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Ensemble Korridor in der Stadtbücherei
Vom Herrgott geschickt
Im Rahmen der „Musikszene Frankfurt“ stellt Rainer Michel sein Ensemble Korridor am 12. März in der Stadtbücherei Frankfurt vor. Es ist ein kleines Orchester, das Film-, Kammer- und Weltmusik verquickt.
Viel zu lange hat Rainer Michel im stillen Kämmerlein gesessen und alleine an seiner Musik für Filme und das Fernsehen (u.a. auch für den „Tatort“) gepuzzelt. Die Bühne, auf der er als jugendlicher Rock’n’Roller stand, bevor er dann klassische Gitarre studierte, gehörte schon lange der Vergangenheit an. Bei sporadischen Auftritten in Galerien, im Städel und auch schon mal solo in der Stadtbücherei (da sorgte eine blubbernde Kaffeemaschine zu Johann Sebastian Bach für Aufsehen) begeisterte der gebürtige Frankfurter sein Publikum und faszinierte es mit fantasievoller, verspielter Instrumentalmusik. Ein Orchester hatte er da immer im Sinn. Aber wer kann das bezahlen? Dann erreichte ihn 2015 der Tipp, sich über ein Projekt zu informieren, dass bald unter dem Logo „Bridges – Musik verbindet“ als sogenanntes Flüchtlingsorchester für Furore sorgen sollte. In der Schillerschule in Sachsenhausen trafen sich – von den beiden Studentinnen Isabella Kohls und Julia Huk initiiert – Musiker aus zehn verschiedenen Ländern, darunter Syrien, dem Iran, Afghanistan und Äthiopien.
„Ich habe da bei der ersten Sitzung im Kreis gesessen, jeder sollte sich vorstellen, seine Geschichte erzählen“, erinnert sich Michel. „Da waren Schüchterne dabei und Blender. Ellenlange Aufzählungen, wer wann wo und mit wem schon gespielt hat.“ Das dauerte ewig. Dazu dieses Sprachengewirr. „Was für ein verrückter Haufen“, dachte sich der Filmkomponist. „Mir war klar: Das wird extrem gut.“ Chaos hat Michel noch nie abgeschreckt. Das lässt sich schließlich in Kreativität umsetzen. „Deswegen hat mich das auch sofort gepackt und ich dachte mir: Jetzt hole ich mir über dieses Projekt meine Seele zurück statt als Programmierer für TV-Redakteure*innen zu enden“, spürte der Jahrgang 1955 (ihn als Spielkind zu bezeichnen, unterschreibt er nur zu gern): „Die hat mir der Herrgott geschickt.“ Man lernte sich kennen, sortierte sich, bildete einzelne Ensembles. Für das erste große Konzert am 19. April 2016 im hr-Sendesaal galt es, für das komplette Ensemble zu schreiben. Eine echte Herausforderung, die verschiedenen Klangkörper mit unterschiedlichen Stimmungen zu synchronisieren. „Man muss die Frechheit besitzen und den Mut haben, einfach zu machen“, erklärt er seine intuitive Herangehensweise. Dann kann man eine klassische Harfe mit einer mongolischen Pferdekopfgeige konfrontieren, Violinen auf orientalische Saiteninstrumente treffen lassen. Im Netz findet man einen Mitschnitt seiner Komposition „Tell Me More“. Ein geistreiches, schöpferisches Beispiel dafür, dass Musik die Kulturen wirklich verbinden kann. Derart angestachelt, genügte es Rainer Michel bald nicht mehr, nur einmal im Jahr dieses Vergnügen auszukosten. Eine eigene große Gruppe musste her. Das Ensemble Korridor. Nur so kann der Komponist sein Potential ausschöpfen.
Mit Matthias Dörsam (Klarinette), Lei Cheng (Violine), Michael Schuhmann (Horn), Veronica Todorova (Akkordeon), Karina Japarova (Violine), Raphael Zweifel (Cello) und Gregor Praml (Kontrabass) hat sich eine virtuose wie neugierige und experimentierfreudige Mannschaft um Michel geschart, die als kleines Orchester Film-, Kammer- und Weltmusik auf einzigartige Weise verquickt. Es drängt sich als Vergleich einzig das Penguin Cafe Orchestra (1972-1997) auf. Ein Titel der Briten hieß selbsterklärend „Perpetuum Mobile“. Das passt zu einer Musik, die ohne Schlagzeug groovt und mit einer ganz besonderen Motorik Körper und Geist der Zuhörer auch ohne Beats in Bewegung versetzt. Die Möglichkeiten jedenfalls, die das Ensemble Korridor bietet, sind noch nicht einmal im Ansatz ausgereizt. So sehr es den Spiritus rector freut, dass das Publikum die Musik als eine Entschleunigungsinsel empfindet, so sehr gilt es sich darauf einzustellen, dass sich im namensgebenden Korridor noch so viele Überraschungen hinter all den Türen verstecken, die es noch zu entdecken gilt.
>> Musikszene Frankfurt: Ensemble Korridor, Ffm, Stadtbücherei, 12.3., 20 Uhr, Eintritt frei
„Ich habe da bei der ersten Sitzung im Kreis gesessen, jeder sollte sich vorstellen, seine Geschichte erzählen“, erinnert sich Michel. „Da waren Schüchterne dabei und Blender. Ellenlange Aufzählungen, wer wann wo und mit wem schon gespielt hat.“ Das dauerte ewig. Dazu dieses Sprachengewirr. „Was für ein verrückter Haufen“, dachte sich der Filmkomponist. „Mir war klar: Das wird extrem gut.“ Chaos hat Michel noch nie abgeschreckt. Das lässt sich schließlich in Kreativität umsetzen. „Deswegen hat mich das auch sofort gepackt und ich dachte mir: Jetzt hole ich mir über dieses Projekt meine Seele zurück statt als Programmierer für TV-Redakteure*innen zu enden“, spürte der Jahrgang 1955 (ihn als Spielkind zu bezeichnen, unterschreibt er nur zu gern): „Die hat mir der Herrgott geschickt.“ Man lernte sich kennen, sortierte sich, bildete einzelne Ensembles. Für das erste große Konzert am 19. April 2016 im hr-Sendesaal galt es, für das komplette Ensemble zu schreiben. Eine echte Herausforderung, die verschiedenen Klangkörper mit unterschiedlichen Stimmungen zu synchronisieren. „Man muss die Frechheit besitzen und den Mut haben, einfach zu machen“, erklärt er seine intuitive Herangehensweise. Dann kann man eine klassische Harfe mit einer mongolischen Pferdekopfgeige konfrontieren, Violinen auf orientalische Saiteninstrumente treffen lassen. Im Netz findet man einen Mitschnitt seiner Komposition „Tell Me More“. Ein geistreiches, schöpferisches Beispiel dafür, dass Musik die Kulturen wirklich verbinden kann. Derart angestachelt, genügte es Rainer Michel bald nicht mehr, nur einmal im Jahr dieses Vergnügen auszukosten. Eine eigene große Gruppe musste her. Das Ensemble Korridor. Nur so kann der Komponist sein Potential ausschöpfen.
Mit Matthias Dörsam (Klarinette), Lei Cheng (Violine), Michael Schuhmann (Horn), Veronica Todorova (Akkordeon), Karina Japarova (Violine), Raphael Zweifel (Cello) und Gregor Praml (Kontrabass) hat sich eine virtuose wie neugierige und experimentierfreudige Mannschaft um Michel geschart, die als kleines Orchester Film-, Kammer- und Weltmusik auf einzigartige Weise verquickt. Es drängt sich als Vergleich einzig das Penguin Cafe Orchestra (1972-1997) auf. Ein Titel der Briten hieß selbsterklärend „Perpetuum Mobile“. Das passt zu einer Musik, die ohne Schlagzeug groovt und mit einer ganz besonderen Motorik Körper und Geist der Zuhörer auch ohne Beats in Bewegung versetzt. Die Möglichkeiten jedenfalls, die das Ensemble Korridor bietet, sind noch nicht einmal im Ansatz ausgereizt. So sehr es den Spiritus rector freut, dass das Publikum die Musik als eine Entschleunigungsinsel empfindet, so sehr gilt es sich darauf einzustellen, dass sich im namensgebenden Korridor noch so viele Überraschungen hinter all den Türen verstecken, die es noch zu entdecken gilt.
>> Musikszene Frankfurt: Ensemble Korridor, Ffm, Stadtbücherei, 12.3., 20 Uhr, Eintritt frei
6. März 2019, 10.10 Uhr
Detlef Kinsler
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