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Ausstellung im Museum für Kommunikation
Werbung? Supergeil!
Das Museum für Kommunikation zeigt deutsche Werbekampagnen, die Geschichte machten. In der Ausstellung kann man sehen, wie die Reklame den Zeitgeist widerspiegelt und zugleich die Sprache beeinflusst.
Ein alter Mann mit Bart und Pilotenbrille rennt zwischen den Regalen eines Supermarktes herum und findet alles: supergeil. Eigentlich bescheuert, eigentlich nichtssagend, aber es prägt sich ein. Und mittlerweile kann man dieses Wort nicht mehr hören ohne gleich an Edeka zu denken, den Laden, in dem angeblich alles supergeil sein soll.
Das virale Video mit Friedrich Liechtenstein steht nicht nur beispielhaft für moderne Werbung, sondern auch für Werbung schlechthin. Denn eigentlich ist in der Werbung immer alles supergeil. Alles schreit: Kaufen! Die Frage ist nur, was in der Flut an Plakaten, Anzeigen und Spots unsere Aufmerksamkeit weckt und noch mehr, was bei uns hängen bleibt. Und spätestens da wird deutlich, dass es zwar viel Werbung gibt, zu viel sogar, aber nur die wenigste so geil ist, dass sie uns beeinflusst - und zwar nicht nur zum Kaufen.
Das Museum für Kommunikation hat in seiner Ausstellung "Berührt - Verführt. Werbekampagnen, die Geschichte machten" eine Art Anthologie der deutschen Werbung zusammengestellt. In 350 Plakaten, Anzeigen, Filmen und Objekten werden 70 Jahre Zeitgeschichte rekapituliert. Von Coca Cola bis Afri Cola, von Persil bis Fewa, vom Plakat bis zum Internetvideo.
"Die Kampagnen sollten populär sein und Nostalgie auslösen", sagt Kuratorin Katja Weber. "Wir wollten ein Stück Mentalitätsgeschichte schreiben." Viele Slogans seien als Sprichwörter in die Alltagssprache eingegangen, zum Beispiel "Wohnst du noch oder lebst du schon?" oder "Technik, die begeistert" oder "Nicht immer, aber immer öfter" oder "Ich habe gar kein Auto".
Die Ausstellung ist chronologisch angeordnet, sie beginnt in der Nachkriegszeit, als bestimmte Marken wieder beworben wurden: "Persil bleibt Persil", lautete damals der tautologisch klingende Slogan für Waschmittel. Und Nivea warb für seine Zahnpasta (!) ironisch mit "Friedensqualität". In den 50ern ermunterte Coca Cola die hart arbeitenden Menschen im Wirtschaftswunder "mal Pause" zu machen, während VW sich noch als "ErVolkswagen" präsentieren konnte. Heute, mitten im Abgas-Skandal, fährt das Unternehmen aus strategischen Gründen seine Werbung zurück. Manchmal ist zu viel Aufmerksamkeit auch kontraproduktiv.
Ein Gang durch die Ausstellung ist ein Wiedersehen mit alten Bekannten: dem Esso-Tiger und der Milka-Kuh, dem Nescafé-Italiener und der Deinhard-Frau. Man bekommt das Bacardi-Feeling oder sehnt sich nach Ice in the Sunshine, auf "Nichts ist unmöglich" folgt zwangsläufig "Toyota" und der Genuss von Malteserkreuz Aquavit wirkt unbedenklich, denn: "Man gönnt sich ja sonst nix." Diese Spots sind Kulturgeschichte.
Doch gezeigt werden nicht bloß Wohlfühl-Slogans. Unvergessen ist auch die Kampagne von United Colors of Benetton, bei denen Bilder von ölverschmierten Vögeln, einem sterbenden AIDS-Kranken und das blutige Hemd eines gefallenen Soldaten zu sehen waren. Die Fotos lösten Empörung aus und eine Debatte darüber, ob man Aufmerksamkeit um jeden Preis erzielen darf.
Zum Schluss wird auch die Gegenwart dargestellt und ein Ausblick auf die Zukunft gegeben: Virale Kampagnen, personalisierte Werbung auf mobilen Endgeräten. "Werbung wird zielgerichteter", sagt Dominik Heinrich, Creative Director der Agentur McCann. Seine Firma hat einem Discounter während der vergangenen Fußball-WM über 500.000 Facebook-Fans verschafft, indem sie ein Tischkicker-Fan-Turnier übers Internet organisiert hat. Die Menschen saßen an ihren Rechnern und steuerten die Figuren auf einem realen Tischkicker beim Elfmeterschießen. "Die Menschen haben die Marken wahrgenommen, ohne sich von Werbung belästigt gefühlt zu haben", sagt Heinrich. Dennoch ist er überzeugt: "Slogans werden weiterhin eine wichtige Bedeutung haben." Slogans, die Emotionen wecken. Slogans wie "Es gibt immer was zu tun" oder "Geiz ist geil". Wenn man sie kennt, hat die Werbung ihr Ziel erreicht.
>> Berührt - Verführt. Werbekampagnen, die Geschichte machten, Museum für Kommunikation, Schaumainkai 53, bis 28.8.2016, Eintritt 3/1,50 Euro.
Das virale Video mit Friedrich Liechtenstein steht nicht nur beispielhaft für moderne Werbung, sondern auch für Werbung schlechthin. Denn eigentlich ist in der Werbung immer alles supergeil. Alles schreit: Kaufen! Die Frage ist nur, was in der Flut an Plakaten, Anzeigen und Spots unsere Aufmerksamkeit weckt und noch mehr, was bei uns hängen bleibt. Und spätestens da wird deutlich, dass es zwar viel Werbung gibt, zu viel sogar, aber nur die wenigste so geil ist, dass sie uns beeinflusst - und zwar nicht nur zum Kaufen.
Das Museum für Kommunikation hat in seiner Ausstellung "Berührt - Verführt. Werbekampagnen, die Geschichte machten" eine Art Anthologie der deutschen Werbung zusammengestellt. In 350 Plakaten, Anzeigen, Filmen und Objekten werden 70 Jahre Zeitgeschichte rekapituliert. Von Coca Cola bis Afri Cola, von Persil bis Fewa, vom Plakat bis zum Internetvideo.
"Die Kampagnen sollten populär sein und Nostalgie auslösen", sagt Kuratorin Katja Weber. "Wir wollten ein Stück Mentalitätsgeschichte schreiben." Viele Slogans seien als Sprichwörter in die Alltagssprache eingegangen, zum Beispiel "Wohnst du noch oder lebst du schon?" oder "Technik, die begeistert" oder "Nicht immer, aber immer öfter" oder "Ich habe gar kein Auto".
Die Ausstellung ist chronologisch angeordnet, sie beginnt in der Nachkriegszeit, als bestimmte Marken wieder beworben wurden: "Persil bleibt Persil", lautete damals der tautologisch klingende Slogan für Waschmittel. Und Nivea warb für seine Zahnpasta (!) ironisch mit "Friedensqualität". In den 50ern ermunterte Coca Cola die hart arbeitenden Menschen im Wirtschaftswunder "mal Pause" zu machen, während VW sich noch als "ErVolkswagen" präsentieren konnte. Heute, mitten im Abgas-Skandal, fährt das Unternehmen aus strategischen Gründen seine Werbung zurück. Manchmal ist zu viel Aufmerksamkeit auch kontraproduktiv.
Ein Gang durch die Ausstellung ist ein Wiedersehen mit alten Bekannten: dem Esso-Tiger und der Milka-Kuh, dem Nescafé-Italiener und der Deinhard-Frau. Man bekommt das Bacardi-Feeling oder sehnt sich nach Ice in the Sunshine, auf "Nichts ist unmöglich" folgt zwangsläufig "Toyota" und der Genuss von Malteserkreuz Aquavit wirkt unbedenklich, denn: "Man gönnt sich ja sonst nix." Diese Spots sind Kulturgeschichte.
Doch gezeigt werden nicht bloß Wohlfühl-Slogans. Unvergessen ist auch die Kampagne von United Colors of Benetton, bei denen Bilder von ölverschmierten Vögeln, einem sterbenden AIDS-Kranken und das blutige Hemd eines gefallenen Soldaten zu sehen waren. Die Fotos lösten Empörung aus und eine Debatte darüber, ob man Aufmerksamkeit um jeden Preis erzielen darf.
Zum Schluss wird auch die Gegenwart dargestellt und ein Ausblick auf die Zukunft gegeben: Virale Kampagnen, personalisierte Werbung auf mobilen Endgeräten. "Werbung wird zielgerichteter", sagt Dominik Heinrich, Creative Director der Agentur McCann. Seine Firma hat einem Discounter während der vergangenen Fußball-WM über 500.000 Facebook-Fans verschafft, indem sie ein Tischkicker-Fan-Turnier übers Internet organisiert hat. Die Menschen saßen an ihren Rechnern und steuerten die Figuren auf einem realen Tischkicker beim Elfmeterschießen. "Die Menschen haben die Marken wahrgenommen, ohne sich von Werbung belästigt gefühlt zu haben", sagt Heinrich. Dennoch ist er überzeugt: "Slogans werden weiterhin eine wichtige Bedeutung haben." Slogans, die Emotionen wecken. Slogans wie "Es gibt immer was zu tun" oder "Geiz ist geil". Wenn man sie kennt, hat die Werbung ihr Ziel erreicht.
>> Berührt - Verführt. Werbekampagnen, die Geschichte machten, Museum für Kommunikation, Schaumainkai 53, bis 28.8.2016, Eintritt 3/1,50 Euro.
Web: www.mfk-frankfurt.de
1. Oktober 2015, 10.00 Uhr
Lukas Gedziorowski
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