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Städel erwirbt Gemälde
Der Beckmann kehrt heim
Max Beckmann gilt als der „Hauskünstler“ des Städel Museums; von 1915 bis zur Machtübernahme der Nationalsozialisten 1933 lebte der Künstler am Main. Nun ist dem Städel ein bedeutender Ankauf eines Schlüsselwerks gelungen.
„Der Direktor dieses Museums steht heute Morgen einmal mehr als sehr glücklicher Mann vor Ihnen“, begrüßte Philipp Demandt die Medienvertreterinnen und -vertreter, die sich am Mittwochvormittag im Städel Museum eingefunden hatten. Quelle des Glücks ist niemand Geringeres als der „Hauskünstler“ des Städels, Max Beckmann: „Selbstbildnis mit Sektglas“, eines der bekanntesten Werke des Künstlers, bereichert ab sofort die Beckmann-Sammlung des Hauses. Das 1919 in Frankfurt entstandene Gemälde befand sich bereits seit 2011 als Leihgabe im Museum; nun konnte das ursprünglich als unverkäuflich geltende Werk erworben werden.
Drei Jahre dauerten die Gespräche zwischen Städel-Direktor Demandt und den Besitzern des Werkes an. Bereits in den 1920er-Jahren hatte der Krefelder Bauherr und Kunstsammler Hermann Lange das Selbstporträt Beckmanns erworben, seither befand es sich in dem Besitz der Familie. Dass dieses wichtige Werk der Klassischen Moderne noch nie auf dem Markt war, macht die Erwerbung nur umso bedeutungsvoller.
Die Selbstbildnisse Beckmanns nehmen eine besondere Rolle in dem Œuvre des Künstlers ein. In ihnen werden die entscheidenden Phasen seiner Entwicklung besonders sichtbar. Das „Selbstbildnis mit Sektglas“ gilt als ein Schlüsselwerk Max Beckmanns und als Sinnbild der Zwischenkriegszeit und der Weimarer Republik. In dem Gemälde zeigt sich Beckmanns Abkehr von der spätimpressionistischen Malweise hin zu einer expressiven Übersteigerung der Figuren. Im Fokus steht der Künstler, Champagner trinkend – wie für den vergnügungssüchtigen Beckmann üblich – in einer Szene grotesker, geradezu abstoßender Heiterkeit.
Preis vs. Wert
Es sei seit Amtsantritt sein „Herzenswunsch“ gewesen, dieses Schlüsselwerk Beckmanns zu erwerben, erklärte Demandt. „Noch nie zuvor hat das Städel Museum eine einzelne Erwerbung in dieser Dimension gestemmt.“ Dass der Kauf des Gemäldes nun doch möglich wurde, ist unter anderem der Unterstützung durch Kulturstaatsministerin Monika Grütters (CDU), mehreren Kulturstiftungen und einzelner privater Mäzene zu verdanken. Letztendlich jedoch vor allem dem Entgegenkommen der Nachfahren Langes, denn, so ist sich Demandt sicher, wäre das Werk auf den freien Markt gelangt, wäre es für das Museum unerschwinglich geworden.
Zum genauen Preis möchte sich das Haus nicht äußern, man sei jedoch weit unter den Summen geblieben, die üblicherweise für einen Max Beckmann bei Auktionen erzielt werden. 2001, noch zu D-Mark-Zeiten, wechselte beispielsweise Beckmanns „Selbstbildnis mit Horn“ bei Sotheby’s in New York für 45 Millionen Mark den Besitzer. Seither erreicht der Kunstmarkt bekanntermaßen immer neue Dimensionen, in denen Museen nicht mehr mithalten können. Die Werke, Ikonen ihrer Zeit, verschwinden allzu häufig in den privaten Sammlungen der Superreichen.
Die Nachkommen Hermann Langes jedoch hätten verstanden, dass „Eigentum verpflichtet“, und dass es einen Unterschied gebe „zwischen dem Preis und dem Wert eines Kunstwerkes“, betonten sowohl Philipp Demandt als auch die eigens zur Enthüllung der Neuerwerbung angereiste Kulturstaatsministerin Monika Grütters.
Beckmann und Frankfurt
Die Verbindung zwischen Max Beckmann und Frankfurt ist eine besondere. Der gebürtig aus Leipzig stammende Maler lebte von 1915 bis 1933 in der Stadt am Main, einen Großteil seiner zentralen Werke schuf er in dieser Zeit. Das „Selbstbildnis mit Sektglas“ entstand in Sachsenhausen, in der Schweizer Straße 3, unweit des Städel Museums und der Städelschule, an welcher Beckmann ab 1925 eine Meisterklasse leitete. Zahlreiche Arbeiten zeugen von Max Beckmanns Bindung an die Stadt Frankfurt; im Städel Museum lässt sich eine umfangreiche Auswahl im hauseigenen Beckmann-Saal bewundern. Mit der Machtübernahme der Nationalsozialisten musste der bis dato auch von den Frankfurterinnen und Frankfurtern äußerst geschätzte Künstler die Stadt verlassen. Er flüchtete in die USA, seine Kunst wurde als „entartet“ erklärt, die Nazis beschlagnahmten rund 100 seiner Werke aus der Sammlung des Städel Museums. Heute verfügt das Haus wieder über elf Gemälde, zwei Skulpturen und mehrere Hundert grafische Arbeiten.
>> Das Städel Museum zeigt das „Selbstbildnis mit Sektglas“ ab dem 9. Dezember in einer kurzfristig geplanten Sonderausstellung, die das Leben und Schaffen Max Beckmanns in Frankfurt näher betrachtet.
Drei Jahre dauerten die Gespräche zwischen Städel-Direktor Demandt und den Besitzern des Werkes an. Bereits in den 1920er-Jahren hatte der Krefelder Bauherr und Kunstsammler Hermann Lange das Selbstporträt Beckmanns erworben, seither befand es sich in dem Besitz der Familie. Dass dieses wichtige Werk der Klassischen Moderne noch nie auf dem Markt war, macht die Erwerbung nur umso bedeutungsvoller.
Die Selbstbildnisse Beckmanns nehmen eine besondere Rolle in dem Œuvre des Künstlers ein. In ihnen werden die entscheidenden Phasen seiner Entwicklung besonders sichtbar. Das „Selbstbildnis mit Sektglas“ gilt als ein Schlüsselwerk Max Beckmanns und als Sinnbild der Zwischenkriegszeit und der Weimarer Republik. In dem Gemälde zeigt sich Beckmanns Abkehr von der spätimpressionistischen Malweise hin zu einer expressiven Übersteigerung der Figuren. Im Fokus steht der Künstler, Champagner trinkend – wie für den vergnügungssüchtigen Beckmann üblich – in einer Szene grotesker, geradezu abstoßender Heiterkeit.
Preis vs. Wert
Es sei seit Amtsantritt sein „Herzenswunsch“ gewesen, dieses Schlüsselwerk Beckmanns zu erwerben, erklärte Demandt. „Noch nie zuvor hat das Städel Museum eine einzelne Erwerbung in dieser Dimension gestemmt.“ Dass der Kauf des Gemäldes nun doch möglich wurde, ist unter anderem der Unterstützung durch Kulturstaatsministerin Monika Grütters (CDU), mehreren Kulturstiftungen und einzelner privater Mäzene zu verdanken. Letztendlich jedoch vor allem dem Entgegenkommen der Nachfahren Langes, denn, so ist sich Demandt sicher, wäre das Werk auf den freien Markt gelangt, wäre es für das Museum unerschwinglich geworden.
Zum genauen Preis möchte sich das Haus nicht äußern, man sei jedoch weit unter den Summen geblieben, die üblicherweise für einen Max Beckmann bei Auktionen erzielt werden. 2001, noch zu D-Mark-Zeiten, wechselte beispielsweise Beckmanns „Selbstbildnis mit Horn“ bei Sotheby’s in New York für 45 Millionen Mark den Besitzer. Seither erreicht der Kunstmarkt bekanntermaßen immer neue Dimensionen, in denen Museen nicht mehr mithalten können. Die Werke, Ikonen ihrer Zeit, verschwinden allzu häufig in den privaten Sammlungen der Superreichen.
Die Nachkommen Hermann Langes jedoch hätten verstanden, dass „Eigentum verpflichtet“, und dass es einen Unterschied gebe „zwischen dem Preis und dem Wert eines Kunstwerkes“, betonten sowohl Philipp Demandt als auch die eigens zur Enthüllung der Neuerwerbung angereiste Kulturstaatsministerin Monika Grütters.
Beckmann und Frankfurt
Die Verbindung zwischen Max Beckmann und Frankfurt ist eine besondere. Der gebürtig aus Leipzig stammende Maler lebte von 1915 bis 1933 in der Stadt am Main, einen Großteil seiner zentralen Werke schuf er in dieser Zeit. Das „Selbstbildnis mit Sektglas“ entstand in Sachsenhausen, in der Schweizer Straße 3, unweit des Städel Museums und der Städelschule, an welcher Beckmann ab 1925 eine Meisterklasse leitete. Zahlreiche Arbeiten zeugen von Max Beckmanns Bindung an die Stadt Frankfurt; im Städel Museum lässt sich eine umfangreiche Auswahl im hauseigenen Beckmann-Saal bewundern. Mit der Machtübernahme der Nationalsozialisten musste der bis dato auch von den Frankfurterinnen und Frankfurtern äußerst geschätzte Künstler die Stadt verlassen. Er flüchtete in die USA, seine Kunst wurde als „entartet“ erklärt, die Nazis beschlagnahmten rund 100 seiner Werke aus der Sammlung des Städel Museums. Heute verfügt das Haus wieder über elf Gemälde, zwei Skulpturen und mehrere Hundert grafische Arbeiten.
>> Das Städel Museum zeigt das „Selbstbildnis mit Sektglas“ ab dem 9. Dezember in einer kurzfristig geplanten Sonderausstellung, die das Leben und Schaffen Max Beckmanns in Frankfurt näher betrachtet.
15. Oktober 2020, 11.10 Uhr
Ronja Merkel
Ronja Merkel
Jahrgang 1989, Kunsthistorikerin, von Mai 2014 bis Oktober 2015 leitende Kunstredakteurin des JOURNAL FRANKFURT, von September 2018 bis Juni 2021 Chefredakteurin. Mehr von Ronja
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