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Paula Macedo Weiß
Morgen darf nicht gestern sein
In ihrem Buch erzählt Paula Macedo Weiß vom Aufwachsen in Brasilien – in einer Zeit, in der das Militär herrschte und Freiheit nicht selbstverständlich war. Eine Warnung für ihr Heimatland und zugleich für Europa.
„Seit der Wahl von Jair Bolsonaro zum Präsidenten Brasiliens am 28. November 2018 überlegte ich mir, wie ich wohl einer jüngeren Generation, die schon immer unter den Vorzeichen der Freiheit gelebt hat, den Rückschritt verdeutlichen könnte, den diese Wahl für mein Herkunftsland bedeutete“ – so beginnt der Epilog des neu erschienenen Buches „Es war einmal in Brasilien“, geschrieben von Paula Macedo Weiß. Geboren 1969 in Londrina, im brasilianischen Bundesstaat Paraná, wächst Macedo Weiß auf in einer Zeit, in der in ihrem Land das Militär regiert. Abwechselnd treffen Passagen der politischen Einordnung auf private Erlebnisse und Gedanken. „Das Buch soll keine historische Analyse darstellen. Ich habe das alles als Kind erlebt und will die Ereignisse im meinem Buch nicht als Erwachsene bewerten“, sagt Macedo Weiß.
In ihrem Buch lässt sie diese Zeit Revue passieren und beschreibt ein Familienleben, das geprägt waren von historischen und gesellschaftlichen Umbrüchen. Wie bereits ihr Großvater, engagierte sich auch der Vater in der Politik und wurde 1974 in der unter den Militärs tolerierte Oppositionspartei MDB aktiv, 1975 wird er dort Fraktionsvorsitzender. Doch es ist keine „Heldengeschichte“, die Macedo Weiß in ihrem Buch erzählt, ungeschönt schreibt sie offen über die negativen Erlebnisse ihrer Kindheit und Jugend: dem schwierigen Verhältnis zu ihrem Vater, der Scheidung ihrer Eltern und der Entführung ihres Bruders. Jede dieser Stellen hätten die entsprechenden Familienmitglieder abgesegnet, einer Meinung mit ihr über das Geschehene seien sie jedoch nicht immer gewesen. „Meine Schwester hat zu mir gesagt, sie hätte wahrscheinlich eine ganz andere Geschichte aufgeschrieben, wenn sie dieses Buch geschrieben hätte“, so Paula Macedo Weiß. Deswegen sei ihr Buch auch keine Autobiographie, sondern eine Autofiktion. „Gefühle und Erinnerung sind immer subjektiv, deswegen gibt es nicht eine einzige Wahrheit.“
Vor einigen Monaten ist das Buch bereits in ihrer Heimat Brasilien unter dem Titel „Entre nos“ erschienen. Seitdem hätten sie viele Leserbriefe erreicht, in denen die Leser:innen immer wieder angeben, das Gefühl zu haben, Paula Macedo Weiß wie eine Freundin zu kennen. „Das war auch immer der Gedanke dahinter: Ich wollte in meinem Buch über mein Leben erzählen und darüber, wie die Zeit damals war als würde ich diese Geschichte einer Freundin erzählen“, sagt Macedo Weiß.
Sie habe auch zeigen wollen, wie sie zu der Person geworden ist, die sie heute ist, erzählt Macedo Weiß. Die promovierte Anwältin ist in Frankfurt besonders für ihr Engagement in der Kunst- und Kulturszene bekannt. Die Liebe zu Musik, Literatur und Kunst wird ihr früh in die Wiege gelegt und spielt auch in ihrem Buch immer wieder eine Rolle. „Das hat eine große Bedeutung in unserer Erziehung gehabt und mich geprägt“, sagt sie. Ihre Schwester ist Künstlerin und hat das Cover zu der deutschen Ausgabe ihres Buches gestaltet.
Der Militärputsch in Brasilien endete 1984; mehr als 30 Jahre später ist mit Jair Bolsonaro ein Mann an der Spitze des Landes, der eine autoritäre Regierung führt, in der das Militär eine starke Rolle spielt. Die Wahl Bolsonaros zum brasilianischen Präsidenten Ende November 2018 sei auch der Anlass für sie gewesen, das Erlebte aufzuschreiben. Sie sei schockiert gewesen, dass wieder die extreme Rechte an die Regierung gekommen war, erzählt Macedo Weiß.
Doch Sorge bereiten ihr nicht nur die politischen Entwicklungen in Brasilien und so kann „Es war einmal in Brasilien...“ zugleich auch als eine Warnung an Deutschland verstanden werden. Sie habe viele Freunde aus der jüdischen Gemeinde, die sich in Deutschland bedroht fühlten, erzählt sie. Es sei wichtig, dass die Gesellschaft diese Ängste ernst nehmen und sich der Gefahr bewusst sei. Um es mit Paula Macedo Weiß' Worten aus ihrem Epilog zu sagen: „Das Gestern darf nie wieder die Zukunft werden, aber wenn wir nicht aufpassen, kann es schneller, als wir glauben, doch wieder Gegenwart sein.“
>> „Es war einmal in Brasilien“ von Paula Macedo Weiß. Erschienen im Axel Dielmann-Verlag. Übersetzt aus dem brasilianischen Portugiesisch von Michael Kegler.
In ihrem Buch lässt sie diese Zeit Revue passieren und beschreibt ein Familienleben, das geprägt waren von historischen und gesellschaftlichen Umbrüchen. Wie bereits ihr Großvater, engagierte sich auch der Vater in der Politik und wurde 1974 in der unter den Militärs tolerierte Oppositionspartei MDB aktiv, 1975 wird er dort Fraktionsvorsitzender. Doch es ist keine „Heldengeschichte“, die Macedo Weiß in ihrem Buch erzählt, ungeschönt schreibt sie offen über die negativen Erlebnisse ihrer Kindheit und Jugend: dem schwierigen Verhältnis zu ihrem Vater, der Scheidung ihrer Eltern und der Entführung ihres Bruders. Jede dieser Stellen hätten die entsprechenden Familienmitglieder abgesegnet, einer Meinung mit ihr über das Geschehene seien sie jedoch nicht immer gewesen. „Meine Schwester hat zu mir gesagt, sie hätte wahrscheinlich eine ganz andere Geschichte aufgeschrieben, wenn sie dieses Buch geschrieben hätte“, so Paula Macedo Weiß. Deswegen sei ihr Buch auch keine Autobiographie, sondern eine Autofiktion. „Gefühle und Erinnerung sind immer subjektiv, deswegen gibt es nicht eine einzige Wahrheit.“
Vor einigen Monaten ist das Buch bereits in ihrer Heimat Brasilien unter dem Titel „Entre nos“ erschienen. Seitdem hätten sie viele Leserbriefe erreicht, in denen die Leser:innen immer wieder angeben, das Gefühl zu haben, Paula Macedo Weiß wie eine Freundin zu kennen. „Das war auch immer der Gedanke dahinter: Ich wollte in meinem Buch über mein Leben erzählen und darüber, wie die Zeit damals war als würde ich diese Geschichte einer Freundin erzählen“, sagt Macedo Weiß.
Sie habe auch zeigen wollen, wie sie zu der Person geworden ist, die sie heute ist, erzählt Macedo Weiß. Die promovierte Anwältin ist in Frankfurt besonders für ihr Engagement in der Kunst- und Kulturszene bekannt. Die Liebe zu Musik, Literatur und Kunst wird ihr früh in die Wiege gelegt und spielt auch in ihrem Buch immer wieder eine Rolle. „Das hat eine große Bedeutung in unserer Erziehung gehabt und mich geprägt“, sagt sie. Ihre Schwester ist Künstlerin und hat das Cover zu der deutschen Ausgabe ihres Buches gestaltet.
Der Militärputsch in Brasilien endete 1984; mehr als 30 Jahre später ist mit Jair Bolsonaro ein Mann an der Spitze des Landes, der eine autoritäre Regierung führt, in der das Militär eine starke Rolle spielt. Die Wahl Bolsonaros zum brasilianischen Präsidenten Ende November 2018 sei auch der Anlass für sie gewesen, das Erlebte aufzuschreiben. Sie sei schockiert gewesen, dass wieder die extreme Rechte an die Regierung gekommen war, erzählt Macedo Weiß.
Doch Sorge bereiten ihr nicht nur die politischen Entwicklungen in Brasilien und so kann „Es war einmal in Brasilien...“ zugleich auch als eine Warnung an Deutschland verstanden werden. Sie habe viele Freunde aus der jüdischen Gemeinde, die sich in Deutschland bedroht fühlten, erzählt sie. Es sei wichtig, dass die Gesellschaft diese Ängste ernst nehmen und sich der Gefahr bewusst sei. Um es mit Paula Macedo Weiß' Worten aus ihrem Epilog zu sagen: „Das Gestern darf nie wieder die Zukunft werden, aber wenn wir nicht aufpassen, kann es schneller, als wir glauben, doch wieder Gegenwart sein.“
>> „Es war einmal in Brasilien“ von Paula Macedo Weiß. Erschienen im Axel Dielmann-Verlag. Übersetzt aus dem brasilianischen Portugiesisch von Michael Kegler.
22. April 2021, 17.08 Uhr
Elena Zompi
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