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Ein Drei-Tage-Jude in Frankfurt

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Chen Jerusalem ist in Israel geboren. Mit zwei Jahren kam er nach Deutschland, der heute 19-Jährige ist Mitglied in der Zionistischen Jugend Deutschlands (ZJD). Mit Engagement setzt er sich für einen deutschlandweiten Zusammenhalt der Juden ein. Nach der Schule will er nach Israel zurückkehren, um dort zu studieren. Ein Interview anlässlich unserer aktuellen Titelgeschichte "Juden in Frankfurt".

Journal Frankfurt: Wie ist das, als jüdischer Junge in Frankfurt zu leben?

Chen Jerusalem: Nicht viel anders als das Leben eines nicht-jüdischen Jungen. Ich gehe zur Julius-Leber-Schule. In meiner Freizeit gehe ich zur Zionistischen Jugend, dadurch habe ich viel Kontakt zu anderen jüdischen Jugendlichen in Deutschland. Dort war ich auch bis vor Kurzem Jugendleiter.

Journal Frankfurt: Was machen Sie dort ?

Chen Jerusalem: Die Frage wird mir oft gestellt. Ich hab immer noch keine richtige Antwort drauf. Grundsätzlich ist das Ziel, Israel näher an die Jugendlichen heranzubringen. Mein persönliches Ziel war es nicht, den Kindern großartig was über Israel beizubringen. Mir war es wichtig, den jüdischen Zusammenhalt in Deutschland zu fördern. Im Sommer und Winter fahren wir auf Machane. In diesem Jahr geht es drei Wochen quer durch Israel.

Journal Frankfurt: Fahren Sie mit?

Chen Jerusalem: Nur für ein paar Tage, da ich im Sommer ohnehin für 3 Monate nach Israel fahre. Ich will mein Hebräisch aufbessern. Das ganze wird auch von der ZJD organisiert, das Programm heißt "Garin". Übersetzt heißt das Kern und bedeutet, dass eine Gruppe eben als Gemeinschaft nach Israel geht und dort zusammen das Land erkundet. Weniger als Sightseeing-Tour, sondern eher um die Kultur und die Menschen kennenzulernen.

Journal Frankfurt: Wollen Sie in Israel später einmal leben?

Chen Jerusalem: Dazu habe ich mich gerade verpflichtet.

Journal Frankfurt: Wieso wollen Sie Deutschland verlassen?


Chen Jerusalem: Ich fühle mich in Israel einfach wohl. Es fällt schwer das zu beschreiben, es ist einfach ein ganz anderes Lebensgefühl dort. Ich bin glücklich hier und habe Freunde, aber die Menschen in Israel, der Umgang: hier bin ich nur halber Jude. Ich kann hier nicht ganz koscher essen oder mit der Kippah auf die Straße gehen. Was dann passiert haben wir ja vor einem Jahr gesehen, als der Rabbiner an der Miquellallee abgestochen wurde.

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Journal Frankfurt: Welche Rolle spielt die Religion in Ihrer Familie?

Chen Jerusalem: An den Feiertagen wird es strenger. An Pesach zum Beispiel wird alles sauber gemacht und meine Mutter freut sich, weil ich dann mehr oder weniger mithelfe. An Yom Kippur zum Beispiel faste ich auch.
Man kann mich als 3-Tage-Jude bezeichnen. Es gibt für mich die vier goldenen Tage: Yom Kippur, Pesach, Roschaschana und Sukot. Letzteres ist das Laubhüttenfest. In Israel baut man tatsächlich für eine Woche eine Laubhütte, um sieben Tage lang das Haus zu verlassen. Hier in Deutschland kann man das jedoch schwer machen. Aber wir gehen in die Synagoge und da man in dieser Zeit kein Auto fahren darf, marschiere ich immer bestimmt drei oder vier Stunden bis ins Mertonviertel nach Hause.

Journal Frankfurt: Haben Sie eine gläubige Familie?

Chen Jerusalem: Traditionell würde ich sagen. Meine Familie hält sich nicht an alle Koschervorschriften, aber das ist in Deutschland auch schwierig. Wir essen kein Schweinefleisch und trennen Milch und Fleisch.

Journal Frankfurt: Nomi Friedman, die Leiterin der ZJD, spricht davon, dass unter den Jugendlichen seit dem Gazakrieg wieder öfter der Palästinakonflikt diskutiert wird. Wie stehen Sie dazu?

Chen Jerusalem: Wenn ich alles allgemein und den aktuellsten Konflikt betrachte, stehe ich vollkommen auf der israelischen Seite. Da bin ich mir mit den anderen einig. Wir machen da keinen Brainwash. Die Einstellung wird aber häufig auch von zu Hause vermittelt.

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Journal Frankfurt: Was ist mit Ihren Eltern?

Chen Jerusalem: Die stehen auch hundertprozentig hinter Israel. Vor allem mein Vater. Ich finde das richtig so. Ich sehe nicht viel Recht auf der Seite der Palästinenser.

Journal Frankfurt: Würden Sie sich mit einem Moslem oder einer Moslemin anfreunden?

Chen Jerusalem: Bei Freundschaften steht die Religion für mich im Hintergrund. Wenn es in Richtung Liebe und Heirat geht, ist es mir wichtig, dass mein Kind jüdisch erzogen wird. Das geht nur mit einer jüdischen Frau. Es hat nichts damit zutun, dass ich eine Wand aufbaue, aber ich würde mich mit einer Gleichgesinnten wohler fühlen.

Journal Frankfurt: Denken Sie, die Annäherung des Verhältnisses zwischen Juden und Moslems sollte in Deutschland begonnen und gefördert werden?

Chen Jerusalem: Generell ja. Ich glaube aber nicht, dass das so einfach machbar ist, bzw. ob es überhaupt machbar ist. Ich denke, das kann nicht hier anfangen. Eine Versöhnung der beiden Kulturen kann hier nicht besser begonnen werden als woanders. Ich glaube das kann nur besser werden, wenn der Krieg dort beendet wird.

Fotos: Harald Schröder

Mehr zum Thema im journalportal und im aktuellen Journal Frankfurt.
 
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24. März 2009, 18.34 Uhr
Melina Kalfelis
 
 
 
 
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