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Dosch@Berlinale 2019
Numero Uno: Ciao, Dieter!
Auch dieses Jahr hat unser Filmredakteur Andreas Dosch den weiten Weg in die Hauptstadt auf sich genommen, um sich für uns auf der Berlinale umzuschauen. Im ersten Teil der Kolumne geht es um den scheidenden Berlinale-Chef Dieter Kosslick und tolle Frauen.
„Als ich im Jahr 2001 Direktor der Berlinale wurde.“ Das ist mal ein Satz. Ja, yes, oui, si: Als Dieter Kosslick vor 18 Jahren den Chefsessel eines der gigantischsten Filmfestivals des universellen Marktes erklomm (der Riesigste, rein wüchsig, ist er ja nicht gerade) – was war da? Die Internationalen Filmfestspiele Berlin, wie sie mit vollem Namen heißen, waren 12 Monate zuvor zum neu herausgeputzten und ob seiner schneidenden Hochhaus-Windtäler von mir nach wie vor verfluchten Potsdamer Platz umgezogen. Kosslicks langjähriger Vorgänger, der sicherlich verdienstvolle, aber auch immer unnahbar-arrogante Moritz de Hadeln, hatte mit einer grauenhaften „Täterätää“-Festivalhymne als verzweifeltem Erneuerungsversuch nicht unbedingt die ideale Duftspur hinterlassen. Und dann kam Dieter. Der fidele Baden-Württemberger mit Hut und rotem Schal – seinen Markenzeichen – brachte frischen Schwung, Charme und Witz in das mittlerweile dem Aufbau-Berlin geschuldeten Neongrau der Berlinale-Nachwendezeit, einem filmisch eroberten, renovierten, aber politisch reservierten Reichstagsgebäude, das um sich selbst zu kreisen schien. Ab sofort fühlte man sich, ob jetzt als neugieriger Zaungast, interessierter Kinofan oder professioneller Besucher, wieder willkommen.
Der Schleier des Elitären hob sich (zumindest ein wenig) von der Großveranstaltung. Kosslick erkor die Berlinale zum Event – ein Begriff, den es so vorher so nicht gab. Das nehmen ihm bis heute manche Kritiker übel, denn mit dem Event-Charakter kam auch der – igitt! – Boulevard. Die Promi-Dichte (und auch die der, ähm, „Journalisten“) wuchs enorm, ein roter Teppich wurde ausgerollt, das Programm um zahllose Sektionen erweitert – manche sinnig, andere nicht so sehr („Kulinarisches Kino“?). Aber ich, um wieder persönlich zu werden, mochte ihn ganz gern, diesen munteren Umbruch. Zumindest am Anfang. Nicht zuletzt klang die wiederum neu komponierte Berlinale-Eröffnungshymne jetzt einigermaßen sexy & modern. Irgendwann konnte ich sie im Traum nachsingen – schon mal ein gutes Zeichen. Klar, auch „der Dieter“ pflegte fortan seinen Klüngel, lud immer wieder dieselben Leute ein, viele davon gerne gesehen (Tilda Swinton), andere weniger (Isabel Coixet). Tilda hätte sich nach eigenen Angaben auch als Putze eingeschlichen. Coixet dreht nach wie vor (umpf!) Filme.
Beide sind auch 2019 wieder dabei: Tilda muss nicht putzen, sondern schauspielen. Coixet dreht nach wie vor – umpf! - Filme. Da ich erst vor einigen Stunden mit dem ICE angereist bin (nur zu empfehlen, besser als diese lästige Fliegerei von Frankfurt aus), kann ich noch wenig zur aktuellen Programmauswahl sagen. Außer, dass mich die Vorab-Lektüre unzähliger Synopsen einigermaßen ratlos zurücklässt. „Das Private ist politisch“, schreibt Kosslick in seinem (letzten) Editorial, um den Rahmen mal ganz weit zu spannen. Und die Kulturdingsbumsministerin Monika Grütters freut sich in diesem Kontext offiziell auf eine „politische Berlinale“. Aha, tut sie das. Ist es also politisch, wenn ich mich – privat und professionell – einfach auf eine „gute“ Berlinale freue? Oder zumindest darauf hoffe?! Wer tut das nicht (okay: Sie nicht. Sie da drüben auch nicht. Dem Herrn rechts ist es völlig egal …). „Die Berlinale ist eine Frau“ titelten diverse Medien bereits im Vorfeld ob der unübersehbaren Dominanz des (eigentlich) starken Geschlechts bei Them*innen und Macher*innen (offizielle Berlinale-Schreibweise). Yo, Frauen sind toll. Zumindest manchmal. Okay: meistens! Aber, frage ich mich dann doch: Warum hört Kosslicks Nachfolger*in für 2020 dann auf den Vornamen „Carlo“? Carlos Chatrian, um genau zu sein, ehemaliger Chef von Locarno (also, dem Filmfestival). Warum nicht Carlotta? Carolin? Cicollina? Caterin Carlo? Die Welt, ich muss sie nicht verstehen. Ich muss erst mal die neue Berlinale durchstehen: Dieter Kosslicks Schwanengesang, mit Hut & Schal. In diesem Sinne: Herzlichen Dank, grazie, thank you, merci, tak (etc.)! War echt toll. Und jetzt ein bisschen Musik ...
Der Schleier des Elitären hob sich (zumindest ein wenig) von der Großveranstaltung. Kosslick erkor die Berlinale zum Event – ein Begriff, den es so vorher so nicht gab. Das nehmen ihm bis heute manche Kritiker übel, denn mit dem Event-Charakter kam auch der – igitt! – Boulevard. Die Promi-Dichte (und auch die der, ähm, „Journalisten“) wuchs enorm, ein roter Teppich wurde ausgerollt, das Programm um zahllose Sektionen erweitert – manche sinnig, andere nicht so sehr („Kulinarisches Kino“?). Aber ich, um wieder persönlich zu werden, mochte ihn ganz gern, diesen munteren Umbruch. Zumindest am Anfang. Nicht zuletzt klang die wiederum neu komponierte Berlinale-Eröffnungshymne jetzt einigermaßen sexy & modern. Irgendwann konnte ich sie im Traum nachsingen – schon mal ein gutes Zeichen. Klar, auch „der Dieter“ pflegte fortan seinen Klüngel, lud immer wieder dieselben Leute ein, viele davon gerne gesehen (Tilda Swinton), andere weniger (Isabel Coixet). Tilda hätte sich nach eigenen Angaben auch als Putze eingeschlichen. Coixet dreht nach wie vor (umpf!) Filme.
Beide sind auch 2019 wieder dabei: Tilda muss nicht putzen, sondern schauspielen. Coixet dreht nach wie vor – umpf! - Filme. Da ich erst vor einigen Stunden mit dem ICE angereist bin (nur zu empfehlen, besser als diese lästige Fliegerei von Frankfurt aus), kann ich noch wenig zur aktuellen Programmauswahl sagen. Außer, dass mich die Vorab-Lektüre unzähliger Synopsen einigermaßen ratlos zurücklässt. „Das Private ist politisch“, schreibt Kosslick in seinem (letzten) Editorial, um den Rahmen mal ganz weit zu spannen. Und die Kulturdingsbumsministerin Monika Grütters freut sich in diesem Kontext offiziell auf eine „politische Berlinale“. Aha, tut sie das. Ist es also politisch, wenn ich mich – privat und professionell – einfach auf eine „gute“ Berlinale freue? Oder zumindest darauf hoffe?! Wer tut das nicht (okay: Sie nicht. Sie da drüben auch nicht. Dem Herrn rechts ist es völlig egal …). „Die Berlinale ist eine Frau“ titelten diverse Medien bereits im Vorfeld ob der unübersehbaren Dominanz des (eigentlich) starken Geschlechts bei Them*innen und Macher*innen (offizielle Berlinale-Schreibweise). Yo, Frauen sind toll. Zumindest manchmal. Okay: meistens! Aber, frage ich mich dann doch: Warum hört Kosslicks Nachfolger*in für 2020 dann auf den Vornamen „Carlo“? Carlos Chatrian, um genau zu sein, ehemaliger Chef von Locarno (also, dem Filmfestival). Warum nicht Carlotta? Carolin? Cicollina? Caterin Carlo? Die Welt, ich muss sie nicht verstehen. Ich muss erst mal die neue Berlinale durchstehen: Dieter Kosslicks Schwanengesang, mit Hut & Schal. In diesem Sinne: Herzlichen Dank, grazie, thank you, merci, tak (etc.)! War echt toll. Und jetzt ein bisschen Musik ...
8. Februar 2019, 08.28 Uhr
Andreas Dosch
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