal Frankfurt 07/23.
4. Juli 2023, 14.22 Uhr
Daniel Urban
Daniel Urban
Daniel Urban schreibt seit 2022 für das JOURNAL FRANKFURT mit dem Schwerpunkt TV und Streaming. Mehr von Daniel
Urban >>
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