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Ein großer Industrieller und Mäzen
Er war der zehnte Ehrenbürger der Stadt Frankfurt, was ihn jedoch nicht davor bewahrte, dass man ihn in der NS-Zeit wegen seiner jüdischen Abstammung verfolgte und in hohem Alter ins KZ deportierte. Arthur von Weinberg, der Leiter der Cassella-Werke, große Mäzen und Gründungsstifter der Frankfurter Universität, wurde vor 150 Jahren am 11. August geboren.
Sein Schreibtisch steht in der Universität. Hier gebührt Arthur von Weinberg ein ewiger Platz. Die Alessa Chemie, das Nachfolgeunternehmen der einst von Weinberg geleiteten Cassella, übergab vor drei Jahren dessen Dienstschreibtisch aus dem Fechenheimer Werk an die Frankfurter Universität. Im heutigen Universitätsgebäude, dem damaligen IG Farben-Haus, hatte der Industrielle Arthur von Weinberg zuletzt gearbeitet – bis ihn die Nationalsozialisten wegen seiner jüdischen Abstammung aus Amt und Würden drängten. Vor allem aber war Weinberg der Universität stark verbunden. Der große Mäzen und zehnte Ehrenbürger seiner Geburtsstadt Frankfurt gehörte zu den Gründungsstiftern der Universität, die er da rüber hinaus auf vielfältige Weise unterstützte.
Vor 150 Jahren, am 11. August 1860, wurde Arthur von Weinberg in Frankfurt geboren. Sein Vater war Teilhaber der Farbengroßhandlung Leopold Cassella & Comp., sein Onkel Leo Gans Gründer der Frankfurter Anilinfarbenfabrik Gans & Co., in die Arthur Weinberg nach dem Studium der Chemie 1883 eintrat. In Pionierarbeit entwickelte er in den kommenden Jahren zahlreiche künstliche Farbstoffe. Nach dem Zusammenschluss der erfolgreichen Farbenfabrik mit der familieneigenen Farbengroßhandlung zur Leopold Cassella & Co. 1894 trat Arthur Weinberg zusammen mit seinem jüngeren Bruder Carl, der bereits seit 1877 im kaufmännischen Bereich des Unternehmens tätig war, allmählich in die Gesamtleitung ein. Um die Jahrhundertwende hatten es Leo Gans und seine beiden Neffen an die Weltspitze geschafft: Die Cassella galt als weltgrößter Hersteller synthetischer Farbstoffe.
In ihrem unternehmerischen Erfolg sahen die Brüder Weinberg schon früh auch eine mäzenatische Verpflichtung. Beim Neubau des Frankfurter Senckenbergmuseums stiftete Arthur Weinberg 1906 die stattliche Summe von 50.000 Goldmark zum Erwerb einer Gorillagruppe für die Schausammlung; später finanzierte er etwa den Ankauf weiterer spektakulärer Ausstellungsstücke und förderte die Arbeit der meeresbiologischen Forschungsstation in Wilhelmshaven. Weinberg bereitete auch die Gründung der Frankfurter Universität mit vor. Um Forschung und Lehre auf dem Gebiet der Naturwissenschaften zu fördern, errichtete er 1909 eine Stiftung mit einem Kapital von 300.000 Mark, aus deren Erträgen ein Lehrstuhl für physikalische Chemie und Metallurgie am Physikalischen Verein finanziert wurde. Mit der gleichen Summe, die heute etwa vier Millionen Euro entsprechen würde, beteiligte er sich 1914 an der eigentlichen Universitätsgründung. Darüber hinaus unterstützte Weinberg unter anderem den Zoo, dem er ein Löwen- und ein Tigerpaar schenkte, förderte das Historische Museum und engagierte sich im Patronatsverein der Städtischen Bühnen sowie im Städelschen Museumsverein.
Für ihre wirtschaftlichen und wohltätigen Leistungen wurden die Brüder Arthur und Carl Weinberg 1908 in den erblichen preußischen Adelsstand erhoben. Bald darauf heiratete Arthur von Weinberg eine gebürtige Holländerin, deren halbwüchsige Töchter Marie und Charlotte er adoptierte. Die Familie lebte im von Arthur von Weinberg erbauten Haus Buchenrode in Niederrad, einem neobarocken Schlösschen, in dem bald nicht nur die große Gesellschaft, sondern vor allem Wissenschaftler und Künstler verkehrten. Ganz in der Nähe unterhielten die Brüder von Weinberg, beide passionierte Pferdesportler, ihr legendäres Vollblutgestüt Waldfried. In den zwanziger Jahren forcierten die Brüder von Wein berg den Zusammenschluss der führenden deutschen Chemieunternehmen zur IG Farbenindustrie AG, deren Aufsichts- und Verwaltungsrat sie künftig angehörten. Als höchste unter seinen zahlreichen Auszeichnungen erhielt Arthur von Weinberg anlässlich seines 70. Geburtstags 1930 das Ehrenbürgerrecht der Stadt Frankfurt am Main.
Im "Dritten Reich" vertraute Weinberg, evangelisch getauft und patriotisch gesinnt, wohl lange darauf, dass ihm – auch wegen seiner großen Verdienste um das Gemeinwohl und seiner Teilnahme am Ersten Weltkrieg – nichts Schlimmes passieren würde. Doch bald war er aufgrund seiner jüdischen Abstammung der Entrechtung und Ausbeutung durch den NS-Staat voll ausgesetzt. Zunächst musste er 1935 aus dem Verwaltungsrat, im Zuge der "Arisierungskampagne" in der deutschen Wirtschaft 1937 auch aus dem Aufsichtsrat der IG Farben ausscheiden. Nach dem Novemberpogrom 1938 legte der greise Geheimrat seine letzten Mandate und Ehrenämter nieder. Unter Druck verkaufte er noch im selben Jahr seinen Grundbesitz in Niederrad an die Stadt. Den ohnehin relativ niedrigen Kaufpreis musste Weinberg zur Bezahlung der "Sühneleistungen", die der NS-Staat nach dem Novemberpogrom unverfroren den Juden als den doch eigentlich Geschädigten auferlegt hatte, direkt an die Finanzkasse abführen.
Bei Ausbruch des Krieges 1939 übersiedelte Arthur von Weinberg zu seiner Tochter an den Ammersee. Dort holte ihn am 2. Juni 1942 die Gestapo ab, um ihn angeblich zu einer "Befragung" nach München zu bringen. Vier Tage später wurde er ins Konzentrationslager Theresienstadt deportiert. An den Folgen einer Gallenblasenoperation starb Arthur von Weinberg am 20. März 1943 in Theresienstadt. Nur wenige Tage zuvor war auch sein Bruder Carl von Weinberg, der zuletzt im Exil in Italien lebte, gestorben.
Sabine Hock (pia)
Sein Schreibtisch steht in der Universität. Hier gebührt Arthur von Weinberg ein ewiger Platz. Die Alessa Chemie, das Nachfolgeunternehmen der einst von Weinberg geleiteten Cassella, übergab vor drei Jahren dessen Dienstschreibtisch aus dem Fechenheimer Werk an die Frankfurter Universität. Im heutigen Universitätsgebäude, dem damaligen IG Farben-Haus, hatte der Industrielle Arthur von Weinberg zuletzt gearbeitet – bis ihn die Nationalsozialisten wegen seiner jüdischen Abstammung aus Amt und Würden drängten. Vor allem aber war Weinberg der Universität stark verbunden. Der große Mäzen und zehnte Ehrenbürger seiner Geburtsstadt Frankfurt gehörte zu den Gründungsstiftern der Universität, die er da rüber hinaus auf vielfältige Weise unterstützte.
Vor 150 Jahren, am 11. August 1860, wurde Arthur von Weinberg in Frankfurt geboren. Sein Vater war Teilhaber der Farbengroßhandlung Leopold Cassella & Comp., sein Onkel Leo Gans Gründer der Frankfurter Anilinfarbenfabrik Gans & Co., in die Arthur Weinberg nach dem Studium der Chemie 1883 eintrat. In Pionierarbeit entwickelte er in den kommenden Jahren zahlreiche künstliche Farbstoffe. Nach dem Zusammenschluss der erfolgreichen Farbenfabrik mit der familieneigenen Farbengroßhandlung zur Leopold Cassella & Co. 1894 trat Arthur Weinberg zusammen mit seinem jüngeren Bruder Carl, der bereits seit 1877 im kaufmännischen Bereich des Unternehmens tätig war, allmählich in die Gesamtleitung ein. Um die Jahrhundertwende hatten es Leo Gans und seine beiden Neffen an die Weltspitze geschafft: Die Cassella galt als weltgrößter Hersteller synthetischer Farbstoffe.
In ihrem unternehmerischen Erfolg sahen die Brüder Weinberg schon früh auch eine mäzenatische Verpflichtung. Beim Neubau des Frankfurter Senckenbergmuseums stiftete Arthur Weinberg 1906 die stattliche Summe von 50.000 Goldmark zum Erwerb einer Gorillagruppe für die Schausammlung; später finanzierte er etwa den Ankauf weiterer spektakulärer Ausstellungsstücke und förderte die Arbeit der meeresbiologischen Forschungsstation in Wilhelmshaven. Weinberg bereitete auch die Gründung der Frankfurter Universität mit vor. Um Forschung und Lehre auf dem Gebiet der Naturwissenschaften zu fördern, errichtete er 1909 eine Stiftung mit einem Kapital von 300.000 Mark, aus deren Erträgen ein Lehrstuhl für physikalische Chemie und Metallurgie am Physikalischen Verein finanziert wurde. Mit der gleichen Summe, die heute etwa vier Millionen Euro entsprechen würde, beteiligte er sich 1914 an der eigentlichen Universitätsgründung. Darüber hinaus unterstützte Weinberg unter anderem den Zoo, dem er ein Löwen- und ein Tigerpaar schenkte, förderte das Historische Museum und engagierte sich im Patronatsverein der Städtischen Bühnen sowie im Städelschen Museumsverein.
Für ihre wirtschaftlichen und wohltätigen Leistungen wurden die Brüder Arthur und Carl Weinberg 1908 in den erblichen preußischen Adelsstand erhoben. Bald darauf heiratete Arthur von Weinberg eine gebürtige Holländerin, deren halbwüchsige Töchter Marie und Charlotte er adoptierte. Die Familie lebte im von Arthur von Weinberg erbauten Haus Buchenrode in Niederrad, einem neobarocken Schlösschen, in dem bald nicht nur die große Gesellschaft, sondern vor allem Wissenschaftler und Künstler verkehrten. Ganz in der Nähe unterhielten die Brüder von Weinberg, beide passionierte Pferdesportler, ihr legendäres Vollblutgestüt Waldfried. In den zwanziger Jahren forcierten die Brüder von Wein berg den Zusammenschluss der führenden deutschen Chemieunternehmen zur IG Farbenindustrie AG, deren Aufsichts- und Verwaltungsrat sie künftig angehörten. Als höchste unter seinen zahlreichen Auszeichnungen erhielt Arthur von Weinberg anlässlich seines 70. Geburtstags 1930 das Ehrenbürgerrecht der Stadt Frankfurt am Main.
Im "Dritten Reich" vertraute Weinberg, evangelisch getauft und patriotisch gesinnt, wohl lange darauf, dass ihm – auch wegen seiner großen Verdienste um das Gemeinwohl und seiner Teilnahme am Ersten Weltkrieg – nichts Schlimmes passieren würde. Doch bald war er aufgrund seiner jüdischen Abstammung der Entrechtung und Ausbeutung durch den NS-Staat voll ausgesetzt. Zunächst musste er 1935 aus dem Verwaltungsrat, im Zuge der "Arisierungskampagne" in der deutschen Wirtschaft 1937 auch aus dem Aufsichtsrat der IG Farben ausscheiden. Nach dem Novemberpogrom 1938 legte der greise Geheimrat seine letzten Mandate und Ehrenämter nieder. Unter Druck verkaufte er noch im selben Jahr seinen Grundbesitz in Niederrad an die Stadt. Den ohnehin relativ niedrigen Kaufpreis musste Weinberg zur Bezahlung der "Sühneleistungen", die der NS-Staat nach dem Novemberpogrom unverfroren den Juden als den doch eigentlich Geschädigten auferlegt hatte, direkt an die Finanzkasse abführen.
Bei Ausbruch des Krieges 1939 übersiedelte Arthur von Weinberg zu seiner Tochter an den Ammersee. Dort holte ihn am 2. Juni 1942 die Gestapo ab, um ihn angeblich zu einer "Befragung" nach München zu bringen. Vier Tage später wurde er ins Konzentrationslager Theresienstadt deportiert. An den Folgen einer Gallenblasenoperation starb Arthur von Weinberg am 20. März 1943 in Theresienstadt. Nur wenige Tage zuvor war auch sein Bruder Carl von Weinberg, der zuletzt im Exil in Italien lebte, gestorben.
Sabine Hock (pia)
8. August 2010, 11.33 Uhr
red
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