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Pleil stellt Debütalbum live vor
Tief im Post-Punk verwurzelt
Seine Band Cloudberry war schon im Namen eine Referenz an The Cure. Als Solist bleibt Sänger und Gitarrist Marco Pleil dem Geist des (Post-)Punks treu. Am Samstag stellt er sein Album „Die Spur des Kalenders“ live im Schanz vor.
JOURNAL FRANKFURT: Wann und wo war denn die Record-Release-Party für dein neues Album ursprünglich geplant – auch im Schanz?
Marco Pleil: Das wäre am 16.5. gewesen, ebenfalls im Schanz in Mühlheim. Ich wollte etwas direkt vor der Haustür machen. Das Schanz kenne und schätze ich schon sehr lange. Mal davon abgesehen habe ich in Frankfurt direkt nicht die passende Location ausmachen können, geschweige denn einen Termin am Wochenende.
Wie wird der Auftritt im Mühlheim in Corona-Zeiten aussehen, wie hast Du das mit den Veranstaltern besprochen?
Das „Die Spur des Kalenders“-Album wurde ja bereits am 10.4. veröffentlicht und bevor das Release-Konzert endgültig vom Zeitstrudel verschluckt wird, und das am Ende nicht mehr so wirklich Sinn macht, haben wir uns jetzt für eine kleinere Variante entschieden. Auch um die Kultur im Schanz wieder etwas wiederzubeleben. Ursprünglich war das Konzert im „Wohnzimmer“ geplant, mit einem DJ-Set von befreundeten Vinyl-DJ’s vorneweg. Da Konzerte drinnen nach wie vor, und trotz Lockerungen schwierig sind, wird das Konzert nun im Biergarten stattfinden. An die aktuellen Auflagen müssen wir uns natürlich trotzdem halten.
In der Konzertankündigung wirst Du ganz offensiv als Obertshausener Musiker angekündigt? Deine Bands hat man früher immer als Teil der Frankfurter Szene begriffen, plötzlich warst Du dann Wahl-Berliner, jetzt das Bekenntnis zur hessischen Provinz – wie kommt es dazu?
Ich bin gebürtiger Offenbacher, wohne in Obertshausen und bin seitdem ich in Bands spiele, also seit etwa 1990, Teil der Frankfurter Musikszene. „Wahl-Berliner“ ist nur halbrichtig. Wir haben das letzte Cloudberry-Album „The Closer We Get“ 2009 und 2010 in Berlin produziert und ich habe sehr viel Zeit dort verbracht. Aber im Gegensatz zu David Bowie oder Iggy Pop konnte ich keine (Ver-)Bindung zu der Stadt aufbauen, weder emotional noch künstlerisch. Es bleibt wie es immer war: ich bin ein Rhein-Main-Kind.
In welchem Umfeld warst Du mit Cloudberry unterwegs, wo würdest Du die Band nachträglich stilistisch verorten? Indie? Alternative? Oder doch in den 80’s, wofür die Referenz an The Cure im Namen sprechen könnte?
Ich habe Cloudberry immer als eine gesunde Mischung aus amerikanischem Indie-Rock wie Sebadoh und Lemonheads, sowie Britpop von File under Ride, Oasis und Konsorten, empfunden. Mit The Cure, Joy Division und New Order bin ich aufgewachsen und sie sind bis heute mein größter Einfluss.
Soweit ich mich erinnere, hatte die Band doch gute bis beste Feedbacks in den Medien – „kurz vor dem Durchbruch“ heißt es in einem Web-Magazin. Fühltet ihr euch richtig und genügend wahrgenommen und warum hast Du Dich schließlich für die Solokarriere entschieden?
Man kann als Künstler oder Band eigentlich nie genug wahrgenommen werden. Allerdings hatten wir auch das große Talent nie auf einer Trendwelle zu reiten beziehungsweise sind immer konsequent an jedem Zeitgeist vorbeigesegelt und haben uns nie irgendwo oder irgendwie angebiedert. Damit gewinnt man natürlich keine Pokale. Solokarriere aus dem Grund, weil Cloudberry nach dem letzten Album im Jahr 2011 einfach implodiert sind. Da sind so viele unglückliche Sachen zusammengekommen, das konnte nicht gesund weitergehen. Solo, weil ich auf gewisse Sachen auch einfach keine Lust und vor allem keine Nerven mehr hatte.
Mit der Solokarriere war plötzlich vom Singer/Songwriter Pleil die Rede. Eine Projektion oder eine selbst gewählte Kategorie und falls ja, was assoziierst Du damit? Ein Ich-bezogeneres Storytelling?
Ich spiele Gitarre, schreibe Songs und singe dazu. Schon bin ich drin in der Schublade, in die ich gar nicht rein möchte und mich gar nicht sehe. Mein Gitarrenspiel ist weiterhin nicht sonderlich filigran und mein Songwriting ist nach wie vor tief im Drei-Akkorde-(Post-)Punk verwurzelt. Wer sich „Die Spur des Kalenders“ anhört wird genau verstehen, was ich meine.
Eines scheint aber klar: Die akustische Gitarre war kein Thema trotz des vermeintlichen Genre-Shifts und der Lust, auch kleine und kleinste Bühnen zu bespielen?
Das Schöne am Solo-Spielen ist: Ich kann jede Bühnengröße bespielen. Ich habe das ein oder andere Akustik-Konzert gespielt, dabei aber gemerkt, dass ich einfach dahin gehöre, wo ich auch ursprünglich herkomme: in die Rockclubs, klein, mittel oder groß.
Warum hast Du zu konsequent deutschen Lyrics gewechselt?
Ich brauchte und wollte einfach eine Abgrenzung zu Cloudberry. Mein Songwriting hat sich nicht groß verändert, aber ich brauchte einfach künstlerisch ein bisschen frische Luft.
Zunächst gab es die EP „Punkt.Statt,Komma“ und plötzlich war die Rede vom „Billy Bragg von Frankfurt“. Rote Socke oder was, ein politischer Songschreiber?
„Billy Bragg von Frankfurt“ ist ein Zitat von Ekki Maas (Erdmöbel). Die angezerrte Telecaster-Gitarre, meine schrammelige Performance. Das war für Ekki wohl Anlass genug mich so zu nennen.
Ist Erdmöbel – die Band, in der Ekki Maas spielt – ein Vorbild in Sachen Rock mit deutschen Texten oder sind es dann doch eher Gruppen wie Tocotronic? Oder geht es gar weiter zurück in die deutsche Rockgeschichte?
Ich mag die alten Sachen von Erdmöbel sehr und hatte zu diesem Zeitpunkt einfach die Vision mit ihm mal was aufzunehmen. Das war auch wirklich eine tolle Zusammenarbeit. Aber die Einflüsse gehen dann doch eher in die Richtung von Bands wie Tocotronic, die frühen Blumfeld, Mutter, Boxhamsters, aber auch neuere Sachen wie Die Nerven und Messer.
„Die Spur des Kalenders“ gilt nun als kompletter Longplayer als das wahre Solodebüt von Pleil. Worum geht es in den zwölf Songs, sowohl musikalisch, als auch textlich? Auf alle Fälle ist es ein Ausdruck von High Energy-Melancholie oder? Auf der Suche nach dem Plätzchen zwischen Schwermut und Euphorie?
„Die Spur des Kalenders“ ist eine Kollektion von sieben Jahren Songwriting mit vielen Konzerten, Eindrücken und Erfahrungen. Dass das Album am Ende doch ein ziemlich emotionaler Brocken geworden ist, wurde mir erst bewusst als ich die ersten Kritiken gelesen habe. Vieles ist unterbewusst geschehen und somit schwer zu erklären.
Ein Wort zum aktuellen Produzenten – wie passt dieser zu Dir und Deiner jetzigen Musik?
Christian Bethge passt super zu mir! Er ist ein unfassbar lieber und intelligenter Mensch mit einem riesigen musikalischen und technischem Wissen! Bis jetzt hatten wir leider nur recht wenig private Zeit zusammen, wir haben eigentlich nonstop gearbeitet. Aber ich habe das Gefühl, wir sind bei unserer Zusammenarbeit und dem ausschöpfbaren Potenzial erst am Anfang.
Pleil on stage – Das offizielle Release-Konzert, Mühlheim, Schanz, 13.6., 20 Uhr (Einlass: 18 Uhr), Eintritt frei, verbindliche telefonische Reservierung unter 06108/ 79 12 47
Marco Pleil: Das wäre am 16.5. gewesen, ebenfalls im Schanz in Mühlheim. Ich wollte etwas direkt vor der Haustür machen. Das Schanz kenne und schätze ich schon sehr lange. Mal davon abgesehen habe ich in Frankfurt direkt nicht die passende Location ausmachen können, geschweige denn einen Termin am Wochenende.
Wie wird der Auftritt im Mühlheim in Corona-Zeiten aussehen, wie hast Du das mit den Veranstaltern besprochen?
Das „Die Spur des Kalenders“-Album wurde ja bereits am 10.4. veröffentlicht und bevor das Release-Konzert endgültig vom Zeitstrudel verschluckt wird, und das am Ende nicht mehr so wirklich Sinn macht, haben wir uns jetzt für eine kleinere Variante entschieden. Auch um die Kultur im Schanz wieder etwas wiederzubeleben. Ursprünglich war das Konzert im „Wohnzimmer“ geplant, mit einem DJ-Set von befreundeten Vinyl-DJ’s vorneweg. Da Konzerte drinnen nach wie vor, und trotz Lockerungen schwierig sind, wird das Konzert nun im Biergarten stattfinden. An die aktuellen Auflagen müssen wir uns natürlich trotzdem halten.
In der Konzertankündigung wirst Du ganz offensiv als Obertshausener Musiker angekündigt? Deine Bands hat man früher immer als Teil der Frankfurter Szene begriffen, plötzlich warst Du dann Wahl-Berliner, jetzt das Bekenntnis zur hessischen Provinz – wie kommt es dazu?
Ich bin gebürtiger Offenbacher, wohne in Obertshausen und bin seitdem ich in Bands spiele, also seit etwa 1990, Teil der Frankfurter Musikszene. „Wahl-Berliner“ ist nur halbrichtig. Wir haben das letzte Cloudberry-Album „The Closer We Get“ 2009 und 2010 in Berlin produziert und ich habe sehr viel Zeit dort verbracht. Aber im Gegensatz zu David Bowie oder Iggy Pop konnte ich keine (Ver-)Bindung zu der Stadt aufbauen, weder emotional noch künstlerisch. Es bleibt wie es immer war: ich bin ein Rhein-Main-Kind.
In welchem Umfeld warst Du mit Cloudberry unterwegs, wo würdest Du die Band nachträglich stilistisch verorten? Indie? Alternative? Oder doch in den 80’s, wofür die Referenz an The Cure im Namen sprechen könnte?
Ich habe Cloudberry immer als eine gesunde Mischung aus amerikanischem Indie-Rock wie Sebadoh und Lemonheads, sowie Britpop von File under Ride, Oasis und Konsorten, empfunden. Mit The Cure, Joy Division und New Order bin ich aufgewachsen und sie sind bis heute mein größter Einfluss.
Soweit ich mich erinnere, hatte die Band doch gute bis beste Feedbacks in den Medien – „kurz vor dem Durchbruch“ heißt es in einem Web-Magazin. Fühltet ihr euch richtig und genügend wahrgenommen und warum hast Du Dich schließlich für die Solokarriere entschieden?
Man kann als Künstler oder Band eigentlich nie genug wahrgenommen werden. Allerdings hatten wir auch das große Talent nie auf einer Trendwelle zu reiten beziehungsweise sind immer konsequent an jedem Zeitgeist vorbeigesegelt und haben uns nie irgendwo oder irgendwie angebiedert. Damit gewinnt man natürlich keine Pokale. Solokarriere aus dem Grund, weil Cloudberry nach dem letzten Album im Jahr 2011 einfach implodiert sind. Da sind so viele unglückliche Sachen zusammengekommen, das konnte nicht gesund weitergehen. Solo, weil ich auf gewisse Sachen auch einfach keine Lust und vor allem keine Nerven mehr hatte.
Mit der Solokarriere war plötzlich vom Singer/Songwriter Pleil die Rede. Eine Projektion oder eine selbst gewählte Kategorie und falls ja, was assoziierst Du damit? Ein Ich-bezogeneres Storytelling?
Ich spiele Gitarre, schreibe Songs und singe dazu. Schon bin ich drin in der Schublade, in die ich gar nicht rein möchte und mich gar nicht sehe. Mein Gitarrenspiel ist weiterhin nicht sonderlich filigran und mein Songwriting ist nach wie vor tief im Drei-Akkorde-(Post-)Punk verwurzelt. Wer sich „Die Spur des Kalenders“ anhört wird genau verstehen, was ich meine.
Eines scheint aber klar: Die akustische Gitarre war kein Thema trotz des vermeintlichen Genre-Shifts und der Lust, auch kleine und kleinste Bühnen zu bespielen?
Das Schöne am Solo-Spielen ist: Ich kann jede Bühnengröße bespielen. Ich habe das ein oder andere Akustik-Konzert gespielt, dabei aber gemerkt, dass ich einfach dahin gehöre, wo ich auch ursprünglich herkomme: in die Rockclubs, klein, mittel oder groß.
Warum hast Du zu konsequent deutschen Lyrics gewechselt?
Ich brauchte und wollte einfach eine Abgrenzung zu Cloudberry. Mein Songwriting hat sich nicht groß verändert, aber ich brauchte einfach künstlerisch ein bisschen frische Luft.
Zunächst gab es die EP „Punkt.Statt,Komma“ und plötzlich war die Rede vom „Billy Bragg von Frankfurt“. Rote Socke oder was, ein politischer Songschreiber?
„Billy Bragg von Frankfurt“ ist ein Zitat von Ekki Maas (Erdmöbel). Die angezerrte Telecaster-Gitarre, meine schrammelige Performance. Das war für Ekki wohl Anlass genug mich so zu nennen.
Ist Erdmöbel – die Band, in der Ekki Maas spielt – ein Vorbild in Sachen Rock mit deutschen Texten oder sind es dann doch eher Gruppen wie Tocotronic? Oder geht es gar weiter zurück in die deutsche Rockgeschichte?
Ich mag die alten Sachen von Erdmöbel sehr und hatte zu diesem Zeitpunkt einfach die Vision mit ihm mal was aufzunehmen. Das war auch wirklich eine tolle Zusammenarbeit. Aber die Einflüsse gehen dann doch eher in die Richtung von Bands wie Tocotronic, die frühen Blumfeld, Mutter, Boxhamsters, aber auch neuere Sachen wie Die Nerven und Messer.
„Die Spur des Kalenders“ gilt nun als kompletter Longplayer als das wahre Solodebüt von Pleil. Worum geht es in den zwölf Songs, sowohl musikalisch, als auch textlich? Auf alle Fälle ist es ein Ausdruck von High Energy-Melancholie oder? Auf der Suche nach dem Plätzchen zwischen Schwermut und Euphorie?
„Die Spur des Kalenders“ ist eine Kollektion von sieben Jahren Songwriting mit vielen Konzerten, Eindrücken und Erfahrungen. Dass das Album am Ende doch ein ziemlich emotionaler Brocken geworden ist, wurde mir erst bewusst als ich die ersten Kritiken gelesen habe. Vieles ist unterbewusst geschehen und somit schwer zu erklären.
Ein Wort zum aktuellen Produzenten – wie passt dieser zu Dir und Deiner jetzigen Musik?
Christian Bethge passt super zu mir! Er ist ein unfassbar lieber und intelligenter Mensch mit einem riesigen musikalischen und technischem Wissen! Bis jetzt hatten wir leider nur recht wenig private Zeit zusammen, wir haben eigentlich nonstop gearbeitet. Aber ich habe das Gefühl, wir sind bei unserer Zusammenarbeit und dem ausschöpfbaren Potenzial erst am Anfang.
Pleil on stage – Das offizielle Release-Konzert, Mühlheim, Schanz, 13.6., 20 Uhr (Einlass: 18 Uhr), Eintritt frei, verbindliche telefonische Reservierung unter 06108/ 79 12 47
8. Juni 2020, 13.02 Uhr
Detlef Kinsler
Detlef Kinsler
Weil sein Hobby schon früh zum Beruf wurde, ist Fotografieren eine weitere Leidenschaft des Journal-Frankfurt-Musikredakteurs, der außerdem regelmäßig über Frauenfußball schreibt. Mehr von Detlef
Kinsler >>
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15. November 2024
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