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Ausstellung Luthers Meisterwerk im Bibelhaus

Eine Bibelausstellung mit Gaucks Segen

Die Ausstellung „Luthers Meisterwerk“ im Bibelhaus stellt die Entwicklung einer Medienrevolution anhand vieler kostbarer Exponate dar. Am Dienstag hat Bundespräsident Joachim Gauck die Schau eröffnet.
Was macht man, wenn man gerade exkommuniziert wurde und um sein Leben fürchten muss, weil dem Kaiser und ein paar Kirchenfuzzis ein paar theologische Thesen nicht gefallen haben, wenn man auf der Wartburg herumhocken muss und nicht viel hat außer der Bibel in griechischer und lateinischer Sprache? Der Mönch Martin Luther alias Junker Jörg kam auf die Idee, dass man das Ding mal anständig übersetzen müsste, damit es jeder lesen und auch verstehen kann.

In elf Wochen war der Text fertig. Jedenfalls das Neue Testament, also der Jesus-Teil der Bibel. Das war 1522. Luther hatte nicht nur eine Reformation losgetreten, sondern ihr damit auch eine Grundlage geliefert. Begünstigt von der noch neuen Technik des Buchdrucks mit beweglichen Lettern konnte damit schnell und vergleichsweise günstig der wichtigste Text der Zeit verbreitet werden. Die Reformation wurde nicht nur zur geistlichen, sondern auch zu geistesgeschichtlicher Hinsicht zur Revolution. Sie ging mit einer Medienrevolution einher. Die deutsche Bibel wurde zum ersten Bestseller.

Davon handelt die neue Ausstellung im Bibelhaus mit dem Titel „Luthers Meisterwerk. Ein Buch wie eine Naturgewalt“. Zwei Jahre vor dem 500-jährigen Jubiläum der Reformation (1517 schrieb Luther seine 95 Thesen) versammelt das Museum wichtige Bibeldrucke von 1452 bis 1572. Dargestellt werden die Anfänge des Buchdrucks mit beweglichen Lettern, die Kunst der Illustration und Luthers Entstehung seiner „Biblia Deutsch“ von 1522 bis 1534.

Welche Bedeutung die Ausstellung im Bibelhaus hat, wurde am Dienstag deutlich, als Bundespräsident Joachim Gauck sie in der Dreikönigskirche eröffnet hat. Er habe nicht nach Frankfurt kommen wollen, als wäre er ein Fremder, sagte er. Und so hat der Bundespräsident nicht nur gesprochen wie ein Staatsoberhaupt, sondern auch wie ein Pfarrer. Gauck bemühte sich um einen Spagat zwischen Geistlichem und Weltlichem: Luthers Bibel sei eines der wichtigsten geistigen Erzeugnisse deutscher Nation, sagte er. „Wir Deutschen wären ohne ganz andere geworden.“ Luther, der "Sprachkünstler und Sprachmagier", habe in seiner Übersetzung Begriffe verwendet, die die deutsche Sprache bis heute prägten. Luther habe die Seele der deutschen Sprache lebendig werden lassen, weil ihm die Seele am Herzen lag“, so Gauck.

So ist Luthers Übertragung keine wortwörtliche, solche gab es schon – und die waren für Laien nur schwer zugänglich. Sie dienten eher als Lesehilfe für Experten, die auch den lateinischen Text verstanden. Luther hat die Bibel in die Sprache des Volkes übertragen und dafür Wortbilder gefunden, die die Sprache veranschaulichten. Eines der berühmtesten Beispiele ist der Vers aus Psalm 23, „der Herr ist mein Hirte“, der sich so nicht im Original findet, aber mit der Metapher wird die Sache auf den Punkt gebracht. „Luther hat die Alltagssprache der Zeit in deutsche Literatur verwandelt“, sagt Pfarrer Veit Dinkelaker, theologischer Referent für Religionspädagogik am Bibelhaus. Damit war Luthers Bibel wegweisend für die Herausbildung des Neuhochdeutschen. Phrasen wie „immer und ewig“, „klar und deutlich“ oder „Lust am Leben“ kommen bei ihm zuerst vor.

Doch Luther ist nicht bloß der strahlende Held der Ausstellung. „Wir wollen Luthers Antijudaismus nicht unterschlagen“, sagt Dinkelaker. „Aber er hat auch den Christen die Liebe zum Hebräischen beigebracht.“ Die Ausstellung hat auch einen starken lokalen Bezug: Frankfurt war als Messestadt wichtig für den Vertrieb der Bücher, weil es im 16. Jahrhundert noch keine Buchhandlungen gab. Auch die Bedeutung der Stadt für die Medienrevolution arbeiten die Kuratoren heraus.

Doch so aufwendig und so gut gemeint „Luthers Meisterwerk“ auch sein mag: Die Ausstellung ist allein schon wegen der Lichtverhältnisse gewöhnungsbedürftig. Um die wertvollen alten Bücher zu schützen, ist es dort sehr dunkel. Bei allem Bemühen, die Druckerzeugnisse für Laien zugänglich zu machen und einfach zu erklären, bietet die Ausstellung aber nur wenig mehr als alte Bücher in Vitrinen und ist damit leider zu textlastig geworden. Die wenigen Illustrationen sind viel zu klein und viel zu wenige, die interaktiven Elemente wie eine Druckerpresse, eine Drehscheibe und ein paar Aufsteller mit Lutherworten sowie eine Selfie-Station wirken zu anbiedernd. So kann man nur empfehlen, sich durch die Ausstellung führen zu lassen, wenn man sich von der spannenden Geschichte begeistern lassen will.
 
Fotogalerie:
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16. September 2015, 12.30 Uhr
Lukas Gedziorowski
 
 
 
 
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