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Gesicht der Stadt
Omer Klein macht grenzenlose Musik
Der Pianist und Komponist Omer Klein hat in dieser Spielzeit die Jazz-Residenz in der Alten Oper Frankfurt inne. Die Chance, sich facettenreich zu präsentieren.
So präsent wie im vergangenen Jahr war Omer Klein in Frankfurt noch nie. Und das, obwohl der Pianist und Komponist seit 2017 an den schönsten Orten der Stadt, der Romanfabrik, dem Steinway Haus, im Palmengarten, dem Frankfurter Hof im Rahmen der Musikmesse und erstmals 2020 in der Alten Oper konzertierte. Sogar im Schauspiel Frankfurt stand er auf der Bühne, wo er zusammen mit Silvan Strauss die Musik für „10 Odd Emotions“ geschrieben und live aufgeführt hat. Beim wunderbaren „Fratopia Festival“ Ende September in der Alten Oper erlebte man den 42-Jährigen nicht nur als Musiker, sondern auch als Kurator und Moderator eines Gesprächsformats namens „Late Night X“.
Beim Konzert aus Anlass des Jahrestags des Angriffs der Hamas auf Israel am 7. Oktober war er auch dabei, um seine Solidarität zu bekunden. Ende des Monats schließlich eröffnete Klein das „Deutsche Jazzfestival“ im Sendesaal des Hessischen Rundfunks mit dem eigens dafür komponierten und für die hr-Bigband arrangierten Songzyklus „Ever So Lightly“ zu Texten großer Autoren und Autorinnen wie James Joyce, William Butler Yeats, Langston Hughes und Maya Angelou, gesungen von der New Yorkerin Becca Stevens.
„Ich habe schon immer Musik zu Poesie geschrieben“
„Ich habe schon immer, seit ich vierzehn Jahre alt war, Musik zu Poesie geschrieben, meistens auf Hebräisch“, erinnert Klein an die Zeit in seinen frühen Zwanzigern, als er als Co-Leader einer Band moderne Lyrik vertonte und zum Teil auch sang. Eine musikalische Inspiration waren damals Radiohead. Später verblieben ähnliche Werke in der Schublade, es sei denn, er gab sie an befreundete Sänger und Sängerinnen weiter. Als Jazzmusiker verlegte er sich auf Lieder ohne Worte. „Wie Mendelssohn“, lacht er. Bis Olaf Stötzler, der Manager der hr-Bigband ihn ermunterte: „Think big!“, und er sich in das Abenteuer „Ever So Lightly“ stürzte.
Wie Stötzler beim Hessischen Rundfunk, so wurde auch der Intendant der Alten Oper, Markus Fein, ein wichtiger kreativer Partner. Beide stellten ihm die Herausforderungen, die er braucht und liebt. Auch wenn ihm renommierte Blätter wie die New York Times schon früh bescheinigten, dass seine Musik – stilistisch wie geografisch – grenzenlos sei, sieht sich der Wahl-Frankfurter nach wie vor mit der Einschätzung konfrontiert, dass seine Kompositionen auf Modern Jazz basierten, der sich durch orientalische Farben besonders auszeichne.
„Ich will definitiv meine eigene musikalische Sprache finden“
Dass sein Ehrgeiz darin besteht, seinen Horizont ständig zu erweitern, daran lässt er keinen Zweifel aufkommen: „Ich will definitiv meine eigene musikalische Sprache finden.“ Dennoch gab es für ihn eine Zeit, wo er dachte: „Das, was ich spiele, kommt gut an. Also ist das jetzt meine Musik.“ Dieser Falle, etwaige Erwartungshaltungen zu bedienen, entkam er zum Glück schnell. Denn die hätte ihn limitiert. „Mein Ziel ist es, alles zu erforschen, was für mich interessant ist“, bekennt er. „Ich verpflichte mich heute nicht, dass mich nächstes Jahr noch die gleichen Dinge interessieren werden.“ Bis dato hatten seine Produktionen, ob „Sleepwalkers“, „Radio Mediteran“, „Personal Belongings“ und „Life & Fire“ immer einen ganz unterschiedlichen Charakter, mal mysteriös, dann verspielt, introspektiv im Lockdown oder lebendig und besonders vital nach der Pandemie. „Und sollte mich plötzlich interessieren, eine Rockband mit E-Gitarren zu gründen oder eine Sinfonie zu schreiben, dann verspreche ich: Auch da werde ich mein Bestes tun, um das zu realisieren.“
„Die eigentliche Residenz findet ja in meiner Wohnung statt“
Aber noch stehen andere Projekte auf der Agenda. Zunächst die Premiere von „Dingens“, einer Tragikomödie des großen israelischen Schriftstellers Hanoch Levin unter der Regie von Sapir Heller in den Kammerspielen, für die Klein die Musik komponiert hat. Und dann geht es in der Alten Oper weiter, obwohl er es sich nicht verkneifen kann: „Die eigentliche
Residenz findet ja in meiner Wohnung statt, wo ich nie einen Tag frei habe und eigentlich ständig performe.“ Für sich und die Kinder. Die zwei Termine unter dem Motto „Auswärtsspiel“ finden am 9. und 10. Mai in der Freitagsküche statt und sind schon lange ausverkauft. Da bringt sein Trio noch einmal „Radio Mediteran“ auf die Bühne, dazu gibt es kulinarische Genüsse aus der Region, die die Musik zwischen Marokko und dem Mittleren Osten und darüber hinaus inspirierte.
Am 11. März heißt es „Omer@school“ im Mozartsaal. Da treten Schüler-Jazzensembles aus Frankfurt auch mit Kompositionen von Klein auf, die er mit ihnen in mehreren Workshops erarbeitet hat. „Dieses Bildungsprojekt ist sehr wichtig für mich“, nimmt er gerne die Rolle des Tutors ein. „Es gibt mir die Möglichkeit, etwas Positives zu bewirken, und zwar nicht nur dadurch, dass ich schöne Musik für Leute spiele, die sich amüsieren wollen, sondern auch, um der jungen Generation zu helfen, die Jazz spielen will, was mir immer sehr wichtig ist.“
Zu einer Uraufführung kommt es zudem noch. Am 29. April hat Omer Klein’s New Sextet seine Premiere. Zum Bandnukleus mit Haggai Cohen-Milo (Bass) und Amir Bresler (Schlagzeug) gesellen sich Tineke Postma, Omri Abramov (beide Saxophon und andere Blasinstrumente) und Túpac Mantilla (Percussion). „Es wird Musik sein, die sehr groovy und bunt ist und Spaß macht“, verspricht Klein Einflüsse „aus der reichen Welt der Musik Afrikas und Brasiliens.“
Omer Klein fühlt sich in den kulturellen Einrichtungen Frankfurts zu Hause
Dass Omer Klein sich in den kulturellen Einrichtungen Frankfurts zu Hause fühlt und dort viele Freunde gefunden hat, daran kann kein Zweifel bestehen. Aber seine Liebe gehört der ganzen Stadt. „Für mich ist das mit meinem Hintergrund wichtig“, spielt er auf seine Biografie an. Seine Großeltern stammen aus Tunesien, Libyen und Ungarn. „Ich fühle mich wohl, wenn ich auf der Straße verschiedene Sprachen höre. Für mich ist Frankfurt die internationalste Stadt in Deutschland, sogar noch mehr als Berlin.“
Info
Zur Person: Am 15. Mai 1982 geboren, wuchs Omer Klein in Netanja auf, studierte zunächst Jazz in Israel, dann nach seinem Umzug in die USA 2005 am New England Conservatory in Boston. In New York fand er schnell Anschluss in der lokalen Szene. 2009 kam er nach Deutschland, lebte zunächst in Düsseldorf und wohnt seit 2017 mit der Schauspielerin Viola Pobitschka und ihren drei Kindern in Frankfurt.
Beim Konzert aus Anlass des Jahrestags des Angriffs der Hamas auf Israel am 7. Oktober war er auch dabei, um seine Solidarität zu bekunden. Ende des Monats schließlich eröffnete Klein das „Deutsche Jazzfestival“ im Sendesaal des Hessischen Rundfunks mit dem eigens dafür komponierten und für die hr-Bigband arrangierten Songzyklus „Ever So Lightly“ zu Texten großer Autoren und Autorinnen wie James Joyce, William Butler Yeats, Langston Hughes und Maya Angelou, gesungen von der New Yorkerin Becca Stevens.
„Ich habe schon immer, seit ich vierzehn Jahre alt war, Musik zu Poesie geschrieben, meistens auf Hebräisch“, erinnert Klein an die Zeit in seinen frühen Zwanzigern, als er als Co-Leader einer Band moderne Lyrik vertonte und zum Teil auch sang. Eine musikalische Inspiration waren damals Radiohead. Später verblieben ähnliche Werke in der Schublade, es sei denn, er gab sie an befreundete Sänger und Sängerinnen weiter. Als Jazzmusiker verlegte er sich auf Lieder ohne Worte. „Wie Mendelssohn“, lacht er. Bis Olaf Stötzler, der Manager der hr-Bigband ihn ermunterte: „Think big!“, und er sich in das Abenteuer „Ever So Lightly“ stürzte.
Wie Stötzler beim Hessischen Rundfunk, so wurde auch der Intendant der Alten Oper, Markus Fein, ein wichtiger kreativer Partner. Beide stellten ihm die Herausforderungen, die er braucht und liebt. Auch wenn ihm renommierte Blätter wie die New York Times schon früh bescheinigten, dass seine Musik – stilistisch wie geografisch – grenzenlos sei, sieht sich der Wahl-Frankfurter nach wie vor mit der Einschätzung konfrontiert, dass seine Kompositionen auf Modern Jazz basierten, der sich durch orientalische Farben besonders auszeichne.
Dass sein Ehrgeiz darin besteht, seinen Horizont ständig zu erweitern, daran lässt er keinen Zweifel aufkommen: „Ich will definitiv meine eigene musikalische Sprache finden.“ Dennoch gab es für ihn eine Zeit, wo er dachte: „Das, was ich spiele, kommt gut an. Also ist das jetzt meine Musik.“ Dieser Falle, etwaige Erwartungshaltungen zu bedienen, entkam er zum Glück schnell. Denn die hätte ihn limitiert. „Mein Ziel ist es, alles zu erforschen, was für mich interessant ist“, bekennt er. „Ich verpflichte mich heute nicht, dass mich nächstes Jahr noch die gleichen Dinge interessieren werden.“ Bis dato hatten seine Produktionen, ob „Sleepwalkers“, „Radio Mediteran“, „Personal Belongings“ und „Life & Fire“ immer einen ganz unterschiedlichen Charakter, mal mysteriös, dann verspielt, introspektiv im Lockdown oder lebendig und besonders vital nach der Pandemie. „Und sollte mich plötzlich interessieren, eine Rockband mit E-Gitarren zu gründen oder eine Sinfonie zu schreiben, dann verspreche ich: Auch da werde ich mein Bestes tun, um das zu realisieren.“
Aber noch stehen andere Projekte auf der Agenda. Zunächst die Premiere von „Dingens“, einer Tragikomödie des großen israelischen Schriftstellers Hanoch Levin unter der Regie von Sapir Heller in den Kammerspielen, für die Klein die Musik komponiert hat. Und dann geht es in der Alten Oper weiter, obwohl er es sich nicht verkneifen kann: „Die eigentliche
Residenz findet ja in meiner Wohnung statt, wo ich nie einen Tag frei habe und eigentlich ständig performe.“ Für sich und die Kinder. Die zwei Termine unter dem Motto „Auswärtsspiel“ finden am 9. und 10. Mai in der Freitagsküche statt und sind schon lange ausverkauft. Da bringt sein Trio noch einmal „Radio Mediteran“ auf die Bühne, dazu gibt es kulinarische Genüsse aus der Region, die die Musik zwischen Marokko und dem Mittleren Osten und darüber hinaus inspirierte.
Am 11. März heißt es „Omer@school“ im Mozartsaal. Da treten Schüler-Jazzensembles aus Frankfurt auch mit Kompositionen von Klein auf, die er mit ihnen in mehreren Workshops erarbeitet hat. „Dieses Bildungsprojekt ist sehr wichtig für mich“, nimmt er gerne die Rolle des Tutors ein. „Es gibt mir die Möglichkeit, etwas Positives zu bewirken, und zwar nicht nur dadurch, dass ich schöne Musik für Leute spiele, die sich amüsieren wollen, sondern auch, um der jungen Generation zu helfen, die Jazz spielen will, was mir immer sehr wichtig ist.“
Zu einer Uraufführung kommt es zudem noch. Am 29. April hat Omer Klein’s New Sextet seine Premiere. Zum Bandnukleus mit Haggai Cohen-Milo (Bass) und Amir Bresler (Schlagzeug) gesellen sich Tineke Postma, Omri Abramov (beide Saxophon und andere Blasinstrumente) und Túpac Mantilla (Percussion). „Es wird Musik sein, die sehr groovy und bunt ist und Spaß macht“, verspricht Klein Einflüsse „aus der reichen Welt der Musik Afrikas und Brasiliens.“
Dass Omer Klein sich in den kulturellen Einrichtungen Frankfurts zu Hause fühlt und dort viele Freunde gefunden hat, daran kann kein Zweifel bestehen. Aber seine Liebe gehört der ganzen Stadt. „Für mich ist das mit meinem Hintergrund wichtig“, spielt er auf seine Biografie an. Seine Großeltern stammen aus Tunesien, Libyen und Ungarn. „Ich fühle mich wohl, wenn ich auf der Straße verschiedene Sprachen höre. Für mich ist Frankfurt die internationalste Stadt in Deutschland, sogar noch mehr als Berlin.“
Zur Person: Am 15. Mai 1982 geboren, wuchs Omer Klein in Netanja auf, studierte zunächst Jazz in Israel, dann nach seinem Umzug in die USA 2005 am New England Conservatory in Boston. In New York fand er schnell Anschluss in der lokalen Szene. 2009 kam er nach Deutschland, lebte zunächst in Düsseldorf und wohnt seit 2017 mit der Schauspielerin Viola Pobitschka und ihren drei Kindern in Frankfurt.
11. Februar 2025, 10.22 Uhr
Detlef Kinsler
Detlef Kinsler
Weil sein Hobby schon früh zum Beruf wurde, ist Fotografieren eine weitere Leidenschaft des Journal-Frankfurt-Musikredakteurs, der außerdem regelmäßig über Frauenfußball schreibt. Mehr von Detlef
Kinsler >>
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11. Februar 2025
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