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"Frankfurt ist Macht!"
Vor gut zwei Monaten war ich in Berlin anlässlich eines Seminars. Zwei Häuser weiter war der Firmensitz des Labels „ersguterjunge“. Gründer und Geschäftsführer ist Anis Mohamed Ferchichi. Besser bekannt als Bushido. Gestern holte mich meine „Berliner Vergangenheit“ ein. Bushido kam nach Frankfurt in die Jahrhunderthalle. Was haben wir nicht schon im Vorfeld für Witze gemacht. Schlägereien, Liebeleien in Gruppen, neudeutsch Gangbang und Ausrauben kamen in diesen Witzen vor. Ein Gespräch von Jugendlichen und ihrem Hungeranfall nach dem Kiffen stimmte mich schon in der S-Bahn auf diesen Abend ein. Die Jungs wollten allerdings nicht zum Konzert. Im Bus zur Halle erfuhr ich noch von jungen Damen, dass sie sogar mit einem Ordner „intim“ werden würden, wenn sie dafür hinter die Bühne durften. Jetzt war ich aber wirklich bereit für den „Staatsfeind Nr. 1“.
Vor der Halle war es recht übersichtlich, einige Taunus-Kids standen in Gruppen rum. Nichts aufregendes. Keine Schlägerei oder andere Sachen waren zu sehen. Der Weg zur Halle wurde mit „Das Geht Ab (Wir feiern die ganze Nacht)“ von den Atzen musikalisch unterlegt. Diese Melodie wummerte aus einem parkenden Auto. Pünktlich um 20 Uhr waren wir in der Halle. Diese war normal gefüllt. Und dann hieß es warten. Witze über die Eintracht wurden gemacht. Über das Spiel gegen Mainz, über Benjamin Köhler und über Jens Lehmann. Erstaunt waren wir dann, als unser Humoropfer Köhler schräg gegenüber auftauchte. Nach 10 Minuten beschlossen wir, dass er es auch wirklich sein muss. Sah hier immerhin jeder dritte so aus. Und wir warteten dann wieder. Mein Sitznachbar spielte am iPhone rum und fluchte, dass es immer noch nicht losging. Um 20.45 Uhr wurde es dunkel, die Jugendlichen schrien vor Vergnügen und das Konzert begann.
Bushido wurde von einer Live-Band, bestehend aus einem DJ, einem Schlagzeuger und einem Bassisten sowie von den Mit-Rappern Nyze und Kay One begleitet. Die Texte waren die Standard-Rap-Gangster-Ghetto-Hits. Musikalisch, was die Band und der DJ aus den Boxen bekam, war voluminös, gut zu verstehen und nicht blechernd. Das ist schon eine Kunst so einen Sound in der Jahrhunderthalle zu bekommen. Daher schon einmal Respekt. Highlight des Abends waren aber die Ansprachen der drei Jungs, wobei Kay One am meisten redete, gegen Ende nervte das ewige „Frankfurt, isch kann eure Hände nischt sehen“ oder „Frankfurt! Wo sind die Hände?“. Im Laufe des Konzerts fielen Sätze wie „Als wir 2007 hier waren, also vor 2 Jahren“ … oder auch „Schrei nicht so, du brauchst noch deinen Hals“ und natürlich „Schrei nicht so, davon wachsen keine Brüste“ sowie „Ey! Der Typ da in der Alpha-Jacke, der fällt gleich von der Brüstung. Pass auf dich auf! Ich feier dich aber trotzdem!“ und „Wie sagt man das hier in Frankfurt? Frankfurt ist Macht?“ Der Unterhaltungsfaktor war wahrlich hoch. Die Fans waren begeistert. Dies steigerte sich nach gut einer Stunde, als Bushido bei der Licht- und Soundtechnik auf einer kleinen Bühne auftauchte und ein Lied performte. Das Publikum rannte wie bei einer Wall of Death auf die Bühne zu, ein spektakulärer Anblick So war er in Mitten seiner Fans, einige wurden abgeklatscht (die waschen sich sicherlich jetzt lange die Hand nicht mehr). Gegen Ende kam noch das obligatorische „Für immer jung“, die Halle bebte. Dann wurde die komplette Crew von Bushido vorgestellt und gefeiert. Dann war Schluss. Was aus den jungen Damen und dem Ordner geworden ist, weiß ich allerdings nicht.
7. Mai 2010, 13.30 Uhr
Ansgar Groos
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