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Corona-Krise
Schmerzhafte und hochgefährliche Tage für den Literaturbetrieb
Auch die Literaturbranche leidet unter der Corona-Krise; zahlreiche Veranstaltungen wurden abgesagt. Björn Jager vom Hessischen Literaturforum und die Frankfurter Literaturbeauftragte Sonja Vandenrath berichten aber auch von neuen Erkenntnissen.
Die Erfahrung, nach aufwendiger und akribischer Arbeit, nach monatelanger Planung, Konzeption und Kommunikation nun plötzlich vor einem Scherbenhaufen zu stehen, machen zur Zeit sehr viele Menschen in sämtlichen Berufszweigen. In der Literaturbranche führt das Coronavirus zum einen dazu, dass Autorinnen und Autoren ihre neuen Bücher nicht vor Publikum präsentieren können und dass darüber hinaus der stationäre Buchhandel für das Publikum als Informations- und Einkaufsquelle weggebrochen ist. Abgesehen davon, dass kaum eine Situation so sehr nach Lektüre und Information verlangt wie die derzeitige, sind es schmerzhafte und hochgefährliche Tage für den Literaturbetrieb.
Die Frankfurter Literaturbeauftragte Sonja Vandenrath beispielsweise hat gemeinsam mit ihrem Team das Literaturfestival LiteraTurm geplant, kuratiert, organisiert und mit einem festen programmatischen Fundament versehen. „Erregungen“ sollte das Motto der 43 Veranstaltungen mit rund 100 Mitwirkenden sein, die ab 23. März in Frankfurt auftreten sollten. Nun betrachtet die Literaturbeauftragte die Lage mit klarem Blick: „Wer sich über Monate mit gesellschaftlichen Reizthemen beschäftigt, der wird zum Anhänger kühler Rationalität. Die brauchen wir in der aktuellen Krise mehr denn je. Den zur Abkühlung nötigen Diskurs führen wir seit Corona im Privaten, vielleicht sogar nur in stiller Zwiesprache mit Büchern, Zeitungen und dem Radio.“ Und noch etwas hebt Sonja Vandenrath hervor: „Auch dies eine Lehre aus Corona: Qualitätsjournalismus ist sein Geld wert.“ Sogar etwas Gutes kann sie der großen Krise abgewinnen: „Jedenfalls hören wir Mühlberger im Süden Frankfurts morgens wieder die Vögel zwitschern.“
Björn Jager ist der Leiter des Hessischen Literaturforums im Mousonturm. Auch ihn und sein Haus treffen die Absagen der Veranstaltungen. Jager sorgt sich vor allem um die Folgen für Autorinnen und Autoren: „Was mich deutlich mehr bedrückt als die Schließung ist die ökonomische Situation der Schriftstellerinnen und Schriftsteller, wie allgemein die aller betroffenen Selbständigen und Angestellten.“ Intern macht man sich im Literaturforum bereits Gedanken: „Wir arbeiten intern gerade an verschiedenen Konzepten, wie wir unserer Verantwortung gerecht werden, falls wir längerfristig kein Programm anbieten können und den Künstlerinnen und Künstlern weiterhin Einnahmen wegbrechen. Da steht nun auch die Politik in der Verantwortung und muss so manche Regelung lockern, nicht zuletzt jene, dass wir keinen einzigen Cent an Rücklagen bilden dürfen. Rein beruflich ist nämlich die größte Sorge, welche Auswirkungen das Jetzt auf die Zukunft hat: Wie wirkt sich diese Krise im kommenden Jahr auf Etats aus?“
Für Björn Jager ist das Coronavirus aber auch eine mögliche Zäsur im Sinne einer langfristig positiven Wende: „Wenn die Finanzkrise vor zehn Jahren schon nahezu folgenlos verpufft ist – wäre es nicht jetzt doch an der Zeit, mal darüber nachzudenken, ob es nicht eine Alternative gibt zu Wachstum, zum ewigen Höher, Schneller, Weiter, zu ökonomischen Zwängen, zu diesem Spiel um Erfolg und neue Zahlenrekorde, das auch wir in der Kultur längst mitspielen?“
Auch die elfte Ausgabe des Lesefestivals Frankfurt liest ein Buch haben die Veranstalter abgesagt, das am 27. April Eröffnung feiern und sich mit Erich Kubys Roman „Rosemarie“ auseinandersetzen sollte. „Schweren Herzens“, so Organisator Lothar Ruske, habe man sich frühzeitig zu diesem Schritt entschlossen: „Fast 100 wunderbare, kreativ geplante Veranstaltungen. Oh ja, das schmerzt.“
Die Frankfurter Literaturbeauftragte Sonja Vandenrath beispielsweise hat gemeinsam mit ihrem Team das Literaturfestival LiteraTurm geplant, kuratiert, organisiert und mit einem festen programmatischen Fundament versehen. „Erregungen“ sollte das Motto der 43 Veranstaltungen mit rund 100 Mitwirkenden sein, die ab 23. März in Frankfurt auftreten sollten. Nun betrachtet die Literaturbeauftragte die Lage mit klarem Blick: „Wer sich über Monate mit gesellschaftlichen Reizthemen beschäftigt, der wird zum Anhänger kühler Rationalität. Die brauchen wir in der aktuellen Krise mehr denn je. Den zur Abkühlung nötigen Diskurs führen wir seit Corona im Privaten, vielleicht sogar nur in stiller Zwiesprache mit Büchern, Zeitungen und dem Radio.“ Und noch etwas hebt Sonja Vandenrath hervor: „Auch dies eine Lehre aus Corona: Qualitätsjournalismus ist sein Geld wert.“ Sogar etwas Gutes kann sie der großen Krise abgewinnen: „Jedenfalls hören wir Mühlberger im Süden Frankfurts morgens wieder die Vögel zwitschern.“
Björn Jager ist der Leiter des Hessischen Literaturforums im Mousonturm. Auch ihn und sein Haus treffen die Absagen der Veranstaltungen. Jager sorgt sich vor allem um die Folgen für Autorinnen und Autoren: „Was mich deutlich mehr bedrückt als die Schließung ist die ökonomische Situation der Schriftstellerinnen und Schriftsteller, wie allgemein die aller betroffenen Selbständigen und Angestellten.“ Intern macht man sich im Literaturforum bereits Gedanken: „Wir arbeiten intern gerade an verschiedenen Konzepten, wie wir unserer Verantwortung gerecht werden, falls wir längerfristig kein Programm anbieten können und den Künstlerinnen und Künstlern weiterhin Einnahmen wegbrechen. Da steht nun auch die Politik in der Verantwortung und muss so manche Regelung lockern, nicht zuletzt jene, dass wir keinen einzigen Cent an Rücklagen bilden dürfen. Rein beruflich ist nämlich die größte Sorge, welche Auswirkungen das Jetzt auf die Zukunft hat: Wie wirkt sich diese Krise im kommenden Jahr auf Etats aus?“
Für Björn Jager ist das Coronavirus aber auch eine mögliche Zäsur im Sinne einer langfristig positiven Wende: „Wenn die Finanzkrise vor zehn Jahren schon nahezu folgenlos verpufft ist – wäre es nicht jetzt doch an der Zeit, mal darüber nachzudenken, ob es nicht eine Alternative gibt zu Wachstum, zum ewigen Höher, Schneller, Weiter, zu ökonomischen Zwängen, zu diesem Spiel um Erfolg und neue Zahlenrekorde, das auch wir in der Kultur längst mitspielen?“
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3. April 2020, 13.20 Uhr
Christoph Schröder
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