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Quartettspiel mit Lokalkolorit
„Wir leben den Apfel!“
Kennen Sie den Freiherr von Berlepsch, den Ruhm aus Kelsterbach oder die Rheinische Schafsnase? Nein. Dann kaufen sie ihre Äpfel wohl im Supermarkt. Die Macher des „Hessischen Äppelquartetts“ brechen eine Lanze für die Apfelvielfalt.
Ein Spiel ist ein Spiel ist ein Spiel. Denkste. Wenn die beiden Fotografen und hessischen Traditionsbewahrer Boris Borm und Hubert Gloss ein neues Quartett vorstellen, dann darf man getrost davon ausgehen, dass sie weit mehr im Sinn haben als die Bespaßung ihrer Kundschaft. 2014 erschien in Zusammenarbeit mit Oliver Kirst das „Wasserhäuschen Quartett“. Ein Nischenprodukt dachten nicht wenige, aber die liebevoll gestaltete Huldigung an die „Jedermann-Bars“ und „Treffpunkte ohne Standesdünkel“ (so die Macher) geriet zum Kultobjekt und Bestseller, von dem drei Jahre später sogar eine zweite Folge erschien. Mit der Veröffentlichung ging eine Diskussion einher, wie sich über die Jahrzehnte das Wasserhäuschenstadtbild verändert hatte. Ein optischer Störfaktor für so manchen Stadtplaner, somit auch ein Politikum und gerade zuletzt im Zusammenhang mit angekündigten Pachterhöhungen wieder in den Medien.
© Detlef Kinsler
Rechtzeitig zum Herbstanfang, der Obstlese und Kelter- und Erntezeit kommt nun das brandneue „Hessiche Äppelquartett“ (www.allesgude.de) in den Handel. Hier treten 32 hier angebaute Äpfel in den Kategorien Tafelapfel, Wirtschaftsapfel, Backapfel, Mostapfel, Brennfrucht, Dörrfrucht, Schaufrucht und Pomologische Rarität in Kategorien wie Entstehung (der älteste ist um 1175 datiert), Fruchtgröße (bis zu 100 mm), Äppelweitauglichkeit, Verführungsfaktor und Gefährdungsgrad gegeneinander an. Der letzte Begriff macht schon deutlich: auch hier haben die Spielgestalter wieder einen Hintergedanken. „Der Lebensraum Streuobstwiese ist stark gefährdet und mit ihr viele heimische Apfensorten. Mit unserem Apfelquartett möchten wir uns für die Vielfalt der Apfelsorten und deren Erhalt einsetzen.“
Ottfried Schreiter, Hubert Gloss, Steffen Kahl und Boris Borm. © Detlef Kinsler
Borm und Gloss hatten die Idee schon vor drei Jahren, Vorschub sie auch umzusetzen leistete ein Treffen bei einem Fotoshooting mit Ottfried Schreiter, dessen Poster „Apfelvielfalt“ ihn als Partner prädestinierte. Mit Steffen Kahl kam noch in echter Pomologe und damit ausgewiesener Kenner der langen Apfelgeschichte ins Boot. Ein engagiertes Quartett also hinter dem Quartett, dessen Botschaften bei der Vorstellung des Spiels vergangene Woche im MainÄppelHaus auf dem Lohrberg bei frisch gekeltertem Süßen klar und deutlich formuliert wurden. Unmöglich und absurd finden es die Vier, dass in Supermärkten Industrieäpfel aus China, Chile und Südafrika angeboten werde, während hierzulande alte, traditionelle Sorten auszusterben drohen, weil selbst die vom anderen Ende der Welt eingeflogenen Äpfel kostengünstiger angeboten werden können. „Wir sollten uns auf die Wochenmärkte besinnen“, meint Gloss und unser Verhalten mal überprüfen, wenn wir durch die Felder streifen, uns nicht nach den Früchten auf den Fallobstwiesen bücken, die dann da zwangsläufig verrotten müssen. „Erhaltung durch Nutzung“, heißt die Losung für Schreiter. „Lieber ein Apfel mit Wurm als einer mit langem Anfahrtsweg“, formuliert es Gloss gewohnt blumig.
© Detlef Kinsler
Ein Apfel ist ein Apfel ist ein Apfel. Von wegen. Während der Käufer beim Discounter irgendwann nur noch nach grünen, gelben und roten Äpfeln unterscheidet, haben die Apfelsorten im Quartett alle klangvolle Namen zum ureigenen Charakter. Da gibt es den Freiherr von Berlepsch, den Ruhm aus Kelsterbach, die Rheinische Schafsnase oder den Doppelten Prinzenapfel. Kein Biss ohne Geschichte. Borm sieht den Apfel stellvertretend für ein grundsätzliches Problem. Die Bequemlichkeit des Menschen befeuert die Gleichmacherei auf allen Ebenen. „Dabei ist Vielfalt die Grundlagen allen Lebens auf der Erde.“ Egal ob Wasserhäuschen oder Hessische Äppel – „beides ist Hobby und Leidenschaft, Teil unserer Identität“, bekennen Borm und Gloss. „Wir leben den Apfel!“ Mit einem Spiel den Menschen spielerisch Probleme vermitteln, das hat auch einen beiläufig didaktischen Aspekt. So lässt sich die Komplexität des Themas kompakt verdeutlichen.
>> „Das Hessiche Äppelquartett“, 7,90 Euro, www.allesgude.de
© Detlef Kinsler
Rechtzeitig zum Herbstanfang, der Obstlese und Kelter- und Erntezeit kommt nun das brandneue „Hessiche Äppelquartett“ (www.allesgude.de) in den Handel. Hier treten 32 hier angebaute Äpfel in den Kategorien Tafelapfel, Wirtschaftsapfel, Backapfel, Mostapfel, Brennfrucht, Dörrfrucht, Schaufrucht und Pomologische Rarität in Kategorien wie Entstehung (der älteste ist um 1175 datiert), Fruchtgröße (bis zu 100 mm), Äppelweitauglichkeit, Verführungsfaktor und Gefährdungsgrad gegeneinander an. Der letzte Begriff macht schon deutlich: auch hier haben die Spielgestalter wieder einen Hintergedanken. „Der Lebensraum Streuobstwiese ist stark gefährdet und mit ihr viele heimische Apfensorten. Mit unserem Apfelquartett möchten wir uns für die Vielfalt der Apfelsorten und deren Erhalt einsetzen.“
Ottfried Schreiter, Hubert Gloss, Steffen Kahl und Boris Borm. © Detlef Kinsler
Borm und Gloss hatten die Idee schon vor drei Jahren, Vorschub sie auch umzusetzen leistete ein Treffen bei einem Fotoshooting mit Ottfried Schreiter, dessen Poster „Apfelvielfalt“ ihn als Partner prädestinierte. Mit Steffen Kahl kam noch in echter Pomologe und damit ausgewiesener Kenner der langen Apfelgeschichte ins Boot. Ein engagiertes Quartett also hinter dem Quartett, dessen Botschaften bei der Vorstellung des Spiels vergangene Woche im MainÄppelHaus auf dem Lohrberg bei frisch gekeltertem Süßen klar und deutlich formuliert wurden. Unmöglich und absurd finden es die Vier, dass in Supermärkten Industrieäpfel aus China, Chile und Südafrika angeboten werde, während hierzulande alte, traditionelle Sorten auszusterben drohen, weil selbst die vom anderen Ende der Welt eingeflogenen Äpfel kostengünstiger angeboten werden können. „Wir sollten uns auf die Wochenmärkte besinnen“, meint Gloss und unser Verhalten mal überprüfen, wenn wir durch die Felder streifen, uns nicht nach den Früchten auf den Fallobstwiesen bücken, die dann da zwangsläufig verrotten müssen. „Erhaltung durch Nutzung“, heißt die Losung für Schreiter. „Lieber ein Apfel mit Wurm als einer mit langem Anfahrtsweg“, formuliert es Gloss gewohnt blumig.
© Detlef Kinsler
Ein Apfel ist ein Apfel ist ein Apfel. Von wegen. Während der Käufer beim Discounter irgendwann nur noch nach grünen, gelben und roten Äpfeln unterscheidet, haben die Apfelsorten im Quartett alle klangvolle Namen zum ureigenen Charakter. Da gibt es den Freiherr von Berlepsch, den Ruhm aus Kelsterbach, die Rheinische Schafsnase oder den Doppelten Prinzenapfel. Kein Biss ohne Geschichte. Borm sieht den Apfel stellvertretend für ein grundsätzliches Problem. Die Bequemlichkeit des Menschen befeuert die Gleichmacherei auf allen Ebenen. „Dabei ist Vielfalt die Grundlagen allen Lebens auf der Erde.“ Egal ob Wasserhäuschen oder Hessische Äppel – „beides ist Hobby und Leidenschaft, Teil unserer Identität“, bekennen Borm und Gloss. „Wir leben den Apfel!“ Mit einem Spiel den Menschen spielerisch Probleme vermitteln, das hat auch einen beiläufig didaktischen Aspekt. So lässt sich die Komplexität des Themas kompakt verdeutlichen.
>> „Das Hessiche Äppelquartett“, 7,90 Euro, www.allesgude.de
24. September 2018, 08.40 Uhr
Detlef Kinsler
Detlef Kinsler
Weil sein Hobby schon früh zum Beruf wurde, ist Fotografieren eine weitere Leidenschaft des Journal-Frankfurt-Musikredakteurs, der außerdem regelmäßig über Frauenfußball schreibt. Mehr von Detlef
Kinsler >>
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