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Polizeikontrollen vor dem Robert Johnson
Verrufenes Offenbach?
Wie rücksichtslos und flächendeckend dürfen Polizisten vor Clubs kontrollieren? Diese Frage stellen sich momentan Gäste und Betreiber des Robert Johnson. Denn die Situation läuft anscheinend aus dem Ruder.
Es war im vergangenen Sommer. Mark Fischer (Name geändert) verbrachte den Abend im Hafen 2 in Offenbach. Auf dem Weg nach Hause kam er vor dem Kulturzentrum und dem direkt daneben liegenden Club Robert Johnson in eine Polizeikontrolle. Fischer hatte weder Drogen konsumiert noch welche dabei – auch sonst habe es keinerlei Anhaltspunkt gegeben, dass er sich in irgendeiner Weise strafbar gemacht hatte. Dennoch: Die Polizei filzte ihn sehr gründlich, mit der Drohung, dass er bei einer Weigerung mit aufs Revier müsse und dort „gewaltsam durchsucht“ werde. Für Fischer völlig überzogen, denn seiner Auffassung nach wäre lediglich eine Ausweis-Kontrolle angebracht gewesen. Aber damit nicht genug: Da die Beamten in Zivil keine Namensschilder trugen, bat er sie, sich auszuweisen. „Daraufhin hat mir einer seine Dienstwaffe gezeigt und gesagt: ‚Das muss reichen. Willkommen in Offenbach'“, erzählt er.
Kein Einzelfall
Seine Geschichte sei kein Einzelfall. Fischer berichtet, dass ihm inzwischen etliche Gäste des Robert Johnson und des Hafen 2 von übertriebenen Polizeikontrollen erzählt haben. Daher hat er nun eine Fortsetzungsfeststellungsklage gegen das zuständige 2. Revier in Offenbach eingereicht. Damit soll geprüft werden, ob das Handeln der Polizei zulässig ist. Dass bisher nicht weitere Betroffene seinem Beispiel gefolgt sind, liege an den Kosten. „Man muss rund 1300 Euro zahlen. Das hält viele davon ab“, so Fischer. Ihm sei es aber wichtig, die Kontrollpraxis der Polizei hinterfragen zu lassen. Denn er vermute, dass dahinter eine Strategie steckt. „Die Polizisten haben ein Punktesystem aufgrund dessen sie befördert werden“, erklärt er. Punkte gebe es nicht nur für Fälle, die tatsächlich strafrechtlich verfolgt werden, sondern für jede Ordnungswidrigkeit. Für die Beamten sei es also lohnend, überzogene Kontrollen durchzuführen. „Da geht es um richtig viel Geld“, so Fischer.
Ein Sprecher der Polizei in Offenbach bestätigte das nicht. Auf Nachfrage gab er lediglich an, das Beurteilungssystem der Polizei umfasse „verschiedene und zahlreiche Kriterien, die über einen langfristigen Beobachtungszeitraum bewertet werden“. Davon, dass Polizisten sich weigern, ihre Dienstausweise vorzuzeigen, soll im Revier nichts bekannt sein. Jeder Beamte sei dazu verpflichtet, es würden keine Beschwerden vorliegen, so der Sprecher.
Klaus Unkelbach, Inhaber des Robert Johnson sowie des Club MTW, der im gleichen Gebäude untergebracht ist, beschäftigt sich schon länger mit der Thematik. Er betont, dass er nichts gegen Drogenkontrollen habe. Aber: Die Art und Weise sei auch seiner Meinung nach unverhältnismäßig und oft rechtswidrig. Er kontaktierte den Polizeipräsidenten wegen der Situation bereits im Sommer 2014, nach einem einschneidenden Erlebnis. „Getränkevertreter wurden vor Öffnung des Clubs kontrolliert und es wurde ihnen bis in die Unterhose geleuchtet“, berichtet er. So würden alle Menschen, die sich in der Nähe des Clubs aufhalten kriminalisiert – dabei geben sich im Robert Johnson weltweit gefeierte DJs die Klinke in die Hand und gerade war der Club Gegenstand der Ausstellung „Give Love back“ im Museum Angewandte Kunst (Foto). Trotz solcher Tatsachen und positiver Gespräche habe sich nicht viel geändert, berichtet Unkelbach. Im Gegenteil: Die Drogenkontrollen seien häufiger und rabiater geworden, wenn auch in einem weiteren Umkreis.
In Frankfurt spricht man darüber
Auch in der Frankfurter Clubszene hat sich das schon rumgesprochen. Matthias Morgenstern, Betreiber des Tanzhaus West kritisiert vor allem, dass das Vorgehen der Polizei eine „Abkehr vom Frankfurter Weg“ sei. Der besagt schließlich, dass Konsumenten nicht kriminalisiert werden sollen. Er erinnere sich noch gut an eine Abi-Party Anfang des Jahres – die eine Hundertschaft Polizisten in voller Montur gesprengt hatten. „Sie haben nicht einen Dealer gefunden“, berichtet er. Lediglich ein paar Anzeigen wegen Eigenbedarfs habe die Groß-Razzia eingebracht, sowie Anzeigen wegen Ordnungswidrigkeit, etwa ungenügender Brandschutz. „Diese Anzeigen wurden größtenteils wieder zurückgezogen. Das Ganze war eine peinliche Nummer für die Polizei“, so Morgenstern. Dennoch sei er froh, dass die Kontrollen ansonsten nicht so scharf seien wie in Offenbach, „wo die Gäste reihenweise aus den Taxen gezogen werden“. Denn schließlich ist so ein Vorgehen der Ordnungshüter nicht gerade förderlich für das Geschäft.
Verrufenes Offenbach
Das weiß auch Unkelbach. Also habe er versucht, mit den Beamten vor Ort zu sprechen. Daraufhin hätten sie gedroht, sie könnten auch ganz anderes – etwa jede Körperöffnung jedes Gastes durchsuchen. „Begründet wurde es damit, dass hier ein verrufener Ort ist“, so Unkelbach. Demnach würden dort regelmäßig Straftaten begangen. Diesen Begriff gebe es im hessischen Gesetz allerdings gar nicht, er stamme aus Hamburg, berichtet Unkelbach. Eine andere Bezeichnung sei „Gefährdungsort“ gewesen. Die setze jedoch voraus, dass hier Straftaten besonderer Bedeutung verübt werden. Für Unkelbach sei das nicht gegeben, schließlich gebe es hier keine Großverkäufer sondern lediglich Drogenkonsumenten. Das wisse er durch sehr genaue Kontrollen an der Tür. „Wir durchsuchen jeden Gast im Rahmen des uns Möglichen“, betont er.
Der Polizeisprecher begründet die Rechtsgrundlage mit dem Paragraph 18 des Hessischen Gesetzes über die öffentliche Sicherheit und Ordnung. Der besagt, dass die Kontrollen zulässig sind, wenn sich die Person an einem Ort aufhält, an denen Straftaten verabredet, vorbereitet oder verübt werden. Und Verstöße gegen das Betäubungsmittelgesetz seien Straftaten von erheblicher Bedeutung.
Wie das Verwaltungsgericht die Station beurteilt, wird die Fortsetzungsfeststellungsklage zeigen. Bis Ergebnisse vorliegen, werden allerdings noch einige Monate vergehen. Ob jetzt schon den Beamten des 2. Reviers genauer auf die Finger geschaut wird, will der Polizeisprecher nicht sagen. „Besteht der Verdacht, dass Beamten unrechtmäßig gehandelt haben, wird unverzüglich ein Ermittlungsverfahren eingeleitet. Über derzeit laufende Ermittlungsverfahren können wir keine Angaben machen.“
Kein Einzelfall
Seine Geschichte sei kein Einzelfall. Fischer berichtet, dass ihm inzwischen etliche Gäste des Robert Johnson und des Hafen 2 von übertriebenen Polizeikontrollen erzählt haben. Daher hat er nun eine Fortsetzungsfeststellungsklage gegen das zuständige 2. Revier in Offenbach eingereicht. Damit soll geprüft werden, ob das Handeln der Polizei zulässig ist. Dass bisher nicht weitere Betroffene seinem Beispiel gefolgt sind, liege an den Kosten. „Man muss rund 1300 Euro zahlen. Das hält viele davon ab“, so Fischer. Ihm sei es aber wichtig, die Kontrollpraxis der Polizei hinterfragen zu lassen. Denn er vermute, dass dahinter eine Strategie steckt. „Die Polizisten haben ein Punktesystem aufgrund dessen sie befördert werden“, erklärt er. Punkte gebe es nicht nur für Fälle, die tatsächlich strafrechtlich verfolgt werden, sondern für jede Ordnungswidrigkeit. Für die Beamten sei es also lohnend, überzogene Kontrollen durchzuführen. „Da geht es um richtig viel Geld“, so Fischer.
Ein Sprecher der Polizei in Offenbach bestätigte das nicht. Auf Nachfrage gab er lediglich an, das Beurteilungssystem der Polizei umfasse „verschiedene und zahlreiche Kriterien, die über einen langfristigen Beobachtungszeitraum bewertet werden“. Davon, dass Polizisten sich weigern, ihre Dienstausweise vorzuzeigen, soll im Revier nichts bekannt sein. Jeder Beamte sei dazu verpflichtet, es würden keine Beschwerden vorliegen, so der Sprecher.
Klaus Unkelbach, Inhaber des Robert Johnson sowie des Club MTW, der im gleichen Gebäude untergebracht ist, beschäftigt sich schon länger mit der Thematik. Er betont, dass er nichts gegen Drogenkontrollen habe. Aber: Die Art und Weise sei auch seiner Meinung nach unverhältnismäßig und oft rechtswidrig. Er kontaktierte den Polizeipräsidenten wegen der Situation bereits im Sommer 2014, nach einem einschneidenden Erlebnis. „Getränkevertreter wurden vor Öffnung des Clubs kontrolliert und es wurde ihnen bis in die Unterhose geleuchtet“, berichtet er. So würden alle Menschen, die sich in der Nähe des Clubs aufhalten kriminalisiert – dabei geben sich im Robert Johnson weltweit gefeierte DJs die Klinke in die Hand und gerade war der Club Gegenstand der Ausstellung „Give Love back“ im Museum Angewandte Kunst (Foto). Trotz solcher Tatsachen und positiver Gespräche habe sich nicht viel geändert, berichtet Unkelbach. Im Gegenteil: Die Drogenkontrollen seien häufiger und rabiater geworden, wenn auch in einem weiteren Umkreis.
In Frankfurt spricht man darüber
Auch in der Frankfurter Clubszene hat sich das schon rumgesprochen. Matthias Morgenstern, Betreiber des Tanzhaus West kritisiert vor allem, dass das Vorgehen der Polizei eine „Abkehr vom Frankfurter Weg“ sei. Der besagt schließlich, dass Konsumenten nicht kriminalisiert werden sollen. Er erinnere sich noch gut an eine Abi-Party Anfang des Jahres – die eine Hundertschaft Polizisten in voller Montur gesprengt hatten. „Sie haben nicht einen Dealer gefunden“, berichtet er. Lediglich ein paar Anzeigen wegen Eigenbedarfs habe die Groß-Razzia eingebracht, sowie Anzeigen wegen Ordnungswidrigkeit, etwa ungenügender Brandschutz. „Diese Anzeigen wurden größtenteils wieder zurückgezogen. Das Ganze war eine peinliche Nummer für die Polizei“, so Morgenstern. Dennoch sei er froh, dass die Kontrollen ansonsten nicht so scharf seien wie in Offenbach, „wo die Gäste reihenweise aus den Taxen gezogen werden“. Denn schließlich ist so ein Vorgehen der Ordnungshüter nicht gerade förderlich für das Geschäft.
Verrufenes Offenbach
Das weiß auch Unkelbach. Also habe er versucht, mit den Beamten vor Ort zu sprechen. Daraufhin hätten sie gedroht, sie könnten auch ganz anderes – etwa jede Körperöffnung jedes Gastes durchsuchen. „Begründet wurde es damit, dass hier ein verrufener Ort ist“, so Unkelbach. Demnach würden dort regelmäßig Straftaten begangen. Diesen Begriff gebe es im hessischen Gesetz allerdings gar nicht, er stamme aus Hamburg, berichtet Unkelbach. Eine andere Bezeichnung sei „Gefährdungsort“ gewesen. Die setze jedoch voraus, dass hier Straftaten besonderer Bedeutung verübt werden. Für Unkelbach sei das nicht gegeben, schließlich gebe es hier keine Großverkäufer sondern lediglich Drogenkonsumenten. Das wisse er durch sehr genaue Kontrollen an der Tür. „Wir durchsuchen jeden Gast im Rahmen des uns Möglichen“, betont er.
Der Polizeisprecher begründet die Rechtsgrundlage mit dem Paragraph 18 des Hessischen Gesetzes über die öffentliche Sicherheit und Ordnung. Der besagt, dass die Kontrollen zulässig sind, wenn sich die Person an einem Ort aufhält, an denen Straftaten verabredet, vorbereitet oder verübt werden. Und Verstöße gegen das Betäubungsmittelgesetz seien Straftaten von erheblicher Bedeutung.
Wie das Verwaltungsgericht die Station beurteilt, wird die Fortsetzungsfeststellungsklage zeigen. Bis Ergebnisse vorliegen, werden allerdings noch einige Monate vergehen. Ob jetzt schon den Beamten des 2. Reviers genauer auf die Finger geschaut wird, will der Polizeisprecher nicht sagen. „Besteht der Verdacht, dass Beamten unrechtmäßig gehandelt haben, wird unverzüglich ein Ermittlungsverfahren eingeleitet. Über derzeit laufende Ermittlungsverfahren können wir keine Angaben machen.“
17. Dezember 2015, 11.10 Uhr
Christina Weber
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