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Dan Bay & Max Clouth

Ist elektronische Musik offener als der Jazz?

Die Milchsackfabrik lädt ein zum „Club Picknick“ mit Dan Bay und Max Clouth, die sich solo und im Duo präsentieren und im Gutleutviertel die ausgefallene Präsentation ihrer EP „Voodoo Guitar“ nachholen. Diese sollte ursprünglich im Mousonturm stattfinden.
Trockenes Wetter ist die Grundvoraussetzung dafür, dass das „Club Picknick“ über die Bühne gehen kann. Denn es darf aufgrund behördlicher Kontaktbeschränkungen und Abstandsregelungen nur im Hof der Milchsackfabrik stattfinden. Drei Programmpunkte in zwei Stunden sind am 15. Juli ab 20 Uhr geplant – Max Clouth beginnt solo mit der Gitarre; Dan Bay lässt den Abend als DJ ausklingen. Dazwischen präsentieren die Beiden – der Album-Release war für 28. März im Mousonturm geplant – ihre gemeinsame „Voodoo Guitar“-EP. Das JOURNAL FRANKFURT hat mit den beiden Musikern vor ihrer Live-Premiere gesprochen.

JOURNAL FRANKFURT: Wie kam es zur Zusammenarbeit mit Dan Bay und was war für Dich besonders reizvoll an dieser Konstellation?
Max Clouth: Daniel und ich haben uns bei einem Konzert in der Milchsackfabrik kennengelernt. Daniel hatte mit dem MPC Orchestra mit Le Rubrique und Matthias Vogt dort gespielt und ich mochte die Musik sofort. Die Zusammenarbeit kam dann schnell zustande, wir haben uns im Studio getroffen und losgespielt. Der erste gemeinsame Jam – den wir zum Glück aufgenommen haben – ist die Basis von Daniels aktueller Veröffentlichung „One Night in Kerala“. Mir gefällt das Organische an Daniels Musik – die meisten perkussiven Sounds, die er verwendet, hat er selber aufgenommen. Trotzdem ist die Produktionsweise komplett elektronisch. Ich mag solche Kontraste.

Wie viel „Indian Jazz Guitar“, wofür Du bis dato gerühmt wurdest, galt es zu erhalten und schwingt noch in der gemeinsamen Arbeit mit?
Max Clouth: Ich denke, was bei mir so „indisch“ anmutet, ist eine Kombination aus verschiedenen Einflüssen, die ich im Laufe der Zeit in mein Spiel integriert habe. Was im Kontext von unserer Kollaboration sehr gut funktioniert, sind Gitarrenparts, die deutliche Assoziationen an orientalische Klänge aufweisen, ohne explizit verortbar oder ein Zitat zu sein. Generell habe ich den Eindruck, dass elektronische Musik viel mehr vom Offenlassen lebt als Jazz.

Was gibt es über Dan Bays Background zu berichten?
Daniel Bay: Ich habe schon mein ganzes Leben Musik gemacht. Seit zehn Jahren produziere und komponiere ich intensiv elektronische Musik. Ich komme aber auch aus dem bunten Frankfurter Musiker*innen Umkreis; dort spielte ich früher auf vielen Jamsessions und Improvisationsabenden Schlagzeug. Meine Leidenschaft ist die Komposition und das Arrangieren von Musikstücken. Ich liebe es, Spannungsbögen zu erzeugen und Geschichten zu erzählen. Dazu nutze ich meist selbst aufgenommene Perkussionsinstrumente und Instrumenten-Samples. Auch für unsere „Voodoo Guitar“-EP habe ich die Arrangements und Kompositionen erstellt. Ich sehe in der langsamen elektronischen Musik der Stilrichtungen Downtempo/Electronica eine tolle Möglichkeit elektronische Musik mit organischen Elementen zu kombinieren, da zwischen den einzelnen Beats wesentlich mehr „Platz“ ist als bei schneller elektronischer Musik.

Ist die neue Musik auch ein bewusster Schritt in Richtung Clubkultur? Wie viel davon ist komponiert, wie viel improvisiert und wie würdest Du den Charakter der Musik beschreiben?
Max Clouth: Das Ziel unseres gemeinsamen Projektes ist Musik zu Komponieren und Produzieren, die gut in Clubs gespielt werden kann, die aber auch etwas für zu Hause oder unterwegs ist. Uns ist es wichtig, die Musik als multikulturelle Sprache zu verstehen und wir wünschen uns mit unserer Musik Menschen zu verbinden. Für unsere EP „Voodoo Guitar“ und unsere neue EP, die wir aktuell gerade aufnehmen, sind alle Stücke vollständig komponiert. Viele der Kompositionen basieren allerdings auf Jamsessions, die wir gemeinsam aufgenommen und im Anschluss ausgearbeitet und verfeinert haben. Live spielen wir eine Mischung aus unseren veröffentlichten Stücken, die sich mit völlig improvisierten Parts auf vorher abgesprochenen elektronischen Loops oder Samples abwechseln. Der Charakter unserer Musik ist organisch in einem elektronischen Gewand. Wichtig ist uns, dass auch das „handgemachte Musikalische" in der elektronischen Musik nicht verloren geht und dies auch in der Clubkultur weiter besteht.

Was will uns der Titel „Voodoo Guitar“ sagen?
Daniel Bay: Die in unserer Musik vorkommenden Einflüsse sind sehr vielfältig und nicht auf eine bestimmte Herkunft zurückzuführen. Es kommen unter anderem orientalische, indische, afrikanische, aber auch christliche Musikelemente vor. Voodoo stellt eine Synthese von Ideen zu einer Religion aus vielfältigen afrikanischen, islamischen oder auch indianischen Elementen dar und stammt ursprünglich aus Westindien. Uns geht es bei dem Begriff vorrangig um die Beschreibung des multikulturellen Einflusses, der uns inspiriert und bereichert und eher weniger um den religiösen Aspekt. Da wir bewusst den Fokus auf das Instrument Gitarre legen, haben wir uns für die Kombination der Begriffe zu „Voodoo Guitar“ entschieden.

Nach John McLaughlin jetzt eher Assoziationen Richtung Jimi Hendrix. Auch auf Led Zeppelin wird auf Deiner Website verwiesen – ist der Jazzmusiker Max Clouth auf dem Weg zum (psychedelischen?) Rock’n’Roller, der zudem mit der Elektronik (Kraftwerk) flirtet? 

Max Clouth: Ich denke, es ist umgekehrt. Meine ersten Einflüsse waren Jimi Hendrix, Rockmusik aus den Siebzigern. Auf das, was heute in Deutschland „Jazz“ heißt, habe ich eher einen distanzierten Blick, ich finde das meiste langweilig bis regelrecht reaktionär. An elektronischer Musik interessiert mich das Konzept, durch bewusste Reduktion mit einem Minimum an klanglicher Information ein Maximum an Dynamik und Energie zu erzeugen. Kraftwerk tun das auf ihre Art meisterhaft, finde ich.
 
Fotogalerie:
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6. Juli 2020, 13.51 Uhr
Detlef Kinsler
 
Detlef Kinsler
Weil sein Hobby schon früh zum Beruf wurde, ist Fotografieren eine weitere Leidenschaft des Journal-Frankfurt-Musikredakteurs, der außerdem regelmäßig über Frauenfußball schreibt. – Mehr von Detlef Kinsler >>
 
 
 
 
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