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Verkehrsberuhigungen
Hat Frankfurt die Verkehrsplaner, die es verdient?
Seit dem ersten Versuch der Mainkai-Sperrung gärt es in Frankfurt und spätestens seit der Verkehrsberuhigung von Oeder Weg und Grüneburgweg liegen auch in Nord- und Westend laut hörbar die Nerven blank und in Ortsbeiratssitzungen fliegen die Fetzen. Ein Kommentar von Jasmin Schülke.
Nach Jahrzehnten, wo es mehr oder weniger Konsens war, den Autoverkehr auch auf Kosten der Lebensqualität in der Stadt zu fördern, geht es jetzt deutlich in die andere Richtung. Das könnte daran liegen, dass die Bürger der Stadt mehrheitlich Politikern das Mandat gegeben haben, die genau dafür stehen. Man kann also davon ausgehen, dass für eine Mehrheit der Bürger die Aufwertung zentraler Quartiersstraßen wie Oeder Weg oder Grüneburgweg für Fußgänger und Radfahrer auf Kosten von Autofahrern ein ebenso richtungsweisendes wie zukunftsorientiertes Konzept ist.
Unsere Stadt wächst und sie wird durch eine maßvolle Umverteilung der Verkehrsflächen unterm Strich attraktiver. Auch wenn eine solche Politik immer auch zu Härtefällen unter betroffenen Händlern führt, scheint sie dennoch im Grunde richtig. In Metropolen wie London oder New York ist die Nutzung öffentlicher Verkehrsmittel eine Selbstverständlichkeit, weil allen klar ist, dass es gar nicht mehr anders geht, aber auch in vergleichbaren Städten wie Amsterdam und Kopenhagen ist man schon viel weiter. Klar ist aber: Ohne Autos funktioniert es auch nicht, man kann sie in der Stadt teilweise ersetzen, aber nicht ganz.
Verkehrsberuhigung in Frankfurt: Ganz ohne Autos geht es nicht
Gerade wenn man in diese Richtung will, ist es ausgesprochen dumm, zwischen Autofahrern, Fußgängern und Radfahrern zu polarisieren und sie gegeneinander in Stellung zu bringen. Nicht nur, weil die meisten von uns ohnehin zwei oder allen drei Gruppen angehören, sondern weil es Unfrieden bis hinein in die Nachbarschaft trägt und die Modernisierung der Stadt behindert.
Könnte es sein, dass viel Streit um die Verkehrspolitik in Frankfurt gar nicht von ihrem politischen Ansatz verursacht wird, sondern von der ausgesprochen unprofessionellen Art der Umsetzung? Denn bleiben wir bitte fair: Von unseren Politikern können wir erwarten, dass sie die Richtung vorgeben und entscheiden, dass ein autofreier Mainkai für die Stadt ein Gewinn ist – aber wenn es darum geht, dass dann so umzusetzen, dass es nicht mit kilometerlagen Staus und zusätzlicher Umweltverschmutzung, total genervten Anwohnern und Autofahrern einhergeht, dann sind Politiker genau so überfordert wie Sie und ich. So etwas ist nicht trivial und erfordert höchste Professionalität. Natürlich wird auch die beste Verkehrsplanung in solchen Situationen nicht alle glücklich machen, aber inzwischen liegt der Verdacht nahe, dass in Frankfurt Amateure am Werk sind.
Verkehrsplanung in Frankfurt: Amateure am Werk?
Schon die erste Mainkai-Sperrung zeigte das deutlich, die Verantwortlichen gaben sich überrascht und bestürzt über das angerichtete Chaos, während Verkehrsexperten darauf hinwiesen, dass genau dieses Chaos absehbar war. Die neue Verkehrsführung war nicht ausreichend durchdacht, obwohl genug Daten über die Verkehrsströme vorlagen. Beim zweiten Versuch läuft es deutlich besser – na sowas.
Trotzdem scheinen die Verantwortlichen nichts gelernt zu haben, denn was sich in dieser Woche rund um den Oeder Weg abspielte, lässt in neue Abgründe planerischen Unvermögens blicken. Die Verkehrsberuhigungsmaßnahmen dort, besonders die Sperrung in Höhe der Holzhausenstraße, hatte für großen Ärger unter den Anwohnern gesorgt, besonders der obere Teil der Cronstettenstraße wurde als Ausweichroute so intensiv genutzt, dass wütende Anwohner alsbald private Verkehrsmessungen durchführten, um den Verantwortlichen das Ausmaß des Ärgers klarzumachen.
Chaos rund um den Oeder Weg
Ergebnis diese Woche: Die Planer schlagen zurück und zeigen den bösen Autofahrern, was Sache ist: Gleich zwei weitere Brutal-Sperren zwingen seit gestern nicht nur den Durchgangsverkehr, sondern auch die Bewohner selbst zu kilometerlangen Umwegen, die zur großen Begeisterung der Anwohner dort jetzt alle durch die Falkensteiner Straße führen. Das alles garniert mit Hupkonzerten, wütenden Diskussionen mitten auf der Straße und Polizeieinsätzen.
Das erscheint vor allem deswegen so skurril, weil statt immer neuer und teurer Riegel und Modalsperren die Lösung für das Problem schon vor Jahrzehnten erdacht und eingeführt wurde und sehr preiswert ist: Die bekannte Schilderkombination „Durchfahrt verboten – Anwohner frei“ könnte allen Beteiligten viel Ärger ersparen und bei medizinischen Notfällen oder Brand dafür sorgen, dass Krankenwagen und Feuerwehr rechtzeitig da sind.
Ein weiteres Beispiel? Der obere Teil der Cronstettenstraße wurde durch die neue Barriere am Frauensteinplatz in eine klassische Sackgasse verwandelt – ist man einmal reingefahren, kommt man nur durch Wenden wieder heraus. Damit allein ist das Thema Durchgangsverkehr komplett erledigt. Aber das genügt unseren Planern nicht, statt eines Sackgasse-Schildes montieren sie am Eingang der Straße ein „Durchfahrt verboten“ Schild und machen die neu geschaffene Sackgasse damit zusätzlich zur Einbahnstraße. Aber warum? Das versteht niemand. Der wirklich einzige Effekt der falschen Schilderwahl ist, dass die Anwohner, die man mit der Maßnahme beruhigen wollte, drangsaliert werden. Sie müssen nun einen Umweg über den Oeder Weg (ja, genau der, den man ganz am Anfang des Theaters beruhigen wollte) und die Falkensteiner Str. nehmen, um nach Hause zu kommen. Das nutzt niemandem, aber ärgert viele; es ist, man muss es leider so sagen, entweder pure Unfähigkeit oder pure Schikane. Das eigentliche Problem ist das Bild, dass die verantwortlichen Planer offenbar von Autofahrern haben, die sie für rücksichtslose, sich über Verkehrsschilder hinwegsetzende Ignoranten halten, die nur durch Barrieren umzuerziehen sind.
Verkehrsplanung mit Hirn gefordert
Die Realität in der Stadt sieht anders aus: Da sind es in erster Linie die Radfahrer, die Verkehrsschilder gerne großzügig interpretieren, während die große Mehrheit der Autofahrer sich an die Regeln hält. Und sollte es dennoch nötig sein, hier für Nachdruck zu sorgen – da gibt es längst Kamerasysteme, deren Einsatz für Ordnung sorgt, wie man sie seit Jahren in vielen italienischen Innenstädten im Einsatz hat. Die kosten vielleicht etwas mehr als Betonpoller und Stahlstäbe. Aber das wäre ja Verkehrsplanung mit Hirn statt Ideologie und das scheint in Frankfurt zu viel verlangt.
Unsere Stadt wächst und sie wird durch eine maßvolle Umverteilung der Verkehrsflächen unterm Strich attraktiver. Auch wenn eine solche Politik immer auch zu Härtefällen unter betroffenen Händlern führt, scheint sie dennoch im Grunde richtig. In Metropolen wie London oder New York ist die Nutzung öffentlicher Verkehrsmittel eine Selbstverständlichkeit, weil allen klar ist, dass es gar nicht mehr anders geht, aber auch in vergleichbaren Städten wie Amsterdam und Kopenhagen ist man schon viel weiter. Klar ist aber: Ohne Autos funktioniert es auch nicht, man kann sie in der Stadt teilweise ersetzen, aber nicht ganz.
Gerade wenn man in diese Richtung will, ist es ausgesprochen dumm, zwischen Autofahrern, Fußgängern und Radfahrern zu polarisieren und sie gegeneinander in Stellung zu bringen. Nicht nur, weil die meisten von uns ohnehin zwei oder allen drei Gruppen angehören, sondern weil es Unfrieden bis hinein in die Nachbarschaft trägt und die Modernisierung der Stadt behindert.
Könnte es sein, dass viel Streit um die Verkehrspolitik in Frankfurt gar nicht von ihrem politischen Ansatz verursacht wird, sondern von der ausgesprochen unprofessionellen Art der Umsetzung? Denn bleiben wir bitte fair: Von unseren Politikern können wir erwarten, dass sie die Richtung vorgeben und entscheiden, dass ein autofreier Mainkai für die Stadt ein Gewinn ist – aber wenn es darum geht, dass dann so umzusetzen, dass es nicht mit kilometerlagen Staus und zusätzlicher Umweltverschmutzung, total genervten Anwohnern und Autofahrern einhergeht, dann sind Politiker genau so überfordert wie Sie und ich. So etwas ist nicht trivial und erfordert höchste Professionalität. Natürlich wird auch die beste Verkehrsplanung in solchen Situationen nicht alle glücklich machen, aber inzwischen liegt der Verdacht nahe, dass in Frankfurt Amateure am Werk sind.
Schon die erste Mainkai-Sperrung zeigte das deutlich, die Verantwortlichen gaben sich überrascht und bestürzt über das angerichtete Chaos, während Verkehrsexperten darauf hinwiesen, dass genau dieses Chaos absehbar war. Die neue Verkehrsführung war nicht ausreichend durchdacht, obwohl genug Daten über die Verkehrsströme vorlagen. Beim zweiten Versuch läuft es deutlich besser – na sowas.
Trotzdem scheinen die Verantwortlichen nichts gelernt zu haben, denn was sich in dieser Woche rund um den Oeder Weg abspielte, lässt in neue Abgründe planerischen Unvermögens blicken. Die Verkehrsberuhigungsmaßnahmen dort, besonders die Sperrung in Höhe der Holzhausenstraße, hatte für großen Ärger unter den Anwohnern gesorgt, besonders der obere Teil der Cronstettenstraße wurde als Ausweichroute so intensiv genutzt, dass wütende Anwohner alsbald private Verkehrsmessungen durchführten, um den Verantwortlichen das Ausmaß des Ärgers klarzumachen.
Ergebnis diese Woche: Die Planer schlagen zurück und zeigen den bösen Autofahrern, was Sache ist: Gleich zwei weitere Brutal-Sperren zwingen seit gestern nicht nur den Durchgangsverkehr, sondern auch die Bewohner selbst zu kilometerlangen Umwegen, die zur großen Begeisterung der Anwohner dort jetzt alle durch die Falkensteiner Straße führen. Das alles garniert mit Hupkonzerten, wütenden Diskussionen mitten auf der Straße und Polizeieinsätzen.
Das erscheint vor allem deswegen so skurril, weil statt immer neuer und teurer Riegel und Modalsperren die Lösung für das Problem schon vor Jahrzehnten erdacht und eingeführt wurde und sehr preiswert ist: Die bekannte Schilderkombination „Durchfahrt verboten – Anwohner frei“ könnte allen Beteiligten viel Ärger ersparen und bei medizinischen Notfällen oder Brand dafür sorgen, dass Krankenwagen und Feuerwehr rechtzeitig da sind.
Ein weiteres Beispiel? Der obere Teil der Cronstettenstraße wurde durch die neue Barriere am Frauensteinplatz in eine klassische Sackgasse verwandelt – ist man einmal reingefahren, kommt man nur durch Wenden wieder heraus. Damit allein ist das Thema Durchgangsverkehr komplett erledigt. Aber das genügt unseren Planern nicht, statt eines Sackgasse-Schildes montieren sie am Eingang der Straße ein „Durchfahrt verboten“ Schild und machen die neu geschaffene Sackgasse damit zusätzlich zur Einbahnstraße. Aber warum? Das versteht niemand. Der wirklich einzige Effekt der falschen Schilderwahl ist, dass die Anwohner, die man mit der Maßnahme beruhigen wollte, drangsaliert werden. Sie müssen nun einen Umweg über den Oeder Weg (ja, genau der, den man ganz am Anfang des Theaters beruhigen wollte) und die Falkensteiner Str. nehmen, um nach Hause zu kommen. Das nutzt niemandem, aber ärgert viele; es ist, man muss es leider so sagen, entweder pure Unfähigkeit oder pure Schikane. Das eigentliche Problem ist das Bild, dass die verantwortlichen Planer offenbar von Autofahrern haben, die sie für rücksichtslose, sich über Verkehrsschilder hinwegsetzende Ignoranten halten, die nur durch Barrieren umzuerziehen sind.
Die Realität in der Stadt sieht anders aus: Da sind es in erster Linie die Radfahrer, die Verkehrsschilder gerne großzügig interpretieren, während die große Mehrheit der Autofahrer sich an die Regeln hält. Und sollte es dennoch nötig sein, hier für Nachdruck zu sorgen – da gibt es längst Kamerasysteme, deren Einsatz für Ordnung sorgt, wie man sie seit Jahren in vielen italienischen Innenstädten im Einsatz hat. Die kosten vielleicht etwas mehr als Betonpoller und Stahlstäbe. Aber das wäre ja Verkehrsplanung mit Hirn statt Ideologie und das scheint in Frankfurt zu viel verlangt.
4. August 2023, 08.20 Uhr
Jasmin Schülke
Jasmin Schülke
Studium der Publizistik und Kunstgeschichte an der Johannes Gutenberg-Universität Mainz. Seit Oktober 2021 Chefredakteurin beim Journal Frankfurt. Mehr von Jasmin
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