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Christine Fiebig stellt im Be Poet Offspace aus
Inspiriert von einem anarchistischen Denker
Mit der Vernissage am Freitag eröffnet Christine Fiebig ihre Ausstellung
„Mon âme a fixé son séjour entre les ailes d’une hirondelle” im Gallusviertel. Bilder voller Sehnsüchte und Überzeugungen – zwischen den Flügeln einer Schwalbe.
„Mon âme a fixé son séjour entre les ailes d’une hirondelle” im Gallusviertel. Bilder voller Sehnsüchte und Überzeugungen – zwischen den Flügeln einer Schwalbe.
JOURNAL FRANKFURT: Geht man von dieser Aussage auf Ihrer Website aus, nachdem der Mittelpunkt Ihrer künstlerischen Arbeit die Natur, die Weite der Landschaft, aber auch der Mensch und das Leben in der Stadt sind, wie passt da die aktuelle, vom anarchistischen Denker und revolutionären Schriftsteller Ernest Coeurderoy (1825-1862) inspirierte Ausstellung „Mon âme a fixé son séjour entre les ailes d´une hirondelle" hinein?
Christine Fiebig: Coeurderoy beschreibt seine Ideen und seine eigene seelische Verfassung oft in Naturbildern. Darin verstehe ich ihn unmittelbar, weil ich in meiner Arbeit auch so vorgehe. Um zu beschreiben, wie er sein Leben als Flüchtling erlebt, als nicht zugehörig und ewig heimatlos, wählt er das Bild der Schwalbe. Seine Seele lebt zwischen den Flügeln einer Schwalbe. Dieses Bild hat mir so gefallen, dass ich es zum Titel der Ausstellung gemacht habe: „Mon âme a fixé son séjour entre les ailes d´une hirondelle.“
Wie sind Sie auf Ernst Coeurderoy gestoßen – entdeckt auf einem Heimatbesuch und ihn dabei nicht nur als Orts-, sondern gar Seelenverwandten erkannt?
Ernest Coeurderoy wurde in Tonnerre im Burgund geboren, wo auch meine französische Familie seit Generationen lebt. 2015 wurde sein Geburtshaus zum Kulturzentrum. Da wurde ich neugierig, habe mir seine Texte besorgt und gelesen. Seine Tagebücher sind für mich so spannend, weil sie die französische Geschichte um 1848 aus der Sicht eines Anarchisten, Verbannten und Künstlers erzählen.
Seine Tagebuchtexte („Jours d´Exil“) sind bilderreich und voller Sehnsucht nach Freiheit und Heimat. Bis heute haben sie nichts an Kraft und Aktualität eingebüßt heißt es. Das könnte man Ihnen fast als Begründung für Ihre Wahl in den Mund legen, oder?
Coeurderoy hat sein Leben lang für große Ideen gekämpft, für die wir auch heute noch kämpfen. Ich mache keine politische Kunst, aber ich teile seine Sehnsucht und Überzeugungen und weiß, dass viele Menschen, die hier und heute mit uns in Deutschland leben, seine Flüchtlingsgeschichte und sein Leid teilen.
Ein Wort zu Ihrer asiatisch inspirierten Maltechnik – was ist dabei der besondere Reiz für Sie?
Ich versuche das für mich Wesentliche zu erfassen und in reduzierter Form auf Papier zu bringen. Als Zeichnerin schaue ich genau hin und bin glücklich, wenn mein Strich nicht nur genau beschreibt, was ich sehe, sondern die Dinge auch lebendig macht.
Stichwort „Plein air", das Atelier ins Freie zu verlegen – auch hier dieselbe Frage: Was ist dabei der besondere Reiz für Sie?
Die Natur mit all ihren überraschenden Formen ist wie eine Sprache, die ich lerne und übe. Mein Zeichenblock ist also so etwas wie ein Vokabelheft. Natürlich könnte ich auch aus Büchern abzeichnen oder meine Vorstellungskraft nutzen – aber die Natur selbst ist immer origineller und komplexer als alles, was ich mir ausdenken könnte.
Was bedeutet Ihnen das „Life Is Short“-Projekt? Ging es auch darum den künstlerischen Dialog in der viel zitierten „neuen Realität“ mit Corona anzunehmen und darzustellen?
Der künstlerische und interdisziplinäre Dialog mit anderen Kreativen gehört schon seit Jahren zu meiner Arbeit. Die Kontaktsperre wegen Covid-19 war eine ideale Gelegenheit, das in größerem Stil und außerhalb der Ausstellungsräume auszuprobieren. Insgesamt sechzehn Künstler*innen waren beteiligt und das Ergebnis wird Ende des Jahres in der Heussenstamm Galerie zu sehen sein. Dass bildende Künstler*innen zusammenarbeiten, ist sehr selten. Aber wenn es gelingt, dann ist es wie in einer guten Band zu spielen: Man lernt voneinander, schaut sich gegenseitig zu und inspiriert sich.
Christine Fiebig: „Mon âme a fixé son séjour entre les ailes d’une hirondelle”, Zeichnungen und Texte zu „Jours d´Exil“ von Ernest Coeurderoy, Be Poet Offspace, Langenhainer Straße 26/Ecke Idsteiner Straße
Vernissage: 26. Juni, 19-21 Uhr, Ausstellung bis 10.7.
Christine Fiebig: Coeurderoy beschreibt seine Ideen und seine eigene seelische Verfassung oft in Naturbildern. Darin verstehe ich ihn unmittelbar, weil ich in meiner Arbeit auch so vorgehe. Um zu beschreiben, wie er sein Leben als Flüchtling erlebt, als nicht zugehörig und ewig heimatlos, wählt er das Bild der Schwalbe. Seine Seele lebt zwischen den Flügeln einer Schwalbe. Dieses Bild hat mir so gefallen, dass ich es zum Titel der Ausstellung gemacht habe: „Mon âme a fixé son séjour entre les ailes d´une hirondelle.“
Wie sind Sie auf Ernst Coeurderoy gestoßen – entdeckt auf einem Heimatbesuch und ihn dabei nicht nur als Orts-, sondern gar Seelenverwandten erkannt?
Ernest Coeurderoy wurde in Tonnerre im Burgund geboren, wo auch meine französische Familie seit Generationen lebt. 2015 wurde sein Geburtshaus zum Kulturzentrum. Da wurde ich neugierig, habe mir seine Texte besorgt und gelesen. Seine Tagebücher sind für mich so spannend, weil sie die französische Geschichte um 1848 aus der Sicht eines Anarchisten, Verbannten und Künstlers erzählen.
Seine Tagebuchtexte („Jours d´Exil“) sind bilderreich und voller Sehnsucht nach Freiheit und Heimat. Bis heute haben sie nichts an Kraft und Aktualität eingebüßt heißt es. Das könnte man Ihnen fast als Begründung für Ihre Wahl in den Mund legen, oder?
Coeurderoy hat sein Leben lang für große Ideen gekämpft, für die wir auch heute noch kämpfen. Ich mache keine politische Kunst, aber ich teile seine Sehnsucht und Überzeugungen und weiß, dass viele Menschen, die hier und heute mit uns in Deutschland leben, seine Flüchtlingsgeschichte und sein Leid teilen.
Ein Wort zu Ihrer asiatisch inspirierten Maltechnik – was ist dabei der besondere Reiz für Sie?
Ich versuche das für mich Wesentliche zu erfassen und in reduzierter Form auf Papier zu bringen. Als Zeichnerin schaue ich genau hin und bin glücklich, wenn mein Strich nicht nur genau beschreibt, was ich sehe, sondern die Dinge auch lebendig macht.
Stichwort „Plein air", das Atelier ins Freie zu verlegen – auch hier dieselbe Frage: Was ist dabei der besondere Reiz für Sie?
Die Natur mit all ihren überraschenden Formen ist wie eine Sprache, die ich lerne und übe. Mein Zeichenblock ist also so etwas wie ein Vokabelheft. Natürlich könnte ich auch aus Büchern abzeichnen oder meine Vorstellungskraft nutzen – aber die Natur selbst ist immer origineller und komplexer als alles, was ich mir ausdenken könnte.
Was bedeutet Ihnen das „Life Is Short“-Projekt? Ging es auch darum den künstlerischen Dialog in der viel zitierten „neuen Realität“ mit Corona anzunehmen und darzustellen?
Der künstlerische und interdisziplinäre Dialog mit anderen Kreativen gehört schon seit Jahren zu meiner Arbeit. Die Kontaktsperre wegen Covid-19 war eine ideale Gelegenheit, das in größerem Stil und außerhalb der Ausstellungsräume auszuprobieren. Insgesamt sechzehn Künstler*innen waren beteiligt und das Ergebnis wird Ende des Jahres in der Heussenstamm Galerie zu sehen sein. Dass bildende Künstler*innen zusammenarbeiten, ist sehr selten. Aber wenn es gelingt, dann ist es wie in einer guten Band zu spielen: Man lernt voneinander, schaut sich gegenseitig zu und inspiriert sich.
Christine Fiebig: „Mon âme a fixé son séjour entre les ailes d’une hirondelle”, Zeichnungen und Texte zu „Jours d´Exil“ von Ernest Coeurderoy, Be Poet Offspace, Langenhainer Straße 26/Ecke Idsteiner Straße
Vernissage: 26. Juni, 19-21 Uhr, Ausstellung bis 10.7.
25. Juni 2020, 12.01 Uhr
Detlef Kinsler
Detlef Kinsler
Weil sein Hobby schon früh zum Beruf wurde, ist Fotografieren eine weitere Leidenschaft des Journal-Frankfurt-Musikredakteurs, der außerdem regelmäßig über Frauenfußball schreibt. Mehr von Detlef
Kinsler >>
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