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Demokratie gestalten
Frankfurt und seine Bürgerschaft – eine sorgende Verbindung
Frankfurt muss mehr bieten als nur Funktionalität und Infrastruktur. Es geht darum, Bürgerinnen und Bürger emotional zu binden und ihnen Möglichkeiten der Partizipation und Identifikation anzubieten.
Menschen, die in einer Stadt leben – ob als Unternehmer, Konsumenten, Studierende oder Zugezogene –, bereichern diese mit ihren Ideen und Fähigkeiten und tragen so zu deren Vielfalt und Entwicklung bei. Doch das Verhältnis zwischen einer Stadt und ihren Bewohnerinnen und Bewohnern ist häufig rein funktional Die Stadt wird in diesem Fall lediglich als Mittel zum Zweck betrachtet, das den individuellen Bedürfnissen dienen soll. Aus dieser Perspektive erscheint die Stadt primär als ein Ort, der Ressourcen bündelt und Nutzen bereitstellt.
Kann die Stadt diese Anforderungen nicht mehr erfüllen, ziehen die Einwohnerinnen und Einwohner möglicherweise fort, um ihre Bedürfnisse anderswo zu erfüllen. Eine solch instrumentelle Sichtweise reduziert die Stadt auf eine Art „Durchlauferhitzer“ für persönliche Interessen. In dieser rein ökonomischen Logik werden Städte zu austauschbaren Orten – die Beziehung zwischen Stadt und Bürgerinnen und Bürgern bleibt oberflächlich. Was bedeutet das nun mit Blick auf unsere Stadt? Was braucht es ganz konkret, damit Frankfurts Einwohnerinnen und Einwohner ihre Stadt nicht als solch einen „Durchlauferhitzer“ begreifen?
Frankfurt braucht Bürger, die Verantwortung für ihre Stadt übernehmen
Um sich als Stadt abzuheben, eine gewisse Lebensqualität zu schaffen und langfristig attraktiv zu bleiben, muss Frankfurt mehr bieten als nur Funktionalität und Infrastruktur. Es geht darum, Bürgerinnen und Bürger emotional zu binden, ihnen Partizipationsoptionen und Identifikationsmöglichkeiten mit der Stadt anzubieten. Erst dann dürften sie für ihr Leben in Frankfurt eine langfristige Perspektive sehen. Und erst dann dürften sie dazu bereit sein, sich für ihre Stadt zu engagieren. Bürgerinnen und Bürger, die den Zustand der rein funktionalen Nutzung ihrer Stadt hinter sich gelassen haben und dazu bereit sind, Verantwortung für ihre Stadt oder auch nur den Bereich vor der eigenen Haustür zu übernehmen, begreifen die Stadt nicht nur als Ort, an dem sie leben – sie begreifen ihn als ihre Heimat.
Sie haben die Stadt als Narrativ in ihre eigenen Erzählungen eingebunden, sie verinnerlichen die Historie und die Geschichten der Stadt und positionieren sich zu ihnen. In diesem Moment beginnen sie, selbst Teil der Stadtgeschichte zu werden – und schreiben sie fort. Sie werden durch die Stadt sozialisiert, prägen sie aber auch durch ihr Engagement und ihre Erzählungen und entwickeln so ihre eigene, ganz persönliche Identität, die wiederum zunehmend an die Stadt gebunden ist. So beginnt der Bindungs- und Identifikationskreislauf. Entstehen dann noch soziale Beziehungen im Sinne von Freunden und Familie, dann werden auch sie in die Konstruktion der eigenen Heimatstadt mit eingebunden. Die Stadt und die Menschen werden zum persönlichen Netzwerk.
Wenn Bürgerinnen und Bürger sich mit ihrer Stadt verbunden fühlen, sie als Heimat und Teil ihrer eigenen Geschichte betrachten, schafft diese emotionale Bindung die Voraussetzung für ein tieferes Engagement, das über die rein funktionale, zweckdienliche Nutzung der Stadt hinausgeht; auf Frankfurt bezogen: Unsere Stadt braucht Bürgerinnen und Bürger, die Verantwortung für ihre Stadt übernehmen möchten und sich aktiv an der Gestaltung ihrer Stadt beteiligen, besonders in Zeiten der großen Herausforderungen, vor denen wir derzeit stehen.
Globaler Wettbewerb: Frankfurt muss zukünftige Bedürfnisse im Blick haben
Damit sich die Bürgerinnen und Bürger einbringen können, muss die Stadt sie aktiv einbeziehen und ihnen auch den Raum dafür geben, ihre Ideen einzubringen. Sie muss Rahmenbedingungen dafür schaffen, in denen Bürgerinnen und Bürger ihr soziales, kulturelles und ökonomisches Potenzial entfalten können. Es reicht, gerade im globalen Wettbewerb der Städte, nicht mehr aus, als Stadt eine triviale Infrastruktur zur Bedürfnisbefriedigung bereitzuhalten. Es braucht vielmehr eine, die mit den Veränderungen der Umwelt mitgeht – also das Versprechen abgibt, Bedürfnisse ihrer Einwohnerinnen und Einwohner auch in Zukunft bedienen zu können und Antworten auf die großen Herausforderungen unserer Zeit zu liefern.
Da die Welt komplexer geworden ist, reicht es beispielsweise nicht mehr aus, „bloß“ Schulen zu bauen. Vielmehr brauchen diese zugleich ein neues Arbeitsprogramm, um auf die veränderten gesellschaftlichen Situationen reagieren zu können. So braucht es, gerade im Kontext der Folgen der Corona-Pandemie, Schulen, die sich mit dem Themenfeld der mentalen Gesundheit ihrer Schützlinge auskennen. Schulen, die auf die Herausforderungen der Digitalisierung reagieren, indem sie eine entsprechende Infrastruktur sowie Expertise zu diesem Thema bieten und sich mit Blick auf die Nutzung digitaler Medien einer Stärkung der Medienkompetenz ihrer Schülerschaft annehmen.
Klimawandel, Bildungsinfrastruktur und wirtschaftlicher Wandlungsprozess
Um ein weiteres Beispiel zu nennen: Eine Stadt wie Frankfurt muss mit Blick auf die Zukunft versprechen können, dass sie auf die Folgen des Klimawandels reagiert und Antworten auf die sommerlichen Hitzewellen findet. Sie muss zeigen, wie sie mit zunehmenden Starkregenfällen umgehen wird, sodass auch hier die Sorgen der Bürgerinnen und Bürger nicht überhandnehmen. Und sie muss zeigen, dass sie Grünflächen schaffen, schützen und aufforsten kann, sind es doch gerade solche „grünen Oasen“, die die Stadt für die Psyche und die Physis ihrer Bürgerschaft dringender denn je benötigt.
Schließlich muss sie die Wirtschaft im Wandlungsprozess hin zu innovativen und damit ökonomisch starken klimaneutralen und biodiversitätsfördernden Unternehmen mit entsprechenden Fachkräften versorgen: Sie muss den Zugang und den Pool an Wissensträgerinnen und -trägern erhöhen, sodass es für Unternehmen im Wandel attraktiv ist, in der Stadt zu bleiben oder in diese zu ziehen. Eine Stadt wie Frankfurt braucht eine niederschwellige und starke Bildungsinfrastruktur.
Zukunftsfähigkeit der Stadt hängt stark von Beteiligung ihrer Bürger ab
Mit den hier nur sehr grob skizzierten notwendigen Handlungsoptionen kann eine Stadt es schaffen, ihre Bürgerinnen und Bürger langfristig zu halten und ihnen die Möglichkeit der Teilhabe zu bieten. Frankfurt muss sich als eine sich kümmernde Stadt verstehen und für ihre Bürgerschaft sorgen. So profitiert sie gleichzeitig von der Teilhabe der Bürgerinnen und Bürger, indem diese der Stadt durch ihr Engagement etwas zurückgeben; so sorgen dann auch die Menschen für ihre Stadt.
Die Zukunft der Stadt hängt von der Zusammenarbeit zwischen Politik, Verwaltung, Wirtschaft und maßgeblich von ihrer Bürgerschaft ab. Nur, wenn Bürgerinnen und Bürger aktiv Verantwortung übernehmen, ihre Sichtweisen einbringen und sich so an der Gestaltung ihrer Stadt beteiligen – und ihnen gleichzeitig der notwendige Raum dafür geboten wird –, wird Frankfurt eine zukunftsfähige Stadt bleiben.
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© Stiftung Polytechnische Gesellschaft
Info
Prof. Dr. Frank E.P. Dievernich ist Vorstandsvorsitzender der Stiftung Polytechnische Gesellschaft. Zuvor war er Präsident der Frankfurt University of Applied Sciences. Als gebürtiger Frankfurter ist er Mitglied vieler Kuratorien und Beiräte und darüber hinaus Autor vielfältiger Publikationen zu den Themen Gesellschaft und Bildung
Kann die Stadt diese Anforderungen nicht mehr erfüllen, ziehen die Einwohnerinnen und Einwohner möglicherweise fort, um ihre Bedürfnisse anderswo zu erfüllen. Eine solch instrumentelle Sichtweise reduziert die Stadt auf eine Art „Durchlauferhitzer“ für persönliche Interessen. In dieser rein ökonomischen Logik werden Städte zu austauschbaren Orten – die Beziehung zwischen Stadt und Bürgerinnen und Bürgern bleibt oberflächlich. Was bedeutet das nun mit Blick auf unsere Stadt? Was braucht es ganz konkret, damit Frankfurts Einwohnerinnen und Einwohner ihre Stadt nicht als solch einen „Durchlauferhitzer“ begreifen?
Um sich als Stadt abzuheben, eine gewisse Lebensqualität zu schaffen und langfristig attraktiv zu bleiben, muss Frankfurt mehr bieten als nur Funktionalität und Infrastruktur. Es geht darum, Bürgerinnen und Bürger emotional zu binden, ihnen Partizipationsoptionen und Identifikationsmöglichkeiten mit der Stadt anzubieten. Erst dann dürften sie für ihr Leben in Frankfurt eine langfristige Perspektive sehen. Und erst dann dürften sie dazu bereit sein, sich für ihre Stadt zu engagieren. Bürgerinnen und Bürger, die den Zustand der rein funktionalen Nutzung ihrer Stadt hinter sich gelassen haben und dazu bereit sind, Verantwortung für ihre Stadt oder auch nur den Bereich vor der eigenen Haustür zu übernehmen, begreifen die Stadt nicht nur als Ort, an dem sie leben – sie begreifen ihn als ihre Heimat.
Sie haben die Stadt als Narrativ in ihre eigenen Erzählungen eingebunden, sie verinnerlichen die Historie und die Geschichten der Stadt und positionieren sich zu ihnen. In diesem Moment beginnen sie, selbst Teil der Stadtgeschichte zu werden – und schreiben sie fort. Sie werden durch die Stadt sozialisiert, prägen sie aber auch durch ihr Engagement und ihre Erzählungen und entwickeln so ihre eigene, ganz persönliche Identität, die wiederum zunehmend an die Stadt gebunden ist. So beginnt der Bindungs- und Identifikationskreislauf. Entstehen dann noch soziale Beziehungen im Sinne von Freunden und Familie, dann werden auch sie in die Konstruktion der eigenen Heimatstadt mit eingebunden. Die Stadt und die Menschen werden zum persönlichen Netzwerk.
Wenn Bürgerinnen und Bürger sich mit ihrer Stadt verbunden fühlen, sie als Heimat und Teil ihrer eigenen Geschichte betrachten, schafft diese emotionale Bindung die Voraussetzung für ein tieferes Engagement, das über die rein funktionale, zweckdienliche Nutzung der Stadt hinausgeht; auf Frankfurt bezogen: Unsere Stadt braucht Bürgerinnen und Bürger, die Verantwortung für ihre Stadt übernehmen möchten und sich aktiv an der Gestaltung ihrer Stadt beteiligen, besonders in Zeiten der großen Herausforderungen, vor denen wir derzeit stehen.
Damit sich die Bürgerinnen und Bürger einbringen können, muss die Stadt sie aktiv einbeziehen und ihnen auch den Raum dafür geben, ihre Ideen einzubringen. Sie muss Rahmenbedingungen dafür schaffen, in denen Bürgerinnen und Bürger ihr soziales, kulturelles und ökonomisches Potenzial entfalten können. Es reicht, gerade im globalen Wettbewerb der Städte, nicht mehr aus, als Stadt eine triviale Infrastruktur zur Bedürfnisbefriedigung bereitzuhalten. Es braucht vielmehr eine, die mit den Veränderungen der Umwelt mitgeht – also das Versprechen abgibt, Bedürfnisse ihrer Einwohnerinnen und Einwohner auch in Zukunft bedienen zu können und Antworten auf die großen Herausforderungen unserer Zeit zu liefern.
Da die Welt komplexer geworden ist, reicht es beispielsweise nicht mehr aus, „bloß“ Schulen zu bauen. Vielmehr brauchen diese zugleich ein neues Arbeitsprogramm, um auf die veränderten gesellschaftlichen Situationen reagieren zu können. So braucht es, gerade im Kontext der Folgen der Corona-Pandemie, Schulen, die sich mit dem Themenfeld der mentalen Gesundheit ihrer Schützlinge auskennen. Schulen, die auf die Herausforderungen der Digitalisierung reagieren, indem sie eine entsprechende Infrastruktur sowie Expertise zu diesem Thema bieten und sich mit Blick auf die Nutzung digitaler Medien einer Stärkung der Medienkompetenz ihrer Schülerschaft annehmen.
Um ein weiteres Beispiel zu nennen: Eine Stadt wie Frankfurt muss mit Blick auf die Zukunft versprechen können, dass sie auf die Folgen des Klimawandels reagiert und Antworten auf die sommerlichen Hitzewellen findet. Sie muss zeigen, wie sie mit zunehmenden Starkregenfällen umgehen wird, sodass auch hier die Sorgen der Bürgerinnen und Bürger nicht überhandnehmen. Und sie muss zeigen, dass sie Grünflächen schaffen, schützen und aufforsten kann, sind es doch gerade solche „grünen Oasen“, die die Stadt für die Psyche und die Physis ihrer Bürgerschaft dringender denn je benötigt.
Schließlich muss sie die Wirtschaft im Wandlungsprozess hin zu innovativen und damit ökonomisch starken klimaneutralen und biodiversitätsfördernden Unternehmen mit entsprechenden Fachkräften versorgen: Sie muss den Zugang und den Pool an Wissensträgerinnen und -trägern erhöhen, sodass es für Unternehmen im Wandel attraktiv ist, in der Stadt zu bleiben oder in diese zu ziehen. Eine Stadt wie Frankfurt braucht eine niederschwellige und starke Bildungsinfrastruktur.
Mit den hier nur sehr grob skizzierten notwendigen Handlungsoptionen kann eine Stadt es schaffen, ihre Bürgerinnen und Bürger langfristig zu halten und ihnen die Möglichkeit der Teilhabe zu bieten. Frankfurt muss sich als eine sich kümmernde Stadt verstehen und für ihre Bürgerschaft sorgen. So profitiert sie gleichzeitig von der Teilhabe der Bürgerinnen und Bürger, indem diese der Stadt durch ihr Engagement etwas zurückgeben; so sorgen dann auch die Menschen für ihre Stadt.
Die Zukunft der Stadt hängt von der Zusammenarbeit zwischen Politik, Verwaltung, Wirtschaft und maßgeblich von ihrer Bürgerschaft ab. Nur, wenn Bürgerinnen und Bürger aktiv Verantwortung übernehmen, ihre Sichtweisen einbringen und sich so an der Gestaltung ihrer Stadt beteiligen – und ihnen gleichzeitig der notwendige Raum dafür geboten wird –, wird Frankfurt eine zukunftsfähige Stadt bleiben.
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© Stiftung Polytechnische Gesellschaft
Prof. Dr. Frank E.P. Dievernich ist Vorstandsvorsitzender der Stiftung Polytechnische Gesellschaft. Zuvor war er Präsident der Frankfurt University of Applied Sciences. Als gebürtiger Frankfurter ist er Mitglied vieler Kuratorien und Beiräte und darüber hinaus Autor vielfältiger Publikationen zu den Themen Gesellschaft und Bildung
22. Februar 2025, 12.00 Uhr
Frank E.P. Dievernich
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Nahverkehr in Frankfurt steht still
Verdi: Beschäftigte im öffentlichen Dienst streiken
Die Gewerkschaft Verdi hat die Beschäftigten im öffentlichen Dienst zum Warnstreik aufgerufen. In Frankfurt stehen am Freitag deshalb die U- und Straßenbahnen still. Auch anderorts wird gestreikt.
Text: Sina Claßen / Foto: Symbolbild © Adobe Stock/penofoto.de
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22. Februar 2025
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