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Kinos Frankfurt
Goethe und Kohlhaas im Kampf gegen die deutsche Gegenwart
„German Mumblecore“ – was war das noch einmal? Zehn Jahre nach dem Symposium im Frankfurter Filmmuseum erinnert die Begleitreihe zur „Neue Stimmen“-Ausstellung an herausragende Werke des Improvisationskinos. Andere Kinos schließen sich an.
Das deutsche Kino steht im Mittelpunkt der Regiebesuche im Monat August nicht allein im DFF-Kino. Dort lädt die aktuelle Ausstellung „Neue Stimmen – Deutsches Kino seit 2000“ ein, sich mit den Strömungen der vergangenen beiden Jahrzehnte auseinanderzusetzen. Die zufällige Antwort auf die „Dogma“-Welle zwischen Improvisation und unabhängigem (Low Budget)-Kino verlagerte die Verantwortung über die Entwicklung einer Geschichte gleichsam auf die Schultern der Schauspielerinnen und Schauspieler.
Deutsches Kino der 2000er im DFF, Cinema und Harmonie
Zu den bedeutendsten Künstlern dieser Richtung zählt Schauspieler, Autor und Regisseur Axel Ranisch. Ihn wird man diesen Monat nicht antreffen, denn der Freund des Hauses erschien schon zur Ausstellungseröffnung. Ranisch erinnerte hier an die Mühen zur Finanzierung seines Projekts „Ich fühl mich Disco“, das von allen Seiten und Sendern abgelehnt und blockiert wurde. Erst als er mit seiner No-Budget-Produktion „Dicke Mädchen“ überraschend reüssierte (Sonntag, 4. August, 20.30 Uhr, DFF), konnte er seinen zweiten Spielfilm doch finanzieren.
Einen kleinen Hit gelang ebenso Jakob Lass mit der Hotel-Liebesgeschichte „Love Steaks“ (Freitag, 2. August, 20.15 Uhr, DFF), bei dem sich das Personal eines Nobelhauses weitgehend selbst verkörpert. Lass stellt die improvisierte Tragikomödie von 2013 selbst vor. Deren Qualität und Erfolg konnte der Vollbartträger mit den beiden Nachfolgewerken nicht wiederholen.
Aaron Lehmann verlegte sich inzwischen auf durchaus gelungene, ebenso schräge Romanadaptionen wie „Was man von hier aus sehen kann“. Seinen Durchbruch gelang ihm mit der Film-im-Film-Kleist-Reflektion „Kohlhaas oder die Verhältnismäßigkeit der Dinge“ (Donnerstag, 8. August, 20.15 Uhr, DFF) von 2012. Wie er selbst war seine Frau Rosalie Thomass ebenfalls schon Gast des Filmmuseums.
„German Mumblecore“ ist noch nicht tot
Noch einmal stellt die oft feministische Themen behandelnde Regisseurin Isabell Šuba ihr halbdokumentarisches Debüt „Männer drehen Filme und Frauen zeigen ihre Brüste“ (Samstag, 17. August, 20.15 Uhr, DFF) vor. Als Spiel mit Schein und Wirklichkeit gelangen der späteren „Hanni & Nanni“-Regisseurin interessante Ansätze über das männlich dominierte Cannes-Filmspektakel von 2013.
Filmschaffende wie Axel Ranisch, Isabell Šuba oder Jakobs Bruder Tom realisieren ihre Stoffe inzwischen eher als Miniserien für TV und Mediatheken. Dass German Mumblecore noch nicht tot ist, beweisen mehrere aktuellere Projekte. Lukas Nathraths während der Pandemie gedrehtes Debüt „Letzter Abend“ (Donnerstag, 22. August., 20.15 Uhr) über die letzten Stunden vor einem Berlin-Umzug liefert ein realistisches Generationsporträt zu Lebenslügen, Selbstbetrug und enttäuschten Hoffnungen.
Um turbulente Beziehungsprobleme dreht sich ebenso „Zu zweit allein“ (Samstag, 31. August, 20.15 Uhr, DFF), was zu einer zeitweisen Trennung des titelgebenden Paares führt. Im Gegensatz zu den restlichen Filmen kam Sabine Koders Debüt, besetzt unter anderem mit Tom Lass, nicht über Festivaleinsätze hinaus.
Frankfurter Kino Harmonie zeigt „Sonnenplätze“ von Aaron Arens
Zufälligerweise besucht ein weiterer Meister des improvisierten Kinos in diesem Monat die Mainstadt. Schauspieler Jan Georg Schütte warf seine Kollegen schon in verschiedene Situationen wie Pärchenbesuche in „Swingers Club“ oder Familientreffen in „Leg ihn um! – Ein Familienfest“. Nach seiner Mitwirkung beim erfolgreichen „Mittagsstunde“ tat er sich mit Regisseur Lars Jessen und Kollege Charly Hübner zusammen.
In „Micha denkt groß“ erzählen sie von den Wellnesshotel-Plänen eines Videospieldesigners, die in einer Gemeinde auf Widerstand stoßen. Frankfurt-Stammgast Charly Hübner besucht mit den beiden Filmemachern am Dienstag 27. August, um 18 Uhr das Cinema, um über das Projekt zu berichten.
Nicht nur „Micha“, auch „Sonnenplätze“ wurde unlängst beim Münchner Filmfest ausgezeichnet. Mit dem in Kapitel eingeteilten, tragikomischen Porträt einer dysfunktionalen Familie samt Spitzen auf den Literaturbetrieb erwies sich Aaron Arens dank bissiger Dialoge als echtes Regietalent. Gemeinsam mit Darstellerin Juliane Köhler schaut er am Samstag, 24. August, um 20.30 Uhr in der Harmonie vorbei.
275. Jahre Goethe: DFF zeigt Thomas Frickels „Goethe Ligtht“
Nicht vergessen darf man einen Altmeister des oft satirischen Dokumentarfilms. Zu Goethes 275. Geburtstag zeigt das DFF-Kino noch einmal Thomas Frickels „Goethe Light“ (Donnerstag, 29. August, 20.15 Uhr). In dem halb inszenierten Streifzug durch das deutsch-tschechische Grenzgebiet ließ der Rüsselsheimer Regisseur einen Asylsuchenden im Goethe-Look die bundesrepublikanische Realität erfahren. Frickel wird ebenfalls anwesend sein und erhellendes über die brüchige Linie zwischen Realität und Fiktion berichten könne.
Zu den bedeutendsten Künstlern dieser Richtung zählt Schauspieler, Autor und Regisseur Axel Ranisch. Ihn wird man diesen Monat nicht antreffen, denn der Freund des Hauses erschien schon zur Ausstellungseröffnung. Ranisch erinnerte hier an die Mühen zur Finanzierung seines Projekts „Ich fühl mich Disco“, das von allen Seiten und Sendern abgelehnt und blockiert wurde. Erst als er mit seiner No-Budget-Produktion „Dicke Mädchen“ überraschend reüssierte (Sonntag, 4. August, 20.30 Uhr, DFF), konnte er seinen zweiten Spielfilm doch finanzieren.
Einen kleinen Hit gelang ebenso Jakob Lass mit der Hotel-Liebesgeschichte „Love Steaks“ (Freitag, 2. August, 20.15 Uhr, DFF), bei dem sich das Personal eines Nobelhauses weitgehend selbst verkörpert. Lass stellt die improvisierte Tragikomödie von 2013 selbst vor. Deren Qualität und Erfolg konnte der Vollbartträger mit den beiden Nachfolgewerken nicht wiederholen.
Aaron Lehmann verlegte sich inzwischen auf durchaus gelungene, ebenso schräge Romanadaptionen wie „Was man von hier aus sehen kann“. Seinen Durchbruch gelang ihm mit der Film-im-Film-Kleist-Reflektion „Kohlhaas oder die Verhältnismäßigkeit der Dinge“ (Donnerstag, 8. August, 20.15 Uhr, DFF) von 2012. Wie er selbst war seine Frau Rosalie Thomass ebenfalls schon Gast des Filmmuseums.
Noch einmal stellt die oft feministische Themen behandelnde Regisseurin Isabell Šuba ihr halbdokumentarisches Debüt „Männer drehen Filme und Frauen zeigen ihre Brüste“ (Samstag, 17. August, 20.15 Uhr, DFF) vor. Als Spiel mit Schein und Wirklichkeit gelangen der späteren „Hanni & Nanni“-Regisseurin interessante Ansätze über das männlich dominierte Cannes-Filmspektakel von 2013.
Filmschaffende wie Axel Ranisch, Isabell Šuba oder Jakobs Bruder Tom realisieren ihre Stoffe inzwischen eher als Miniserien für TV und Mediatheken. Dass German Mumblecore noch nicht tot ist, beweisen mehrere aktuellere Projekte. Lukas Nathraths während der Pandemie gedrehtes Debüt „Letzter Abend“ (Donnerstag, 22. August., 20.15 Uhr) über die letzten Stunden vor einem Berlin-Umzug liefert ein realistisches Generationsporträt zu Lebenslügen, Selbstbetrug und enttäuschten Hoffnungen.
Um turbulente Beziehungsprobleme dreht sich ebenso „Zu zweit allein“ (Samstag, 31. August, 20.15 Uhr, DFF), was zu einer zeitweisen Trennung des titelgebenden Paares führt. Im Gegensatz zu den restlichen Filmen kam Sabine Koders Debüt, besetzt unter anderem mit Tom Lass, nicht über Festivaleinsätze hinaus.
Zufälligerweise besucht ein weiterer Meister des improvisierten Kinos in diesem Monat die Mainstadt. Schauspieler Jan Georg Schütte warf seine Kollegen schon in verschiedene Situationen wie Pärchenbesuche in „Swingers Club“ oder Familientreffen in „Leg ihn um! – Ein Familienfest“. Nach seiner Mitwirkung beim erfolgreichen „Mittagsstunde“ tat er sich mit Regisseur Lars Jessen und Kollege Charly Hübner zusammen.
In „Micha denkt groß“ erzählen sie von den Wellnesshotel-Plänen eines Videospieldesigners, die in einer Gemeinde auf Widerstand stoßen. Frankfurt-Stammgast Charly Hübner besucht mit den beiden Filmemachern am Dienstag 27. August, um 18 Uhr das Cinema, um über das Projekt zu berichten.
Nicht nur „Micha“, auch „Sonnenplätze“ wurde unlängst beim Münchner Filmfest ausgezeichnet. Mit dem in Kapitel eingeteilten, tragikomischen Porträt einer dysfunktionalen Familie samt Spitzen auf den Literaturbetrieb erwies sich Aaron Arens dank bissiger Dialoge als echtes Regietalent. Gemeinsam mit Darstellerin Juliane Köhler schaut er am Samstag, 24. August, um 20.30 Uhr in der Harmonie vorbei.
Nicht vergessen darf man einen Altmeister des oft satirischen Dokumentarfilms. Zu Goethes 275. Geburtstag zeigt das DFF-Kino noch einmal Thomas Frickels „Goethe Light“ (Donnerstag, 29. August, 20.15 Uhr). In dem halb inszenierten Streifzug durch das deutsch-tschechische Grenzgebiet ließ der Rüsselsheimer Regisseur einen Asylsuchenden im Goethe-Look die bundesrepublikanische Realität erfahren. Frickel wird ebenfalls anwesend sein und erhellendes über die brüchige Linie zwischen Realität und Fiktion berichten könne.
2. August 2024, 15.24 Uhr
Gregor Ries
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