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Der junge Mann/Das Ereignis
Doppelinszenierung im Theater Willy Praml
Das Theater Willy Praml in Frankfurt zeigt noch bis zum 11. Mai eine Doppelinszenierung zweier Novellen der französischen Literaturnobelpreisträgerin Annie Ernaux.
Das Blut bleibt aus. Nach einer Liebesnacht passiert der Protagonistin dieser Theater-Doppelinszenierung nach Annie Ernaux genau das, was nicht passieren darf: Sie wird schwanger. Auf einmal steht damit ihr ganzes Leben in Frage – ihr Universitätsstudium, ihre weibliche Unabhängigkeit, ihr sozialer Aufstieg durch Bildung. „Im Sex hatte mich meine Herkunft eingeholt“, sagt sie. Legal kann sie die Schwangerschaft jedoch nicht abbrechen, denn im Frankreich der 60er-Jahre sind Abtreibungen verboten. Doch um das ungewollte Ungeborene trotzdem loszuwerden, geht sie in die Illegalität.
Noch Jahrzehnte später klingen diese Erlebnisse als „das Ereignis“ nach. Inzwischen ist die Protagonistin Mitte fünfzig und jemand Neues ist in ihr Leben getreten: der junge Mann. Dieser junge Mann ist Mitte zwanzig, Student und stammt aus der Arbeiterschicht – genau wie sie selbst damals. Die beiden gehen eine Liebesaffäre ein, und das weckt Erinnerungen an das Ereignis vor dreißig Jahren.
Im Theater Willy Praml treffen beide Texte und Erzählerinnen aufeinander
In Michael Webers Inszenierung der beiden Novellen von Annie Ernaux treffen nicht nur die beiden Texte aufeinander, sondern auch die beiden Erzählerinnen. Während die eine auf ihre Vergangenheit zurückblickt, schaut die andere in ihre Zukunft. Dabei sprechen sie mit sich selbst und miteinander, was in diesem Fall dasselbe ist. Verbunden werden die beiden Geschichten außerdem – inszenatorisch geschickt – durch denselben männlichen Darsteller, der für die eine Protagonistin der Kindsvater ist, für die andere ihr junger Liebhaber.
Zwar kommt er selber nie zu Wort, gibt aber Anlass für das Sprechen der doppelten Protagonistin. Nicht nur schließen die beiden Novellen und ihre Inszenierung an populäre Diskursthemen wie Klassismus und Sexismus an. Vor allem zeigen sie berührend das Innenleben einer Frau im Spannungsverhältnis zu Gesellschaft mit ihren Normen und Moralvorstellungen.
Info
Der junge Mann/Das Ereignis, Schauspiel: Ffm, Theater Willy Praml, Naxoshalle, Waldschmidtstraße 19, 9.-11.5., 20 Uhr
Noch Jahrzehnte später klingen diese Erlebnisse als „das Ereignis“ nach. Inzwischen ist die Protagonistin Mitte fünfzig und jemand Neues ist in ihr Leben getreten: der junge Mann. Dieser junge Mann ist Mitte zwanzig, Student und stammt aus der Arbeiterschicht – genau wie sie selbst damals. Die beiden gehen eine Liebesaffäre ein, und das weckt Erinnerungen an das Ereignis vor dreißig Jahren.
In Michael Webers Inszenierung der beiden Novellen von Annie Ernaux treffen nicht nur die beiden Texte aufeinander, sondern auch die beiden Erzählerinnen. Während die eine auf ihre Vergangenheit zurückblickt, schaut die andere in ihre Zukunft. Dabei sprechen sie mit sich selbst und miteinander, was in diesem Fall dasselbe ist. Verbunden werden die beiden Geschichten außerdem – inszenatorisch geschickt – durch denselben männlichen Darsteller, der für die eine Protagonistin der Kindsvater ist, für die andere ihr junger Liebhaber.
Zwar kommt er selber nie zu Wort, gibt aber Anlass für das Sprechen der doppelten Protagonistin. Nicht nur schließen die beiden Novellen und ihre Inszenierung an populäre Diskursthemen wie Klassismus und Sexismus an. Vor allem zeigen sie berührend das Innenleben einer Frau im Spannungsverhältnis zu Gesellschaft mit ihren Normen und Moralvorstellungen.
Der junge Mann/Das Ereignis, Schauspiel: Ffm, Theater Willy Praml, Naxoshalle, Waldschmidtstraße 19, 9.-11.5., 20 Uhr
8. Mai 2024, 09.31 Uhr
Julian Mackenthun
Julian Mackenthun
Julian Mackenthun, geboren 1993, studierte Englisch und Geschichte an der Goethe-Universität. Seit 2020 leitet er das Theater-Ressort des Journal Frankfurt. Mehr von Julian
Mackenthun >>
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