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Podiumsdiskussion zur Subkultur
Von "Pseudokrupps" und "Hybriden"
"Ist Frankfurt zu etabliert, um cool zu sein?" fragte eine Diskussion der Bürgeruniversität im Haus am Dom. Lauter etablierte Menschen wie Klaus Walter, Hans Romanov und Carolina Romahn versuchten die Frage zu klären.
Es sind viele Lederjackenträger anwesend. Selbst die Dame auf dem Podium trägt Lederjacke. Das Publikum ist durchmischt: Zuhörer jeglichen Alters haben sich eingefunden. Nur wenig Sitzplätze blieben an diesem Abend leer. Manch einer stand sogar.
Den Einstieg in die Diskussion machte die Lederjackenträgerin: Carolina Romahn hielt ein 15-minütiges Impulsreferat. Was zuerst uncool klingt, war gut gemacht - für manch einen zu gut. Die Leiterin des Kulturamts Frankfurt zitierte von Goethe über Herbert Marcuse und Diederich Diederichsen hin zu Sascha Lobo. Im Referat zählte sie „Vorwurfsthesen“ auf, die der Stadt gemacht werden. Die Stadt fördere nur Hochkultur als bürgerliche Repräsentationskultur und keine lokalen Produktionen - stattdessen „importiere“ sie teuer. In der Stadt sei kein kreativer Freiraum erwünscht. Doch die geübte Rednerin entkräftet jede einzelne Thesen überzeugend: Produktionen vom Schauspiel seien experimentell und ideologiekritisch, alle Häuser wiesen eigene Produktionen auf und es folgte eine Aufzählung von Kreativräumen, die von der Stadt unterstützt worden seien. Auch weist sie darauf hin, dass die halbe Bevölkerung der Stadt alle 15 Jahre komplett wechseln würde. Gleich mehrere Male an dem Abend betonte sie, dass Frankfurt die Menschen „ohne Tränen zu weinen wieder ziehen lässt“.
Der Radiomoderator, DJ und Journalist Klaus Walter, grätschte direkt hinein: Die Rednerin habe ein schönes „Feuerwerk der Nebelkerzen“ gezündet. Zuerst einmal war es ihm wichtig den Begriff der „Subkultur“ zu klären. Das gelingt an dem Abend nur in Abgrenzung zum Begriff der „Gegenkultur“. Ansonsten blieb der Begriff so schwammig wie er ist.
Der „Klubmacher“ Hans Romanov ist also als Vertreter der Subkultur anwesend. Er erzählt von vergangenen Zeiten: man sagt Romanov habe in den 26 Jahren, in denen er in Frankfurt lebt, 26 Clubs betrieben – in jedem Jahr einen. Er habe für seine Projekte nie Gelder bekommen. „Ich hätte nichts dagegen, einen Preis dafür zu bekommen“, sagt er und lacht. In diesem Punkt scheint der Hund begraben zu liegen: Subkultur zeichne sich eben dadurch aus, dass sie nicht gefördert sei. „Ich habe einfach losgelegt“, so Romanov – so wie er es jetzt auch wieder mit dem Yachtklub tun will.
Dabei zeige sich die Stadt subkulturellen Projekten nicht abgeneigt. Auch das Heroinkunstprojekt der Frankfurter Hauptschule habe sie anfangs gefördert. Doch als dann der Stadtrat Markus Frank (CDU) bedroht wurde, zog man sich zurück aus dem Projekt. Außerdem könne man Heroinkonsum nicht fördern, so Romahn. Für Walter sei hier genau der Unterschied zwischen Subkultur und Gegenkultur festzunageln. Gegenkultur überschreite Regeln und sei unberechenbar.
Wenn die gestandenen Macher der Subkultur davon erzählten, wie man einst Leute zu illegalen Parties aktivierte – per Telefonkette – dann mussten die jüngeren Leute im Publikum kichern. Wenn sie von den „Hybriden“ oder den „Pseudokrupps“ erzählten, schwang gleich etwas Geschichtenumwobenes und Legendäres mit. Sogleich kam das Bedürfnis auf, mehr darüber zu hören oder selbst gleich dabei gewesen zu sein. Warum hingegen die „Kinder“, wie Romahn die Studenten von heute nannte, sich so wenig für die Subkultur engagieren würden, liege vielleicht am akademischen System. Richtig geklärt wurde das Phänomen an diesem Abend jedoch nicht. Vielleicht lag es aber auch daran, dass keiner dieser „Kinder“ auf dem Podium eingeladen wurde, um diese "Vorwurfsthese" zu entkräftigen.
Den Einstieg in die Diskussion machte die Lederjackenträgerin: Carolina Romahn hielt ein 15-minütiges Impulsreferat. Was zuerst uncool klingt, war gut gemacht - für manch einen zu gut. Die Leiterin des Kulturamts Frankfurt zitierte von Goethe über Herbert Marcuse und Diederich Diederichsen hin zu Sascha Lobo. Im Referat zählte sie „Vorwurfsthesen“ auf, die der Stadt gemacht werden. Die Stadt fördere nur Hochkultur als bürgerliche Repräsentationskultur und keine lokalen Produktionen - stattdessen „importiere“ sie teuer. In der Stadt sei kein kreativer Freiraum erwünscht. Doch die geübte Rednerin entkräftet jede einzelne Thesen überzeugend: Produktionen vom Schauspiel seien experimentell und ideologiekritisch, alle Häuser wiesen eigene Produktionen auf und es folgte eine Aufzählung von Kreativräumen, die von der Stadt unterstützt worden seien. Auch weist sie darauf hin, dass die halbe Bevölkerung der Stadt alle 15 Jahre komplett wechseln würde. Gleich mehrere Male an dem Abend betonte sie, dass Frankfurt die Menschen „ohne Tränen zu weinen wieder ziehen lässt“.
Der Radiomoderator, DJ und Journalist Klaus Walter, grätschte direkt hinein: Die Rednerin habe ein schönes „Feuerwerk der Nebelkerzen“ gezündet. Zuerst einmal war es ihm wichtig den Begriff der „Subkultur“ zu klären. Das gelingt an dem Abend nur in Abgrenzung zum Begriff der „Gegenkultur“. Ansonsten blieb der Begriff so schwammig wie er ist.
Der „Klubmacher“ Hans Romanov ist also als Vertreter der Subkultur anwesend. Er erzählt von vergangenen Zeiten: man sagt Romanov habe in den 26 Jahren, in denen er in Frankfurt lebt, 26 Clubs betrieben – in jedem Jahr einen. Er habe für seine Projekte nie Gelder bekommen. „Ich hätte nichts dagegen, einen Preis dafür zu bekommen“, sagt er und lacht. In diesem Punkt scheint der Hund begraben zu liegen: Subkultur zeichne sich eben dadurch aus, dass sie nicht gefördert sei. „Ich habe einfach losgelegt“, so Romanov – so wie er es jetzt auch wieder mit dem Yachtklub tun will.
Dabei zeige sich die Stadt subkulturellen Projekten nicht abgeneigt. Auch das Heroinkunstprojekt der Frankfurter Hauptschule habe sie anfangs gefördert. Doch als dann der Stadtrat Markus Frank (CDU) bedroht wurde, zog man sich zurück aus dem Projekt. Außerdem könne man Heroinkonsum nicht fördern, so Romahn. Für Walter sei hier genau der Unterschied zwischen Subkultur und Gegenkultur festzunageln. Gegenkultur überschreite Regeln und sei unberechenbar.
Wenn die gestandenen Macher der Subkultur davon erzählten, wie man einst Leute zu illegalen Parties aktivierte – per Telefonkette – dann mussten die jüngeren Leute im Publikum kichern. Wenn sie von den „Hybriden“ oder den „Pseudokrupps“ erzählten, schwang gleich etwas Geschichtenumwobenes und Legendäres mit. Sogleich kam das Bedürfnis auf, mehr darüber zu hören oder selbst gleich dabei gewesen zu sein. Warum hingegen die „Kinder“, wie Romahn die Studenten von heute nannte, sich so wenig für die Subkultur engagieren würden, liege vielleicht am akademischen System. Richtig geklärt wurde das Phänomen an diesem Abend jedoch nicht. Vielleicht lag es aber auch daran, dass keiner dieser „Kinder“ auf dem Podium eingeladen wurde, um diese "Vorwurfsthese" zu entkräftigen.
26. Januar 2016, 11.31 Uhr
Tamara Marszalkowski
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